Gesa Schwartz
Das Siegel des Feuers
Roman
Mia erwachte unter rasenden Kopfschmerzen. Noch ehe sie die Augen aufschlug, prasselten die Erinnerungen wie Hagelkörner auf sie nieder. Der Riss der Vrataten. Das Zepter der Menschen. Der Überfall durch die Schwarzmagier. Der Kampf zwischen Seraphin und Pedro. Sie hörte sich die Formel des Bannzaubers sprechen, fühlte wieder, wie das Zepter mit ihr verschmolz, und sah die schwarzen Schleier, die sie als Strudel aus Finsternis mit sich rissen. Stöhnend öffnete sie die Augen und fand sich in einem Bett mit seidenen Kissen wieder. An der hohen Decke funkelten Kristalle und auf den kostbaren Tischen und Anrichten, die überall im Zimmer standen, sah sie mehrere Schalen mit Obst und Körbe mit duftendem Brot. Auf einem Schränkchen neben der Tür lagen aufgeschlagene Bücher. Sie kam auf die Beine, zog die Vorhänge des Fensters beiseite und schaute auf die Dächer Ghrogonias. Die Erkenntnis überkam sie als eisiger Schauer: Sie befand sich im Schwarzen Dorn. Das Fenster war magisch gesichert, in blauen Flämmchen zog sich der Zauber über das Glas. Sie lief zur Tür und fand sie verschlossen. Gefangen. Grim hätte sie niemals eingesperrt, also konnte das nur eins bedeuten: Ihr schöner Plan war schiefgegangen. Grim hatte den Zweikampf nicht gewonnen. Stattdessen hatte Seraphin sie gefangen genommen. Aber aus welchem Grund? Warum hatte er sie nicht getötet und so auf leichte Weise die einzige Waffe zerstört, die ihm noch gefährlich werden konnte? Und, was noch viel wichtiger war: Was war mit Grim? Hatte Seraphin ihn umgebracht?
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Instinktiv stellte Mia sich hinter einen Sessel. Das Zepter, das sie mit ihrem Arm verschmolzen hatte, flammte in hellem Feuer. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, und Seraphin trat ein. Er war allein. Lautlos schloss er die Tür hinter sich und blieb neben dem Bücherschrank stehen. Seine Finger glitten über die Seiten eines Buches, als wären sie die Flügel eines zarten Schmetterlings.
»Du liest, nehme ich an?«, fragte er, ohne sie anzusehen. »Wenn dir diese Bücher nicht zusagen, werde ich andere bringen. Ich kann dir alles kommen lassen, was du willst.«
»Wo sind meine Freunde?«, fauchte Mia. »Was ist mit Grim? Wo ist Remis, der Kobold? Und was hast du mit Pedro gemacht?«
Seraphin hob den Kopf. »Ich habe sie besiegt«, sagte er leichthin. »Eure lächerlichen Zauberkunststückchen waren erfolglos. Ich verfüge über Kräfte, gegen die ihr nicht einmal den Hauch einer Chance hattet.« Er hielt kurz inne. »Der Gargoyle mischte sich ein, als ich eine alte … Rechnung zu begleichen hatte. Er wurde verwundet, vermutlich schwer. Das lag nicht in meiner Absicht. Ich weiß nicht, wie es ihm geht. Ich kann ihn suchen lassen, wenn du es willst.«
»Ja«, sagte Mia sofort. »Ich will, dass du ihn suchst, und dass ihm kein Haar gekrümmt wird, ist das klar?«
Sie spürte ihr Herz wie einen Dampfhammer in ihrer Brust, aber Seraphin nickte nur. »Ich werde alles Nötige veranlassen. Allerdings könnte die Suche eine Weile dauern, der Riss der Vrataten ist nicht ungefährlich.«
Mia fröstelte, als sie an die Drudenkönigin und ihre Schergen dachte, doch Seraphin sprach schon weiter. »Von einem Kobold weiß ich nichts und Pedro von Barkabant …« Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse, als er den Namen aussprach. »Pedro von Barkabant ist tot.«
Mia stieß verächtlich die Luft aus. »Du bist ein Mörder.«
»Ja«, sagte er leise. »Das bin ich. Ich weiß, dass du mir die Schuld gibst am Tod deines Bruders. In gewisser Weise trage ich diese Schuld. Doch es lag nie in meiner Absicht, dass er stirbt – und ich bestrafte den, der dafür verantwortlich war. Er hat gelitten, bevor er starb, dessen kannst du gewiss sein.«
Mia wehrte sich nach Kräften gegen die Gewissheit, die in diesem Moment in ihr wuchs. Aber in Seraphins Blick lag etwas, das keinen Zweifel zuließ: Er sagte die Wahrheit.
»Ich glaube dir kein Wort«, zischte sie dennoch. »Du willst die Menschheit versklaven, du machst die Gargoyles willenlos, damit sie nach deiner Pfeife tanzen! Du willst die ganze Welt in den Untergang treiben, weil du von Hass und Rache geleitet wirst!«
Seraphin lächelte ein wenig. »Es war nie meine Absicht, Rache zu üben. Rache ist töricht, ebenso wie Hass. Und was meine Pläne betrifft: Ich will die Menschen nicht versklaven, im Gegenteil: Ich will sie befreien.«
Diese Worte klangen aus Seraphins Mund so absurd, dass Mia auflachte. Doch Seraphin sah sie mit einem Ernst an, der sie frösteln ließ. Das Gespräch nahm eine Wendung, die sie nicht erwartet hatte. Sie krallte die Finger in die Sessellehne, bis ihre Knöchel weiß hervortraten.
»Fragst du dich nicht, warum ich das Zepter nicht zerstört habe?«, fragte er scheinbar beiläufig. »Das hast du doch erwartet, oder etwa nicht?«
Mia rührte sich nicht. Natürlich hatte sie das erwartet, was denn sonst?
»Ich brauche es«, fuhr Seraphin fort. »Ich brauche es für meinen Plan. Auf den Menschen lastet ein Fluch – ein Zauber, der sie in Ketten legt.«
Mia schluckte. »Der Zauber des Vergessens«, sagte sie leise. »Was geht dich dieser Zauber an?«
Seraphin musterte sie, reglos wie eine Katze vor dem Sprung. »Ich will ihn brechen.«
Leise hatte er das gesagt, aber seine Worte fuhren ihr als eisiger Windhauch ins Gesicht. Konnte das wahr sein? Hatte ihr Erzfeind, der Hetzer Jakobs und ihr Verfolger, gerade wirklich diese Worte gesprochen?
Sie lächelte spöttisch. »Warum solltest du das wollen? Und wieso lässt du die Gargoyles in die Oberwelt ziehen? Weil sie sich auf ihre wehrlosen Opfer stürzen sollen, sobald es dir passt!«
Etwas wie Bestürzung spiegelte sich in Seraphins Blick, als sie das sagte. »Die Gargoyles werden in die Oberwelt ziehen«, sagte er langsam. »Denn ich will, dass die Menschen bei ihrem Erwachen denen in die Augen schauen, die so lange von ihnen getrennt waren. Und auch die Gargoyles sollen die wiedersehen, vor denen sie sich jahrhundertelang versteckt haben. Der Zauber des Vergessens und der Zauber des Rattenfängers werden gleichzeitig gebrochen – keine Zeit mehr für Vorurteile und Ängste. Gargoyles und Menschen werden sich im roten Licht des Schicksalsmondes gegenüberstehen, und es wird keinen Hass mehr geben. Nun …« Er lächelte. »Zumindest für den ersten Moment. Aber dieser Moment ist es, der zählt. In diesem Augenblick werden Menschen und Gargoyles erkennen, dass sie einander brauchen – und sie werden sich daran erinnern, wenn Furcht und Neid über sie kommen sollten, und gegen diese Gefühle gewappnet sein. Und für den Fall, dass die Gargoyles in Panik unüberlegt reagieren – der Notschalter liegt in meiner Hand. Aber ich bin sicher, dass sie sich auf Dauer mit einer geeinten Welt abfinden werden, mehr noch: Sie werden sie selbst errichten. Denn sie sehnen sich nach den Menschen und sie brauchen sie. Kein Leben in den Schatten mehr, kein heimliches Stehlen der Träume, sondern Freiheit. Und mit der Freiheit für Menschen und Gargoyles werden auch andere Völker endlich in Frieden leben können – wie wir, die Hybriden, bislang versklavt und aufgerieben zwischen den Fronten. Dann können wir ein Leben führen, das jenseits einer viehischen Existenz liegt.«
Mia umfasste die Lehne des Sessels fester. Sie spürte, wie ihr Bild, das sie sich von Seraphin gemacht hatte, Stück für Stück auseinanderbrach wie eine Sandfigur im Sturm.
»Deswegen brauche ich dich«, fuhr er fort. »Ich brauche das Zepter.«
Mia hörte Jakobs Stimme in ihrem Kopf: Nur, wenn es freiwillig abgelegt wurde, konnte es von einem anderen aufgenommen werden. Sollte Seraphin das Zepter mit Gewalt an sich bringen wollen, indem er sie tötete, würde er es vernichten.
»Nur mit ihm kann ich meinen Plan umsetzen«, fuhr Seraphin fort. »Wenn du es mir nicht gibst, ist er gescheitert.« Er lächelte ein wenig. »Aber ich glaube, dass deine Wünsche und Ziele sich nicht so sehr von den meinen unterscheiden, wie du bisher dachtest. Oder irre ich mich?«
Mia lachte verächtlich, aber ihre Stimme klang hoch und dünn, als sie antwortete: »Du weißt nichts von mir.«
Seraphin strich sanft über einen Buchrücken. »Ich weiß, dass dein Bruder nicht gestorben wäre, wenn der Zauber des Vergessens nicht bestehen würde. Manchmal zerbrechen die Dinge. Dinge, die man geliebt oder gehasst hat, Dinge, für die man sein Leben gegeben hätte – sie zerbrechen, einfach so. Und man steht vor den Scherben und sieht keinen Weg mehr. Ich kenne dich – weil ich mich kenne. Wir sind nicht so verschieden. Ich bin ein Hybrid. Du bist eine Hartidin. Auch du stehst zwischen den Welten – genau wie ich. Und auch du sehnst dich nach der Freiheit.«
Er sah sie an, sie wusste nicht, wie lange. Es fiel ihr schwer, seinen Blick zu erwidern. War es möglich, dass sie sich so in ihm getäuscht hatte? Er lächelte, als hätte er ihre Gedanken gehört.
»Ich glaube dir kein Wort«, sagte sie so ruhig wie möglich. »Du kannst mir viel erzählen. Wer weiß schon, was du in Wirklichkeit vorhast!«
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Seraphin legte die Hand auf die Klinke. »Ich möchte, dass du die Dinge verstehst«, sagte er. »Es gibt mehr in dieser Welt als die Sichtweise der Menschen und Gargoyles – und oft ist das Böse in Wirklichkeit gut, und der wahre Feind begegnet dir als guter Freund. Ich möchte es dir überlassen, ein Urteil zu fällen – dir allein. Und da du mir nicht vertraust – gar nicht vertrauen kannst nach allem, was bisher geschehen ist – habe ich jemanden hergebeten, der sich vor Kurzem meinem Weg anschloss und der dich erkannte, als ich dich hierherbrachte. Vielleicht vermag er deine Zweifel besser zu zerstreuen als ich.«
Mit diesen Worten öffnete er die Tür. Ein Hybrid trat ein. Er trug eine dunkle Uniform, aber Mia achtete nicht darauf. Auf einmal stand sie wieder vor der Mauernische in der Gasse Ghrogonias und half einem Hybriden bei der Flucht, indem sie das Schloss seiner Fessel brach. Sie erinnerte sich an seine braunen Augen und das sanfte Lächeln, und als er sie jetzt ansah, lachte er, dass sein Blick Funken sprühte.
Vor ihr stand Morl.
Grim lag auf dunklem Felsgestein und seine Finger tasteten mühsam über seine Brust, an der verkrustetes Blut klebte. Doch in ihm regte sich nichts mehr, er fühlte keinen Herzschlag. Wie Blitze schossen die Erinnerungen auf ihn ein. Wieder sah er Seraphin vor sich, wieder flog er hilflos durch die Luft, wieder schwanden seine Sinne vor Schmerz und Verzweiflung. Er fühlte noch einmal die Kälte des Todes, die unbarmherzig über seinen Körper gestrichen war, und den übermächtigen Drang, Mia anzusehen – ein letztes Mal. Doch es war ihm nicht gelungen.
Er griff sich an die Kehle, auf einmal spürte er sie wieder, die Flammen, die sein Innerstes zerfetzt hatten wie wertloses Papier. Seraphin hatte ihn umgebracht, zum Teufel noch eins, was bildete der Kerl sich ein? Er – war – tot! Er sagte es sich einige Male halblaut vor, aber dadurch wurde es für ihn nicht glaubwürdiger. Irgendwie hatte er sich den Tod anders vorgestellt – in gewisser Weise … toter.
Er presste sich eine Klaue gegen die Schläfe und zwang sich, einen kühlen Kopf zu bewahren und die schwarzen Schlieren zu vertreiben, die seinen Blick benebelten. Ihr Plan war nach hinten losgegangen. Er hatte den Kampf gegen Seraphin verloren. Er hatte versagt und nun war er tot, abgeschnitten von jeder Möglichkeit, Seraphin doch noch aufzuhalten. Aber diese Katastrophen verblassten vor dem Gefühl, das mit einem Namen seine Brust durchzog wie ein tödlicher Schwerthieb: Mia. Er hörte ihre Worte wie eine ferne Melodie in seinem Kopf. Ich glaube … ich habe mich in dich verliebt. Wo war sie jetzt? War sie etwa tot, genauso wie er? Der Gedanke zog ihm das Herz zusammen, dass es schmerzte. Entschlossen ballte er die Klaue zur Faust. Er würde herausfinden, was mit Mia geschehen war, so viel stand fest. Er musste zu ihr zurückfinden – um jeden Preis. Aber wo zur Hölle war er überhaupt?
Es stank nach Schwefel, und als er die Schatten vor seinen Augen fortgewischt hatte und sich umsah, stellte er fest, dass er sich in einer gewaltigen Höhle am Ufer eines Flusses befand. Nebel waberte über das schwarze, undurchsichtige Wasser und verbarg die gegenüberliegende Seite vor Grims Blick. Meterdicke Baumwurzeln hatten sich in die Höhlendecke gegraben, sie schimmerten in blutigem Rot. Trotz des Nebels war es heiß, Flammen und dichte Rauchschwaden krochen aus Rissen im Boden und verwoben sich zu gespenstischen Gestalten. Sie begannen zu tanzen und griffen nach Grims Gesicht, er hörte sie lachen, ein Totenreigen nur für ihn.
Die Erkenntnis kam so plötzlich, dass sie ihm einen Ruf des Erstaunens entlockte. Er war in der Hölle gelandet! Der Schreck ließ ihn schwanken, und er musste sich an einem schrumpligen Felsen festhalten, um nicht umzufallen. Er war in Hels Reich – Hel, die Totengöttin!
Verdammt! Er hatte seine Wette mit Fibi, diesem teufelsgläubigen Narren, verloren, es gab sie also tatsächlich. Dabei hatte er Hel ebenso wie die unendlichen anderen Jenseitsvorstellungen immer für einen Mythos gehalten.
Es existierten zwar zahlreiche Aufzeichnungen über Begegnungen mit ihr oder einem ihrer Boten, ganze Bibliotheken hätte man mit den Geschichten darüber füllen können. Geschichten über die Midgardschlange Jormungand, Bythorsul genannt in der Anderwelt – die Höllenschlange, die einmal durch die ganze Unterwelt reichte und die Seelen in ewiger Umklammerung hielt, und über ihren Bruder, den Fenriswolf, der einst mit der magischen Fessel Gleipnir gebunden worden war und sich erst zu Ragnarök, dem Weltenuntergang, befreien würde. Oder über Hel selbst, die Schwester der beiden, die manchmal als schwarze Katze, manchmal auch als Rabe oder Schmetterling auf der Erde erschien. Aber wer glaubte denn alles, was in irgendwelchen Büchern erzählt wurde! Grim fuhr sich über die Augen und hob den Blick zur Höhlendecke. Nein, es gab keinen Zweifel. Über ihm thronte die Esche Yggdrasil, der Weltenbaum. Und dieses Gewässer da war Gjöll, der Todesfluss, hinter dem das Reich Hels endgültig begann. Grim kniff die Augen zusammen. Jetzt schimmerte die Gjallarbrücke durch den Nebel, dieses goldene Ungetüm, das den Fluss überspannte und von allen Toten überschritten werden musste. Niemand verweigerte ihnen den Zutritt, selbst der Höllenhund Garm nicht, der bei der Brücke in einer Grotte hockte. Grim seufzte leise. Ja, hinein durften sie alle. Er wusste allerdings, dass dieser vieräugige Köter niemanden wieder hinausließ.
Grim schüttelte langsam den Kopf. Jetzt fehlte es nur noch, dass ihm Luzifer höchstselbst über den Weg lief. Er lächelte dunkel. Nein, er wusste es besser. Wenn es ihn gab, hauste der Teufel in der Welt der Lebenden. Dort ging er in Hut und Mantel.
Grim seufzte tief. Vermutlich würde es nicht einfach sein, aus der Hölle zu entkommen. Aber was hatte er noch zu verlieren? Er war tot! Konnte es noch schlimmer kommen?
»Ich werde zurückkehren«, sagte er leise. »Ich werde Hel persönlich dazu bringen, mich aus ihrem Reich zu entlassen. Und wenn Seraphin Mia auch nur ein Haar gekrümmt hat, dann …« Seine Knochen knackten, als er die Faust anspannte.
»… dann wirst du in deinem jetzigen Zustand gar nichts gegen ihn ausrichten können«, beendete eine Stimme hinter ihm den Satz.
Grim fuhr herum – und erstarrte. Vor ihm auf dem Boden saß Pedro von Barkabant mit einer entsetzlichen Wunde quer über der Brust und schaute mit trübseligem Gesicht zu ihm auf. Fantastisch. Es konnte immer schlimmer kommen. Sein Tod war das Letzte.
Doch Grim war klar, dass der Alte recht hatte.
Seraphin gebot über Kräfte, die Grim weder begriff noch bekämpfen konnte. Dieser Hybrid würde ihn problemlos ein zweites Mal umbringen, so viel stand fest.
Da lächelte Pedro. »Aber es gibt einen Weg«, sagte er listig. »Denn ich kenne Seraphin gut. Er ist nicht unbesiegbar.«
Grim verschränkte die Arme vor der Brust. »Jetzt bin ich aber gespannt.«
»Die Geschichte ist ein wenig länger«, begann Pedro. »Aber ich wüsste nicht, dass wir es gerade eilig hätten.« Er wartete, bis Grim sich neben ihm niedergelassen hatte, und fuhr dann fort: »Du weißt, dass ich ein Kriegstreiber war. Wie besessen suchte ich nach einem Weg, endgültig den Sieg über die Gargoyles zu erringen. Ich beschäftigte mich mit Alchemie und Schwarzer Magie. Die Menschen sind schwach – vor allem körperlich. Sie waren den Gargoyles nur in Bezug auf ihre Anzahl überlegen und durch den Vorteil, dass sie schlafen konnten, wann sie wollten. Ich fragte mich, wer gegen die Gargoyles bestehen könnte – und stieß auf die Hybriden. Ich erfuhr durch meine Studien, dass es die Möglichkeit gibt, Hybriden jenseits des natürlichen Weges zu schaffen. Man benötigt nichts weiter als den steinernen Körper eines Gargoyles und das Herz eines Menschen und dann …«
Grim stieß verächtlich die Luft aus. »Du sprichst so, wie ich es von dir erwarten würde. Abartige Experimente passen zu einem Blutkönig wie die Faust aufs Auge.«
»Moralische Gründe haben mich nicht abgeschreckt«, gab Pedro zu. »Als mein ältester Sohn Elias auf dem Schlachtfeld tödlich verwundet wurde, setzte ich meine Pläne in die Tat um. Ich wollte sein Herz retten, indem ich es in einen steinernen Körper pflanzte. Und ich hatte die Hoffnung, meinen Sohn auf diese Weise am Leben zu erhalten. Es gelang mir, einen Hybriden zu schaffen. Ich belebte ihn mit der Kraft der beiden Zepter und schenkte ihm so die Gabe, über höhere Magie zu gebieten. Ich erzählte ihm nichts von seiner Macht, da ich fürchtete, er könnte sie eines Tages gegen mich verwenden, und ließ ihn in dem Glauben, ein Mensch zu sein – und zwar Elias selbst, der auf dem Schlachtfeld in ein Feuer geraten war und durch meine alchemistischen Studien ein neues Gesicht bekommen hatte. Seine Erinnerungen, so erzählte ich ihm, seien bei diesen Bemühungen verloren gegangen. Meine Hoffnung, dass der Hybrid ein Ebenbild von Elias werden würde, wurde rasch zerschlagen. Denn statt eines kämpferischen Sohnes war der Hybrid sanft und hatte mit der Vernichtung der Gargoyles, wie ich sie plante, nichts im Sinn. Er interessierte sich für die einfachen Leute und gab sich mit Stallburschen und Küchenmägden ab – schließlich verliebte er sich sogar in eine Hybridensklavin. Um ihn von diesem Weg abzubringen, stellte ich ihm ein Ultimatum bezüglich eines Überfalls auf eine Siedlung der Gargoyles. Überlege dir gut, ob du dich gegen mich wendest. Ich weiß, dass es dir längst nicht mehr nur um dich geht … Das sagte ich zu ihm.«
Grim schnaubte. »Du hast ihn erpresst.«
»Ich habe es versucht. Aber er ist geflohen. Ich hetzte ihm die Inquisition der Gargoyles auf den Hals. Ich wollte nicht, dass er oder seine Frau zu Schaden kommen, ich hatte alles genau geplant.« Er lachte bitter. »Ja. Ich hatte einen Plan. Aber er ging schief und statt der Ergebenheit meines Sohnes zog ich mir seinen ewigen Hass zu. – Ja, er hasst mich, und er tut recht daran. Und er fand mich, um Rache zu nehmen.«
Grim setzte sich vor. »Seraphin ist dieser Hybrid, nicht wahr?«
Pedro nickte. »Deswegen hattet ihr keine Chance gegen ihn. Er wurde mit der Macht des Teufelszepters geschaffen, einem Artefakt, dem höhere Magie innewohnt. Er musste nicht von einer Schwarzen Flamme getrennt werden – er trägt sie in sich selbst.« Er sah Grim an. »Ich bin Seraphins Vater. Aber auch du hast mehr mit ihm zu tun, als du denkst.«
Im ersten Moment wollte Grim verächtlich die Luft ausstoßen. Aber dann dachte er an die Vision, die er bei dem ersten Treffen mit Seraphin gehabt hatte, und berichtete Pedro davon.
»Es gibt eine Erklärung für all das«, sagte dieser. »Das, was du gesehen hast, war eine Erinnerung. Sie liegt weit, sehr weit zurück und tief in dir selbst verborgen. Ich könnte dir dabei helfen, sie zu finden.«
Grims Gesicht verfinsterte sich. Auf einmal war ihm verflucht heiß in dieser Höhle, die Strahlen der Sonne waren nichts dagegen, und es fiel ihm schwer, ruhig sitzen zu bleiben. Langsam stieß er die Luft aus. Vermutlich war das die einzige Gelegenheit, jemals eine Erklärung für sein seltsames Verhältnis zu Seraphin zu bekommen. »In Ordnung«, grollte er und sah Pedro unter zusammengezogenen Brauen an. »Fang an mit deinem Hokuspokus, wir werden ja sehen, was dabei herauskommt.«
Pedro forderte ihn auf, sich auf den Rücken zu legen. »Wende die Handflächen nach unten, schließe die Augen. Ich zähle von neun rückwärts. Wenn ich mit dem Finger schnippe, befindest du dich unter dem Tuch wie in deiner Vision. Aber dieses Mal ein paar Minuten früher.«
Grim schloss die Augen, als Pedro ihm einen kühlen Stein auf die Stirn legte. Dann begann Pedro zu zählen. Grim hörte ihm zu, er spürte, wie er müde wurde und von den Worten gezogen in die Tiefe fiel. Plötzlich steckte er in einem reglosen steinernen Leib, er atmete nicht und konnte nichts sehen als die feinen Maserungen eines Tuches, das direkt vor ihm hing. Hinter dem Tuch, das fühlte er, war Licht. Da hörte er das Prasseln von Feuer. Grim schauderte. Er war in seiner Vision. Doch da waren keine kämpfenden Gestalten vor dem Feuer. Stattdessen hörte er Pedro, der ein Märchen vorlas, und das helle Lachen eines Kindes. Grim hörte, wie Pedro ihm vorlas, langsam und liebevoll, und wie sie miteinander sprachen, nur dem Augenblick verpflichtet. Er wusste, dass das Kind Pedros Sohn war. Gerade, als Pedro das Buch zuklappte, erschütterte ein Beben den Raum. Grim wäre zusammengefahren, wenn er gekonnt hätte, noch mehr, als er die Stimme hörte, die nun sprach: »Vater …«
Es war Seraphin. Grim hörte, dass Pedro aufsprang und seinen kleinen Sohn fortschickte. Doch das Kind blieb hinter der angelehnten Tür stehen, Grim hörte seine aufgeregten Atemzüge.
»Was willst du?«, fragte Pedro kalt. Er trat vors Feuer, und Seraphin näherte sich von der anderen Seite. Sie sahen aus wie zwei Pappfiguren vor der Kulisse der Hölle.
Seraphin lachte hart auf. »Ein merkwürdiger Zufall, dass die Inquisition ausgerechnet an meinem Hof vorbeikam, nicht wahr?« Seine Stimme zitterte vor Wut. »Du warst das! Du hast sie mir auf den Hals gehetzt! Gibst du es wenigstens zu?«
Grim sah, wie Pedro die Hände hob. »Ich hätte nicht damit rechnen können, dass du deine Kräfte entfesselst.«
Seraphin sog langsam die Luft ein. »Du hast mir nicht einmal gesagt, was ich bin!«
Im nächsten Moment stürzte er sich vor, und der Kampf begann. Grim erlebte alles noch einmal, was er damals im Tunnel gesehen hatte. Wieder schlug Pedros Körper gegen ihn, wieder hörte er Seraphins Stimme. Du – hast mich – verraten! Doch dieses Mal wusste er, dass der Schatten, der sich vor Pedro warf, das Kind war. Sein Blut war es, das an Seraphins Händen klebte, als das Tuch zerriss. Doch die Vision endete nicht. Grim sah, wie Pedro sein sterbendes Kind in den Armen hielt, wie er Seraphin einen gewaltigen Feuerzauber entgegenschleuderte und ihn in die Flucht schlug. Pedro weinte. Er strich seinem zitternden Sohn das Haar aus der Stirn, er sprach zu ihm, so leise, dass Grim ihn nicht verstehen konnte. Dann hob Pedro den Blick, schnell wie eine Schlange vor ihrer Beute. Er betrachtete Grim, und Grim schaute zurück durch den Schlitz im Vorhang, schaute ihn an aus seinem verwundeten Auge und sah den Entschluss in Pedros Gesicht aufflammen.
»Einmal noch«, hörte er ihn murmeln. »Aus weißem Stein erschuf ich jenen. Nun werde ich ihn ins Leben rufen, schwarz wie die Nacht, ja, ein Kind der Finsternis, auf dass Unschuld aus den Schatten erblühe. Nur einmal noch. Für dich, nicht wahr? Für dich …« Wieder strich er seinem Sohn über die Stirn. Im nächsten Moment ging ein Riss durch Grims Bewusstsein und alles wurde schwarz.
Schwer atmend kam er in der Höhle zu sich. Pedro hatte sich von ihm abgewandt. Jetzt warf er ihm einen Blick zu. »Ich bin nicht verrückt geworden, wie die Gargoyles glauben. Ich habe ihnen die Zepter freiwillig überlassen. Und dich … Ich setzte dich auf dem Ätna aus, und du glaubtest von da an, ein Gargoyle zu sein, da ich dir die Träume nahm und dich vergessen ließ, was vorher war.«
Grim kam auf die Beine. Er fühlte sich zum Bersten mit etwas gefüllt, das verteufelt nach Wut schmeckte. »Verflucht!«, brüllte er so laut, dass seine Stimme in der Höhle widerhallte. »Mein ganzes verdammtes Leben lang dachte ich, ich sei ein Gargoyle, ein Vulkangeborener, zum Teufel noch mal! Und jetzt kommst du und erzählst mir, du seist mein … mein Vater! Ich fasse es nicht! Pedro von Barkabant ist mein Vater!« Er verfiel in hysterisches Lachen und konnte nicht aufhören, bis er Tränen in den Augen hatte. Er sah Pedro an. Am liebsten hätte er den Alten mit dem Kopf zuerst in eines dieser feuerspuckenden Löcher gesteckt, aber etwas hielt ihn davon ab. Wenn er ehrlich war, empfand er fast so etwas wie Mitleid mit ihm, aber er wehrte sich nach Kräften gegen dieses Gefühl. Dann traf ihn eine zweite Erkenntnis mit solcher Wucht, dass er sich setzen musste.
»Ich bin …«, begann er, doch mitten im Satz versagte seine Stimme.
Pedro nickte. »Du bist ein Hybrid, Grim«, erwiderte er leise. »Die Worte ›nephrator aphraton‹ geben dir Hybridgestalt. Teufelskind – Engelsblut, das ist deine Losung. Sprich die Worte ›nadem grhono‹ – Engelsblut –, um menschliche Gestalt anzunehmen, und ›nadem kiron‹ – Teufelskind –, wenn du wieder zu einem Gargoyle werden willst.«
»Schlafe, Stein – schlafe, Fleisch«, murmelte Grim leise. Eine Weile schaute er vor sich hin. Er konnte es nicht fassen. Er war tot. Er war ein Hybrid. Was kam als Nächstes? Eine geheime Mitgliedschaft bei den Taubenfreunden? Er starrte auf den Boden, als wäre er an einem Abgrund angekommen, an dem er nicht mehr weiter konnte. Entschlossen hob er den Blick. Ein letztes Mal sog er kühle Luft in seinen steinernen Brustkorb.
»Nadem grhono – Engelsblut«, grollte er dann. Er schloss die Augen und spürte, wie eine angenehme Kühle in ihm aufstieg. Mit leisem Knistern zog sich seine steinerne Haut zurück, ohne dass es ihn schmerzte, und sein Körper wurde ganz leicht. Dann streifte ihn Wärme wie bei einer Umarmung, und er öffnete die Augen. Das Erste, was er sah, waren seine Hände. Sie waren feingliedrig und von einer weichen Haut überzogen. Hingerissen drehte er sie im Feuerschein der Höhle. Vorsichtig fuhr er sich mit den Händen übers Gesicht – zart war es und sein Haar war weich wie Tücher aus Seide. Seine Ohren rauschten von all den Geräuschen, die sein Körper machte.
Da trat Pedro zu ihm und gab ihm eine polierte Spiegelscherbe. Grim hielt sie sich vors Gesicht und schaute einem Fremden in die Augen – und gleichzeitig schien es ihm, als würde er sich zum ersten Mal wirklich ansehen. Seine Augen waren schwarz wie zuvor, doch seine Züge waren von aristokratischer Schönheit, weich und doch hart. Noch immer lief die Narbe über sein rechtes Auge, kaum mehr als ein blasser weißer Strich, und sein Haar fiel ihm in sanften Strähnen in die Stirn. Hingerissen drehte er den Spiegel, bis Pedro ihm die Hand auf die Schulter legte. »Nun, Narziss, wie gefällt dir dein neues Gesicht?«, fragte er mit einem Lächeln.
»Es ist … es …«, sagte Grim und geriet in Verzückung über seine neue Stimme, die kraftvoll und gleichzeitig sanft klang, ein Meer aus Gegensätzen wie sein ganzes neues Ich. Gerade wollte sich ein Lächeln auf sein Gesicht legen, als durch den Spiegel eine andere Gestalt sichtbar wurde, ein Kind, das im Sterben lag. Grim ließ den Spiegel sinken.
»Ich bin verflucht«, murmelte er. »Ich bin niemand, kein Gargoyle, kein Mensch – ein Mittelding, nichts Eindeutiges, nichts Richtiges. Ich bin ein Nichts.«
Pedro sah ihn an wie einen Hund, der winselnd zu seinen Füßen lag, und tätschelte ihm zu allem Überfluss auch noch die Schulter. Grim wandte sich ab. Hätte er sich doch nur nie auf den ganzen Dreck eingelassen, wäre er doch nur mit dem Hintern in der Arena sitzen geblieben und hätte Moira und den Jungen und alle Geheimnisse der Welt tun lassen, was sie wollten! Was hätte er verpasst? Jede Menge Ärger, die Nachricht, dass er eine Ausgeburt der Hölle war und sein ganzes bisheriges Leben ein einziger großer Haufen Koboldkacke, zwischendurch jede Menge Probleme mit irgendwelchen Kerlen, die er noch nie zuvor gesehen hatte, außer in seinem vermutlich vollkommen wahnsinnig gewordenen Hirn, ein Mädchen, das Wunden in ihm aufriss, an die er nie mehr erinnert werden wollte, und die Aussicht auf noch mehr Ärger. Er war tot! Großartig. Ein Hybrid! Das war doch das Allerletzte. Hätte er nicht ein Held sein können, eine Art Supermann oder so, der die Welt rettete? Düster dachte er an das Kostüm, das Mourier ihm zugedacht hatte, und empfand es in diesem Moment als Sinnbild für sein ganzes Leben. Knapp daneben ist auch vorbei, und wenn man eben statt eines muskelbepackten Superhelden ein zusammengeflickter Hybrid war, musste man sich mit Plüschgürteln und Seidentaft zufriedengeben.
Seltsamerweise bewirkte sein Sarkasmus in dieser Situation nicht die Erleichterung, die er ihm sonst verschaffen konnte. Plötzlich fühlte Grim eine Erschütterung in sich, ein Beben, das sein ganzes bisheriges Ich in einen gewaltigen Scherbenhaufen verwandelte. Zum ersten Mal in seinem Leben erfuhr er, was es bedeutete, in heillose Finsternis zu stürzen.
Da legte Pedro ihm die Hand auf den Arm. »Ja, du bist ein Zwischenwesen. Und damit hast du Möglichkeiten, die Menschen oder Gargoyles niemals besitzen werden, verfügst über Kräfte, die ich nur erahnen kann, und brauchst, wenn du lernst, mit deinen Talenten zu leben, statt sie zu verfluchen, nur noch weniges zu fürchten. Menschliche Leidenschaft gepaart mit dem kühlen Verstand der Gargoyles, übernatürliche Stärke, Empfindsamkeit, die Fähigkeit, Magie zu wirken – du hast alle Möglichkeiten, die Welt steht dir offen! Von heute an unterliegst du nicht mehr den Fesseln der Sonne. Du kannst in ihrem Licht gehen, wohin es dich zieht, und du wirst aus eigener Kraft träumen können! Du kannst alles sein und nichts, ist dir die Bedeutung dieser Worte eigentlich bewusst?«
Grim senkte den Blick, als er über Pedros Worte nachdachte. Sein Leben lang hatte er in Zerrissenheit und Zweifeln gelebt – und mit einem Schlag ergab so vieles einen Sinn. Seine Liebe zu den Menschen und seine Sehnsucht nach ihnen. Seine aufbrausende Art, die manche als Leidenschaft bezeichneten und die so untypisch für einen Gargoyle war. Sein Humor, der nur von wenigen in der steinernen Gesellschaft überhaupt begriffen wurde. Und tausend Dinge mehr. Er war ein Hybrid – er stand dazwischen. Auf einmal musste er daran denken, wie es sein mochte, der Sonne ins Angesicht schauen zu können, ohne unter ihren Strahlen zu Stein werden zu müssen … Ein seltsames Gefühl stieg in ihm auf, eine Mischung aus Übermut und Wahnsinn – es war das Glück. Fremd nistete es in seiner Brust und ließ ihn lächeln. Er ballte die menschliche Faust und betrachtete sie wie ein Kunstwerk.
»Und noch eines darfst du nicht vergessen«, sagte Pedro leise. »Du kannst Seraphin besiegen, denn wie er wurdest auch du mit der Kraft der Zepter geschaffen. Auch du kannst über höhere Magie gebieten. Dafür musst du nur das Tor zu ihr öffnen.«
Grim holte tief Atem. »Wenn wir schon einmal dabei sind«, murmelte er. Er erhob sich und ließ es zu, dass Pedro ihm die linke Hand an die Schläfe legte. Sofort fand er sich vor einem gewaltigen schwarzen Portal wieder.
»Rufe deine Magie«, hörte er Pedros Stimme. »Sprich dann die Worte ›yor yurfaman‹.«
Grim tat, was Pedro ihm sagte. Er spürte, wie seine Magie ihren angestammten Platz verließ und sich in seinem Körper ausbreitete wie ein Schauer aus Wärme.
»Öffne das Tor«, sagte Pedro.
Grim legte die Hände gegen das Holz – es waren Menschenhände. Schwarze Flammen tanzten über sie hin. Vorsichtig zog er das Tor auf. Goldenes Licht fiel ihm entgegen, doch es ließ sich nicht von den Grenzen seines Körpers aufhalten. Es durchdrang ihn wie Sonnenwärme am Morgen. Die schwarzen Flammen auf seiner Haut wurden golden und sanken zischend in seinen Körper, bis er sich angefüllt fühlte mit Licht.
Er fand sich in der Höhle wieder. Pedro legte ihm die Hand auf die Schulter. »Nun trägst du die höchste Magie in dir«, sagte er leise. »Jetzt wirst du Hel suchen, diese gottverdammte Königin der Toten, und du wirst diesen Ort verlassen. Hast du verstanden?«
Grim öffnete den Mund, um etwas zu sagen, wandte sich dann ab und sagte es doch: »Komm mit mir.«
Da lächelte Pedro. »Nein«, erwiderte er sanft. »Meine Zeit ist seit Langem abgelaufen. Ich habe meine Schuld getragen, dort, wo sie nie weniger wird, wo die Erinnerung nie erlischt – an einem Ort der Verbannten, einem Ort ohne Zeit. Jetzt ist es genug. Ich werde allein ins Reich der Toten gehen und dort bleiben, wie es für mich bestimmt ist.« Er griff nach Grims Hand. »Eines Tages kannst du mir vielleicht verzeihen«, sagte er kaum hörbar. »Ich wünsche es dir – nicht für mich … aber für dich.«
Grim spürte, wie sich seine Kehle zusammenzog. Leise murmelte er die Formel und kehrte in seinen steinernen Körper zurück. Er blieb kurz vor Pedro stehen. Tausend Worte lagen ihm auf der Zunge, tausend Fragen, tausend Gedanken. Aber als er Pedro ansah, war alles in seinem Hirn wie ausgelöscht.
»Ich danke dir«, sagte er leise. »Für die Wahrheit. Und dafür, dass ich dich kennenlernen durfte … Ich habe mir immer einen Vater gewünscht.«
Er sah, dass sich Tränen in Pedros Augen sammelten. Schnell wandte er sich ab und schritt auf die goldene Brücke zu, die sich halb im Nebel verlor. Fast hatte er sie erreicht, als er sich noch einmal umdrehte.
»Warum hast du die Zepter aufgegeben?«, fragte er.
Pedro war kaum mehr als eine winzige helle Gestalt auf dem dunklen Ufer, und doch klang seine Stimme klar und deutlich an Grims Ohr. »Die letzten Worte meines jüngsten Sohnes haben mich aufgeweckt. Er sagte: Das wird nie ein Ende haben – wenn du es nicht beendest. In diesem Augenblick ist etwas Unschuldiges in meinen Armen gestorben. Durch meine Schuld.«
Grim sah ihn an, schweigend und nachdenklich. Er hob die Klaue, eine stumme Geste in der Dämmerung der Hölle. Dann wandte er sich um und verschwand im Nebel.
Morl setzte sich auf einen der Sessel. Er trug eine schwarze Uniform, die ihm an den Schultern ein wenig zu groß war, und sah Mia von unten herauf an.
»Ich habe gesehen, wie du hierhergebracht wurdest«, sagte er. »Ich konnte es kaum glauben, als ich dich erkannt habe. Ich hätte nicht erwartet, dass wir uns unter diesen Umständen wiedersehen.«
Mia schnaubte. »Und ich hätte nicht gedacht, dass du dich auf seine Seite stellst.«
Morl zuckte die Schultern. »Er will die Welt befreien. Ich wüsste nicht, was daran schlecht wäre.«
»Woher weißt du, dass du ihm trauen kannst? Woher weißt du, dass er wirklich tut, was er sagt? Hast du seine großartigen Pläne jemals hinterfragt, hast du seine Worte geprüft? Woher weißt du, dass er die Wahrheit sagt?«
Morl sah sie an, seine Augen wurden schmal. Er öffnete den Mund für eine Antwort, doch offensichtlich überlegte er es sich anders, denn er schloss ihn gleich wieder.
Mia seufzte. »Er hat dich bequatscht, nicht wahr?«
Morl hob leicht die Schultern. »Nach der Einnahme des Turms hat Seraphin sich an die Rebellen gewandt. Er rief uns auf, sich ihm anzuschließen, um mitzuhelfen, die Welt besser zu machen – eine gerechte Gesellschaft aufzubauen, in der es keine Willkür, keine Ungerechtigkeit, keine Gewalt mehr gibt. Und vielleicht wird es uns gelingen.«
Mia nickte düster. »Ich sage es ja – er hat dich bequatscht. Genau das Gleiche hat er gerade bei mir versucht.«
Morl lächelte zaghaft. »Und, hatte er damit Erfolg?«
Mia biss die Zähne zusammen. Seraphins Worte hatten sie stärker durcheinandergebracht, als sie zugeben wollte, aber sie war fest entschlossen, sich nicht einwickeln zu lassen. »Glaubst du ihm etwa seine Geschichte von der freien Welt und dieses ganze friedliche Getue? Er hat mich quer durch ganz Paris gehetzt und Feuerbälle nach mir geworfen! Ist das etwa der neue Pazifismus?« Mia atmete aus. Es tat ihr gut, ihrer Verwirrung freien Lauf zu lassen, indem sie Seraphins Worte niederredete.
Doch Morl lachte nur. »Und was hat er deiner Meinung nach vor?«
Mia hatte schon den Mund geöffnet, als sie merkte, dass sie keine Antwort darauf hatte. Sie dachte daran, wie leidenschaftlich Seraphin von der Freiheit der Völker und einer vereinten Welt gesprochen hatte. Aber sagte er die Wahrheit? Oder täuschte er sie, weil er das Zepter an sich bringen wollte – aus welchem Grund auch immer? Sie zuckte die Schultern. »Woher soll ich das wissen? Ich habe nur sein Wort. Er kann mir viel erzählen. Und außerdem – selbst wenn er es ernst meint: Nicht alle Wesen sind so edel, wie sie sein müssten, damit dieses Projekt funktioniert. Wo will er eine Gesellschaft bauen, wie er sie sich vorstellt? Im Garten Eden?«
Morl sah sie ernst an. »Diese Ironie hätte ich dir nicht zugetraut.«
»Ich überrasche die Leute gern«, gab sie zurück. »Besonders, wenn sie so naive Ideen haben oder sich von großen Worten blenden lassen. Du hast es doch selbst gesagt: Vielleicht wird es uns gelingen! Vielleicht, vielleicht!«
Schweigend betrachtete er sie, mit demselben prüfenden und suchenden Blick wie damals in der Gasse Ghrogonias. »Ich glaube dir nicht, dass du wirklich so denkst«, sagte er dann. »Du hast mir das Leben gerettet, erinnerst du dich? Du hättest ebenso gut weglaufen können. Alles wäre einfacher gewesen, wenn du es getan hättest. Das Risiko war groß, dass du erwischt wirst – und die Chance, dass es dir tatsächlich gelingt, mir zu helfen, war klein. Dennoch hast du es getan. Trotz des Vielleichts – oder etwa nicht?«
Sie schob das Kinn vor. »Ja, weil man gewisse Dinge einfach tun muss, sonst …« Sie stockte.
Er grinste breit. »Sonst was?«
»Sonst ist man nicht mehr wert als der Dreck unter den Nägeln.«
Er nickte langsam. »Und aus demselben Grund folge ich Seraphin. Mag sein, dass seine Ideale scheitern werden. Möglich, dass ich alles verliere, was ich habe – und ich habe nicht besonders viel. Aber ich werde der bleiben, der ich bin – selbst wenn ich sterben sollte in diesem Gefecht. Ich habe mich dem Kampf gestellt. Was bleibt von uns übrig, wenn wir nicht bereit sind, das für unsere Hoffnungen und Träume zu tun?«
Er hielt inne, und Mia war froh darum. Sie hatte Morl schon bei ihrer ersten Begegnung gemocht, schon damals war es ihr vorgekommen, als würden sie sich bereits sehr lange kennen. Aber jetzt, da er auf diese Weise mit ihr sprach, musste sie an Jakob denken. Sie wehrte sich mit all ihrer Kraft dagegen, aber sie wusste, dass sie genauso fühlte wie Morl. Ärgerlich stieß sie die Luft aus. Von allen Seiten redeten sie auf sie ein, es war ja kein Wunder, dass sie langsam weich wurde. Entschlossen schüttelte sie den Kopf.
»Es wird schon seine Gründe haben, warum er ausgerechnet euch Rebellen zu sich gerufen hat«, sagte sie. »Was will er mit euch anstellen? Ihr gebt eine ganz passable Armee ab, könnte ich mir denken. Gargoyles, Schwarzmagier, Rebellen – damit kann er sicher einiges anfangen.«
Morls Augen wurden schmal. Für einen Moment glaubte Mia, dass er aufstehen und gehen würde. »Das denkst du?«, fragte er, und Mia hörte zum ersten Mal einen Anflug von Wut in seiner Stimme. »Du weißt nichts von uns. Du weißt nicht, wie es ist, wenn man in der Gosse leben muss und dafür getötet werden kann, dass man sich kein Halsband umbinden lässt. Du weißt nicht, wie wir lebten, bevor er kam. Wir mussten uns verstecken – in versifften Tunneln, modrigen Gängen oder zugigen Metroschächten. In Ghrogonia war unser Platz klar: ganz unten.« Er sprang so schnell auf, dass Mia zurückwich. Entschuldigend hob er die Hände. »Ich kann dir viel erzählen. Aber du wirst mir ebenso wenig glauben wie Seraphin – es sei denn, du siehst es mit eigenen Augen. Komm mit mir. Ich will dir etwas zeigen.«
Er ging zur Tür und hielt sie ihr auf. Mia überlegte nicht lange. Vielleicht ergab sich auf dem Weg wohin auch immer eine Möglichkeit zur Flucht – oder sie würde herausfinden, ob sie Seraphin trauen konnte. Kaum hatte sie den Flur betreten, wurde ihr klar, dass an eine Flucht nicht zu denken war. Überall standen Schwarzmagier, die sie mit wachsamen Augen beobachteten. Morl führte sie über dunkle Gänge immer tiefer den Turm hinab. Schweigend lief sie neben ihm her, bis sie einen Gang erreichten, der von flackernden Fackeln gesäumt wurde. Die Luft wurde kühler, und Mia roch den angenehmen Duft von Jasmin. Vor einer großen schwarzen Tür blieb Morl stehen. Mia hörte Stimmen auf der anderen Seite und leises Weinen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Wohin hatte Morl sie geführt?
»Das hier – das sind die Rebellen, die Seraphin gerufen hat.«
Mit diesen Worten stieß er die Tür auf. Im ersten Moment war Mia geblendet von dem silbrigen Licht, das auf den weißen Laken unzähliger Betten lag. Dann sah sie die Hybriden. Vor allem Kinder waren es, abgemagert und mit viel zu großen Augen. Einige hatten Ekzeme an den Handgelenken und Entzündungen an Mund und Augen, andere lagen apathisch da, die kleinen Hände mit Kanülen versehen, durch die sie künstlich ernährt wurden. Viele Kinder sahen sie staunend an. Offensichtlich hatten sie noch nie einen Menschen zu Gesicht bekommen. Auf ihren Betten saßen Erwachsene in weißen Uniformen. Sie lasen ihnen vor und versorgten ihre Wunden. Auch Frauen und Männer lagen in den Betten, und sie wirkten ebenso verwahrlost und ausgehungert.
Mia wandte den Kopf und sah einen kleinen Jungen von vielleicht acht oder neun Jahren. Er hockte mit angezogenen Beinen auf seinem Bett, hatte den Kopf auf die Knie gestützt und schaute regungslos zu ihr herüber. Seine Augen waren groß und dunkel, und in ihnen stand eine traurige Hoffnungslosigkeit, die Mia bis ins Mark traf: Es waren die Augen eines Kindes, das von der Welt vergessen worden war.
»Die Gargoyles nannten uns Rebellen«, sagte Morl neben ihr. »Aber für sie waren all jene Rebellen, die sich ihnen nicht mit Haut und Haaren unterwarfen. Wir mussten im Dreck leben, weil wir Hybriden sind. Wir sind verfolgt und getötet worden aus demselben Grund. In einer Welt wie dieser können Wesen wie wir nicht leben – wir haben keinen Platz darin. Seraphin will, dass sich das ändert. Und er hat bereits begonnen.« Morl folgte Mias Blick und betrachtete den kleinen Jungen. »Noch nie sind Hybriden medizinisch versorgt worden. Warum auch? Wir waren lästige Kreaturen und wenn einer starb, kam schon bald ein neuer. Dieses Kind hat beide Eltern verloren bei einer der sogenannten Säuberungen in den Gängen, die der König alle naselang mit Spezialtrupps durchführen ließ und bei der alle sich dort versteckenden Hybriden entweder versklavt, vertrieben oder getötet wurden. Seine Schwester wurde hingerichtet, als sie zwölf war – sie hatte zwei Schattenflügler mit faulen Eiern beworfen. Als wir ihn fanden, wog er kaum fünfzehn Kilo. Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn die Kinder in den Gängen sterben. Niemand von denen, die etwas daran ändern könnten, interessiert sich dafür.«
Mia konnte sich nicht von dem Jungen abwenden. Er hatte strohblondes Haar. Wieder musste sie an Jakob denken. Hatte er von diesen Zuständen gewusst? Sie dachte an seinen Blick, mit dem er den Schattenflüglern in Ghrogonia nachgesehen hatte, und an den bitteren Ton in seiner Stimme, als es um die Hybriden gegangen war. Ja, er hatte es gewusst, und er war hilflos gewesen und verzweifelt, weil er nichts dagegen hatte tun können.
»Seraphin will den Zauber des Vergessens brechen«, sagte sie leise. Der Junge hob den Kopf, als hätte sie mit ihm gesprochen – und hatte sie das vielleicht?
Morl nickte neben ihr. »Das wird der erste Schritt zu einer neuen Welt. In einer Welt, in der Vielfalt alltäglich ist, in der jeder seinen Platz hat und nicht um sein Recht zu existieren kämpfen muss, nur weil er ist, was er ist – in einer solchen Welt hat die Angst vor dem Fremden keinen Platz. Denkst du nicht, dass es sich lohnt, für diese Welt zu kämpfen?«
Mia trat zu dem Bett des Jungen. »Ja«, sagte sie leise. »Vielleicht.«
Und der Junge mit den traurigen Augen lächelte.
Nacht. Nicht einmal die Ahnung eines Lichtfunkens drang durch die Finsternis, die Grim umgab. Seine Füße tasteten sich vor, unsicher wie im Schlaf. Er hasste es, so hilflos zu sein. Er wusste, dass er auf einem zugefrorenen See sein musste – er hörte das leise Stöhnen des Eises und das gurgelnde Wasser darunter. Überhaupt war es verflucht kalt geworden, seit er die Brücke überwunden und sich auf den Weg zu Hels Burg gemacht hatte. Die Riesin Modgudr, die die goldene Brücke bewachte, hatte ihm den Weg gewiesen, und nach einem kurzen Marsch über verschneite, neblige Felder war es dunkel geworden – so dunkel, dass selbst seine Augen keinen Anhaltspunkt in der Finsternis mehr finden konnten.
Da erklang ein tiefes, durchdringendes Dröhnen. Sofort hielt er inne, die Klauen zur Abwehr erhoben, auch wenn das wenig Sinn machte – er hätte einen Angreifer erst bemerkt, wenn er ihm den Kopf von den Schultern gerissen hätte. Angespannt lauschte er auf den stetigen Ton, und die Erkenntnis flutete ihn wie ein Meer aus Eis: Es war ein Herzschlag, den er da hörte, leise und von solcher Tiefe, dass das Eis unter seinem Klang erzitterte. Grim unterdrückte jeden Anflug von Furcht, der ihn in Anbetracht dieser Erkenntnis anfallen wollte. Entschlossen machte er einen Schritt nach vorn in die Finsternis. Im selben Moment flammte etwas in einiger Entfernung auf und erhellte den See, auf dem Grim stand. Es war eine gewaltige schwarze Burg, die am anderen Ufer stand. Ein Spalt klaffte in ihrer Mitte, als hätte ein Riese sein Schwert durch den Stein gezogen. Rotes Licht quoll daraus hervor wie das Fleisch in einer Wunde. Grim spannte die Muskeln an. Er wusste, dass dies der Sitz von Hel war – instinktiv, als wäre er ein blindes Tierkind, das zurück zur Mutter fand. Jetzt war es nicht mehr weit. Er würde sie dazu bringen, ihn gehen zu lassen – und dann würde er Seraphin einen Besuch abstatten und ihn ein für alle Mal an seinen Machenschaften hindern. Und sollte er Mia tatsächlich etwas getan haben … Grim zog die Brauen zusammen. In diesem Fall würde er qualvoll sterben – und dann würde er ihm in die Hölle folgen und ihn noch einmal töten, so viel stand fest.
Er trat auf die Burg zu – und bereute es sofort. Das Eis knackte bedrohlich, Grim hörte es bersten. Dann fühlte er sich von einer Welle erfasst und wurde herumgeschleudert, wehrlos wie ein Blatt im Wind. Trudelnd schlug er gegen Felswände und versuchte vergebens, seinen Kopf vor den Stößen zu schützen. Im nächsten Moment schlang sich etwas um seinen Körper, er spürte Schuppen unter seinen Klauen und Luft auf seiner Haut. Er fuhr sich über die Augen – und schaute in das Gesicht einer riesigen Schlange. Pechschwarz war ihre Haut und glänzte wie feuchtes Leder, ihre Augen blickten starr und kalt und zwischen ihren reglosen Lippen züngelte eine tiefrote Zunge wie gefrorenes Blut. Grim schlug seine Klauen in ihren Leib, mit dem sie ihn umschlungen hielt, doch er war hart wie Felsgestein.
»Bythorsul«, grollte er.
Kaum hatte er den Namen der Midgardschlange ausgesprochen, entfachten sich rote Fackeln auf dem Wasser und beleuchteten den See. Oder war es ein Meer? Pechschwarze Wellen hoben und senkten sich. Tentakel schoben sich wie riesige Würmer aus der Tiefe und in jedem hing ein wehrloses Geschöpf. Grim sah Menschen, deren Leiber halb zerfressen waren, sie schrien lautlos, die Gesichter zu Fratzen entstellt, er sah Gargoyles, wie Schwerter ragten die Tentakel aus ihren Körpern, immer wieder tauchten Zentauren auf, das Fleisch hing ihnen in Fetzen vom Körper, und überall standen Anderwesen in Flammen, sie verbrannten und konnten nicht einmal schreien.