Pia Herzog

Flug LH 1042

Roman


Rediroma-Verlag


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Widmung

An alle Frauen und Männer, die nicht an die große Liebe glauben.

An alle Menschen, die sich in Schuldgefühlen verstricken.

 

Danksagung

 

An dieser Stelle möchte ich allen Menschen danken, die mir in meinem Leben begegnet sind, die es mir ermöglicht haben, so viel Fantasie zu entwickeln.

Dank geht an meinen Sohn Sebastian und seiner Frau Anke, die mir in der schwersten Stunde zu Seite standen.

 

Ich liebe Euch alle!

Inhalt

Über den Wolken      9

Mein Neues Leben      25

Ein langer Abschied      50

Die Liebe siegt immer      64

Ich liebe Dich      70

 

Kapitel 1

Über den Wolken

 

 

Mittwoch, der 12. Dezember 2007, mein 48. Geburtstag. Ich konnte mich nicht durchringen aufzustehen. Das letzte halbe Jahr kreiste in meinem Kopf, meine Hand griff auf die Bettseite meines Mannes. Leer.

Mein Mann Fred war im Juni 2007 an einem Hirntumor gestorben. Seitdem war ich Witwe – welch ein blödes Wort. Mein erster Geburtstag ohne ihn. Ich musste aufstehen, mein Schwager würde gleich kommen, um mich abzuholen. Ich würde nach Stuttgart fliegen, zu meinem Sohn Sebastian, der dort studierte. Ich wollte meinen Geburtstag nicht feiern, mir war nicht danach, aber ich wollte in den Arm genommen werden und die schlimme Zeit, die hinter mir lag, einfach vergessen.

Oh, so spät schon. Ich stand auf, zog mich an, da klingelte es auch schon und mein Schwager Friedhelm stand vor der Tür.

„Na, ich dachte, du machst gar nicht mehr die Tür auf.“

„Doch natürlich, ich war noch im Bad“, antwortete ich bedröppelt. Mist, jetzt fing ich auch noch an zu heulen.

„Komm her!“, sagte mein Schwager und nahm mich in den Arm. „Was ist denn los mit dir?“

„Ich weiß auch nicht, in letzter Zeit bin ich sehr nah am Wasser gebaut.“ „Schau mal, da hinten am Ende des Tunnels, dort ist Licht.“

„Wie komme ich dahin?“, fragte ich. „Komm lieber rein, sonst erkältest Du dich noch!“

„Lea, du musst dich beeilen, sonst verpassen wir den Flieger“, drängelte Friedhelm.

Der kleine Koffer mit meinem Handgepäck stand schon gepackt im Flur. Ich zog meinen schwarzen Mantel an, nahm mein Gepäck und setzte mich in sein warmes Auto. Ich war froh, dass Friedhelm nicht viel redete, ich hörte kaum hin.

 

In Langenhagen angekommen bekam ich Zweifel, ob es richtig war, meinen Geburtstag ohne die ganze Familie zu feiern. Da standen sie auch schon mit Sekt und fröhlichen Gesichtern in der Abfertigungshalle des Flughafens.

„Happy Birthday“ riefen sie alle gemeinsam, unter ihnen auch Regina, Freds Schwester, und Ingolf, Freds Bruder.

„Danke“, krächzte ich. „Vielen Dank, aber das wäre doch nicht nötig gewesen.“

„Ach, wir lassen dich nur ungern weg“, säuselte Ingolf.

Mein Flug nach Stuttgart wurde aufgerufen. Schnell drückte ich jedem einen Kuss auf die Wange und verschwand.

 

Der Flug war sehr ruhig und ich hatte die Sitzreihe für mich alleine. Ich schloss die Augen. Eine nie gekannte Einsamkeit kroch in mir hoch.

Endlich, nach einer Stunde Flugzeit, landete die Maschine in Stuttgart.

„Da ist ja meine Mami“, rief mein erwachsener Sohn laut. „Alles Gute zum Geburtstag!“

„Oh, Basti, sei bitte leiser, muss doch nicht jeder wissen, dass ich heute Geburtstag habe.“

Stürmisch umarmte mich mein Sohn. Das tat gut. „Ich bringe dich ins Hotel, dann machst du dich frisch und wir gehen schön essen, okay?“

Keine Einwände. Anke, die Freundin meines Sohnes, kam auch mit. Es wurde ein sehr ruhiges Essen. Wir tauschten viele Gedanken und Erinnerungen aus. Das Wochenende ging viel zu schnell vorbei.

 

Nun wartete ich am Freitag in Stuttgart, am Flughafen auf den Abflug der Maschine LH 1042 nach Hannover. Der Flieger war pünktlich, ich saß am Fenster und hatte mir die Börsenzeitung schon zurechtgelegt, als plötzlich ein gut aussehender Mann vor mir stand und mir mitteilte, er hätte das Glück, den Platz neben mir zu haben.

„Na dann“, antwortete ich mit einem Lächeln. Irgendwie hatte der Typ etwas von George Clooney.

„Waren Sie privat oder geschäftlich in Stuttgart?“, fragte er.

„Privat.“

„Hat Ihnen Stuttgart gefallen?“

„Oh ja, antwortete ich.“

„Was denn besonders?“

„Die Wilhelma war sehr schön.“

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Da war ich schon lange nicht mehr.“

Die Stewardess fragte mich, was ich trinken wollte.

„Bitte einen Tomatensaft.“

„Mit Salz und Pfeffer?“

„Nein danke, pur bitte.“

„Was darf ich Ihnen zu trinken bringen“, fragte die Stewardess meinen Sitznachbarn.

„Ich hätte auch gerne einen Tomatensaft – aber mit Salz und Pfeffer.“

„Sehr gerne“, antwortete die Stewardess.

„Nicht doch Salz und Pfeffer?“, fragte mich der George-Clooney-Ersatz.

„Nein danke.“

„Aber so schmeckt der Saft viel besser.“

Ich fragte mich, welchen Teil meiner Antwort er nicht verstanden hatte. Er fragte nicht weiter, aber zeigte, dass ihm der Saft schmeckte. Macho, dachte ich.

„Fliegen Sie öfter?“

„Nein, ich habe Flugangst“.

„Ja mei, da brauchst ka Angscht zu haben. Dasch ist dasch sicherste Verkehrsmittel der Wölt.“

Es fehlte nicht viel und ich hätte mich am Tomatensaft verschluckt. Ich musste so lachen.

Mister Clooney war echt lustig. Wir unterhielten uns nun über alle möglichen Dinge, und ehe ich mich versah, kam die Durchsage: „Wir landen in Hannover.“

„Oh, schon da, das ging aber schnell“, sagte ich laut.

„Das liegt an der guten Gesellschaft“, erwiderte Mister Clooney, und wenn ich Interesse hätte, würde er mir gerne den schwäbischen Duden für Firmen – speziell für Daimler, neuer schwäbischer Vorstand – zukommen lassen, per Mail. „Sie haben doch bestimmt eine Mail-Adresse?“

„Ja, aber leider habe ich keine Visitenkarte von mir dabei.“

„Die brauche ich nicht. Ich kann mir die E-Mail-Adresse auch so merken.“

„Also Lea.Kaiser@web.de“, gab ich bereitwillig meine Adresse heraus.

„Freut mich, dass ich so eine charmante Begleitung hatte“, sagte er.

Verschämt schaute ich auf die Hände von Mister Clooney. Oh, kein Ehering. Gibt es das heute noch? Gepflegt waren die Hände auch. „Dann eine gute Weiterreise“, sagte ich.

Ich wollte mich schon zum Ausgang drängeln, da nahm Mister Clooney meine Hand und verabschiedete sich.