Beiträge zur sächsischen Militärgeschichte zwischen 1793 und 1813
Heft 30
Abb. 01 Eidesrotul der Landwehr und des Banners
Am 09.11.1813 wurde das Dekret zur Bildung der sächsischen Landwehr erlassen und bereits 3 Monate später (am 01.02.1814) die ersten beiden Landwehr-Infanterie-Infanterie auf den Feldetat gesetzt. Bis zum April 1814 wurden insgesamt 21 Bataillone und 2 Kompanien Landwehr-Infanterie und damit rund 17.800 Mann in einem vom Kriege verheerten und von den „Befreiern“ besetzten Land neben den Linientruppen ausgehoben, ausgebildet und vor allem ausgerüstet. Ein Kraftakt unter fremder Regierung und fremdem Kommando ohnegleichen.
Diese Anstrengungen werden in der wenigen Literatur, die sich mit dem Thema – meist auch bloß am Rande – beschäftigt, unter „Patriotismus“ und „Eintreten für die deutsche Sache bzw. Sache der hohen Verbündeten“ ohne weitere Würdigung der Umstände abgehakt.
Ein eigenständiges Werk, dass sich mit der sächsischen Landwehr in dieser Zeit beschäftigt, ist mir nicht bekannt. Lediglich das Wirken der Landwehr im Feldzug von 1814 ist im Werk von Bucher1 ausführlich beschrieben. Ergänzende Ausführungen zur einzigen größeren Kampfhandlung der Landwehr liefert Friedensburg2 mit den Gefechtsberichten zu Coutray.
Aktenseitig sind im Hauptstaatsarchiv in Dresden eine Reihe von Dokumenten vorhanden. Diese betreffen hauptsächlich das Wirken des Ausschusses zur Landesbewaffnung unter dem Generalmajor v.Vieth und die Ordrebücher der Bataillone des Meißner Kreises incl. der Stadt Dresden. Ergänzende Dokumente kommen aus den Aktenbeständen zum Generalstabes und den Infanterieformationen.
Bildseitig sind die Darstellungen in verschiedenen zeitgenössische Serien sehr übersichtlich. Die Meißner Bilderhandschrift, die Darstellungen von Beger und die Elberfelder Bilderhandschrift beinhalten jeweils zwei Darstellungen.
Bedanken möchte ich mich beim Team des Hauptstaatsarchives Dresden für die wiederum problemlose Bereitstellung von Akten und Kopien. Mein weiterer Dank gilt Dr. Thomas Hemmann (Napoleonzeit), Steffen Poser (Stadtgeschichtliches Museum Leipzig), Peter Harrington (Anne S.K.Brown) und Yvonne Brandt (Staatliche Kunstsammlung Dresden).
Sprotta-Siedlung im Mai 2014
1 Der Feldzug des dritten deutschen Armee-Corps in Flandern… 1814
2 Die sächsische Landwehr bei Courtray
Abb. 02 Kreiseinteilung 1814 (Corps Saxonia Leipzig)
Das Patent zur Errichtung der sächsischen Landwehr datiert vom 09.11.1813. Insgesamt hatte Sachsen 22 Bataillone Landwehr zu je 830 Mann zu stellen3. Die Bataillone sollten in den Kreisen gebildet werden4. Dazu waren alle in den Distrikten vorhandenen Landwehrmänner in Offiziersabteilungen zusammenzufassen. Die Bildung der Kompanien und Bataillone erfolgte vorerst nach den Listen und praktisch nach Zusammenziehung der Kompanien in den angewiesenen Konzentrationsquartieren5.
Entsprechend ihrer Quote hatten die Kreise zu stellen:
Oberlausitz | 2800 Mann |
Meißner | 2939 Mann |
Thüringer | 2027 Mann |
Erzgebirgsche | 3868 Mann |
Neustädtische | 547 Mann |
Niederlausitz | 1051 Mann |
Wittenberger | 1342 Mann |
Leipziger | 2476 Mann |
Voigtländische | 769 Mann |
Summe | 17819 Mann6 |
Verantwortlich waren einerseits die in den Kreisen gebildeten Zentralausschüsse und andererseits die durch den Generalgouverneur zu ernennenden Brigadiers und Bataillonskommandeure der Landwehr. Die Zentralausschüsse hatten sich um das Administrative und Ökonomische zu kümmern, den Kommandeuren verblieb die Formierung und Ausbildung der Truppe.
Folgende Formierungsgrundsätze wurden aufgestellt:
Etat eines Bataillons | Etat einer Kompanie |
1 Bataillons-Chef | |
1 Adjutant | |
1 Fahnenjunker | |
1 Stabsfourier | |
1 Büchsenmacher oder – schäfter | |
4 Capitains | 1 Capitain |
4 Premierleutnants | 1 Premierleutnant |
8 Sousleutnants | 2 Sousleutnants |
4 Feldwebel | 1 Feldwebel |
8 Sergeanten | 2 Sergeanten |
48 Corporals | 12 Corporals |
4 Fouriers | 1 Fourier |
4 Chirurgen | 1 Chirurg |
8 Zimmerleute | 2 Zimmerleute |
12 Tambours | 3 Tambours |
720 Gemeine | 180 Gemeine |
829 Mann | 206 Mann |
Einem Leutnant wurde die Funktion als Quartiermeister übertragen.
Anfänglich sollte die Organisation in Brigaden zu 5 Bataillonen erfolgen, jedoch wurde am 26.12.1813 die Einteilung der schleunigst marschfertig zu stellenden 9 Bataillone Landwehr in 3 Regimentern zu je 3 Bataillonen vorgenommen.
Für die Landwehr-Regimenter wurde folgender Etat festgelegt:
Stab | bei 12 Kompanien |
1 Oberst | 6 Capitaines 1.Klasse |
3 Bataillons-Kommandanten | 6 Capitaines 2.Klasse |
3 Adjutanten | 12 Premier-Leutnants |
1 Rgt.s-Quartiermeister | 24 Sous-Leutnants |
1 Rgt.s-Chirurg | 12 Feldwebel |
1 Btl.s-Chirurg | 24 Sergeanten |
3 Fahnjunker | 12 Fouriers |
3 Stabs-Fouriers | 12 Chirurgen |
3 Btl.s-Tambours | 144 Korporals |
3 Büchsenmacher u. –schäfter | 36 Tambours |
22 Mann | 24 Zimmerleute |
2160 Gemeine | |
2472 Mann |
Gesamt 2.494 Mann7.
In den Kreisen wurde noch eine Landwehrreserve von 20 Mann je Kompanie ausgehoben8.
Die Bezeichnung der Bataillone erfolgte einerseits nach Nummern der Landesbewaffnung und andererseits nach den Kreisen ( z.B. 6tes Bataillon9 oder 1tes Voigtländisch-Neustädtisches).
Um die Komplettierung der Truppen voranzutreiben, bemühte sich der General-Leutnant Thielmann Kader zu bilden, aus denen die Bataillone die fehlenden Chargen zugeteilt erhalten sollten10.
Damit die Landwehr vor dem Ausmarsch zweckmäßig exerziert und geübt werden konnte, wurden am 06.01.1814 die Zusammenziehung in Bataillone und Regimenter11 befohlen.
Am 17.01.1814 wurden der Oberstleutnant v.Arenstorff (1tes), der Major v.Wolan (2tes) und der Major v.Wolframsdorff (4tes) als Regimentskommandeure durch den General-Gouverneur bestätigt12. Der Major v.Wolframsdorff hatte aber inzwischen das Kommando des 2ten Grenadier-Bataillons erhalten, so dass dieser für die Landwehr nicht zur Verfügung stand13.
Die Organisation der Regimenter sollte so betrieben werden, dass das 1ste und 2te Regiment zwischen dem 27.01. und 04.02., das 3te und 4te Regiment zwischen dem 10. und 15.02. sowie das 5te und 6te Regiment zwischen dem 20.02. und 01.03.1814 in und bei Merseburg zur Verfügung des Generals Thielmann eintreffen sollten. Für das 5te und 6te Regiment wurden die Termine unter den Vorbehalt gestellt, dass die Regimenter vorher ihre Gewehre erhielten. Den Bataillonen wurden bereits am 18.01. Langensalza als Sammelplatz angewiesen.
Das 1ste und 2te Regiment wurden am 01.02. und das 3te und 4te Regiment am 15.02.1814 auf den Feldetat gesetzt. Das 5te und 6te Regiment14 folgten am 01.03.1814. Die Regimenter wurden wie folgt gebildet:
I. Regiment | Oberstleunant v. Arenstorff |
Dresdner | Oberstleutnant v.d.Mosel |
1. Wittenberger | Major v.Francois |
1. Niederlausitzer | Major v.Könneritz |
II. Regiment | Major v.Wolan |
1. Thüringer | Major v.Taucher |
2. Thüringer | Major v.d.Planitz |
1. Voigtländisch-Neustädt. | Major v.Römer |
III. Regiment | Oberst v.Dierschen |
1. Leipziger | Kapitän v.Zimmermann |
1. Erzgebirgisches | Major v.Elterlein |
Schönburgsches | Major v.Kommerstädt |
IV. Regiment | Major v.Brandt |
1. Oberlausitzer | Major v.Buchner |
1. Meißner | Major v.Selmnitz |
2. Leipziger | Kapitän v.Bünau |
V. Regiment | |
2. Meißner | Kapitän v.Sahr |
2. Wittenberger15 | Kapitän Roos |
2. Niederlausitzer16 | Major v.Köckritz |
VI.Regiment | |
2. Oberlausitzer | Kapitän v.Unwerth |
2. Erzgebirgische | Kapitän v.Einsiedel |
2. Voigtländisch-Neustädt.17 | Kapitän v.Lindenau |
Für die Landwehr sind im Hauptstaatsarchiv Dresden keine Monats- (Verpflegungs-) Listen vorhanden. Den Akten ist nur zu entnehmen, dass die Regimenter (fast) vollständig ausmarschierten18. Die Stärkeentwicklungen selbst sind daher nur für den Feldzug von 1814 für die wirklich vor dem Feind stehenden Regimenter zu erlangen gewesen:
10.03.1814 | 25.03.1814 | 20.04.1814 | |
I.Regiment | 41/2233 | 41/2216 | 40/1918 |
1.Bataillon | 14/ 756 | 14/ 756 | 14/ 603 |
2.Bataillon | 13/ 727 | 13/ 710 | 12/ 636 |
3.Bataillon | 14/ 750 | 14/ 750 | 14/ 679 |
II.Regiment | 40/2211 | 40/2211 | 41/2054 |
1.Bataillon | 11/ 733 | 14/ 733 | 15/ 688 |
2.Bataillon | 13/ 732 | 13/ 732 | 13/ 708 |
3.Bataillon | 16/ 746 | 16/ 746 | 16/ 658 |
III.Regiment | 52/2077 | 50/1298 | |
1.Bataillon | 20/ 661 | 16/ 620 | |
2.Bataillon | 17/ 700 | zus. | |
3.Bataillon | 15/ 716 | 34/ 678 | |
IV.Regiment | 48/2301 | 47/2040 | |
1.Bataillon | 17/ 768 | 15/ 687 | |
2.Bataillon | 16/ 766 | 14/ 646 | |
3.Bataillon | 15/ 767 | 18/ 707 |
Verluste durch Feindeinwirkung hatte die Landwehr vor Lille und an der Marque (21.03.)19 sowie bei Courtray (31.03.)20.
Nach der Einnahme von Paris wurde die Landwehr wieder in die Heimat zurückgeschickt.
Am 28.05.1814 wurde folgendes verfügt:
Zum Sammelpunkt der Regimenter wurde Langensalza bestimmt. Dort trafen die Regimenter zwischen dem 16. – 30.05.1814 ein21.
Den Bataillonen wurden die folgenden Garnisonen zugewiesen:
Bataillone | Garnison | traf ein | demobil |
I. Regiment | |||
Dresdner | Dresden | 13.06. | 16.06. |
1. Wittenberger | Beltzig | 12.06. | 16.06. |
1. Niederlausitzer | Lübbenau | 14.06. | 16.06. |
II. Regiment | |||
1. Thüringer | Weißenfels | 03.06. | 06.06. |
2. Thüringer | Naumburg | 02.06. | 06.06. |
1. Voigtländisch-Neustädt. | Weida | 03.06. | 06.06. |
III. Regiment | |||
1. Leipziger | Merseburg | 05.06. | 06.06. |
1. Erzgebirgisches | Schneeberg22 | 08.06. | 11.06. |
Schönburgsches | Glauchau | 08.06. | 11.06. |
IV. Regiment | |||
1. Oberlausitzer | Ruhland | 10.06. | 11.06. |
1. Meißner | Meißen | 08.06. | 11.06. |
2. Leipziger | Eilenburg | 06.06. | 06.06. |
V. Regiment | |||
2. Meißner | Mühlberg | 30.05. | 01.06. |
2. Wittenberger | Liebenwerda | 29.05. | 01.06. |
2. Niederlausitzer | Spremberg | 31.05. | 01.06. |
VI.Regiment | |||
2. Oberlausitzer | Zittau | 31.05. | 01.06. |
2. Erzgebirgische | Chemnitz | 26.05. | 01.06. |
2. Voigtländisch-Neustädt. | Falkenstein | 24.05. | 01.06. |
Die 3.Bataillone des inzwischen gebildeten VII.Regiments standen in: | |||
3. Oberlausitzer | (Kapitän v.Steindel) | Bernstadt | |
3. Leipziger | (Kpt. v.Schreibershofen) | Leipzig | |
3. Erzgebirgische | (Major v.Boxberg) | Frankenberg |
Von den Bataillonen des VII.Regiments standen jeweils 270 Mann mit insgesamt 13 Offizieren23 zum Dienst in Dresden sowie jeweils 1 Offizier und 70 Mann zur Arbeit in Torgau.
Die in Naumburg formierten 2 Kompanien Thüringer Landwehr (für das 22.Bataillon) waren am 28.05.1814 bereits vollständig beurlaubt.
Am 30.06.1814 ordnete das General-Gouvernement eine neue Organisation der Landwehr in 6 Regimenter zu je 3 Bataillonen à 803 Mann an. Dadurch verringerte sich die von den Kreisen gestellte Landwehr um 3.365 Mann.
Der Etat eines Landwehr-Regiments zu 3 Bataillonen war danach: