Nur zum kleineren Teil habe ich wissenschaftliche, literarische Absichten, indem ich mich anschicke, einige Betrachtungen über den Lärm und die Geräusche niederzuschreiben. Zunächst aber, vor allem andern, liegt mir daran, mich von quälender Spannung langen Grolls und sachlichem Zorne zu entlasten.
Dabei ist mir gleichgültig, in welche Gebiete der Wissenschaft die folgenden Darlegungen gehören. Gleichgültig, wenn sie in viele Gehege besser Wissender einbrechen; diesen oder jenen verstimmen; von diesem oder jenem missverstanden werden.
Ungeheuerliche Unruhe, grauenhafte Lautheit lastet auf allem Erdenleben.
Einmal schlummert in unserem Geschlechte die Neigung, das Leben zu immer höherer Geistigkeit emporzutreiben! Der Mensch strebt zum »Bewusstsein«. Über das dunkle Chaos seiner rastlosen Begierden und primitiven Leidenschaften wirft er das formende Netz vernünftiger Disziplin. Er gestaltet das Leben »rationell«. Er militarisiert und uniformiert es. Er bändigt und bindet es in »Vernunft«. – Dem aber widerstrebt eine zweite, ganz anders gerichtete und doch ebenso unausrottbare Seelenneigung: Das Bedürfnis nach Bewusstlosigkeit und Vergessen, unser Hang zu alle Dem, was das bewusste Wissen betäubt oder verdunkelt.
So wie kein animalisches Lebewesen sich dauernd auf der Höhe bewusster Wachsamkeit, in schlafloser Gewecktheit zu erhalten vermag, keines den Wechsel von Nacht und Tag und den Wechsel zwischen Selbstbewusstheit und vegetativer Erneuerung im Schlafe entbehren kann, so kann auch das Menschengeschlecht als Ganzes eine dauernde Gewusstheit des Lebens nicht ertragen.
Die bewusste Regelung der Lebensfunktionen unterbindet und verbraucht die Energie zahlloser instinktiver, reflektorischer Fähigkeiten, durch die das Tier oder der »Naturmensch« dem »höheren« Menschen überlegen ist.
So scheint unser Aufstieg zur Geisteskultur zugleich Abstieg des »Lebens« zu werden.