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Titelbild: Spirobranchus giganteus
Bild Seite 1: Sabellastarte spectabilis
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2. Auflage 2012
eISBN: 978-3-86659-333-6
© 2008 Natur und Tier - Verlag GmbH
An der Kleimannbrücke 39/41
48157 Münster
www.ms-verlag.de
Geschäftsführung: Matthias Schmidt
Lektorat: Kriton Kunz
Layout: Nick Nadolny
Vorwort
Was sind Röhrenwürmer?
Körperbau und Lebensweise
Wo leben Röhrenwürmer in der Natur?
Die Wohnröhre
Kalkröhrenwürmer
Lederröhrenwürmer
Die Tentakelkrone
Tiefsee-Röhrenwürmer
Hoch spezialisierter Nahrungsfang
Kontinuierliche Nahrungsaufnahme
Passende Strömungsstärke
Aquarienhaltung von Röhrenwürmern
Das ideale Röhrenwurm-Aquarium
Filtriererzone im Riffbecken
Unpassende Mitbewohner
Wasserqualität
Gifte
Temperatur
Beleuchtung
Wasserströmung
Ernährung von Röhrenwürmern
Verlassen der Wohnröhre
Abwerfen der Tentakelkrone
Auswahl, Einsetzen und Platzierung
Vermehrung
Im Fachhandel erhältliche Arten
Sabellastarte magnifica im Karibikaquarium von Dr. Jochen Lohner
Röhrenwürmer gehörten zu den ersten Wirbellosen, die im Meerwasseraquarium gehalten wurden, und sind aus verschiedenen Gründen bei vielen Aquarianern sehr beliebt. Leider gehören sie in der Riffaquaristik auch zu den am wenigsten verstandenen Wirbellosen, denn ihre Lebensweise unterscheidet sich sehr stark von jener der meisten anderen Tiere. Dadurch kommt man ihren Bedürfnissen kaum entgegen, denn wir optimieren unsere Aquarien eigentlich für Tiere mit völlig anderen Umgebungsansprüchen. Das führt dazu, dass Röhrenwürmer in den meisten Aquarien nicht sehr lange leben. Weil sie aber als festsitzende Organismen auch im flacheren Wasser leicht zu sammeln sind, kann man sie preiswert im Handel erwerben, und genau hier entsteht die Gefahr, dass sie zu „Verbrauchstieren“ gemacht werden, die man einfach ersetzen kann.
Ich möchte mit diesem Buch versuchen, den Leser zu einem besseren Verständnis der speziellen Lebensweise von Röhrenwürmern zu bringen, vor allem der ungewöhnlichen Form der Nahrungsaufnahme und ihrer Erfordernisse. Hat man dies erst einmal verinnerlicht, dann fällt es eigentlich sehr leicht, diesen hübschen Filtrierern einen artgerechten aquaristischen Lebensraum zu schaffen, in dem sie lange leben und sich teilweise sogar vermehren. Das wäre vor allem deshalb erfreulich, weil sie als sessile, also ortsständige Tiere nicht unter den räumlichen Beschränkungen eines Aquariums leiden, so dass man sie eigentlich als ideale Aquarienbewohner bezeichnen müsste, eben vorausgesetzt, dass ihre Umgebungsansprüche erfüllt werden.
Sinsheim und Manila, im Frühjahr 2008, Daniel Knop
Röhrenwürmer sind wegen ihrer blumenähnlichen Gestalt sehr beliebt.
Für viele Laien gehören Röhrenwürmer zu den augenfälligsten Tieren im Meerwasseraquarium. Das liegt wohl vor allem daran, dass ihre Gestalt mit einem schlanken Stamm und einer runden Tentakelkrone an eine Blume erinnert, und Blumen sind nun einmal sehr beliebt. Eine Gruppe von Röhrenwürmern erinnert an eine Blumenwiese, und wenn dann einzelne Würmchen ihre zurückgezogene Tentakelkrone gemächlich aus der Wohnröhre herausschieben und sie langsam öffnen, glaubt der Betrachter fast, einer Blume beim Entfalten der Blüte zuzuschauen. Tatsächlich sehen wir aber einen Wurm, der gerade seine Nahrungsfang-Werkzeuge in die Wasserströmung hält, um sich aus der Nährstoffsuppe, die ihn umgibt, passende Partikel herauszufiltern.
Röhrenwürmer sind tatsächlich Würmer, auch wenn sie all das, was sie wurmähnlich aussehen lassen würde, vor dem Betrachter verstecken. Könnte man die Wurmgestalt ihres Körpers auf Anhieb erkennen, dann wäre die Sympathie, die ihnen von der Aquarianerschaft entgegengebracht würde, sicher kaum größer als bei irgendwelchen anderen Würmern, denn die erregen bei den meisten Menschen Ekel, ob es sich dabei um Borstenwürmer handelt, um Regenwürmer oder um weit unangenehmere Zeitgenossen wie Band- oder Spulwürmer. Der einzige Wurm, der weit und breit die Augen zum Leuchten bringt, ist der Röhrenwurm, weil wir von seiner Tentakelkrone fasziniert sind. Die schüssel- oder spiralförmig angeordneten, fein gefiederten Tentakel, oft zauberhaft gemustert und bisweilen plakativ, in knalligem Rot, Blau oder Gelb gefärbt, ziehen unseren Blick auf sich.
Viele Röhrenwurmarten – hier die karibische Bispira brunnea – leben in Gruppen.
Seit Bestehen der Meerwasseraquaristik gehören Röhrenwürmer zu denjenigen Tieren, die man im Aquarium halten möchte – und auch hält, mit mehr oder weniger Erfolg. Röhrenwürmer gelten als schwierig zu pflegen, und sehr leicht geschieht es, dass sie im Becken ihre Tentakelkrone abwerfen oder ihre Wohnröhre verlassen und schließlich irgendwo verenden. Das muss eigentlich gar nicht sein, denn die Umgebungsansprüche von Röhrenwürmern sind relativ leicht zu erfüllen. Sie sind allerdings so speziell, dass sie sich kaum mit jenen der allermeisten anderen Aquarientiere decken, und deshalb entsprechen die Lebensbedingungen im herkömmlichen Riffbecken kaum ihren Erwartungen. Richten wir ein Aquarium also so ein, dass sich Fische und Korallen wohl fühlen, dann ist es für Röhrenwürmer ganz sicher nicht ideal. Will man an ihnen Freude haben (und ihnen „Freude“ bereiten), dann muss man sich mit ihrer Lebensweise beschäftigen und einiges über sie erfahren.
Ohne die speziellen Kenntnisse über ihre Bedürfnisse, die dieses Bändchen vermitteln möchte, gelingt es nur selten, Röhrenwürmer erfolgreich zu halten, und darum sterben sie in vielen Aquarien recht schnell. Dass sie trotzdem regelmäßig im Aquaristik-Fachhandel auftauchen, liegt aber nicht nur an ihrer Beliebtheit unter Aquarianern, sondern auch an der Tatsache, dass sie in der Natur relativ leicht zu sammeln sind, denn sie können nicht fliehen. Das Einzige, was sie tun können, ist eine Art „Flucht am Ort“, indem sie sich in ihre selbst gebaute Wohnröhre zurückziehen, und weil diese einem Fressfeind weder schmeckt noch für ihn verdaulich ist, lässt er den Wurm dann in der Regel in Ruhe. Nur wenige räuberische Arten unter den Riffbewohnern haben sich auf Röhrenwürmer als Nahrung spezialisiert und stellen ihnen gezielt nach, um sie zu überwältigen. Dieses Vertrauen auf ihre „Flucht am Ort“ trägt also mit dazu bei, dass die Röhrenwürmer regelmäßig in unseren Aquarien landen, und dort sollten wir ihre Umgebung so einrichten und ausstatten, dass das Aquarium ihren Lebensansprüchen auch gerecht wird.
Röhrenwürmer gehören gemeinsam mit Borstenwürmern zu den „Vielborstern“ (Klasse Polychaeta). Sie sind mit den landlebenden Regenwürmern verwandt, die zu den „Wenigborstern“ gehören (Klasse Oligochaeta) und sich im selben Tierstamm Annelida (Ringelwürmer) befinden. Für die Aquaristik sind ausschließlich die beiden Familien Sabellidae und Serpulidae von Bedeutung.