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PIA ZIMMERMANN
GENERATION SMARTPHONE

fischer & gann

PIA ZIMMERMANN

GENERATION

SMARTPHONE –

WIE DIE DIGITALISIERUNG DAS LEBEN VON KINDERN UND JUGENDLICHEN VERÄNDERT

WAS WIR WISSEN SOLLTEN UND WAS WIR TUN KÖNNEN

fischer & gann

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind
im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

INHALT

VORWORT

01 | ZUGANG ZUM INTERNET ALS LEBENSGRUNDLAGE? DATENAUTOBAHNEN IN UNSEREN HÄNDEN

Vernetzt durch das Smartphone

Ein kurzer Abriss der Mediengeschichte

Das »Who is Who?« im Netz: die meistgenutzten Webseiten

02 | JUGENDLICHE IM NETZ: BERUFSWUNSCH »YOUTUBER«

Die Welt ist ein Dorf

Immer schneller getaktet

HDGDL, BB, LOL

Die Welt der »Likes« – Facebook

Wie ein Lauffeuer –WhatsApp

Neutral (und sicher) wie die Schweiz – Threema

Wer folgt mir? – Instagram, Snapchat oder Musical.ly

Der schiefe Turm von Pisa – Selfies

Backen lernen oder Bucket Challenge – YouTube

Kreativ oder riskant? Experimente mit digitalen Medien

03 | GAMING UND GAMIFICATION: FACETTEN DIGITALER SPIELPLÄTZE

Wer spielt wann wie lange?

Vom Spielautomaten zur Smartphone-Spiele-App

Die Geschmäcker sind verschieden

Altersfreigaben und Selbsteinschätzung

Cheaten, Trojaner und legale Tricks beim Zocken

Avatar, Bot und Clan – die Sprache der Gamer

E-Sports: Spitzensportler und Superstars

Ein Blick in die Wissenschaft – was macht Computerspiele so faszinierend?

Im Flow: Stimmen aus der Wissenschaft

Überdosis im Netz

Gamification: Virtuelle Belohnung fürs Müll-Raustragen?

Game Design: ein pädagogischer Ansatz

Programmieren als pädagogisches Konzept

04 | DIGITALE LERNWELTEN: WISSENSVERMITTLUNG IM 21. JAHRHUNDERT

Technische Ausstattung im Vergleich

Virtuelle Lernwelten und digitale Lerninhalte

Lernen mit YouTube – zwei Beispiele für gute Lernvideos

TheSimpleClub – Interview mit Alex und Nico

Moocs – offen für jedermann

Wikipedia

05 | MEDIENBILDUNG: NUR WER DEN COMPUTER ALS WERKZEUG BEGREIFT, IST IHM NICHT AUSGELIEFERT

Mündige Menschen in der digitalen Welt

Medienkompetenz/Informatik

Verführerisch: »copy & paste«

Do-it-yourself

Das kleine Einmaleins der Datensicherheit

Passwörter – 123456 oder G§_1F/Kx92

Postkutschenraub im 21 Jahrhundert

Wer bin ich?

Technischer Exkurs

Gesetzliche Regelungen beim Datenschutz

06 | DIE GEISTER, DIE ICH RIEF … PERSPEKTIVEN FÜR DIE DIGITALE ZUKUNFT

Das Smartphone – alles, was man zum Überleben braucht

Das Moore’sche Gesetz und warum neu besser ist

Nackt in der Sauna, aber besorgt um private Daten im Netz

Ist der Ruf erst ruiniert … Cybermobbing

Ein Blick in die Zukunft – vernetzt und digital

Generation Smartphone

Zum Schluss

ANHANG

Dank

Glossar

Anmerkungen

Literaturempfehlungen

Linkliste

Haftungsausschluss

Für meine Eltern

Mein Vater steht für das Analoge. Er informiert sich nicht online, sondern liest verschiedene Zeitungen. Er schreibt Briefe von Hand und bezahlt am liebsten mit Bargeld. Es scheint ihm an nichts zu fehlen in seiner analogen Welt.

Meine Mutter lebt den Wandel. Schon früh erkannte sie den Nutzen digitaler Geräte. Aber alles wird mit Bedacht genutzt (auch AGB werden studiert). Das Digitale ist ins Leben integriert und ergänzt das Analoge.

VORWORT

MIT DEM MOBILEN ZUGANG ZU INTERNET UND APPS wächst eine neue Spezies heran: die GENERATION SMARTPHONE! Die Vertreter dieser Generation laufen schon im Kleinkindalter auf einen Fernseher zu, wischen mit der Hand über den Bildschirm und wundern sich, wenn nichts passiert. Wir alle sind Zeugen der digitalen Revolution im Kinderzimmer.

Dieses Buch ist all denen gewidmet, die noch ohne Smartphone in die Schule gingen, die in ihrer Kindheit kein WhatsApp hatten, um sich zu verabreden, die nicht mit einem YouTube-Video backen lernten und in ihrer Jugend nicht jede Bewegung als Selfie dokumentierten. Es soll die Eltern, Erziehungs- und Bildungsbeauftragten ansprechen, die Sanktionen für zu langes Videospielen erteilen oder das Nutzen des Smartphones im Unterricht oder beim Abendessen rügen. Und es ist an all jene adressiert, die neugierig sind, was sich auf den Displays der Jugend abspielt – denn so richtig wissen wir Erwachsenen das oft gar nicht. Ich möchte Ihnen einen kleinen Einblick geben in das digitale Leben der Generation, die schon im Grundschulalter als Berufswunsch »YouTuber« angibt und die eher am PC daddelt, als draußen mit Freunden zu spielen.

Sie sind herzlich auf eine Reise durch das alltägliche digitale Treiben der Kinder und Jugendlichen eingeladen, die sich lieber zehn Kurznachrichten schreiben, als zu telefonieren, und sich dadurch ihren Freunden verbundener fühlen, als wenn sie im gleichen Raum wären. Hierbei können Sie gleichzeitig Ihren Kenntnisstand zu digitalen Themen auffrischen oder vertiefen. Wenn Sie sich fragen, wie Sie die Digitalisierung sinnvoll in die Aus- und Weiterbildung der Heranwachsenden integrieren oder wie Sie Ihre Kinder zu verantwortungsvollen Mediennutzern begleiten können, finden Sie in den Kapiteln »Digitale Lernwelten« und »Medienbildung« Ansätze.

Das digitale Zeitalter verschont uns nicht mit Herausforderungen, aber gleichzeitig hält es auch eine Fülle von Chancen und Möglichkeiten für uns bereit: digitales Lernen mit bunten Lernvideos, Online-Kurse, Nachhilfe via Skype und ein unerschöpflicher Wissensschatz dank Wikipedia oder anderen Quellen, die längst nicht mehr in der örtlichen Bibliothek liegen, sondern weltweit und jederzeit abrufbar sind.

Was sind weitere Vorteile? Kann man die Motivation der Kinder bei Videospielen eventuell ganz gezielt einsetzen und dem Nachwuchs wichtige Kompetenzen für die Zukunft zuteilwerden lassen? Ohne Zweifel hat sich die Welt durch das Internet maßgeblich verändert, aber noch viel mehr ändern sich Erziehung, Bildung, Kommunikation und auch unsere zukünftige Berufswelt durch die PERMANENTE Verfügbarkeit digitaler Daten durch Smartphone und all jene Apps, welche den Datenfluss ins schier Unermessliche treiben, sowie durch eine ständige Erreichbarkeit. Welche Auswirkungen haben diese technischen Errungenschaften auf das Leben unserer Kinder und all derer, die mit diesen Technologien groß werden? Wie sicher sind all unsere Daten, wie steht es mit dem Datenschutz und wo gilt es, Urheberrechte zu beachten?

Dieses Buch bietet einen umfassenden und vielseitigen Überblick über die wichtigsten Themen und Trends, welche die digitale Entwicklung in rasanten Schritten mit sich bringt: Informationen und Fakten sind dabei eingebettet in Erzählungen und sollen Denkanstöße geben. Dadurch können Sie die eine oder andere Wissenslücke schließen, so dass Sie bei Diskussionen mit Heranwachsenden zu Online-Themen nicht mit dem Spruch »Du hast doch eh keine Ahnung« abserviert werden. Vor allem möchte ich die Leser ansprechen, die zwar selbst schon beim Shoppen oder mit Online-Fotobüchern digital aktiv waren oder sich mit ihrem Smartphone, einigen Apps und Wikipedia digital weitergebildet haben, aber sich in ihrer Freizeit ansonsten nicht unbedingt mit Themen wie Datensicherheit und -schutz, Computer-Games, Informatik oder Big Data beschäftigen.

Begriffserklärungen (Glossar) zu allen kursiv gedruckten Wörtern sowie Links sind im Anhang gebündelt dargestellt. So können Sie an den Stellen nachschlagen, bei denen Sie Ihren Wissensschatz erweitern möchten. Zu vielen Themen gibt es auch grafisch hervorgehobene Hinweise und Tipps.

01 | ZUGANG ZUM INTERNET
ALS LEBENSGRUNDLAGE?
DATENAUTOBAHNEN
IN UNSEREN HÄNDEN

VERNETZT DURCH DAS SMARTPHONE

BETRACHTEN WIR DIE MODERNE WELT der Telekommunikation und digitalen Medien im Jahr 2016: Nicht nur für Privatpersonen hat sich der Alltag drastisch verändert, seit das Internet in fast allen Lebensbereichen Einzug gehalten hat. Auch für Wirtschaft, Bildungseinrichtungen und Politik ist eine neue Ära mit vielen Herausforderungen angebrochen. Eltern müssen ihre Erziehungsmaßstäbe diesem Wandel ständig anpassen. Da die Dynamik der Veränderungen sehr groß ist, stellt sich die Frage: Wie passen wir uns daran an und wie verändern wir uns und unser Verhalten? Wer agiert und wer reagiert? Im weiteren Verlauf dieses Kapitels geht es um eine Art Bestandsaufnahme: Welche Unternehmen dirigieren die digitale Medienwelt? Wer und was steckt hinter den Namen, die im Internet zu den meistbesuchten Webseiten oder Smartphone-Apps gehören? In den letzten fünf Jahren war es speziell die Vernetzung durch Smartphones, die ungeahnte Auswirkungen auf alle Altersgruppen hatte und noch immer hat, insbesondere jedoch auf Kinder und Jugendliche. Wir beobachten diesen Wandel in Bus und Bahn, in den Fußgängerzonen, zu Hause oder auf dem Schulhof: Überall ist der Blick nach unten gerichtet – auf ein Smartphone in der Hand. Menschen laufen mit dem starren Blick aufs Display über stark frequentierte Straßen oder fahren unachtsam Fahrrad, weil sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf dieses kleine elektronische Gerät in ihrer Hand richten. Diese Leute nennt man umgangssprachlich »Smombies«, das Jugendwort 2015, eine Zusammensetzung aus Smartphone und Zombie. Kaum einer sitzt heute noch in Bus oder Bahn und fängt ein Gespräch mit dem Sitznachbarn an. Vielmehr wird der virtuelle Ansprechpartner bevorzugt: ein Handgriff, ein Klick.

Was machen unsere Kinder, wenn man sie in der Stadt vor der Eisdiele mit ihren Smartphones sieht? Wollen sie für die Eltern im Notfall erreichbar sein oder schnell nachsehen, wann der nächste Bus fährt? Hören sie Musik, schauen sie Musikvideos an oder schicken sie eine WhatsApp-Nachricht, während sie dem Freund oder der Freundin direkt gegenüberstehen? Diesen und anderen Fragen geht dieses Buch auf den Grund.

WEGWEISEND

MICH PERSÖNLICH HAT DIESE VERÄNDERUNG besonders auf dem »Jakobsweg« sehr überrascht. Vor knapp zehn Jahren bin ich eine Etappe dieses Weges zum ersten Mal gelaufen, teils fernab der Zivilisation. Bei meiner Wanderung 2015 stellte ich erstaunt fest, dass es selbst auf dem Pilgerweg inzwischen zugeht wie auf einer Datenautobahn. Da wird gepostet, man tauscht sich auf WhatsApp aus, hat die Strecke mit genauen Google-Maps-Koordinaten abgesteckt und zu jeder Zeit in real-time parat. Dass man sich verläuft, ist dadurch quasi ausgeschlossen. Doch auch vor ein paar Jahren hat man sich nicht verirrt auf diesem Weg, denn er ist bestens ausgeschildert, und im Notfall winkt einen jeder Bauer auf dem Feld auf die richtige Abzweigung zurück. Dank einer Wetter-App auf dem Smartphone weiß man nun jedoch genau, wann man vor einem möglichen Regenguss in der nächsten Herberge ankommen sollte. Nichts wird mehr dem Zufall überlassen.

Das Internet hat mittlerweile in allen Bereichen unseres Lebens Einzug gehalten. Egal ob beim Wandern in abgelegenen Dörfern der spanischen Meseta oder in den sonst leeren Händen tausender Flüchtlinge: Das Smartphone weist uns den Weg. So zumindest meinen wir – und unsere Kinder runzeln die Stirn, wenn sie in der Schule noch die alten Landkarten aus dem Atlas zu Rate ziehen sollen. Vor kurzem sollte meine Tochter ganz ohne Sucheingabefunktion im Geografieunterricht herausfinden, wo die längsten Flüsse der Welt liegen. Das wäre doch übers Internet viel schneller gegangen … Aber gewusst hat sie es abends noch immer, wo der Nil und der Amazonas, der Jangtsekiang und der Mississippi liegen – und vielleicht hat die für sie umständliche Sucherei ihr geholfen, sich die Informationen einzuprägen.

MEDIENKOMPETENZ AKTIV MITGESTALTEN

DAS INTERNET SCHEINT ALLGEGENWÄRTIG ZU SEIN. Ein paar Einschränkungen gibt es von Zeit zu Zeit im Urlaub, wenn wir das Daten-Roaming ausschalten, damit es nicht zu teuer wird. Vor kurzem wurde beschlossen, dass wir zukünftig auch auf Reisen die permanente Verbindung zur Außenwelt per Knopfdruck und Datenflow aufrechterhalten können, ohne dass der Geldbeutel zu sehr belastet wird. Ab Sommer 2017 sollen die Mobilfunk-Roaming-Gebühren abgeschafft werden – zumindest für EU-Länder.1 Und selbst der Bundesgerichtshof legte im Jahr 2013 durch einen Urteilsspruch fest, dass der Zugang zum Internet zur Lebensgrundlage gehöre.2 Darauf zumindest beruft sich mein Sohn, wenn er mit mir über die Beschränkung seiner Computerzeit diskutiert.

Was für unsere Kinder selbstverständlich ist: Google Maps, wenn ich eine Stadt, ein Land oder einen Fluss suche; Wikipedia, wenn es um andere Wissensfragen geht; ein YouTube-Video, um vielleicht den Stoff in Physik besser zu verstehen, und zwischendurch im Klassenchat auf WhatsApp schnell checken, ob jemand schon die Mathehausaufgaben gelöst hat – das gibt es erst seit circa fünf Jahren. Es werden Kurzvideos gedreht und geschnitten, egal ob als Zeitvertreib oder als Beitrag für ein Projekt in der Schule. Fast jeder Jugendliche hat Profile auf Facebook oder Instagram, chattet über WhatsApp oder Snapchat, folgt seinen Stars und Interessen auf YouTube oder spielt live ein Computerspiel vor den Augen von mehreren Tausend virtuellen Betrachtern.

Die Kompetenz, mit digitalen Medien umzugehen und sie sinnvoll in den Alltag zu integrieren, wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Doch wie bereiten wir die Heranwachsenden darauf vor? Überlassen wir das Thema Medienkompetenz dem Zufall oder gestalten wir als Eltern, Erziehungsberechtigte und Bildungsverantwortliche aktiv mit? Wichtig ist in jedem Fall, den Überblick zu wahren, nicht den Anschluss zu verlieren und mitreden zu können mit einer Generation, die sich kaum Gedanken zu machen scheint über Datenflut, digitale Informationen, Datensicherheit und mögliche Konsequenzen des nahezu pausenlosen digitalen Kommunikationsflusses. Diese junge Generation nutzt die digitalen Medien unbefangen und ausgiebig. Warum auch sollten 10-, 12- oder 15-Jährige all diese praktischen und unterhaltsamen Dinge hinterfragen, mit denen sie groß werden?

Dass Kinder das Internet und digitale Apps immer früher nutzen, wird teilweise bewusst oder unbewusst von den Eltern gesteuert: Digitale Medien dienen oft als »Babysitter« und Ersatz für menschliche Zuwendung. Viele Erwachsene heben selbst den Blick kaum noch vom Display. Insbesondere kleine Kinder ahmen oft einfach nach, was sie von Erwachsenen vorgelebt bekommen, so auch die permanente Präsenz von Smartphones. Daher gibt es in vielen Kindergärten bereits Reglementierungen, bei denen Eltern per Aushang aufgefordert werden, im Kindergarten auf das Smartphone zu verzichten und ihre Aufmerksamkeit für kurze Zeit ganz und gar dem Nachwuchs zu widmen.

EIN KURZER ABRISS DER MEDIENGESCHICHTE

DAS GEDRUCKTE WORT

BEVOR WIR DIE ANFÄNGE DER DIGITALEN MEDIENENTWICKLUNG betrachten, werfen wir einen Blick in die Vergangenheit: Seit der Erfindung des modernen Buchdrucks durch Gutenberg sind knapp 600 Jahre vergangen. Damals schritt diese Neuentwicklung in überschaubarem Tempo voran. Die erste Druckerei eröffnete 1458 in Straßburg, dann dauerte es sechs Jahre, bevor sich eine weitere Stadt – nämlich Basel – an diese neue Technologie heranwagte. Mehr als dreißig Jahre später gab es etwa zweihundert Druckorte. Die Auflagen beschränkten sich anfangs auf 100 bis 200 Stück, erhöhten sich aber im 16. Jahrhundert maßgeblich durch die Reformation. Bücher waren damals einer kleinen Bevölkerungsschicht (Gelehrten, Klerus, Adel) vorbehalten, zumal ein Großteil der Menschen gar nicht lesen konnte. Die Möglichkeiten des Druckens wiederum haben die Reformation vorangetrieben und nach der Übersetzung der Bibel ins Deutsche durch Luther auch zur Alphabetisierung der Bevölkerung beigetragen. Der Buchdruck war damit ein politischer und gesellschaftlicher Quantensprung.

Bei den Printmedien unterscheiden wir Bücher, Zeitungen und Zeitschriften. Die erste Tageszeitung erschien im Jahr 1650 in Leipzig. Seitdem wurden unzählige Zeitungen gedruckt, die periodisch mit unterschiedlichen Auflagen, Erscheinungszeiträumen und Reichweiten verlegt werden. Mit der Verbreitung des Internets als Informationsmedium werden Zeitungen immer mehr an den Rand gedrängt, da Online-Medien für sinkende Verkaufszahlen und geringere Werbeeinnahmen bei den Print-Zeitungen sorgen.

BILD UND TON

VOR KNAPP 100 JAHREN entstand mit dem Rundfunk ein neues Medium, welches Informationen verbreiten konnte und bereits im Zweiten Weltkrieg als wichtigstes Propagandainstrument der Nationalsozialisten eingesetzt wurde. In den Kriegsjahren und kurz danach war der Rundfunk streng reglementiert und für politische Zwecke instrumentalisiert. Die Übertragung von akustischen Schallwellen setzte im Übrigen die Erfindung des Telefons voraus. Erst in der Nachkriegszeit entwickelte sich der Hörfunk fast zeitgleich mit dem Fernsehen zu einem Unterhaltungsmedium für jedermann. Die Krönung der britischen Königin Elizabeth II. im Juni 1953 war das erste im Fernsehen live übertragene Großereignis, welches von drei Viertel der englischen Bevölkerung auf den Bildschirmen verfolgt und auch in Deutschland ausgestrahlt wurde.

VERNETZUNG DURCH DAS INTERNET

EIN GANZ NEUES INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSMITTEL entstand in den 1970er-Jahren, als man begann, verschiedene Rechner untereinander zum Zweck des Informationsaustausches zu vernetzen: Das Internet war geboren!

Sein 25-jähriges Jubiläum feierte das »World Wide Web« im Jahr 2014. Doch das Internet war nicht von Anfang an für die breite Masse zugänglich. Ursprünglich für militärische Zwecke entwickelt, wurde es in den 1980er-Jahren hauptsächlich in der akademischen Welt benutzt.

Erst 1990 wurde das Internet für kommerzielle Zwecke freigegeben, und es begann die rasante Entwicklung, die bis heute unser Leben ständig verändert. Im Jahr 1994 waren laut Schätzungen rund drei Millionen Rechner mit dem Internet verbunden. Die wenigsten davon waren in privater Nutzung. In einem Zeitungsartikel der New York Times aus dem Jahr 1994 ist zu lesen: »Schätzungen, dass mehr als 20 Millionen Menschen Zugang zum Internet haben, sorgten damals für Aufregung unter Firmen, Politikern, Forschern, Investoren und Journalisten.«3

Ich verschickte damals während eines Auslandsjahres meine ersten E-Mails an meine Kommilitonen in Deutschland. Zum Mailen musste ich mich allerdings an die öffentlichen Rechner der Universitäten begeben. Es dauerte jedoch nicht lange, da konnte man sich den Weg zu öffentlichen Einrichtungen sparen. Zu Beginn war das Netz noch langsam, große Datenmengen konnten vom privaten Internetzugang zu Hause in den 1990er-Jahren noch nicht versendet werden, doch das Tempo der Datenübertragung nahm in Riesenschritten zu. Im Jahr 2000 gab es weltweit 400 Millionen Internetnutzer, also fünf Prozent der Weltbevölkerung. Im Jahr 2007 hatten geschätzte 17 Prozent der Menschen einen Online-Zugang und 2014 nutzten bereits 40 Prozent der Weltbevölkerung das Internet aktiv.

Dennoch gibt es in vielen Landstrichen auf unserem Planeten keine Infrastruktur für das digitale Netz, und daher haben die Menschen dort keinen Zugriff auf das Internet. An einem schnellen Ausbau der Internetverfügbarkeit arbeiten Regierungen und Unternehmen. Innovative Ansätze wie ein Internet mittels Drohnen (Facebook) oder das Loon-Projekt von Google sind Visionen für Internetzugänge in den abgelegensten Regionen unseres Erdballs. In Deutschland sind mittlerweile etwa 90 Prozent aller Haushalte mit einem Internetzugang ausgestattet, und ein einziger Klick genügt, um große Datenmengen in Sekundenschnelle zu verschicken oder zu empfangen.4 Laut einer aktuellen Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest zum Medienumgang in Deutschland (JIM-Studie 2015: Jugend, Information, Multi-Media) sind in Deutschland in nahezu allen Familien ein Handy/Smartphone, ein Computer/Laptop sowie ein Internetzugang vorhanden.5

Das Internet – www
1980erNutzung in der akademischen Welt
1990er Freigabe für kommerzielle Zwecke
1994 3 Mio. Rechner mit dem Internet verbunden
1997 2% der Weltbevölkerung haben Internet
2000 400 Mio. Internetnutzer weltweit
2007 17% der Weltbevölkerung haben Internet
2014 40% der Weltbevölkerung haben Internet
2014 Internet feiert 25-jähriges Jubiläum
2015 50% der Weltbevölkerung haben Internet

DIE DIGITALE REVOLUTION HAT ERST BEGONNEN

IN ZUKUNFT WIRD DER BEGRIFF »MEDIEN« durch folgende Einflussgrößen ganz neue Formen annehmen: die zunehmende elektronische Vernetzung, sinkende Preise für immer mehr Datenvolumen und -speicherplatz sowie digitale Innovationen in fast allen Lebensbereichen, deren Grundlage elektronische Daten und mathematische Algorithmen sind: Die digitale Revolution hat gerade erst begonnen. Themen wie Datenschutz und eine sichere Privatsphäre beim Surfen im Netz werden in Zukunft immer wichtiger. In Kapitel 5 und 6 werden wir näher auf diese Entwicklungen eingehen.

Interessant sind die Veränderungen der letzten fünf Jahre. Einerseits hat die Verbreitung mobiler digitaler Medien durch Smartphones (Internet, Computerspiele, Kommunikations-Apps wie WhatsApp) rasant zugenommen. Gleichzeitig wurden auch die Anwender immer jünger. Im November 2015 wurden hierzu neue Zahlen veröffentlicht, nach denen inzwischen 92 Prozent aller Jugendlichen in Deutschland im Alter zwischen 12 und 19 Jahren ein eigenes Smartphone besitzen. 2010 waren es noch 14 Prozent, während es im Jahr 2012 bereits knapp 50 Prozent waren. Bei jüngeren Kindern überwiegen Handys ohne Internetoption. Bereits 86 Prozent der 12-Jährigen besitzen ein internetfähiges Smartphone. Das nutzen die Jugendlichen nicht in erster Linie zum Telefonieren. Vielmehr spielt das Versenden von Nachrichten eine große Rolle (94 Prozent regelmäßig), ebenso das Musikhören sowie das Surfen im Internet (80 Prozent). Auch Online-Communities, Soziale Netzwerke und der Konsum von Videos im Internet gehören zum täglichen Zeitvertreib der meisten Jugendlichen (mehr als 65 Prozent täglich oder mehrmals pro Woche).

JIM-Studie 2015 zum Thema Medien bei 12 – 19-Jährigen:
Entwicklung des Smartphone-Besitzes bei Jugendlichen

2010 14%
2012 49%
2015 92%

Die Anwendungen und Internetseiten, die bei Jugendlichen in Deutschland am beliebtesten sind, decken sich größtenteils mit internationalen Statistiken. Im Folgenden werden die meistgenutzten Webseiten vorgestellt.

DAS »WHO IS WHO?« IM NETZ:
DIE MEISTGENUTZTEN WEBSEITEN

ÜBER 400 BESTELLUNGEN PRO SEKUNDE BEI AMAZON, mehr als vier Millionen Suchanfragen pro Minute auf Google, 48.000 neue Fotos in jeder Minute auf Instagram.6 Amazon, Google oder Instagram gehören zu den meistgenutzten Webseiten bzw. Smartphone-Apps. WhatsApp und Instagram gehören mittlerweile zu Facebook und werden vor allem mobil genutzt. Die statistisch gesehen beliebtesten Webseiten/Apps werden im Folgenden vorgestellt und deren Entstehung auf einer Zeitachse dargestellt:7

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Firmengründungen der wichtigsten Internetfirmen auf einem Zeitstrahl

GOOGLE: Die Suchmaschine Google erschien im September 1998 und ist mittlerweile die meistgenutzte Webseite weltweit. Im Jahr 2000 wurde Google in zehn Sprachversionen angeboten, unter anderem auch die deutsche Ausführung, und mittlerweile ist die Suchmaschine in 124 Sprachen verfügbar. In Deutschland liegt der Anteil an Suchanfragen über Google bei 95 Prozent.8 Doch bietet Google weitaus mehr als nur eine Suchhilfe für Begriffe oder Bilder: ein E-Mail-Dienst (Gmail), seit 2005 Google Maps und seit 2007 Google Translate, ein digitales Übersetzungswerkzeug. Weitere Software-Entwicklungen ergänzen das immer größer werdende Portfolio unterschiedlichster Internetdienste. Daneben digitalisiert Google Millionen von Büchern.

Im Jahr 2006 kaufte Google die Videoplattform YouTube. Zwei Jahre später übernahm der Konzern das Betriebssystem Android, welches im Jahr 2015 von 85 Prozent aller Smartphones verwendet wurde. 2011 brachte der Internetriese die mobilen Chromebook-Computer auf den Markt, welche vor allem in den USA im Bildungssektor immer größeren Zuspruch finden. Mittlerweile investiert Google in viele innovative Entwicklungen in den Bereichen Medizin, Gesundheit, Fitness, Automobil, Verkehr und Wohnen. Zukunftsprojekte wie das selbstfahrende Auto sind bereits als erste Prototypen auf amerikanischen Straßen unterwegs.

Im Oktober 2015 wurde die börsennotierte Holding mit dem Namen Alphabet Inc. gegründet, zu welcher Google Inc. fortan als Tochterunternehmen gehört. Die Firmengründer Larry Page und Sergey Brin führen das Unternehmen mit stetig steigendem Wachstumskurs. Im Jahr 2015 stiegen die Cash-Reserven auf 64 Milliarden Dollar an und der Umsatz wuchs erneut um 20 Prozent.9

FACEBOOK: Das Unternehmen Facebook bietet einen Social-Networking-Dienst, dessen Webseite erstmals im Februar 2004 veröffentlicht wurde. Dieses soziale Netz, welches die Gründer – Mark Zuckerberg und einige andere – ursprünglich für Kommilitonen/-innen der Harvard-Universität vorgesehen hatten, öffnete erst zweieinhalb Jahre später seine Seiten für jeden. Bereits im Jahr 2007 waren bei Facebook 12 Millionen Privatpersonen registriert und mehr als 100.000 Firmenseiten, die das soziale Netzwerk nutzten, um auf diesem Wege Werbung zu machen. Ende 2015 hatte Facebook weltweit mehr als 1,6 Milliarden Nutzer. Die Anzahl derer, die mittels Smartphone auf Facebook zugreifen, nahm innerhalb eines Jahres um 21 Prozent zu. Allein in Deutschland tummeln sich nach Facebook-Angaben täglich rund 13 Millionen Nutzer mit dem Smartphone auf den Facebook-Seiten, weitere 5 Millionen nutzen sie gelegentlich. Laut den aktuellen Facebook-Quartalszahlen sind mehr als eine Milliarde Menschen täglich in dem sozialen Netzwerk aktiv.10 Facebook bietet sein soziales Netz seit 2012 im Facebook-App-Center auch mobil an. Kostenlose Videoanrufe sind ebenfalls mit Facebook möglich, ebenso wie »Voice over IP«-Telefonate. Im Jahr 2012 kaufte Facebook den Online-Dienst Instagram zum Teilen von Fotos und Videos. 2014 folgte eine weitere Übernahme: Der Nachrichten-Dienstleister WhatsApp gehört seitdem zu Facebook.

YOUTUBE: YouTube wurde im Februar 2005 von drei ehemaligen PayPal-Mitarbeitern gegründet und im November 2006 von Google aufgekauft. Die YouTube-Webseite ist ein Video-Portal, mit dem man Videos hochladen, betrachten und teilen kann. Die meisten Videos werden von Privatpersonen hochgeladen, aber es gibt auch Fernsehsender und Unternehmen, die ihre Sendungen oder Videos auf YouTube der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. YouTube stellt seinen Dienst in 76 Sprachen zur Verfügung (November 2015). Mehr als die Hälfte aller Videos wird derzeit mobil konsumiert. In einem Jahr nahm die Zeit, die eine Person mit YouTube-Videos verbringt, im Schnitt um 60 Prozent zu. Derzeit sind mehr als eine Milliarde Nutzer auf YouTube und schauen sich unzählige YouTube-Videos an, die sie kommentieren und bewerten.11, 12

BAIDU: Die chinesische Suchmaschine Baidu wurde im Jahr 2000 in Peking gegründet und zählt zu einer der fünf weltweit am häufigsten aufgerufenen Webseiten. Mit Baidu Baike hat das Unternehmen ein freies Online-Nachschlagewerk im Stil von Wikipedia in die chinesisch-sprachige Öffentlichkeit gebracht. Baidu beinhaltet Multimedia-Inhalte wie beispielsweise MP3-Musik und Videos. Ende 2015 hatte Baidu mehr als 650 Millionen Nutzer mit mobilen Sucheingaben. Dies entspricht einem Zuwachs von 21 Prozent gegenüber 2014. Die mobile Landkarten-App wuchs um 43 Prozent gegenüber 2014 und wurde 2015 von mehr als 300 Millionen Chinesen genutzt. Baidus Webseite ist in chinesischer Sprache, jedoch sind die Finanzdaten und einige Firmeninformationen auf Englisch veröffentlicht.13

YAHOO!: Die Suchmaschine Yahoo! gibt es seit 1994 und damit vier Jahre länger als Google. Yahoo! wurde von Jerry Yang und David Filo gegründet und ist mittlerweile in 46 Sprachen verfügbar. Yahoo! hat die meistgelesene Nachrichtenseite im Internet mit mehr als 7 Milliarden Lesern monatlich.14 Zu den bekanntesten Web-Diensten von Yahoo! zählen das Yahoo! Portal, Yahoo! News, Yahoo! Mail, Yahoo! Finance, Yahoo! Sports und Flickr – Letzteres ist ein Fotoportal (auch Videos werden hier veröffentlicht).

AMAZON: Gegründet 1994, verkaufte Amazon 1995 sein erstes Buch online. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Seattle ist seitdem zum größten Online-Versandhändler angewachsen mit der weltweit größten Auswahl an Büchern, CDs und Videos. Erst im Oktober 1995 war die amazon.com-Webseite für die Öffentlichkeit zugänglich. Davor wurde sie nur einer ausgewählten Kundschaft zu Testzwecken zur Verfügung gestellt. In Deutschland betreibt Amazon inzwischen mehrere Logistikzentren, um Artikel aus allen Bereichen des Handels zu verkaufen und auszuliefern.

WIKIPEDIA: Die Online-Enzyklopädie Wikipedia öffnete ihre Seiten im Januar 2001 und war 2015 das meistgenutzte Online-Nachschlagewerk. Nahezu 35 Millionen Artikel in 288 verschiedenen Sprachen werden von Freiwilligen in Mehrautorenschaft verfasst. Die englischsprachige Version ist mit mehr als fünf Millionen Artikeln die größte Sprachversion. Betreiber der Wikipedia-Seiten ist eine Non-Profit-Organisation, die Wikimedia Foundation, Inc. In vielen Ländern existieren unabhängige Wikimedia-Vereine, welche die Autorengemeinschaft unterstützen. Laut der deutschen Wikipedia-Seite »werden die Artikel nach dem Prinzip des kollaborativen Schreibens fortwährend bearbeitet und diskutiert«. Durch gegenseitige Kontrolle der verschiedenen Autoren soll sichergestellt werden, dass die Inhalte überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Seit 2014 müssen sich Autoren zu erkennen geben, die im Namen von Firmen Beiträge erstellen.15

WHATSAPP: Die Firma WhatsApp wurde im Jahr 2009 von zwei ehemaligen Yahoo!-Mitarbeitern gegründet. WhatsApp ist eine sogenannte Instant-Messaging-App, auch Chat-Dienst genannt, welche es Nutzern ermöglicht, Textnachrichten, Bild-, Video- oder Ton-Dateien zwischen zwei oder mehreren Personen auszutauschen. Darüber hinaus werden Standortdaten übertragen. Ursprünglich war dieser Telekommunikationsdienst nur für Smartphones möglich, jedoch gibt es seit Anfang 2015 auch eine browsergestützte Version, die es ermöglicht, am PC oder auf dem Laptop auf Nachrichten zuzugreifen oder Nachrichten zu verfassen. Neu ist auch eine Funktion auf dem Smartphone, mit der man über das Internet ohne Zusatzkosten telefonieren kann.

WhatsApp wurde im Februar 2014 von Facebook gekauft. Im Februar 2016 wurde die Marke von einer Milliarde Nutzern geknackt.16 Südafrika ist weltweit das Land, in dem die meisten der Smartphone-Besitzer via WhatsApp kommunizieren. Fast über Nacht scheint sich die südafrikanische Bevölkerung dem Whats-App-Netzwerk angeschlossen zu haben.17

INSTAGRAM: Instagram ist eine App zum Veröffentlichen von Fotos und Videos, die seit ihrer Verfügbarkeit im Apple App Store 2010 viele Anwender gewonnen hat. Seit April 2012 können auch die Smartphone-Nutzer mit einem Android-Betriebssystem ihre Fotos auf Instagram teilen. Im Oktober 2015 wurde Instagram fünf Jahre alt. Kurz nachdem die App von Facebook im Jahr 2012 gekauft wurde, zählte die Instagram-Community 80 Millionen Personen, mittlerweile sind es 400 Millionen, d.h. in nur drei Jahren hat sich die Zahl der aktiven Nutzer verfünffacht: 4,5 Milliarden geteilte Fotos und täglich im Schnitt 80 Millionen veröffentlichte Bilder. Die Gefolgschaft von Instagram beteiligt sich sehr aktiv am Leben der anderen in Form von »Liken und Sharen« der Beiträge.18

SNAPCHAT: Das jüngste Unternehmen, welches binnen kürzester Zeit einen Marktwert von geschätzten 16 Milliarden Dollar erreicht hat und vor allem bei Jugendlichen beliebt ist, heißt Snapchat.19 2011 in Los Angeles gegründet, hat dieser kostenlose Kurznachrichten-Dienst folgende Besonderheit: Seine Nachrichten (Text, Bild oder Video) über Smartphone oder Tablets sind nur einige Sekunden sichtbar und werden danach automatisch gelöscht. So zumindest die Theorie, denn auf den Servern von Snapchat bleiben die Daten bestehen und auch durch Angriffe von Hackern war Tausenden von Bildern ein längeres Dasein beschert.20

02 | JUGENDLICHE IM NETZ:
BERUFSWUNSCH »YOUTUBER«

DIE WELT IST EIN DORF

DIE AKTIVSTEN KÖRPERTEILE VIELER KINDER und Jugendlicher sind die Finger. Angeblich sind Zeigefinger oder Daumen bei manchen schon plattgedrückt … verbunden mit Genickstarre. Dabei wollen wir das digitale Zeitalter eigentlich nicht mehr missen: Eltern bleiben selbst mit pubertierenden Teenagern in Kontakt, wenn diese sie per WhatsApp fragen, wann es denn endlich Abendessen gibt (während sie gerade in ihrem Zimmer sitzen) oder mitteilen, dass sie abends den letzten Bus verpasst haben und daher bei einer Freundin übernachten. Die Großeltern bekommen regelmäßig ein Selfie zugeschickt (sofern sie auch digital vernetzt sind) und für Referate wird, ohne den Fuß vor die Tür zu setzen, schnell mal im Internet recherchiert (der Papa hätte dazu wahrscheinlich auch einiges gewusst, aber fragen dauert zu lange …). Über Gruppen-Chats in Smartphone-Apps oder sozialen Netzwerken bleiben Freunde und Familie selbst über große Distanzen in einem regen Austausch und können ohne großen zeitlichen Aufwand alltägliches Einerlei miteinander teilen.

Die Welt scheint ein Dorf zu sein und Englisch ist wirklich praktisch, denn wer wirklich auf dem Laufenden sein möchte, der folgt nicht nur einer Handvoll deutscher YouTube-Stars mit deren Videos, Fotoserien oder Kommentaren, sondern weiß auch Bescheid, was sich auf der großen Bühne von YouTube, Instagram oder Snapchat in New York, Los Angeles, London oder Sydney zuträgt. Überhaupt scheint alles (außer der Schule) so einfach. Mit den Schminktipps von Heidi Klum oder der Beautyserie eines YouTube-Stars wird jeder Maskenbildner in die Tasche gesteckt. Und die Jungs schauen sich die Trainingseinheiten irgendwelcher Sixpack-Ikonen auf Video an und machen es locker nach, in der einen Hand die Fünf-Kilo-Hantel, in der anderen Hand das Smartphone.

KLICKS GEGEN BARES

DIE MEISTEN GRATIS-PORTALE IM INTERNET wie YouTube leben von der Werbung und von Daten über ihre Nutzer, die sie weiterverkaufen. Je mehr »Klicks«, desto lukrativer ist ein Video für die Werbebranche und für den Ersteller. Je mehr »Likes« ein Video hat, umso interessanter ist es nicht nur für Werbezwecke, sondern auch für Datenverknüpfungen, wie wir später noch sehen werden. Mit dem Geschäftsmodell »Klicks gegen Bares« werden junge Menschen bereits im Teenager-Alter über Nacht berühmt und reich. Sie produzieren mit der Smartphone-Kamera oder über den PC ein Video von sich oder lassen die Welt über einen sogenannten Live-Stream an ihrem Privatleben teilhaben. Je mehr Menschen diese Videos konsumieren, desto größer sind die Werbeeinnahmen der Selbstdarsteller. Wenn es mit der Schule also nicht so klappt, gibt es dank Internet genügend Möglichkeiten, beruflich erfolgreich zu werden: Man filmt sich, redet ungehemmt ins Mikrofon und verdient damit Geld. Der Berufswunsch vieler Heranwachsender lautet ganz simpel: »YouTuber«. Denn die digitale Welt bietet nicht nur viel Spaß, sondern auch viel Geld.

Wer sind die YouTube-Stars, was macht sie so attraktiv für Kinder und Jugendliche und welchen Einfluss üben sie auf die Heranwachsenden aus? Wie verändern sich Sprache und Kommunikation der digitalen Generation? Was sind die Besonderheiten und vielleicht auch Eigenheiten von Apps wie Facebook, Whats-App, Instagram oder Snapchat? Was steht in den AGB und wo lohnen sich vielleicht ein Blick auf Privatsphäre-Einstellungen oder das Hinterfragen von Datensicherheit? Ich lade Sie ein auf eine Reise in die digitale Welt der Jugend im Jahr 2016.

IMMER SCHNELLER GETAKTET

DIE KOMMUNIKATION HAT SICH NICHT NUR auf sprachlicher Ebene verändert, sondern auch in Bezug auf das Medium, mit dem Sprache übermittelt wird. Waren in meiner Jugend noch stundenlange Telefonate mit der besten Freundin (wenn es sein musste, auch drei Mal am Tag) an der Tagesordnung – sehr zum Leidwesen meiner Mutter –, geht es heute schneller getaktet zu: kurz eine Voice Message, parallel vielleicht die Kurznachricht einer anderen Freundin lesen, auf Twitter oder Instagram schauen, was der eine oder andere Star heute zu Mittag gegessen hat, dann eine Sprachantwort abhören, zeitgleich der anderen Freundin auf die Kurznachricht antworten und so weiter. Multitasking in der Kommunikation ist eine Fähigkeit, die junge Menschen heutzutage scheinbar bestens beherrschen. Dass die ständigen Unterbrechungen die Konzentration bei den Hausaufgaben oder anderen Beschäftigungen mindern, wird durch die Forschung belegt. Dies scheint aber nur die Ansicht der Eltern oder Psychologen und nicht die Meinung der Jugend zu sein.

Was vor ein paar Jahren noch das moderne Morsen via SMS war, sind jetzt unbeschreibliche Massen an Kurznachrichten via WhatsApp, Snapchat, Facebook und andere digitale Kanäle. Laut einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest zur Kommunikation von Jugendlichen, die im November 2015 publiziert wurde, nutzen 90 Prozent aller Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren in Deutschland täglich die Kommunikations-App WhatsApp. Bei den Mädchen kommen weitere 38 Prozent hinzu, die sich über Snapchat Kurzmitteilungen, Bilder oder Videos zuschicken (täglich bzw. mehrmals pro Woche). Jungen bevorzugen Chats in Online-Spielen gegenüber der Nutzung von Kurzmitteilungen via Snapchat. 35 Prozent der Jungen kommunizieren regelmäßig (meist täglich) über solche Online-Communities bei Computerspielen.21

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