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Alles im Kasten
Kartenverzeichnis
Unterwegs mit Michael Müller
1953 in Ebermannstadt geboren. Nach der Ausbildung zum Kfz-Mechaniker zog es ihn für einige Jahre nach Neuseeland und Ecuador. Dort begegnete er dem Reisejournalisten Martin Velbinger, mit dem er zusammen in Südamerika recherchierte - die Initialzündung für die berufliche Neuorientierung, die 1979 in die Gründung des eigenen Verlags mündete.
Fim del Mundo, das „Ende der Welt“, wird das Cabo de São Vicente am südwestlichsten Punkt Europas genannt. Und genauso erschien es mir manchmal, wenn ich zu einer meiner vielen Reisen in meine zweite Heimat startete: als führe ich zum Ende der Welt. Und das Ende der Welt kann so schön sein ...
Besonders in Erinnerung sind mir die ersten Fahrten in den Achtzigerjahren. Im Transitland Spanien gab’s noch so gut wie keine Autobahnen, und so galt es, die Dieselrußwolken der Lkw-Konvois mit ziemlich riskanten Überholmanövern hinter sich zu lassen, um das gelobte Land noch zum Abendessen zu erreichen - oder um wenigstens vor 24 Uhr an der Grenzstation zu sein, denn dann wurde der Schlagbaum runtergelassen und erst um 6 Uhr in der Früh wieder geöffnet. Der erste Galão (Milchkaffee) nach der Grenze jedenfalls erzeugte ein Glücksgefühl sondergleichen. Eine wohlverdiente Entschädigung für den Nervenkitzel, den der fahrbare Untersatz - meist ein klappriges Pannenfahrzeug - nach den Unwägbarkeiten der fast 3000 Kilometer weiten Reise verursacht hatte.
Liebeserklärungen sollte man eigentlich nicht an Länder richten. Bei Portugal fällt mir das schwer, deswegen vielleicht so: Portugal, mich bezaubern deine Caldeiradas, deine Bewohner, deine Sprache, dein Bacalhau. Und ich beneide dich um dein Lissabon.
Boa viagem!
Was haben Sie entdeckt?
Haben Sie eine Tasca mit wundervollen Petiscos gefunden, das freundliche Albergo, den Top-Campingplatz oder einen schönen Wanderweg? Wenn Sie Ergänzungen, Verbesserungen oder neue Tipps zum Portugal-Buch haben, lassen Sie es uns bitte wissen!
Schreiben Sie an: Michael Müller, Stichwort „Portugal“ c/o Michael Müller Verlag GmbH | Gerberei 19, D - 91054 Erlangen michael.mueller@michael-mueller-verlag.de
Orientiert in Portugal
Das Land im Profil
Portugal ist ...
Das vergleichsweise kleine Land im äußersten Südwesten Europas hat in den letzten Jahren einen steten touristischen Aufschwung zu verzeichnen. Voll und überlaufen ist es hier dennoch nicht: ein ideales Ziel also für Individualreisende.
Fläche: 92.212 km2
Einwohnerzahl: 10.600.000
Bevölkerungsdichte: 115 Einwohner pro km2
Zeitzone: Westeuropäische Zeit (eine Stunde hinter der Mitteleuropäischen Zeit)
Währung: Euro
Telefonvorwahl: +351
... einer der ältesten Nationalstaaten Europas
Im Jahr 1140 rief sich der vormalige Graf von Portucale Afonso Henriques zum ersten König Portugals aus. Bis dahin hatte die besagte Grafschaft zum Königreich Leon und Kastilien gehört, einem der Vorgängerstaaten Spaniens. Zur Erlangung seiner vollen Souveränität musste Dom Afonso I, wie er sich nunmehr nannte, allerdings noch eine wichtige Formalität erledigen: die Zustimmung des Papstes einholen, denn ohne die war sein Königtum nichts weiter als ein royaler Papiertiger. Da der päpstliche Segen nicht ohne die Zahlung einer anständigen Gebühr zu erlangen war, musste zuerst verhandelt werden. Diese Verhandlungen zogen sich satte 39 Jahre hin, sodass die offizielle Geburtsurkunde Portugals in Form der päpstlichen Bulle Manifestis probatum erst 1179 ausgestellt wurde. Das mit dem Siegel Papst Alexanders III. versehene Dokument wird heute im portugiesischen Staatsarchiv in Lissabon aufbewahrt.
... ein (reiches) Land am Meer
Portugal liegt dort, „wo das Land aufhört und das Meer beginnt“ - so heißt es beim portugiesischen Nationaldichter Luís Vaz de Camões. Tatsächlich grenzen der komplette Westen und Süden des Landes ans Wasser, die gesamte Küstenlinie ist mehr als tausend Kilometer lang. Was heute immense badetouristische Vorzüge mit sich bringt, ist historisch betrachtet der Grund für Portugals Aufstieg zur führenden Seefahrernation Europas im 15. und 16. Jahrhundert. Das Land orientierte seine Aktivitäten quasi automatisch Richtung Übersee. Es erkundete, entdeckte und eroberte ferne Welten und tat das, was Eroberer zu allen Zeiten am liebsten getan haben: sich an den Ressourcen der eroberten Gebiete bedienen. Der aus den neuen überseeischen Besitzungen abgeschöpfte Reichtum wurde daheim im Mutterland großzügig in Wissenschaft, Kunst und Architektur investiert. Portugal erlebte so ein „goldenes Zeitalter”, dessen grandiose bauliche Zeugnisse vielerorts bis heute erhalten sind. Das architektonische Meisterwerk des goldenen Zeitalters schlechthin ist das prächtige Hieronymitenkloster in Lissabon.
... die Heimat berühmter Weine
Noch weit früher als in Steine für prächtige Gebäude investierte das Land in Reben - vermutet wird, dass bereits um 2000 v. Chr. im Tejo-Tal Wein gekeltert wurde. Erster fulminanter Exportschlager Portugals war der Portwein, der ab Mitte des 18. Jahrhunderts. in großem Stil in alle Welt verschifft wurde. Heute gehört der Portwein gewissermaßen zur DNA des Landes, omnipräsent ist er nicht nur im Norden, wo er angebaut wird. Ebenfalls aus dem Norden Portugals stammt der Vinho Verde. Der „grüne Wein“, der als Weiß-, Rot- und Roséwein vorkommt, wird jung getrunken und eignet sich in seiner weißen Variante ganz hervorragend als leichter, frischer Sommerwein. Hinter diesen Aushängeschildern der portugiesischen Weinproduktion lauert eine ganze Reihe von Geheimtipps aus nahezu allen Regionen des Landes, darunter der tiefrote Dão aus der gebirgigen Beira-Region im Zentrum Portugals oder der Castelão aus dem Alentejo im Süden.
... massentouristisch unterentwickelt
Die traditionelle Urlaubsregion Portugals ist die Algarve-Küste ganz im Süden des Landes. Dank der großartigen Strände ist der Tourismus hier schon lange etabliert, hinter den Briten stellen Touristen aus Deutschland das größte Urlauberkontingent. Massentouristische Auswüchse mit Hotelburgen und Partymeilen sind aber auch hier die Ausnahme. Für den Rest des Landes gilt das ohnehin. Zwar verzeichnet insbesondere der Norden Portugals seit ein paar Jahren steigende Touristenzahlen, sicht- und spürbare Auswirkungen hat das aber kaum: Die weitläufigen Atlantikstrände und die zugehörigen Badeorte sind weiterhin selbst in der Hochsaison alles andere als vollgestopft, und wer den Küstenstreifen Richtung Landesinneres verlässt, kommt von Kilometer zu Kilometer immer tiefer ins touristische Niemandsland.
Städte, Bauten, Kunst
Erlebnis Kultur
Seinen kulturellen Reichtum hat das Land unter anderem seiner glorreichen Vergangenheit als führende Seefahrernation Europas zu verdanken. Viele bauliche Zeugnisse des goldenen Zeitalters sind bis heute erhalten geblieben.
Kachelkunst made in Portugal
Azulejos - bunt bemalte, glasierte Keramikfliesen - sind die Dekorelemente der portugiesischen Architektur schlechthin. Sie schmücken das Innere von Kirchen, Klöstern und Palästen, man sieht sie aber auch an Hauswänden, in Metrostationen und sogar auf Parkbänken. Ganz in Azulejos getaucht ist die Capela das Almas in Porto, deren Fassade komplett aus Wandfliesen besteht - 15.947 an der Zahl.
Große Städte
Lissabon, die Hauptstadt des Landes: Portugals Städtereiseziel Nummer eins ist auf sieben Hügeln über dem Rio Tejo gebaut. In der Hauptstadt kann man sich wohlig im Gassengewirr der Altstadt verlieren, staunend grandiose Bauwerke aus Portugals goldenem Zeitalter bewundern, (meistens) gut essen und abends gepflegt bis ungezügelt ausgehen - mediterrane Großstadtkultur der allerersten Güteklasse (und um die Ecke liegen auch noch die Atlantikstrände ...). Nur ein bisschen voll kann’s beizeiten werden.
Porto, die Hauptstadt des Nordens: Ähnliches Bild gut 300 km nördlich von Lissabon: ein Fluss (der Douro), eine Altstadt, die sich terrassenförmig nach oben windet, und der ein oder andere Prachtboulevard mit beeindruckender Architektur rundherum. Alles nur ein bisschen kleiner dimensioniert als in der Landeshauptstadt, aber möglicherweise liegt genau darin auch der Reiz der Hauptstadt des portugiesischen Nordens.
Guimarães, die Wiege der Nation: „Hier wurde Portugal geboren“, heißt es in großen Lettern an der Stadtmauer der ersten Hauptstadt des Landes. Wahrzeichen ist die mächtige Festung hoch über der Stadt, Schmuckstück die Altstadt mit ihren dicht an dicht gebauten Häusern, architektonisches Herzstück der Largo da Oliveira mit dem alten Rathaus.
Coimbra, das geistige Zentrum der Nation: Am Standort der ältesten Universität des Landes sind rund ein Fünftel der Einwohner Studenten, entsprechend gut ausgestattet ist die hübsche Altstadt mit Szene-Kneipen, Secondhandläden oder Avantgardebühnen. Die Universität gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und hat mit der Biblioteca Joanina eine der prächtigsten Bibliotheken der Welt.
Große Bauwerke
Mosteiro dos Jerónimos: Das Hieronymiten-Kloster in Lissabon ist das Juwel des manuelinischen Baustils, einer exklusiv portugiesischen Variante der Spätgotik, angereichert mit maritimer und arabischer Ornamentik. Das mächtige Gebäude beeindruckt mit einer reichverzierten Kalksteinfassade, prächtigen Portalen und einem atemberaubenden Kreuzgang im Innenhof.
Mosteiro da Batalha: Das Dominikanerkloster ist knapp hundert Jahre älter als sein Lissabonner Pendant, aber kaum weniger imposant. Es wurde im 14. Jh. anlässlich der siegreichen Schlacht über die Truppen des Königreichs Kastilien gebaut. Eines der Prunkstücke ist auch hier der Kreuzgang, der in geradezu königlicher Opulenz ausgestaltet ist.
Nationalmonumente in Sintra: Wer in Sintra ankommt, versteht sofort, warum die portugiesischen Könige und viele Adelige von Rang hier ihre Sommerpaläste mit Gartenanlagen errichten ließen: gutes Klima, eine sanfte Hügellandschaft und ein formidabler Blick aufs Meer. Die baulichen Hinterlassenschaften besagter Herrschaften bilden heute die „Kulturlandschaft Sintra“, die seit 1995 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Die Liste der zu besichtigenden Monumente umfasst u. a. den königlichen Palácio Nacional de Sintra, die prachtvolle Quinta da Reguleira oder das „portugiesische Neuschwanstein“, den Palácio Nacional da Pena.
Große Kunst
Museu Calouste Gulbenkian: Das international renommierte Lissabonner Kunstmuseum beruht auf der umfangreichen Privatsammlung seines Stifters, des armenischen Industriellen und Kunstmäzens Calouste Gulbenkian. Zu den Exponaten gehören auch Werke europäischer Künstlerikonen wie Rembrandt oder Monet.
Museu de Arte Contemporânea de Serralves: Das Museum am westlichen Stadtrand Portos präsentiert moderne (portugiesische) Kunst. Fast noch eindrucksvoller aber als das Museum selbst ist der prächtige Park, von dem es umgeben ist.
Prähistorische Felszeichnungen im Vale do Côa: Große Kunst ganz anderer Art und ganz anderer Zeit ist die „Steinzeitgalerie“ an den Uferhängen des Flusses Côa. Sie präsentiert einen veritablen Zoo aus Auerochsen, Hirschen, Steinböcken usw. - alles fein säuberlich vor mehr als 20.000 Jahren in den Fels geritzt.
Von Nord nach Süd
Strände und Baden
1800 km lang ist die portugiesische Atlantikküste, und der größte Teil davon ist Sandstrand. Abseits der Touristenzentren findet man meist auch im Sommer noch ein ruhiges Plätzchen.
Baden in Süßwasser
Badestellen an Flüssen und Stauseen finden sich vor allem im Norden des Landes. Eine besonders schöne liegt im Nationalpark Peneda-Gerês: Der Rio Homem hat bei Albergaria praktischerweise mehrere natürliche Becken ausgebildet, in denen man hervorragend baden kann - und das vor wunderbar grüner Kulisse.
Sommerfrische am Meer
Der Atlantik schafft es auch im Sommer nicht auf mehr als 18 Grad Wassertemperatur. Der Vorteil: Eine Algenplage oder übermäßiger Quallenbefall sind die absolute Ausnahme. Die Portugiesen drängen sich gerne in gemietete, bunt gestreifte Strandzelte, die nicht nur die Sonne, sondern auch den oft recht kräftigen Seewind abhalten. So aufregend die kräftige Brandung für Strandspaziergänger auch ist, zum Rausschwimmen ist es oft zu gefährlich, dann sollte man sich mit Planschen in den Wellenausläufern im hüfthohen Wasser begnügen.
Badeorte an der Westküste
Caminha: der erste Küstenort im Norden, direkt am Fluss Minho, der die Grenze nach Galicien/Spanien bildet. Traumhafter Strand an einem unbebauten Küstenstreifen und dichten Pinienhainen. Das Besondere ist hier die beckenartige Flussmündung, die eine tolle Schwimmmöglichkeit in einem von den Wellen geschützten Bereich bietet.
Esposende: sympathischer kleiner Ort an der Mündung des Rio Cávado. Die Strände südlich des Flusses sind von Dünen und Pinienhainen gesäumt und kaum bebaut. Der breite Bereich der Flussmündung ist ein Eldorado für Kite- und Windsurfer.
Matosinhos: Nördlich der Hafenstadt an der Küste vor Porto liegen endlos lange Sandstrände. Die Gegend lässt sich auch gut mit dem Fahrrad erkunden - ein Radweg führt an der Küste entlang. Der berühmte Architekt Álvaro Siza hat bei Leça da Palmeira eine Poolanlage am Strand gebaut, die sich harmonisch in die flache Landschaft einfügt.
Foz do Douro: Der Stadtbadestrand von Porto mit seiner hübschen Uferpromenade samt Strandcafés erstreckt sich bis nach Matosinhos. Auch Wellenreiten ist hier angesagt, Zuschauer gibt es genug.
São Pedro de Moel und Nazaré: Zwischen Porto und Lissabon lohnen sich Badestopps im überschaubaren Strandort São Pedro de Moel oder der Hafenstadt Nazaré. Letztere ist wegen der wunderbaren Wellen für Surfer eine gute Alternative zu Hawaii.
Ericeira: Der Badeort oberhalb des hohen Kliffs nordwestlich von Lissabon ist besonders an Wochenenden gut besucht. Unter der Woche ist es beschaulicher.
Vila Nova de Milfontes: An der Küste zwischen Lissabon und der Algarve gibt es einige sympathische Küstenorte, die sich für Strandbesuche anbieten. Vila Nova de Milfontes ist besonders hübsch und mit einer guten Infrastruktur ausgestattet.
Carrapateira: der „Geheimtipp“ schlechthin, fast schon unten am Kap von Sagres. Traumhaft schön ist der Strand Praia do Amado, etwa 3 km vom Dorf entfernt.
Badeorte an der Algarve
Der äußerste Westen der Algarve, um das Kap von Sagres, ist viel weniger bebaut als der Streifen zwischen Albufeira und Faro, wo die Hoteldichte sehr hoch ist.
Sagres: Dieser südwestlichste Zipfel Europas ist Treffpunkt für Surfer und Backpacker. Je nach Wind und Wellen geht man zu einem Strand westlich oder östlich vom Kap.
Salema: Das ehemalige Fischerdorf an einer sandigen Bucht hat noch etwas Charme aus der Zeit vor dem Tourismusboom erhalten können.
Ferragudo: hübsche Kleinstadt auf der anderen Flussseite von Portimão. Von dort sind etliche wunderschöne kleine Badebuchten zu Fuß zu erreichen.
Olhos d’Água: Bei diesem Badeort östlich von Albufeira beginnt der eindrucksvolle Falésia-Strand. Kilometerweit kann man unter hohen, farbenprächtigen Felsformationen am Strand entlangspazieren.
Zwischen Faro und dem Rio Guadiana: Von Faro bis zum Grenzfluss zu Spanien erstreckt sich das Sotavento, die „windabgewandte“ östliche Hälfte der Algarve. Dort sind Wasser- und Lufttemperaturen immer einige Grad höher als im Westen. Den Badestrand bildet dort eine 60 km lange Sandbank, die von den Küstenorten mit Badebooten angefahren wird. Nur bei Monte Gordo ganz im Osten berührt sie das Festland.
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Unterwegs in Portugal
Nordportugal
Der nördliche Landesteil zieht sich von der spanischen Grenze hinunter bis Porto, der nach Lissabon bedeutendsten Stadt des Landes. Im Westen regiert der raue Atlantik, im küstennahen Binnenland gedeihen in grüner Landschaft berühmte Weine. Ganz still ist es „Hinter den Bergen“ im äußersten Nordosten Portugals.
Das Portugal-Souvenir schlechthin ist der farbenfrohe Hahn von Barcelos, den man im ganzen Land in jedem einschlägigen Shop bekommt. Seine Heimat ist das geschäftige Provinzstädtchen Barcelos im Minho (→ S. 57). Die Legende, die sich um den Hahn rankt, behandelt die großen Themen Schuld, Sühne und Gerechtigkeit. Sie ist eine Variante der Jakobsweglegende um das sog. Galgen- und Hühnerwunder.
Erste Anlaufstation fast aller Nordportugal-Reisenden ist Porto, das vor einigen Jahren fast abrupt aus dem touristischen Dornröschenschlaf erwacht ist. Ein wichtiger Grund für den Aufschwung war die Aufnahme Portos ins Programm von Billigfluglinien und ihren Nachahmern. Seitdem boomt die Stadt zu jeder Jahreszeit, und manchmal beschleicht einen mittlerweile das Gefühl, dass ein bisschen weniger mehr sein könnte ... Als Reisejournalist ist man freilich in einem Dilemma: Porto nicht zu empfehlen wäre ein unverzeihliches Versäumnis, dafür ist die Stadt an der Douro-Mündung einfach zu bunt, zu schön, zu interessant.
Von Porto aus zieht es viele an die weiten Atlantikstrände, die sich nahezu überall zugänglich bis hinauf an die spanische Grenze ziehen. Zum reinen Badeurlaub kommen allerdings die wenigsten, dafür ist der Atlantik ein paar Grad zu kalt und ein paar Takte zu wild.
Wer die Küste verlässt, verlässt schnell auch den „touristischen Sektor“ Nordportugals. Das küstennahe Binnenland, das von den Flüssen Minho und Douro geprägt ist, ist Weinregion: Am Oberlauf des Douro reifen die Reben für den Portwein, der gesamte Nordwesten zwischen Minho und Douro ist die Domäne des Vinho Verde, des „grünen Weins“. Der hat seinen Namen nicht nur, weil er jung und spritzig getrunken wird, sondern auch, weil er in üppig grüner Landschaft gedeiht.
Ein ganz besonderes Stück Natur breitet sich zwischen Rio Minho und Rio Lima im äußersten Nordwesten des Landes aus: Dort liegt der Parque Nacional da Peneda-Gerês, der mit zum Teil noch völlig unberührten Landschaften fernab jeder Zivilisation aufwartet.
Fast schon archaisch mutet die Welt tras os montes (= hinter den Bergen) im Nordosten an. Das Hochplateau war jahrhundertelang nahezu isoliert, am bäuerlichen Alltag seiner Bewohner hat sich bis heute wenig geändert.
Was anschauen?
Porto: Das unbestrittene wirtschaftliche, kulturelle und touristische Zentrum Nordportugals liegt perfekt auf einem steil ansteigenden Hügel über der Douro-Mündung in den Atlantik. Die Altstadt ist seit 1996 UNESCO-Weltkulturerbe.
Guimarães: Die erste Hauptstadt Portugals und „Wiege der Nation“ hat eine überaus charmante Altstadt mit engen Gassen und wunderschönen Plätzen. Oberhalb der Altstadt thront eine mächtige Festung mit dem Standbild des ersten portugiesischen Königs.
Viana do Castelo: Ein freundliches Regionalzentrum an der Mündung des Rio Lima. Am Fluss liegen gepflegte Parks, und die Altstadt ist voll von prachtvollen Bürgerhäusern.
Prähistorische Felszeichnungen im Côa-Tal: An den Uferhängen des Rio Côa wurden bei Bauarbeiten für einen Staudamm Felszeichnungen gefunden, die unter freiem Himmel 30.000 Jahre überdauert haben.
Was unternehmen?
Aktiv im Nationalpark Peneda-Gerês: Im einzigen Nationalpark Portugals kann man hervorragend wandern. Die Gipfel reichen bis auf 1500 m Höhe, die Täler sind üppig bewaldet, und auf den Wiesen leuchten die blau-violetten Blüten der Gerês-Lilie. Badegumpen sorgen für Abkühlung, und einige große Stauseen bieten reichlich Gelegenheit für Wassersport.
Surfen: Zum Baden mag der Atlantik zu rau sein, Surfer schert das nicht. Sie orientieren sich bevorzugt Richtung Espinho oder Viana do Castelo, wo es gute Spots und eine entsprechende Infrastruktur gibt.
Was essen, was trinken?
Berühmt sind u. a. der luftgetrocknete Schweineschinken presunto de Lamego aus dem Douro-Tal und die Kohlsuppe caldo verde, die ursprünglich aus dem Minho stammt und sich von dort über das ganze Land verbreitet hat.
Portwein probiert man am besten an der Quelle: entweder in einem der Weingüter im oberen Douro-Tal oder in Vila Nova de Gaia, wo die Lagerhäuser und Kellereien der großen Produzenten angesiedelt sind und regelmäßig Führungen mit Verkostung angeboten werden. Eine gute Adresse für eine Vinho-Verde-Verkostung sind die Städtchen Melgaço und Monção im Minho. In den Weinbergen rundherum reift nämlich die Alverinho-Traube, aus der ganz köstliche Tropfen gekeltert werden.
Minho
Die Landschaft ist wie ihr Wein: grün. Der Rio Minho, der der Provinz den Namen gab, ist der Grenzfluss zwischen Spanien (Galicien) und Portugal. Entsprechend viele Spanier trifft man in den kleinen Orten entlang der Grenze.
Aufgestauter Rio Homem im Nationalpark Peneda-Gerês

Aufgestauter Rio Homem im Nationalpark Peneda-Gerês

Die „Gartenprovinz“ Minho bietet viele Naturschönheiten. An der Küste findet man schöne Strände, und im Landesinneren liegt der Nationalpark Peneda-Gerês, eine Naturoase. Auch die Traditionen werden in der Region gepflegt. In Viana do Castelo findet alljährlich im August eines der größten Volksfeste Portugals statt. Und in und um Barcelos blüht das Kunsthandwerk. Von hier stammen die bunt bemalten Hähne aus Ton, die man im ganzen Land in den Souvenirshops findet.
Am Rio Minho entlang zum Meer
Melgaçoca. 2600 Einw.
Das kleine Bilderbuchstädtchen im äußersten Norden Portugals hat eine hübsche intakte Altstadt mit engen Gassen und einen hohen Wehrturm, der von einem Mauerring eingeschlossen ist.
Etwa ein Drittel der Häuser werden nicht mehr dauerhaft bewohnt, manche dienen nach Frankreich ausgewanderten ehemaligen Bewohnern bzw. deren Nachkommen als Sommeraufenthalt. In den Gassen hört man deshalb im Sommer mehr Französisch als Portugiesisch. Auch für Emigranten aus anderen Teilen Portugals war Melgaço in der Vergangenheit oft das Tor nach Norden, denn von hier gab es die erste Direktverbindung mit einem Reisebus nach Paris.
Espaço Memória e Fronteira: In diesem Museum wird das Thema Emigration und Schmuggel aufgegriffen. Im „Ameisentransport“ über verschlungene Bergpfade schmuggelten einst meist junge Männer den guten portugiesischen Kaffee und Seife nach Spanien und brachten auf dem Rückweg Schokolade mit, lange eine teure Rarität im Land. Dass dieser Job tödlich enden konnte, zeigt ein Polizeiprotokoll aus dem Jahr 1933, in dem berichtet wird, dass ein von der spanischen Guardia Civil erschossener junger Mann im Fluss angespült wurde.
Interessant auch die Grafiken, welche die Auswanderbewegungen illustrieren: Die hohe Geburtenrate zwischen 1920 und 1950, als die Bevölkerung Portugals von 6 auf 8,5 Millionen anstieg, sorgte für einen gehörigen Emigrationsdruck, der sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs massiv entlud. Weiterer Auslöser war der sog. Überseekrieg, den Portugal zwischen 1961 und 1974 mit seinen nach Unabhängigkeit strebenden Kolonien in Afrika führte: Zehntausende junger Portugiesen entzogen sich dem drohenden Kriegseinsatz durch Flucht ins Ausland. Zwischen 1969 und 1973 erreichte die Welle Deutschland, als allein in einem Jahr 30.000 Portugiesen dort eine zweite Heimat fanden.
Di-So 9.30-13 Uhr und 14-18 Uhr. Tel. 251418106.
Solar do Alvarinho: Melgaço gehört zum Anbaugebiet der Alvarinho-Traube, aus der ein weißer Vinho Verde gekeltert wird. Im Solar do Alvarinho, einem alten Patrizierhaus im Stadtzentrum, stellen die 27 Produzenten der Region eine kleine Auswahl ihrer Weine aus, viele können auch probiert werden.
10-13 Uhr und 14.30-18 Uhr. Travessa Lage, Tel. 251410195.
Information Turismo, 10-13 Uhr und 14-18 Uhr. Rua Dr. Augusto César Esteves 379, Tel. 251402440, turismo@cm-melgaco.pt.
Verbindungen Mit dem Bus 2-mal tägl. nach Viana do Castelo, Busterminal an der Rua de Galvão. Taxi, Tel. 963071996 und 25144443.
Telefonnummern Centro de Saude, Tel. 251400330; Polizei, Tel. 251404960.
Wildwassertouren Der Rio Minho ist bei Melgaço ein Wildwasserrevier. Entsprechend bieten einige Outdoorfreaks Wildwassertouren an: Melgaço Whitewater, Tel. 933459751, www.melgacoww.pt. Melgaço Radical, am Campingplatz, Tel. 967006347, www.melgacoradical.com.
Feste Festa do Alvarinho e do Fumeiro, am letzten Wochenende im April kann der frische Jahrgang des neuen Alvarinho-Weins probiert werden, dazu gibt es Geräuchertes.
Einkaufen Centro de Artesanato, 1,5 km südwestlich in Cerdedo/Prado. Puppenkleider, einfache Spielsachen, Stick- und Webarbeiten aus Leinen. Tägl. außer So 9-12 und 14-18 Uhr.
Solheiro, Wein vom Winzer, auch Bioweine. Bei 4960010 Alvaredo, ca. 6 km Richtung Monção. Bitte vorher unter Tel. 251-416769 anmelden. Weitere Infos unter www.soalheiro.com.
Übernachten Boavista I und II, zwei Hotels im Ort Peso ein paar Kilometer vor Melgaço (aus dem Westen kommend). Avenida do Peso nº1116, Tel. 251416350, www.hotelboavistamelgaco.com.
Reguengo de Melgaço, sehr angenehmes Weingut und Hotel mit Pool und nettem Personal. DZ ca. 80 €. In Várzea (zwischen N 202 und Rio Minho), Tel. 938044051.
Jugendherberge Complexo Desportivo Monte Prado, 1,5 km südwestlich in Prado. Die Herberge liegt in einem ziemlich großen Areal mit künstlichem See und Schwimmbad. Moderner Bau mit 18 Zimmern und insgesamt 58 Betten. Tel. 251414059.
Camping Termas de Melgaço, etwas außerhalb bei den Thermen, gut schattig, es werden auch einige Bungalows vermietet. Tel. 927586978, www.campingmelgaco.com.
Essen & Trinken Chafarix, luftig-helles Lokal im oberen Ortsteil. Portugiesische Standardgerichte, ordentlich zubereitet. Mo geschl. Praça Amadeu Abílio Lopes, Tel. 251403400.