Sie wollen also einen jungen Hund. Ich kann Sie gut verstehen: Welpen sind so unglaublich niedlich, vertrauensvoll, weich und wollig, sie brauchen uns, machen lauter dummes Zeug und bringen uns zum Lachen. Aber sie rauben uns auch den letzten Nerv. Sie verstehen nicht, was wir wollen und wir verstehen nicht, was sie wollen. Sie scheinen ununterbrochen nach draußen zu müssen, fressen die Möbel an, können nicht alleine bleiben, räumen den Mülleimer aus und verteilen den Restinhalt von Thunfischdosen auf dem neuen Sofa. Sie haben kein Taktgefühl, aber Blähungen, sie sind viel zarter, als man denkt, sie wälzen sich in entsetzlichen Sachen und bekommen Durchfall grundsätzlich nur auf den Teppichen, die sich nicht reinigen lassen. Und man kann ihnen nicht einmal einen Vorwurf machen, denn sie wissen es einfach nicht besser. Ich glaube, Welpen sind nur deshalb so wahnsinnig süß, weil man sich das ganze Theater sonst einfach nicht antun würde.
Das Dumme ist, dass ein Hund kein Gebrauchsgegenstand ist, den man kauft und wieder in eine Ecke stellen kann, wenn er anstrengend wird. Hunde kosten Zeit, Geduld und Nerven. Es ist hart, im strömenden Regen alle zwei Stunden darauf zu hoffen, dass der Welpe sich löst. Es ist noch härter, wenn er sich nur die »Sehenswürdigkeiten« anschaut und dann – puh! – seinen See im warmen Flur macht. Es ist leicht, einen Welpen zu lieben, der müde und niedlich auf unserem Schoß einschläft. Aber es ist hart, das Haus für Gäste sauber zu machen und danach mit anzusehen, wie der Welpe mit Matschpfoten durchs Haus rast, sich auf dem Teppich übergibt, mit seiner Rute einmal über den Sofatisch wedelt und dann seine losen Haare neben dem Sofa abschüttelt. Es ist auch hart, bei der Erziehung nie zu vergessen, dass wir es mit einem Hund zu tun haben, der ein völlig anderes Verständnis von der Welt hat als wir. Es ist hart, eine völlig neue Sprache zu lernen, und noch schwerer, sich einzugestehen, dass man keine Verbindung zu seinem Hündchen herstellen kann und Hilfe braucht. Es ist schwer, sich in seine Lage zu versetzen: Wir erwarten filmreife, märchenhafte Dinge von unserem Hund. Wir messen ihm menschliche Werte bei, die er nicht hat und bestrafen ihn dann dafür, dass er unsere Erwartungen nicht erfüllen kann.
Man muss sich wirklich sehr lange und sehr genau überlegen, ob man Zeit und Raum für einen jungen Hund hat, ob man die Geduld, die Nerven und den nötigen Humor hat, wenn er sich genau wie ein junger Hund benimmt, das Geld, um ihn medizinisch versorgen zu lassen und mit ihm in die Hundeschule zu gehen – und ob man wirklich Lust und Zeit hat, 14, 15 Jahre lang an 365 Tagen bei Wind und Wetter mit ihm draußen nach Abenteuern zu suchen.
Andererseits: Wenn Sie wissen, dass es mühsam wird, ist es schon viel weniger anstrengend. Und wer hätte sich jemals lieber nicht verliebt, nur weil man weiß, dass damit das ganze gewohnte Leben durcheinandergerät?
Es gibt zu allen Dingen, die ich Ihnen in diesem Buch empfehle, bestimmt noch drei oder mehr andere Möglichkeiten, die auch funktionieren. Ich verfechte keine »Methode«, sondern gebe Ihnen Ratschläge weiter, die bei mir und den vielen Welpen, die ich im Laufe der Zeit aufgezogen habe, am allerbesten geklappt haben. Ich hoffe, Ihnen den manchmal schwierigen Anfang mit diesem kleinen fremden Wesen, das vielleicht bald in Ihr Leben einzieht, erleichtern zu können. Sie werden ein halbes Jahr lang nur wenig ausgehen, Sie werden »angehängt« sein, Sie werden eine ganz neue Verantwortung übernehmen. So ist das eben in Beziehungen. Ich finde, es ist eigentlich ziemlich schön, emotional an so ein kleines Wesen »angehängt« zu sein, das gar nichts von einem will – nur ein bisschen Struktur, Liebe und Abenteuer.
Sehr herzlich, Ihre
Bevor ein Welpe bei Ihnen einziehen kann, gibt es unglaublich viele Dinge zu bedenken. Mit Liebe allein ist es nicht getan: Sie brauchen Zeit, Geduld und Humor, gute Nerven, Klarheit, einen Plan und einen Wischmop.
Ob man sein Leben zukünftig mit einem Hund teilt, sollte keine Spontanentscheidung sein, sondern sorgfältig geplant werden. Welpen sind anstrengend. Bevor Sie die Entscheidung treffen, müssen Sie sich daher ein paar ehrliche Fragen stellen.
Zu viele junge Hunde landen im Tierheim oder in »zweiter Hand«, weil sich jemand nicht rechtzeitig überlegt hat, ob er wirklich Zeit und Lust hat, sich mit dem Vierbeiner auseinanderzusetzen.
Ein erwachsener Hund kann rund vier bis fünf Stunden alleine bleiben, ohne deshalb in Verzweiflung zu geraten. Wenn Sie allerdings den ganzen Tag arbeiten und niemand sonst zu Hause ist, verurteilen Sie ein hochsoziales, intelligentes Wesen zu einem Leben, das vor allem von Langeweile, Verlassensangst und Depression bestimmt ist – es sei denn, Sie haben einen Hundesitter oder bringen Ihr Tier in einer Hundetagesstätte unter.
Ein Hund muss auch mindestens dreimal am Tag spazieren gehen und wenigstens einmal ausgiebig rennen und toben können – und das unter Ihrer Aufsicht: Einfach in den Garten schicken gilt nicht, denn der Hund rennt nicht alleine herum. Und alleine spielen ist auch sterbenslangweilig. Und wenn wir schon dabei sind: Hunde langweilen sich ebenso leicht wie wir. Sie brauchen Spiele, Abenteuer und Herausforderungen. Kurzum, sie wollen beschäftigt werden. Nicht zu vergessen: Wir Menschen stellen hohe Ansprüche an unsere Hunde. Es ist unsere Aufgabe, ihnen beizubringen, was sie dürfen und was nicht und welche Kommandos sie beherrschen sollen. Auch der hinreißendste Hund kann ohne Erziehung zum unerträglichen Zeitgenossen werden. Für Hundeerziehung braucht man Zeit, Geduld, Humor und noch mal Zeit.
Es gibt viele und wirklich gute Gründe, die Sache mit dem Hund sein zu lassen. Mir persönlich fallen im Laufe des Tages immer wieder mal welche ein. Und mindestens einmal im Monat sind alle meine Hunde für einen Euro zu verkaufen – oder ich möchte sie gegen ein Aquarium tauschen. Und das, obwohl ich nach über 40 Jahren mit Hunden wirklich routiniert bin in der Aufzucht und im Umgang mit ihnen und eigentlich keine Ahnung mehr habe, wie ein Leben ohne Hunde funktioniert. Es geht bestimmt, aber wie?
Wenn Sie »den perfekten Hund« suchen, der nicht haart, nicht riecht, nicht bellt, nach zwei Tagen stubenrein ist, weder viel Beschäftigung noch Auslauf braucht und sich praktisch selbst erzieht – dann wollen Sie in Wirklichkeit keinen Hund. Denn solche Hunde gibt es nicht. Solche Hunde muss man erziehen. Das dauert und bedeutet viel Arbeit, viel Frust, manchmal Tränen, unendlich viel sinnloses Gekicher, Zeitverlust, Sand und Krümel auf dem Boden (im Bett, auf dem Sofa … ).
Wenn Sie mehr als fünf Stunden am Tag außer Haus sind (und da auch sonst niemand ist, der Ihren Hund bespaßen kann).
Wenn Sie der Einzige in der Familie sind, der sich einen Hund wünscht. Glauben Sie mir: Es wird nicht funktionieren, wenn der andere/die anderen gegen einen Hund ist/sind, weil Sie dann immer wieder wegen jeder völlig normalen Unzulänglichkeit Ihres Hundes in Erklärungsnot und Rechtfertigungspflicht geraten.
Süß sind sie alle, wie dieser kleine Sheltie. Es gehört aber doch mehr zu einem Leben mit Hund, als man ahnt.
Wenn Sie ein oder mehrere Kinder unter vier Jahren haben und vorher noch nie einen Hund hatten, müssen Sie zu viele Dinge auf einmal lernen, den Welpen vor dem Kind beschützen und/oder umgekehrt, beiden gleichzeitig gerecht werden … Warten Sie noch ein bisschen. Hunde werden in den nächsten zwei Jahren nicht von diesem Planeten verschwinden, also seien Sie geduldig. Das müssen Sie sowieso schon üben, bevor Sie einen Hund bekommen.
Wenn Ihr Leben aus beruflichen, gesundheitlichen oder beziehungstechnischen Gründen unübersichtlich ist.
Wenn es Ihr Reflex ist, sich nach jedem Hundestreicheln gleich gründlich die Hände zu waschen.
Wenn Ihnen Natur wenig Spaß macht und Sie nicht wirklich gerne spazieren gehen, sondern hoffen, Ihr Hund kann Sie dazu »überreden«.
Wenn Sie das Nachtleben lieben und langes Ausschlafen oder einen richtig aufwendigen Job haben: Überlegen Sie sich gut, ob Sie nach einem langen Tag oder einer langen Nacht die Kraft und Lust haben, mit Ihrem Hund Abenteuer zu bestehen. Auch dann, wenn Sie fast zu müde sind, ihn hinter den Ohren zu kraulen.
Aber wenn das alles Sie nicht erschrecken kann: Dann nichts wie los.
Vom Zeitpunkt seiner Geburt an bis zu dem Augenblick, in dem er bei Ihnen einzieht – und mehr noch: bis er erwachsen ist! –, macht Ihr Welpe in Windeseile eine ungeheure Entwicklung durch, für die Menschen ein halbes Leben benötigen. Damit ein guter Hund aus ihm wird, können Züchter und werdende Besitzer einiges tun.
Ein Welpe wird taub und blind geboren. Direkt nach der Geburt hat er nur eine Mission: Wärme und Nahrung zu bekommen. Er bewegt sich daher instinktiv auf jegliche Wärmequelle zu, während seine Schnauze reflexhaft an allem festhält, was er berührt. Das lohnt sich endlich, sobald er die warme Unterseite seiner Mutter spürt: Wenn er erst die Zitze gefunden hat, saugt er gleich die warme Milch voller Antikörper ein.
In den ersten zwei Wochen verbringen Welpen den Großteil ihrer Zeit schlafend in einem großen Geschwisterhaufen – mit kurzen Unterbrechungen, in denen sie Milch saugen. Sie haben noch keinen Zitterreflex und auch keine isolierende Fettschicht gegen Kälte. Die Fähigkeit, die eigene Körpertemperatur zu regulieren, entwickelt sich erst im Laufe von dreieinhalb Wochen. Vorher setzen sie, sobald man sie trennt, Geruchs- und Tastsinn ein, um ihre Geschwister wiederzufinden, um sich warm zu halten. Erst im Alter von etwa vier Wochen erreicht ihr Körper seine Durchschnittstemperatur von rund 38 °C. Dann beginnen sie, auch weiter entfernt voneinander oder Seite an Seite zu schlafen. Allerdings gibt es viele Welpen und auch ausgewachsene Hunde, die auch weiterhin gerne »Kontaktliegen« – mit einem anderen Hund, einem Menschen, aber auch mit einer Wand oder einem Möbelstück.
Noch funktionieren nur drei der fünf hündischen Sinne: Tastsinn, Geschmackssinn und Geruchssinn. Und auch diese Sinne sind noch längst nicht vollständig ausgebildet. Trotzdem ist der Geruchssinn des Welpen schon jetzt besser als unserer.
Bisher können Welpen auch noch keine Angst vor ihrem Umfeld empfinden. Allerdings reagieren sie auf Schmerzen, Unbehagen, Hunger oder kleinere Störungen mit Gejammer. Menschen neigen dazu, stets für ein möglichst stressfreies Umfeld zu sorgen. Dabei ist es für die Entwicklung von Welpen sehr hilfreich, wenn man vorsätzlich kleine »Störer« in ihren Tag einbaut. Ein wenig wohldosierter Stress hilft ihnen, auch später im Leben besser damit umgehen zu können.
Schon in der neonatalen Phase sollte man sich täglich mit den Welpen beschäftigen. Gerade bei zurückhaltenden Rassen macht es einen enormen Unterschied, täglich ihre kleinen Ruten, Köpfchen, Bäuche und Mäulchen zu befühlen, sie auf kalte, glatte oder warme Untergründe zu setzen und sie für mindestens 30 Sekunden bis einige Minuten in unterschiedlichen Positionen zu halten (»Ein bisschen Quälen gehört dazu«, wie meine Großmutter immer sagte, die eine echte Hundefrau war).
Schon nach einer Woche kann man erkennen, dass die Reaktion auf Berührung und Stressfaktoren deutlich gemildert ist. Die Hunde werden später deutlich entspannter mit ungewöhnlichen Berührungen und Vorkommnissen umgehen können. Es wird für den neuen Besitzer deutlich einfacher, den Hund zum Beispiel zu baden, zu bürsten oder ihm die Füße abzuwischen.
Der Geruchssinn eines erwachsenen Hundes ist etwa eine Million Mal besser als der des Menschen. Selbst als Neugeborene haben Welpen einen besseren Geruchssinn als wir. Im Laufe weniger Wochen entwickelt sich ihre außerordentliche Fähigkeit, noch die kleinsten Geruchsspuren zu erkennen, eineiige Zwillinge anhand ihres Geruchs auseinanderzuhalten, Angst, Nervosität und Krebszellen zu erschnuppern und selbst tropfenartige Geruchsspuren in Gewässern zu erkennen. Hunde besitzen rund 200 Millionen Riechzellen, wir selbst haben gerade einmal ein Viertel davon. Es geht deshalb weit über die menschliche Vorstellungskraft hinaus, die Welt auf diese Weise wahrnehmen zu können.
Zwischen dem 11. und dem 15. Tag öffnen Welpen ihre Augen und die ersten Milchzähne brechen durch. Anfangs können sie nur Bewegung und Schatten erkennen, aber noch keine scharfen Bilder sehen. Doch in den nächsten Tagen entwickelt sich das Sehvermögen zusehends: Bis zum 17. oder 18. Lebenstag kann der Welpe akustische und optische Reize voll wahrnehmen. Allerdings sehen selbst erwachsene Hunde nicht so gut und auch etwas anders als Menschen. Sie haben es schließlich nicht nötig, E-Mails und Straßenschilder zu lesen. Weil ihre Augen anders angeordnet sind als unsere, haben sie einen breiteren Blickwinkel. Hunde müssen sechs Meter an ein Objekt herankommen, um das zu sehen, was wir schon aus 20 Metern Entfernung ausmachen können. Außerdem übersehen sie gewöhnlich Objekte, die stillstehen, und nehmen Dinge erst wahr, wenn sie sich bewegen (weshalb sich unerfahrene Hunde manchmal fürchterlich erschrecken, wenn sich jemand plötzlich bewegt – oder diesem Jemand reflexartig hinterherrennen). Nur nachts können Hunde vier- bis fünfmal besser sehen als Menschen. Das liegt an der reflektierenden Schicht hinter der Netzhaut (sie wird Tapetum lucidum genannt und ist auch der Grund, weshalb die Augen von Hunden im Gegen- beziehungsweise Blitzlicht zu glühen scheinen: Das einfallende Licht passiert die Netzhaut, wird am Tapetum reflektiert und passiert die Netzhaut dann ein zweites Mal).
Nach dem 14. Tag öffnen sich langsam auch die Gehörgänge der Welpen. Von jetzt an sollten sie mit allen möglichen Geräuschen konfrontiert werden: Je mehr Alltagsgeräuschen ein kleiner Hund ausgesetzt wird (wie zum Beispiel Verkehrslärm, Autotüren, kreischende Kinder, streitende Erwachsene, Volksmusik, Staubsauger, Kochtöpfe, Gesang, Sirenen und Donner), desto weniger ängstlich wird er später auf derlei reagieren. Es gibt sogar CDs für Hunde, die genau diese Geräusche in wohldosierter Lautstärke enthalten. Es ist nicht so, als hätten Hunde derlei früher nicht gelernt: Aber wenn Sie zu den Leuten gehören, die eher ruhig und beschaulich leben, ohne ohrenbetäubende Kleinkinder und Teenager im Haus und einer Großbaustelle gegenüber, dann können solche Hilfsmittel durchaus nützlich sein.
Mit etwa zwei Wochen können die Welpen selbstständig Harn und Kot absetzen und entfernen sich dafür vom Lager. Sie beginnen jetzt auch, ihre Geschwister, Menschen und andere Tiere um sich herum wahrzunehmen und mit ihnen zu »bonden«. Sie stehen das erste Mal auf und beginnen – erst noch recht wackelig – zu laufen.
Mit etwa 21 Tagen schließlich fangen die Welpen an, ihre Umwelt richtig zu erkunden, sich miteinander zu beschäftigen und zu spielen, auch wenn sie dabei immer noch dauernd umfallen: Jetzt beginnt die sogenannte Sozialisierungsphase (siehe >).
Zwischen dem 11. und 15. Tag öffnen Welpen (hier Magyar Vizla) ihre Augen. Anfangs können sie aber nur Schatten erkennen.
Jeder Wurf spiegelt die Leidenschaft des Züchters für seine Hunde wider. Abgesehen von der reinen Freude und dem befriedigenden Wissen, die gesündesten, schlauesten und schönsten Welpen aufzuziehen, sorgen frühe Sozialisierung und das Beibringen gewisser Grundregeln schlicht dafür, dass das Leben des Welpen und seiner neuen Besitzer von vorneherein reibungsloser und leichter verläuft. Höfliche, wohlerzogene Hunde dürfen mehr am Leben teilnehmen, dürfen sich in Haus und Garten freier bewegen und werden regelmäßig auf Spaziergänge mitgenommen, anstatt einfach in den Garten gesperrt oder irgendwann abgegeben zu werden, weil der Besitzer mit ihnen nicht zurechtkommt. Souveräne, freundliche und offene Hunde dürfen andere Leute treffen und begrüßen. Sie müssen nicht jedes Mal weggesperrt werden, wenn Besuch kommt.
Ab dem Alter von drei Wochen entwickeln die Hundekinder die Mehrzahl ihrer sozialen Verhaltensweisen. Jetzt lernen sie die Bedeutung der Körpersignale anderer Hunde kennen und deuten. Sie können Spielsachen herumtragen, sich miteinander kloppen und ihre Kräfte messen. Und sie fangen an, neben der Muttermilch weiche Nahrung aufzunehmen. Gleichzeitig hört die Hundemutter jetzt langsam auf, sich um die Entfernung der Kinderhäufchen zu kümmern. Jetzt ist der Mensch zunehmend im hygienischen Sinne gefragt.
In der sensiblen Sozialisierungsphase werden die Grundsteine für ihr späteres Hundeleben gelegt: Sie lernen, dass und ob andere Menschen eine angenehme Erscheinung sind, von denen Spaß und Abenteuer zu erwarten sind. Und sie lernen, sich mit neuen, fremden Objekten auseinanderzusetzen. Wenn manche Welpen aus charakterlichen Gründen eher unsicher oder ängstlich sind, kann der Züchter jetzt gegensteuern, indem er diese speziellen Welpen besonders fordert. Er kann sie zum Beispiel immer wieder kurz in eine ungewohnte Umgebung setzen und sie dort füttern oder sie mit Staubsaugergeräuschen konfrontieren, während er fröhlich mit ihnen spielt. Auf diese Weise sorgt er dafür, dass sie Dinge, die sie unruhig machen, mit positiven Erlebnissen verknüpfen.
Überhaupt gehört es zu den wichtigen Aufgaben eines verantwortungsvollen Züchters, das Gehirn eines Welpen zu fördern. Welpen, die nicht ausreichend sozialisiert wurden, sind später häufig ängstlich gegenüber fremden Hunden, Objekten, Umgebungen oder Geräuschen. Viele Leute nehmen dann automatisch an, dass sie am Anfang ihres Lebens
misshandelt wurden. Dabei ist häufig genau das Gegenteil der Fall: Diese Hunde haben am Anfang ihres Lebens meistens viel zu wenig erlebt. Man kann dies zwar auch später noch »reparieren«, denn die Sozialisierungsphase hört bei Hunden glücklicherweise nie auf. Es ist jedoch ungleich mühsamer, als wenn sie gleich sehr sicher auf ihre vier Füße ins Leben gestellt werden.
Die Welpen wachsen schnell. Sie können Menschen und ihre Stimmen unterscheiden, Verhaltensmuster entwickeln sich. In dieser Phase seines Lebens lernt der junge Hund, wie er mit anderen Hunden umgeht und dass das meiste, was er tut, Konsequenzen hat. Auch die Mutterhündin beginnt nun, die Welpen zu erziehen – und sollte auch nicht daran gehindert werden: Die Jungen müssen lernen, dass das leichte Zähneblecken von Mama bedeutet, dass es jetzt gleich ein Schnappen oder eine Ohrfeige setzt. Ideal ist es, wenn beim Züchter noch weitere Hunde herumlaufen, die mit den Welpen interagieren dürfen: So lernen sie, dass mit manchen alten Tanten nicht gut Kirschen essen ist, dass man mit Papa alles machen kann, dass manche Halbgeschwister sie härter rannehmen – ganz so, wie auch Kinder dann am meisten vom Leben mitbekommen, wenn es Geschwister, Eltern, Tanten, Großeltern oder verschiedene Erwachsene gibt, mit denen sie jeweils individuell umgehen müssen. Hunde sind im Umgang mit fremden Menschen oft unsicher – besonders gegenüber Männern, was unter anderem daran liegt, dass sie häufig von Frauen aufgezogen werden und Männer meist ein ganz anderes, dominanteres Auftreten und eine tiefere Stimme haben. Daher ist es wichtig, dass Welpen von Anfang an zu möglichst vielen Personen Kontakt haben. Die eigenen Familienmitglieder sind dazu nicht genug, Besuch muss her. Er soll mit den Welpen spielen, sie auf den Arm oder Schoß nehmen, interessante neue Spielsachen präsentieren … Nur so lernen sie, dass fremde Leute eine super Sache sind.
Falls Sie sich Ihren Welpen nicht nur nach der Farbe, sondern nach seiner Persönlichkeit aussuchen (was ich Ihnen unbedingt raten würde: Auch der schönste Hund kann einem unsäglich auf die Nerven gehen, wenn er vom Temperament nicht zu Ihnen, Ihrer Familie oder Ihren anderen Tieren passt), ist es jetzt übrigens noch zu früh, sich für einen Welpen zu entscheiden. Die kleinen Dinger können ja noch nicht einmal um die Kurve galoppieren. Ob einer ein Raufbold ist, ein Mobber, ein Krachmacher oder von durchschnittlichem Temperament (was ich persönlich bevorzuge), ist bisher nicht zu erkennen. Das zeigt sich erst, sobald die Motorik sicherer ist. Lassen Sie sich vom Züchter nicht einreden, dass er das jetzt schon erkennt: In den nächsten zwei Wochen kann sich alles ändern.
Ab der fünften Lebenswoche entwickeln sich langsam Verhaltensmuster,
ab der sechsten beginnt das Sozialverhalten.
Nachdem die meisten Welpen von ihren neuen Besitzern mit dem Auto abgeholt werden, macht es Sinn, mit ihnen schon ab der vierten, fünften Woche das Autofahren zu üben. Niemand wird hoffentlich auf die Idee kommen, einen Wurf junger Hunde frei auf der Rückbank herumhopsen zu lassen. Der sicherste Ort für sie ist die Hundebox (siehe >). Sicher verstaut und mit ein paar Kaustangen ausgerüstet, fährt man immer wieder einmal kurz um den Block. Auf diese Weise geübt, fürchten sich die Welpen gewöhnlich nicht mehr vor dem Autofahren.
»Meine Hündin Gretel wuchs in einer großen Hundegruppe aus ihren Eltern, vielen Tanten, Onkeln, Halbbrüdern und -schwestern verschiedenen Alters auf. Als ich sie bekam, war sie von vornherein höflich im Umgang mit anderen unbekannten Hunden. Sie war nie übermäßig aufgeregt und hopste nicht an ihnen hoch, sie zog fremde Hunde nicht an den Ohren und reagierte sofort, wenn ein anderer Hund Unwillen signalisierte. Fremden Hunden gegenüber blieb sie immer völlig entspannt, interessiert an einem kleinen Spielchen, aber nicht besonders fokussiert darauf.«
Ab der sechsten Lebenswoche beginnt die Hundemutter gewöhnlich mit dem Abstillen. Die nicht mehr ganz so kleinen Welpen versuchen jetzt vermehrt, es den erwachsenen Tieren gleichzutun: Sie reiten auf, knurren viel und üben sich im Dominanzverhalten. Häufig stellt man fest, dass die Geschwister mit einem bestimmten passiven Welpen rau umgehen, bis alle Beteiligten immer aufgeregter und lauter werden. Der Mensch muss dann manchmal eingreifen, indem er die Welpen ruft und ablenkt. Andererseits muss der passive Welpe aber auch lernen, sich mit einem wohlplatzierten Schnappen gegen die Übergriffe zu wehren. Jetzt lernen die Welpen auch die Beißhemmung, eine Kontrolle der Intensität des »Zubeißens«.
In den meisten Familien lernen die Welpen von ganz alleine, auf verschiedenen Untergründen zu laufen: glattem Küchenfußboden, Parkett, Teppich, Fliesen, Kopfsteinpflaster … Plüschtunnel, Skateboards oder einzelne flache Stufen helfen den Welpen, unterschiedliche Höhen sowie die Länge ihrer eigenen Beine einzuschätzen. Unglaublich wichtig ist auch, die Welpen an nasse Böden, nasses oder kaltes Gras und Ähnliches zu gewöhnen. Sonst werden sie später Jammerlappen, die bei Regen oder Schnee nicht draußen aufs Klo gehen wollen.
Mit sechs Wochen können Welpen für fünf bis zehn Minuten auch im Schnee oder bei leichtem Regen herumtoben. Solange sie nicht nur herumsitzen, riskieren sie dabei keine Erkältung.
Mit der sechsten Woche werden die Welpen langsam zu »richtigen« Hunden. Beim Spiel mit den Geschwistern lernen sie, ab wann es wehtut – und ob zum Beispiel ihre Ruten geeignete Henkel sind.
Die achte Woche ist häufig die, in der Welpen plötzlich anfangen, sich vor allen möglichen Dingen zu fürchten. Ähnlich wie Menschenbabys kommen sie in eine Fremdelphase. Eigentlich nicht der allerbeste Zeitpunkt, um aus seiner kleinen Welt in eine neue, fremde umzuziehen – auch wenn Züchter junge Hunde lange Zeit meist mit acht Wochen abgegeben haben (und dies auch heute oft noch tun). Je nach Konstitution der Welpen können Sie getrost bis zur zehnten, zwölften Woche warten, ehe Sie übernehmen: Das Hundekind ist dann auch etwas stabiler und seine Blase ist ein bisschen größer. Ein, zwei Wochen machen kaum einen Unterschied in Ihrem Leben, aber unendlich viel im Leben Ihres zukünftigen Hundekindes. Gedulden Sie sich noch ein bisschen, wenn es geht.
Noch immer ziehen viele Welpen mit acht Wochen in ihr neues Zuhause, dabei tun sie sich ein, zwei Wochen später, wenn die »Angstphase« vorüber ist, meist viel leichter.
Natürlich kann man junge Hunde hoffnungslos überfordern, indem man sie permanent und pausenlos mit neuen Eindrücken überflutet. Aber meistens zeigen Welpen einem von alleine, ob sie noch können. Wenn sie fertig sind, fallen sie nämlich einfach kollapsartig um und schlafen ein. Im Alter von acht Wochen brauchen Welpen ungefähr das Dreifache an Ruhezeit wie für Spiel, Spaß und Abenteuer. Diese Ruhezeiten sind unglaublich wichtig für ihr Gehirn, damit sich das Erlernte darin auch verfestigen kann.
Der Welpe hat es nicht leicht, Sie zu verstehen, Sie selbst beherrschen die Hundesprache auch noch nicht richtig: Gehen Sie daher freundlich und liebevoll mit ihm um.
Der Welpe ist kein Baby mehr, sondern ein »Kleinkind«. Höchste Zeit, die gesellschaftlichen Grundregeln zu lernen: Wie soll er sich als erwachsener Hund verhalten? Jetzt werden Stress- und Frustrationstoleranz geübt, Sozialverhalten und Kommunikation werden stabilisiert. Erziehung bedeutet nicht, den Willen des Hundes zu brechen oder ihm mit Dominanzgesten Angst einzujagen. Erziehung bedeutet, den Kopf Ihres Hundes zu fordern, die Kommunikation zwischen Ihnen aufzubauen und zu fördern und den Hund zu einem sicheren, selbstbewussten Teil unserer persönlichen Welt zu machen, der entspannt, aufmerksam und fröhlich ist. Wie dies gelingt, erfahren Sie ab Seite >.
Der Welpe ist jetzt ein »Junghund«. Langsam verliert er sein Milchgebiss (die Fangzähne gewöhnlich zuerst), was auch bedeutet, dass er ein besseres Gefühl für seine Zähne bekommt: Er wird jetzt von sich aus vorsichtiger mit dem Beißen bei Spielen. Halten Sie Kauknochen parat, denn nachwachsende Zähne jucken, und sollte er sich doch einmal vergessen, lenken Sie ihn mit einem Büffelhautknochen oder Ähnlichem schnell ab.
Ab jetzt sollten Sie mit dem Welpen, der in diesem Alter immer wieder testet, was das Wort »Nein« eigentlich genau bedeutet, in eine Welpenschule gehen. Dort kann er unter Aufsicht mit gleichaltrigen Hunden unterschiedlicher Größe spielen und lernen, was geht und was nicht. Auch innerhalb »seiner« Gruppe zu Hause etabliert sich sein Status.
In diesem Alter finden die körperlichen und psychischen Ausreifungsvorgänge statt – selbst aufgeschlossene, selbstbewusste Hunde können auf einmal »komisch« und empfindlich auf Neues reagieren, auf Menschen genauso wie auf Dinge oder Situationen. Führen Sie den Hund weiterhin mit fröhlichem, selbstverständlichem Ton gut gelaunt an »gruselige« Dinge heran und bestätigen Sie ihn bei neuen Ängsten nicht durch »Trost«.
Mit fünf, sechs Monaten ist der Viszla buchstäblich »halbwüchsig«: die Körperteile scheinen nicht ganz zu passen, und im Kopf laufen die Schalter auch nicht ganz einwandfrei.
Der Auslöser für die Anschaffung eines Hundes muss der Wille zu einer innigen Beziehung sein – dann überlebt man auch schwierigere Phasen wie Pubertät, Sturheit, Frechheit oder das sich Wälzen in unaussprechlichen Dingen.
Ich persönlich habe immer versucht, aus jedem meiner Hunde einen Zirkushund zu machen: Sie finden meine Handschuhe, wenn ich sie fallen lasse. Sie können auf »Peng!« mit dramatischen Gesten »sterben«. Sie hüpfen über und durch meine Beine, holen Taschentücher, wenn ich laut »Hatschi!« rufe, springen Seil und geben Pfote. Lauter wundervoll unnützes Zeug, das mich und andere immer wieder zum Lachen bringt und ihnen das Gefühl gibt, für gute Laune gesorgt zu haben. Und genau darum wollten Sie doch mal einen Hund, erinnern Sie sich?
Hundewelpen machen innerhalb von zwölf Monaten eine Entwicklung durch, für die der Mensch im Vergleich fast sechzehn Jahre benötigt. Darum ist das erste Lebensjahr eines Hundes das wichtigste – und auch das mühsamste. Danach wird alles gewöhnlich viel einfacher.
1. Woche
Der Welpe wird taub und blind geboren. Er kann bisher seine Körperwärme nicht regulieren.
4. Woche
Der Welpe fängt wackelig an, seine Umgebung zu erkunden und frisst auch schon breiiges Hundefutter neben der Muttermilch.
8. Woche
Der Welpe will alles erkunden, hat mit seinen Geschwistern geübt, wer der Stärkere ist und von Mama schon die ein- oder andere Ohrfeige bekommen. Langweilig ist ihm nie, Blödsinn macht er die ganze Zeit.
14. Woche
Mit vierzehn Wochen ist der Welpe auf dem Weg, ein Junghund zu werden: Er kommt nun sozusagen in die »Oberschule«.
1. Jahr
Mit einem Jahr ist ein kleinwüchsiger Hund erwachsen, ein großer Hund ist auf dem Weg dorthin. Seine »Art« lässt sich gut erkennen, er ist verständig, kennt das Leben ein bisschen und ist nervlich belastbar.