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© 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
Das E-Book basiert auf dem 2021 erschienenen Buchtitel »Ihr Start in die finanzielle Freiheit« von Stefanie Kühn und Markus Kühn © 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-061-2
ISBN epub: 978-3-96740-099-1
Lektorat: Anja Hilgarth, Herzogenaurach
Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de
Titelbild: Maxim Stepanov/shutterstock
Autorenfotos: Karin Weber Fotografie
Satz und Layout: Lohse Design, Heppenheim | www.lohse-design.de
© 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
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Bevor wir starten
1.Was bisher geschah – ein Rückblick in Ihre finanzielle Zukunft
Machen Sie sich nichts vor
Die Vergangenheit kommt durch die Hintertür
Fünf Säulen für Ihr Leben
Wie sieht Ihre Geld- und Vermögens-Säule aus? Ein Leitfaden für Ihre Rückschau
AUF DEN PUNKT: Ihr Rückblick
2.»Aber bei uns hieß es immer … « – Prägungen und Glaubenssätzen auf der Spur
Prägungen bestimmen auch unseren Umgang mit Geld
Setzen Sie sich mit Ihren Prägungen auseinander
Negative Prägungen und Glaubenssätze auflösen
AUF DEN PUNKT: Ihre Prägungen
3.Reich, unabhängig, frei? – Finden Sie heraus, was Sie eigentlich wollen
Genug Geld statt möglichst viel Geld
Ihre ganz persönliche Wunschliste
So werden Wünsche zu Zielen
Werden Sie konkret
Ihr Fahrplan in die finanzielle Unabhängigkeit
AUF DEN PUNKT: Ihre richtigen Ziele
4.Prüfen Sie Ihre Ziele und übernehmen Sie die Verantwortung
Die Rente mal aus der Nähe betrachtet
Der Zielfahrplan im Realitätscheck
Jetzt übernehmen Sie die Verantwortung
AUF DEN PUNKT: Ihre finanzielle Verantwortung: »Ich bin schon drin«
5.Der Blick in Ordner und Online-Postfächer – Inventur für Ihr Geld
So gehen Sie mit Ihrer Finanzpost um
Ein Ordnungssystem für Ihre Finanzen
Tauchen Sie tiefer in Ihre Anlagen ein
Ihre Vermögensbilanz: Wie viel Geld haben Sie?
Die Stunde der Wahrheit – werten Sie Ihre Bilanz aus
AUF DEN PUNKT: Ihre Finanzübersicht
6.Wege zu mehr Geld – so optimieren Sie Ihre Einnahmen
Optimieren Sie Ihr Erwerbseinkommen
Einfache Möglichkeiten zur Einkommensoptimierung
Lassen Sie sich keine Vorteile entgehen
Die gewinnbringende Organisation Ihrer Geldanlagen
Vertrauen Sie sich
AUF DEN PUNKT: die Optimierung Ihres Einkommens
7.Hart oder lehrreich? – Mehr Geld durch Verzicht
Sie müssen wissen, was Sie ausgeben
Identifizieren Sie Ihr Sparpotenzial
AUF DEN PUNKT: Ihre Ausgaben
8.Einfach oder schwierig? – Mehr Geld durch Erbe und Schenkung
Die Herausforderungen bei geschenktem oder geerbtem Geld
Klare Absprachen helfen allen Seiten
AUF DEN PUNKT: Ihr Erbe: fünf goldene Regeln
9.Ihr persönliches Sicherheitskonzept – Absicherung mit Augenmaß
Schauen Sie Ihren Risiken ins Auge
Existenzvernichtende Risiken absichern
Existenzbedrohende Risiken abwägen
Existenzneutrale oder harmlose Risiken vernachlässigen
AUF DEN PUNKT: Ihre »Wer zahlt, wenn …«-Fragen
10.Alles rund um die Risiken der Geldanlage
Risiken bei der Geldanlage gehören dazu
Lernen Sie Chancen und Risiken Ihrer Anlagen kennen
Schätzen Sie Ihre Risikomentalität richtig ein
Teilen Sie Ihr Vermögen entsprechend Ihrer Risikobereitschaft auf
Die Stunde der Wahrheit – das Risiko schlägt zu
Machen Sie die Aktienrisiken beherrschbar
AUF DEN PUNKT: Ihre Risikomentalität
11.Einfach oder gar nicht – Ihre Anlagestrategie
Jetzt laufen alle Fäden zusammen!
Liquidität
Festverzinsliche Anlagen
Aktienbasierte Anlagen
Immobilien
Beteiligungen und Crowdinvesting
Rohstoffe
Lebens- und Rentenversicherungen
AUF DEN PUNKT: Ihre Anlagestrategie
12.Auf zum Testlauf Ihrer Strategie – mit der Szenariotechnik
Das kann die Szenariotechnik
Fünf Faktoren bestimmen Ihr Szenario
Und nun: Szenarioplanung ganz konkret
AUF DEN PUNKT: Ihr Szenario
13.Immer alles unter Kontrolle – Updates und regelmäßige Anpassungen
Bleiben Sie am Ball – und zwar mit System
Regelmäßige Checks samt nötiger Anpassungen
Das jährliche Update
AUF DEN PUNKT: Ihr Ziel in Sicht!
Bonusmaterial
Und zum Schluss
Danke
Die Autoren
. . . möchten wir ein paar persönliche Worte an Sie, liebe Leserinnen und Leser, richten. Dieses Buch ist für Sie geschrieben – für Sie, die Sie sich einer Fülle von Geldanlage-Angeboten gegenübersehen. Die eine Renteninformation erhalten, die so enttäuschend aussieht. Denen Geld Angst macht oder die Pläne haben, aber nicht wissen, wie Sie sie erfüllen können. Denen der Plan fehlt, die Strategie. Die sich von Beratern verkauft fühlen. Für Sie alle.
Das Buch ist aus unserer Beratungspraxis entstanden. Aus über 1.500 Einzelgesprächen in Finanzfragen, Erbrechtsangelegenheiten und Mentalcoachings. Wir haben alle Berufsgruppen gesehen, alle Altersklassen, alle Familienkonstellationen. Alle Beispiele aus dem Buch sind stark verfremdet, aber im Kern wahr – und wir haben noch viel mehr davon.
In vielen unserer anderen Bücher geht es »nur« um die Sache – wie funktionieren Fonds und ETF, was ist eine Festgeldtreppe, wie strukturiere ich ein Portfolio. Das ist nicht etwa schlecht, ganz im Gegenteil, das ist sehr wichtig und nützlich. Dieses Buch hat jedoch einen anderen Fokus – es geht um die Entwicklung einer ganz höchstpersönlichen Anlagestrategie, nämlich der Ihrigen. Es geht darum, warum Sie wie mit Geld umgehen. Es geht um Ihr Verhältnis zu Geld. Sie werden Werkzeuge aus dem Mentaltraining nutzen, um Ihre Strategie zum Erfolg zu führen. Natürlich erhalten Sie auch Basiswissen zu Geldanlagen und Rentenbausteinen – die benötigt jeder Erwachsene. Am Ende aber steht Ihr persönlicher Zielfahrplan mit den entsprechend geplanten Umsetzungen.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen – Vorfreude bei der Planung und Feier-Freude, wenn Sie ein Ziel erreicht haben.
Ihre Stefanie Kühn und Ihr Markus Kühn
PS: Wir verzichten in diesem Buch auf die umständliche genderkonforme Schreibweise. Jeder, der uns kennt, weiß, dass wir frei von Vorurteilen sind und sämtliche Lebensformen akzeptieren. Hauptsache, die Person ist glücklich. Der Verzicht ist allein der Lesbarkeit geschuldet. Wir verzichten auch auf das pseudopsychologische »Du«.
Neulich haben wir ein Graffito gelesen: »Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern, uns bleibt aber noch die Zukunft.« Uns gefällt dieser Satz, denn in unserer Beratungspraxis erleben wir immer wieder, wie Menschen mit ihrer Vergangenheit konfrontiert sind, wenn es um ihr Geld geht. Viele bleiben dann in der Vergangenheit stecken. Sätze wie »Das habe ich noch nie gekonnt« oder »Mit meinen Geldanlagen habe ich immer danebengegriffen« lassen schon erahnen, wie sehr die Vergangenheit die Zukunft mitbestimmt. Wenn Sie sich erfolgreich um Ihre Finanzen kümmern möchten, dann ist es Zeit, sich der Vergangenheit zu stellen, das Gute beizubehalten und das Schlechte zu verändern. Und zwar erst recht, wenn man eigentlich seine Zukunft planen will.
Uns begegnen immer wieder Fälle von »Wunschdenken«, wie wir es nennen. So war es auch bei einem Ehepaar, das wir vor einiger Zeit kennenlernten. Nennen wir es die Kunzes. Die beiden haben ein Haus und zwei kleine Kinder. Herr Kunze ist Mitte vierzig und arbeitet als leitender Angestellter im Vertrieb einer bayerischen Firma, die technische Produkte herstellt. Frau Kunze ist gleich alt und hat einen Minijob als Schreibkraft in einem Unternehmen. Den größten Teil ihrer Zeit kümmert sie sich um die beiden Kinder. Infolge der Coronakrise war der Ehemann damals in Kurzarbeit. Sein Job war aber nicht wirklich bedroht. So nutzten sie die Zeit, um sich über ihre Altersvorsorge einige Gedanken zu machen.
Sie kamen gut gelaunt und recht selbstsicher ob ihrer zu erwartenden Renten bei uns an. Wir verlassen uns als Berater jedoch nie auf vage Aussagen, sondern schauen genau hin, welche Anlagen und Rentenansprüche vorhanden sind. Und wie so oft kam heraus, dass die Altersvorsorge, die auf den ersten Blick geregelt schien, in Wirklichkeit einige offene Fragen enthielt. Von wegen gute Absicherung: Je genauer wir nachfragten, desto mehr Ungenauigkeiten, Widersprüche und fehlende Informationen entdeckten wir.
Es begann mit dem Rentenbescheid, den wir uns immer zeigen lassen, wenn Mandanten uns von ihrer Rente erzählen. Die mitgeteilte zu erwartende Rente der beiden ist die von der Deutschen Rentenversicherung großzügig hochgerechnete Rente. Dass die Inflation in den nächsten 25 Jahren auch noch an dem ausgewiesenen Betrag nagen wird und es völlig unklar ist, ob die optimistischen Hochrechnungen zutreffen werden, hatte das Ehepaar ausgeblendet. Diesem Phänomen begegnen wir häufiger.
Die Kunzes erzählten nun, dass sie noch ein weiteres Haus hätten. Das Haus von Frau Kunzes Eltern nämlich, das diese vorausschauend bereits jetzt, zu Lebzeiten, auf die Tochter überschrieben hatten. Eine Hausschenkung ist natürlich meist eine feine Sache! Doch auch ein Haus ist nicht immer das, wofür man es hält. »Wo steht das Haus denn?«, fragten wir vorsichtig nach. Prompt kam die Antwort: im oberfränkischen Landkreis Hof. Das ist zwar wirklich eine nette Gegend, doch leider muss, wer dort Immobilien besitzt, der Tatsache ins Auge blicken, dass die Grundstücks- und Immobilienpreise nicht gerade zu den Spitzenreitern unserer Republik gehören. Dafür, so berichteten die Kunzes, hatten die Eltern das Haus »toll hergerichtet«, hatten »viel selbst gemacht«. Nun wurden wir noch hellhöriger: So schön es auch sein kann, selbst sein Haus auszubauen, der Immobilienmarkt belohnt den individuellen Geschmack der Besitzer leider nur selten. Und das, finanziell gesehen, wirklich dicke Ende kam noch: Die Eltern wohnten noch in dem Haus, das Ehepaar Kunze sollte sich aber schon um die Instandhaltung kümmern. Aktuell mache die Heizung Probleme und die Eltern hätten auch gar nicht die Mittel, selbst etwas beizusteuern. Und außerdem müsse der Bruder der Beschenkten später noch ausgezahlt werden. Das wussten die beiden zwar, aber die genaue Summe war im Übergabevertrag noch nicht klar bestimmt worden und die Formulierungen ließen einige Deutungen zu.
Damit war klar, dass an weitere Sparraten für den Ruhestand derzeit gar nicht zu denken war. Das eigene Häuschen musste noch 15 Jahre abbezahlt werden, das Haus der Eltern musste in Schuss gehalten werden, und die Abfindung an den Bruder stand auch noch aus.
Die Bestandsaufnahme brachte also einen großen Haufen unangenehmer Fragen auf den Tisch. Die Kunzes waren zwar zu uns gekommen, um ihre finanzielle Zukunft zu planen. Es stellte sich jedoch heraus, dass sie in ihrer Vergangenheit noch nie mit ihrer Familie offen über Geld gesprochen hatten. Diese Haltung holte sie jetzt ein. Mit dem Haus der Eltern hatten sie sich ein »Kuckucksei ins Nest« gelegt, auf das sie vielleicht besser verzichtet hätten. Bevor wir über bessere Kreditkonditionen oder Anlagerenditen nachdenken konnten, mussten sie mit ihren Verwandten die Verhältnisse klären. Sie mussten Fehleinschätzungen korrigieren, den wahren Wert des Hauses herausfinden, mit den Eltern über deren Gedanken zur gerechten Berücksichtigung des Bruders sprechen und mit diesem vielleicht sogar noch über Geld streiten.
Sie sehen: Es reicht nicht, irgendetwas durchzurechnen, wenn man seine Finanzen ordnen möchte. Am Geld hängt viel mehr. Beziehungen, Wünsche, Begierden, Neid, Konflikte. Es kostet oft viel Kraft, über Geld zu sprechen. In vielen Familien geht das gar nicht, und wer es doch wagt, steht als kalt und gefühllos da. »Über Geld spricht man nicht« ist eine Prägung, die besonders im deutschsprachigen Raum weit verbreitet ist. Es kostet auch viel Kraft, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Schon genau hinzuschauen, wie viel Geld sie tatsächlich haben, fällt manchen Menschen sehr schwer. Zu überlegen, warum sie es nicht angelegt haben, oder warum sie überhaupt nie versucht haben, sich etwas zusammenzusparen, ist womöglich noch schwerer. Wir begegnen vielen Menschen, die den Kopf in den Sand stecken und mit fest geschlossenen Augen von einem schönen Lebensabend träumen, mit Reisen und Garten und hübschem Häuschen. Allerdings werden sie sich das niemals leisten können, wenn sie den Kopf nicht wieder aus dem Sand herausziehen und die Augen öffnen. Dabei verstehen wir durchaus den Wunsch nach Verdrängung: Wer macht sich schon gerne klar, dass die Träume im Alter vielleicht gar nicht realisierbar sind, weil zu wenig Geld da ist?
Doch auch wenn ausreichend Vermögen vorhanden ist, kann Geld zu einem belastenden Thema werden. Oftmals geht es dann jedoch nicht mehr um die Frage, wie materielle Wünsche erreicht werden können, sondern um Streitigkeiten, Zuständigkeiten, Unsicherheiten und die Frage nach der Vermögensweitergabe über Generationen. Auch hier ein Beispiel aus unserer Beratungspraxis: Vor einigen Jahren berieten wir zwei Schwestern. Zunächst kam eine der Schwestern – Frau Heinzmann – zur Beratung und bat um einen Austausch, wie sie ihr Vermögen so anlegen könne, dass sie ihren erwachsenen Sohn gut absichern könne, Grund und Boden dabei erhalten bliebe sowie das Vermögen möglichst steuerschonend weitergegeben werden würde. Immer wieder fiel in dem Gespräch auch der Name der Schwester und der hochbetagten Mutter, sodass wir sie schließlich vorsichtig darauf hinwiesen, dass manche Dinge, die sie ansprach, das Thema der Schwester sei und nicht ihres. Auch einige Themen den Ex-Mann betreffend seien nicht mehr ihre Verantwortung. Frau Heinzmann machte sich große Sorgen um das Wohlergehen aller Familienangehörigen. Wir rieten ihr, innerfamiliär über die Vermögensplanung zu sprechen und dann vielleicht zu einem Gespräch mit der Schwester zu uns zu kommen. Zwei Jahre hörten wir nichts von dieser sympathischen und weitdenkenden Frau.
Als sie sich wieder meldete, vereinbarte sie einen Termin mit uns, an dem auch ihre Schwester teilnahm. Wir waren überrascht, wie viel sich bereits getan hatte. Einige der damals angesprochenen Punkte waren erledigt, andere waren losgelassen. Es fiel immer wieder der Satz: »Sie haben mir ja gesagt, dass das nicht mein Thema ist.« Und nun waren Frau Heinzmann und ihre Schwester so weit, dass sie sich auf Augenhöhe über ein gemeinsames Konzept für die Vermögensweitergabe unterhalten konnten.
»Ich dachte, wir reden über Geld«, hören wir immer wieder von überraschten Teilnehmern unserer Workshops, wenn wir sie mit ihrer Vergangenheit konfrontieren. »Ich hätte nie gedacht, dass so viel Emotionales am Thema Geld hängt«, sagte uns kürzlich eine Frau. Wir verstehen dieses Erstaunen. Schließlich sind Geld und Leben bei den meisten Menschen streng getrennte Angelegenheiten. Wenn Sie beim Bankberater sitzen, geben Sie ein paar Rahmendaten über Ihr Alter, Ihren Job und Ihren Familienstand an, und dann wird er Ihnen häufig die üblichen Hausprodukte anbieten. Weder der Berater noch Sie werden sich ernsthaft fragen, warum Sie eigentlich jetzt an diesem Punkt sind, an dem Sie gerade stehen; wie Sie dahin gekommen sind und ob sich aus der bisherigen Entwicklung vielleicht etwas für Ihren künftigen Umgang mit Geld lernen lässt.
Wenn Sie sich diese Frage nicht stellen (lassen), laufen Sie allerdings weiterhin mit demselben Unbehagen herum wie vorher, denn Sie haben Ihre Probleme nicht gelöst, sondern nur an Symptomen herumgedoktert. Die Kunzes zum Beispiel können ihr Geld anlegen, wie sie wollen – wenn sie nicht klären, wie sie die Hausreparaturen zahlen und wann und wie sie Frau Kunzes Bruder auszahlen, werden sie ihre eigene Altersvorsorge nicht richtig gestalten können. Sie müssen sich also dem Konflikt stellen und auch der Frage, warum es ihnen eigentlich so schwerfällt, das Thema offen zu besprechen. Wenn Frau Heinzmann nicht mit ihrer Schwester über vergangene Entscheidungen gesprochen hätte, dann hätten sie es nie geschafft, sich über zukünftige Vermögensfragen abzusprechen.
Ähnlich dürfte es Menschen ergehen, die immer wieder auf dubiose Finanzvermittler hereinfallen, ungünstige Verträge abschließen und sich anschließend dafür schämen. Sie werden es nur schaffen, ihr Geld effektiver anzulegen, wenn sie sich mit ihrer bisherigen Haltung auseinandersetzen und erkennen, woran es liegt, dass sie den Vermittlern so wenig entgegensetzen.
Die Vergangenheit zu erkennen, sich selbst zu erkennen: Das ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, in Zukunft erfolgreicher mit Geld umzugehen. Es gibt viele gute Anlagemöglichkeiten und ganz unterschiedliche Strategien, zu investieren oder Geld einzusparen. Doch wenn Sie einen Weg einschlagen, der nicht zu Ihnen passt, der nicht an Ihre Erfahrungen anknüpft und nicht Ihrer Persönlichkeit entspricht, dann ist es ganz egal, um welche Strategie es sich handelt. Denn dann ist jede Strategie zum Scheitern verurteilt. Deshalb ist es so wichtig, zuerst in die Vergangenheit zu blicken, bevor wir Ideen für die Zukunft entwickeln.
DURCHBRUCH: Stellen Sie sich Ihrer Vergangenheit!
Erkennen Sie, wie Sie in der Vergangenheit mit Geld umgegangen sind. Öffnen Sie Ihre Augen, wenn Sie finanziell unabhängig werden wollen.
Schauen Sie jetzt also genau hin: Wie ist Ihr Leben bisher verlaufen, und welche Auswirkungen hat das auf die Entwicklung Ihres Vermögens gehabt?
Den Rückblick in Ihre Vergangenheit sollten Sie möglichst »geordnet« angehen, damit Sie so viele Erkenntnisse wie möglich daraus gewinnen können. Dafür nutzen wir ein Modell, mit dem Sie Ihr bisheriges und aktuelles Leben analysieren und mit dem Sie auch Zusammenhänge zwischen einzelnen Lebensbereichen und Ihrer finanziellen Entwicklung erkennen können.
Ein schönes Bild für diese Betrachtung liefert ein Monopteros – ein antiker Rundtempel mit fünf oder mehr Säulen und einem Dach. Vielleicht haben Sie so ein Bauwerk schon einmal in Ihrem Urlaub gesehen, in Griechenland oder Italien? So weit müssen Sie allerdings gar nicht reisen; auch in deutschen Parks finden Sie Nachbauten dieser antiken Tempel. Im Englischen Garten in München oder im Büsing-Park in Offenbach, dem Sitz des GABAL Verlags, stehen zum Beispiel welche.
So ein Monopteros strahlt viel Ruhe aus. Er eignet sich wunderbar, um sich zu besinnen und nachzudenken. Schließen Sie doch mal die Augen und träumen Sie davon, wie Sie im Sommer zwischen den kühlen Säulen stehen und einen angenehmen Luftzug spüren. Vielleicht befindet sich in einem Park in Ihrer Nähe auch ein Monopteros?
Wenn Sie ihn gefunden haben, ganz real oder in Ihrer Vorstellungskraft, dann lassen Sie uns jetzt die Säulen betrachten. Ein Monopteros hat oft zwischen fünf und acht Säulen. Fünf Säulen reichen auf jeden Fall aus, um das Dach sicher zu tragen. Diese fünf tragenden Säulen interessieren uns.
Stellen Sie sich vor, das Dach des Gebäudes zeigt Ihr Lebensgleichgewicht. Es ruht also auf den fünf Säulen. Diese sind ganz wesentlich für die Balance des Ganzen. Wenn eine Säule fehlt, wird das Dach instabil und droht einzustürzen. Übertragen auf Ihr Leben bedeutet das, dass Sie immer darauf achten müssen, dass die fünf Säulen stabil und in Ordnung sind.
Die fünf Säulen stehen für jeweils einen von fünf Lebensbereichen:
Die allermeisten Menschen sehnen sich nach menschlicher Wärme und versuchen, sich ein Netz zwischenmenschlicher Beziehungen zu knüpfen, in dem sie Freude und Leid teilen können. Sie brauchen das Gefühl, verankert zu sein. Sie verbringen ihre Zeit nicht so gerne allein. Sie sind froh, wenn sich jemand über ihre Erfolge mitfreut, und sie fühlen sich gut, wenn sie für jemanden sorgen können. Nicht zuletzt sind diese privaten Netze immer auch ein Segen, wenn es Probleme gibt, wenn Kummer und Sorgen nagen und es einfach nur guttut, in den Arm genommen zu werden. Jeder Mensch entwickelt dabei seine eigenen Beziehungen. Manche Menschen wünschen und realisieren für sich die traditionelle Familie mit der herkömmlichen Rollenaufteilung. Andere bevorzugen enge kinderlose Partnerschaften. Manche leben am liebsten allein, schätzen aber stabile Freundschaften. Wie auch immer Ihr nahes Umfeld geformt ist: Wichtig ist, dass es funktioniert. Dass Sie das Gefühl haben, da ist jemand, ich bin nicht ganz allein.
Das ist eine der Säulen, auf denen Ihr Leben ruht. Wenn diese nicht in Ordnung ist, wenn Sie sich einsam fühlen oder wenn Sie von einem geliebten Menschen verlassen oder betrogen wurden, dann bröckelt diese Säule und gefährdet die Stabilität Ihres Monopteros.
Wie gesund sich jemand fühlt und welches Maß körperlicher Fitness der Einzelne braucht, um sich wirklich wohlzufühlen, ist sicherlich verschieden. Manche Menschen sind übergewichtig, rauchen und fühlen sich trotzdem wohl; wieder andere ernähren sich immer ganz gesund, treiben Sport und haben trotzdem Kopfweh. Gesundheit ist eine individuelle Harmonie, ein Zustand, den jeder für sich persönlich bestimmt. Zum Problem wird die Gesundheit, wenn sie die Lebensfreude beeinträchtigt. Welche Erkrankung auch dahinterstecken mag: Wenn jemand sich ständig schlecht fühlt, am liebsten nur noch ausruhen möchte und dauernd erschöpft ist, stimmt etwas nicht. Dann wird die Gesundheit zum Problem, das die Gesamtbalance beeinträchtigt.
Ein Beruf ist im besten Fall ein Lebensinhalt, im schlechtesten Fall ein Lebenszeitkiller. Wenn Sie eine Beschäftigung haben, die Sie herausfordert und zufriedenstellt, in der Sie sich weiterentwickeln, ohne ungesundem Stress ausgesetzt zu sein, dann trägt das dazu bei, dass sich Ihr Leben in einem stabilen Gleichgewicht befindet. Dabei ist oft nicht entscheidend, ob Sie sehr viel Geld verdienen oder weniger. Solange Sie sich nicht ausgenutzt fühlen, wiegt eine hohe Arbeitszufriedenheit kleine Einkommenslücken auf. Immerhin verbringen Sie, wenn Sie Vollzeit arbeiten, den größten Teil des Tages in Ihrem Job. Deshalb können Sie auch trotz eines hohen Einkommens sehr unzufrieden sein, wenn Sie Stress und Überforderung oder Langeweile ausgesetzt sind oder wenn Sie Ihre Gesundheit ruinieren. Die Berufs-Säule bringt das Gesamtgebäude aber auch in Gefahr, wenn der Job zum Zeitfresser wird, wenn Sie Abende und Wochenenden im Büro verbringen, die Sie eigentlich Ihrer Familie widmen wollten. Oder wenn Ihr Job als Familienmanagerin Sie derartig überlastet, dass Sie keine freie Minute mehr finden. Dann ist Ihre Berufs-Säule nicht mehr stabil.
Geld und Vermögen sind eine wichtige Säule in unserem Monopteros, weil wir kein zufriedenes Leben führen können, wenn das Geld ständig zu knapp ist oder gar nicht ausreicht. Es ist in unserem wirtschaftlichen System so angelegt, dass Geld als Tauschmittel eine tragende Rolle in der Gesellschaft zukommt. Zunächst hat jeder Mensch Grundbedürfnisse – essen, trinken, kleiden, wohnen –, über deren Notwendigkeit nicht zu diskutieren ist. Darüber hinaus brauchen wir Geld, um unseren Kindern eine vernünftige Bildung zu ermöglichen, um ins Kino oder zum Theaterfestival zu gehen, um ein Musikinstrument zu kaufen oder Sportschuhe, weil wir uns kulturell oder körperlich entfalten möchten. Wir wissen eigentlich alle auch, dass wir selbst für unsere Altersvorsorge etwas tun müssen. Vielleicht häufen wir auch einfach gerne so viel Geld wie möglich an, um unseren Nachkommen etwas vererben zu können. Und über solche Wünsche hinaus ist es einfach schön, mal die teurere Uhr kaufen zu können, einen schönen Urlaub zu machen oder ein komfortables Auto zu haben. Unsere Geld-Säule verliert an Stabilität, wenn es allzu viele Wünsche werden, die wir nicht finanzieren können. Vielleicht müssen wir dann unsere Wünsche neu überdenken.
Auch kann sich eine sehr intensive Beschäftigung mit Geld zum Stressfaktor entwickeln. Etwa, wenn der Wunsch, Geld zu sparen, übermächtig wird. Oder wenn wir zwanghaft Einkommen nachjagen, das wir gar nicht brauchen, und deshalb vielleicht andere Bedürfnisse zurückstellen. Als Selbstständiger jahrelang keinen Urlaub zu machen, weil man bloß kein Geschäft verpassen will, obwohl das Einkommen einen Urlaub locker erlauben würde: Das ist auch ein Verhalten, von dem die Geld-Säule Risse bekommt.
Die fünfte Säule steht für Ihre Werte und Ihre Persönlichkeit. Selbstverständlich haben Sie bereits eine Persönlichkeit und verfügen über Werte – vielleicht gehören Sie aber zu den Menschen, die diese noch nicht klar für sich definiert haben. Dann wird es Zeit, das zu ändern. Je besser Sie über sich selbst Bescheid wissen, umso besser werden Ihre Entscheidungen in jedem Ihrer Lebensbereiche.
Um sich Ihren Werten zu nähern, können Sie beispielsweise auf das Modell von Richard Barrett zurückgreifen. Barrett identifiziert hier sieben Bereiche, die die menschliche Motivation umfassen – von der grundlegenden Überlebensmotivation bis zum Kümmern um zukünftige Generationen und der Umwelt.
Sie können auf der Internetseite des Barrett Value Centre einen Test machen und Ihre zehn wichtigsten Werte aus einer Liste auswählen. Sie erhalten dann eine kleine Auswertung mit weiteren Übungen.1 Über 500.000 solcher Befragungen, durchgeführt von Menschen auf der ganzen Welt, hat Richard Barrett kürzlich ausgewertet. Und siehe da: Die Top-10-Werte sind Familie, Humor/Spaß, Fürsorglichkeit, Respekt, Freundschaft, Vertrauen, Einsatzbereitschaft/Engagement, Begeisterung, Kreativität und kontinuierliches Lernen.
ÜBUNG: Ihre Top-3-Werte
Unsere Lieblingsfrage dort lautet: »Wählen Sie die drei wichtigsten Werte aus Ihren zehn (den persönlichen Top-10-)Werten aus und fragen Sie sich, wie Sie diese tagtäglich leben. Und wie würde Ihr Leben aussehen, wenn Sie diese Werte voll und ganz leben?« Überlegen Sie, welche Ihre drei wichtigen Werte sind. Wie spiegeln sich diese in Ihren Lebens-Säulen wider, und was müssten Sie dort verändern, um ihnen besser gerecht zu werden? Mit solchen Übungen stärken Sie den Blick für einen stabilen Erhalt Ihres Monopteros.
Es kann sein, dass Sie zu diesen fünf tragenden Säulen noch weitere Säulen hinzufügen möchten. Sie könnten beispielsweise auch Ihre drei wichtigsten Werte als einzelne Säulen abbilden. Dann hätte Ihr Monopteros nicht fünf, sondern vielleicht acht tragende Säulen. Es ist völlig okay, wenn Sie in der Anzahl der Säulen von unserem Modell abweichen. Schließlich geht es um Ihr Leben. Sinn und Zweck der ganzen Sache ist, dass Sie sich darüber klar werden, was für Sie die tragenden Bereiche in Ihrem Leben sind, was Sie unbedingt brauchen, worauf Sie nicht verzichten können. Nehmen Sie aber zu viele Säulen, ist die Gefahr größer, sich zu verzetteln. Wichtig ist, dass Ihre Lebensbereiche in Balance bleiben – und zwar auf hohem Niveau.
Wenn Sie nun für sich geklärt haben, welche Säulen für Ihr Leben wichtig sind, dann können Sie jetzt mit dem aktiven Rückblick beginnen:
Nehmen Sie ein Blatt Papier und schreiben Sie auf, wie sich jede einzelne Säule in Ihrem Leben entwickelt hat. Überlegen Sie: Wie dick ist Ihre Familien-Säule? Sah sie schon immer so aus, oder war sie erst schlank und hat dann an Umfang gewonnen? Wie würden Sie diese Säule auf einer Skala von 1 (sehr instabil) bis 10 (absolut solide) aktuell bewerten? Schauen Sie auf Ihre Berufs-Säule: Ist sie stabil? Oder verursacht Ihr Job Stress und Sorgen? Wie hat sich Ihr bisheriges Berufsleben entwickelt? Und wie Ihre Gesundheit? Waren Sie immer wohlauf oder gab es Einschränkungen in Ihrem Leben, weil Ihr Körper nicht so funktioniert hat, wie er sollte? Inspizieren Sie auch Ihre Geld-Säule: Wie haben sich Ihre Finanzen entwickelt? Hatten Sie eher viel, eher wenig Geld, haben Sie sich oft den Kopf darüber zerbrochen oder waren Sie phasenweise ziemlich entspannt? Wie sieht es mit Ihrer Werte-Säule aus: Haben Sie sich oft angepasst oder gar verbiegen lassen? Was hat Sie zu der Persönlichkeit gemacht, die Sie heute sind?
Bewerten Sie alle Säulen auf einer Skala von 1 bis 10, um zu sehen, wo es gut läuft oder wo es hakt. Wenn Sie mögen, können Sie Ihre Säulen auch aufzeichnen.
Schauen Sie nun das Ergebnis Ihrer Erinnerung und Bestandsaufnahme an: Ruht das Dach Ihres Monopteros auf ungefähr gleich starken Säulen oder gibt es Gewichtsverlagerungen? Wenn eine Säule deutlich mehr Raum einnimmt als die anderen oder wenn eine Säule zu schwach ist, um das Dach zu stützen, dann wird die Stabilität des Ganzen gefährdet. Dann geraten auch die anderen Säulen unter Druck. Sie werden stärker belastet. Dadurch können auch sie Risse bekommen. Angenommen, Sie leiden unter häufigen Rückenschmerzen. Dann sind Sie im Beruf weniger leistungsfähig. Mittelfristig können Sie vielleicht eine Aufstiegschance nicht wahrnehmen, und so beeinträchtigt die Gesundheit letztlich auch Ihre Finanzen. Oder nehmen wir an, Sie arbeiten mehr als 60 Stunden in der Woche. Dann leidet Ihre Familie unter Ihrer ständigen Abwesenheit, und Ihre Ehe gerät möglicherweise in eine ernsthafte Krise.
Mit dem Gesamteindruck Ihres Monopteros haben Sie nun eine wichtige Ausgangsbasis für unser Kernanliegen erzeugt, nämlich den genaueren Blick auf die Vermögens-Säule. Auch sie steht in direktem Zusammenhang mit den anderen Säulen. Weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft wird Ihre Vermögens-Säule unbeeinflusst von den anderen existieren.
Jetzt geht es um Ihre Finanz-Säule – schauen Sie sich diese noch einmal an. Was haben Sie dazu notiert? Wie würden Sie die Säule malen – dick oder dünn, eben oder brüchig, bunt oder einfarbig?
ÜBUNG: Zoomen Sie auf die Geld-Säule
»Butter bei die Fische«, wie man in Norddeutschland sagt – jetzt kommen die Karten auf den Tisch. Notieren Sie sich: Was haben Sie eigentlich bisher mit Ihrem Geld gemacht? Haben Sie es angelegt? Oder lag es auf Ihrem Girokonto herum? Haben Sie jemals etwas gespart? Und: Warum haben Sie sich so verhalten? Wer oder was hat Sie beeinflusst? Notieren Sie hier zunächst spontan und unstrukturiert einfach alles, was Ihnen in den Sinn kommt. Später werden Sie ordnen und bewerten – hier geht es uns mehr darum, dass Sie nichts vergessen, was Ihnen einfällt.
Nur wenn Sie sich im Rückblick klar werden, wie Sie bisher mit Geld und Vermögen umgegangen sind, können Sie Strategien für die Zukunft entwickeln, die Ihnen finanzielle Unabhängigkeit ermöglichen. Denn nur wenn Sie sich selbst kennen, werden Sie auch identifizieren können, welche Anlageform für Sie die richtige ist.
In unseren Beratungen haben wir irgendwann gemerkt, dass wir unseren Mandanten oft die gleichen Fragen stellen, wenn wir mit ihnen ihre finanzielle Entwicklung besprechen. Daraus entwickelte sich eine Art Leitfaden, den wir regelmäßig einsetzen – nicht einfach als Abfrage nacheinander, aber wir achten darauf, von jedem Mandanten Antworten auf diese Fragen im Gespräch zu erhalten. Das hat sich in der Praxis gut bewährt. Der Leitfaden besteht aus folgenden fünf Fragen:
1.Wer hat mich bisher beraten?
2.Wer hat an mir verdient?
3.Habe ich Geld verloren? Wenn ja: Wo?
4.Welche Geldanlage war besonders erfolgreich?
5.Wie bin ich bisher mit Geld umgegangen?
Wenn Sie diese Fragen für sich beantworten, werden Sie die wesentlichen Merkmale Ihrer Vermögens-Säule erkennen und nachvollziehen können, wie sich diese Säule in Ihrem Leben entwickelt hat. Halten Sie hier die Reihenfolge der Fragen ein. Dann können Sie zunächst herausarbeiten, wie Sie zu welcher Anlageform gekommen sind und welches Ergebnis Sie damit erzielt haben. Anschließend fragen Sie sich, wieso Sie sich so und nicht anders verhalten haben.
Die Beantwortung der Fragen führt Sie zu möglicherweise überraschenden Erkenntnissen über sich selbst. Vielleicht auch über Ihre Umgebung! Wichtig ist, dass Sie wirklich verstehen und einordnen können, was bisher passiert ist und wie Sie sich verhalten haben. Und auch, welchen Einflüssen Sie ausgesetzt waren. Dabei möchten wir Ihnen gerne helfen. Deshalb gehen wir nun zusammen die Fragen des Leitfadens durch. Wir werden Ihnen erzählen, wie unsere Mandanten die Fragen oft beantworten. Und wir werden Sie noch mit ein paar Hintergrundinformationen aus der Finanzbranche versorgen, damit Sie Ihre Erfahrungen realistisch interpretieren können.
Geldangelegenheiten sind Vertrauenssache. So sehen es die meisten Menschen. Deshalb gehen sie, wenn sie Geld anlegen oder leihen oder sich informieren wollen, anders vor, als wenn sie ein Paar Socken kaufen. Sie laufen also nicht in den nächstbesten Laden und schließen dort irgendeinen Vertrag ab. Sondern sie orientieren sich an Empfehlungen.
Konkret heißt das: Man fragt die Eltern, wie und wo sie ihr Haus finanziert haben. Man geht zu dem gleichen Finanzberater bei der gleichen Bank, bei der schon der Vater oder gar der Großvater seine Geldanlagen geregelt hat. Fragen Sie sich bitte selbst: Treten Sie finanziell auch in die Fußstapfen Ihrer Vorfahren? Befolgen Sie vielleicht auch den Rat, den Ihnen die Eltern gegeben haben, wie Ihr Haus zu finanzieren sei oder dass das Sparbuch immer noch die sicherste Geldanlage sei? Wenn die Familie in Gelddingen eine nicht so tragende Rolle bei Ihnen spielt, dann denken Sie doch mal darüber nach, ob und, wenn ja, wen aus Ihrem privaten Umfeld Sie um Rat gefragt haben. Vielleicht hat Ihnen ein Freund schon mal einen Tipp für eine Geldanlage gegeben? Und wie sind Sie eigentlich an Ihren Versicherungsvertreter gekommen, war das vielleicht die Empfehlung eines Kollegen?
Nach einer Studie von Bitkom Research2 halten 94 Prozent der über 16-Jährigen Familie und Freunde für vertrauenswürdig, wenn es um finanzielle Ratschläge geht.
Wir haben es als junge Erwachsene übrigens auch so gemacht. Unter den jungen Kollegen wurde damals heiß über einen großen Strukturvertrieb diskutiert, der schon an den Unis mit Bewerbungstrainings warb. Auch wir ließen uns dann dort auf Empfehlung von Kommilitonen in Gelddingen beraten. Mit beinahe katastrophalen Folgen für uns und hohen Provisionseinnahmen für den Vermittler. Wir haben die Fallstricke dank unserer hartnäckigen Fragen rechtzeitig bemerkt, und damit war unsere Geschäftsidee geboren: Wir wollten Menschen gut und seriös beraten, ohne mehr oder weniger gute Produkte zu verkaufen. Auch bei Geldfragen sollte es möglich sein, allein für die Beratung zu bezahlen, und nicht für den Abschluss eines Geldgeschäfts. Lange bevor Honorarberatung in aller Munde war, haben wir damit begonnen – das war 1999.
Die bereits zitierte Studie von Bitkom Research zeigt auch, dass die Deutschen Online-Vergleichs- und Verbraucherportalen, Blogs und Podcasts vertrauen – die Werte liegen hier zwischen 47 und 59 Prozent, höher als der Wert für klassische Medien (44 Prozent). Wenn Sie zu den Menschen gehören, die sich bislang online »beraten lassen« haben, dann finden wir das nicht schlecht. Wenn Sie hier kritisch bleiben und nicht nur ein Portal oder nur einen Blog lesen, dann stehen die Chancen gut, dass Sie vieles richtig machen. Allerdings ist vieles, was Sie online finden, nicht auf den Gesamtüberblick ausgerichtet, sondern auf spezifische Fragen. Behalten Sie dies im Hinterkopf.
34 Prozent der Menschen vertrauen laut der oben erwähnten Bitkom-Studie nach wie vor dem Bankberater. Ist das bei Ihnen auch so? Dann können wir Sie zwar verstehen, fragen Sie aber auch: Warum kommen Sie eigentlich zu uns – beziehungsweise warum lesen Sie dieses Buch? Warum gehen Sie nicht einfach weiter zu Ihrem Bankberater? Wahrscheinlich haben Sie eine ganze Reihe sehr guter Gründe dafür, die Sache mit dem Bankberater kritisch zu hinterfragen.
Ein Grund ist sicherlich die Lieblosigkeit der Bankinstitute, mit der sie bei Umstrukturierungen ihre Kunden verprellen. Wir haben immer wieder ältere Mandanten, die ihrer Bank seit teilweise über 50 Jahren die Treue halten. Aber oft müssen sie sich binnen Jahresfrist an zwei neue Berater gewöhnen oder es werden Filialen geschlossen, weil irgendwelche Manager sich am grünen Tisch heute dieses, morgen jenes Kompetenzzentrum ausdenken und entsprechend die Berater mal hierhin, mal dorthin gruppieren. Die Folge für die Kunden: Ihr langjähriger Berater verschwindet, sie sitzen plötzlich einer Person gegenüber, die sie überhaupt nicht kennt und der sie alles neu erklären müssen. Und glauben Sie uns, die daraus folgende Irritation ist keineswegs ein Problem, das »nur« ältere Menschen empfinden. Einer unserer Mandanten ist Mitte dreißig und Existenzgründer. Er war eigentlich ziemlich zufrieden mit seiner Bank. »Meine Beraterin hat richtig mitgefiebert, als ich mich selbstständig machte«, erzählte er. Und dann war diese Beraterin von einem Tag auf den anderen verschwunden. Unser Mandant saß nun einer Person gegenüber, die keinen Eindruck von seiner Persönlichkeit hatte, deren Kenntnisse über ihn sich auf ein paar Kennziffern im Computer beschränkten. Sie signalisierte meinem Mandanten: »Du bist ein Konstrukt aus Kennziffern, das bei uns leider in die Schublade ›Risiko – Finger weg« einsortiert wird.« Solche Erfahrungen zerstören das Vertrauen, das viele Kunden früher zu Recht in ihren Bankberater hatten. Die Berater selbst können wenig dafür. Es ist eine Frage des Managements.
Betrachten Sie also, wenn Sie Ihre Finanz-Säule analysieren, im Einzelnen die Menschen oder die Informationsquellen, von denen Sie etwas über Geld gelernt haben. Sind es Menschen, die Sie über lange Jahre kennen? Oder heute dieser, morgen jener Berater? Sind es überhaupt professionelle Berater gewesen oder haben Sie auf Freunde, Eltern, Geschwister gehört? Geben Sie etwas auf einen Online-Guru aus der Finanzblogger-Szene? Nutzen Sie Vergleichsportale, die vielleicht letztlich auch ein Makler sind, weil Sie dort Abschlüsse tätigen können? Vielleicht haben Sie sich auch schon mal von einem Börsenfieber-Schub im Freundeskreis anstecken lassen und mitgezockt, weil die anderen Sie mitgerissen haben. Stellen Sie sich bitte all diese Fragen. Schauen Sie zurück. Machen Sie sich Ihren Weg bewusst, identifizieren Sie Ihre Informationsquellen!
Wenn Sie professionellen Rat angenommen haben, egal, ob von einem Bankberater oder von einem Versicherungsfachmann, dann hat dieser Mensch in irgendeiner Weise an dem Geschäft mit Ihnen verdient. Das ist grundsätzlich völlig in Ordnung, denn er hat für Sie gearbeitet. Grenzen findet unser Verständnis dort, wo das Verdienen aufhört und die Bereicherung beginnt. Leider blicken wir dabei nicht auf irgendwelche unseriösen Kredithaie oder Immobilienbetrüger aus der Kleinanzeigenseite der Zeitung, sondern auf die großen, renommierten Institute und Unternehmen unserer Finanzbranche.
Der Druck, Umsätze zu generieren, hat sich im Bank- und Versicherungsgewerbe in den letzten 15 Jahren ungeheuer verschärft. Berater müssen ihre Umsatzziele erreichen. Der Zwang, Provisionen und Gebühren einzufahren, ist gigantisch. Es gibt teilweise genaue Vorgaben, welches Produkt wie oft in welchem Zeitraum verkauft werden soll. Andersherum winken den Beratern satte Bonuszahlungen, wenn sie den erwarteten Umsatz bringen. Da erscheint es fast als übermenschliche Leistung, die Bedürfnisse des Kunden den eigenen Umsatzzielen noch voranzustellen.
WISSEN TO GO: Wovon lebt ein Finanzberater?
Ob Bankberater, Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler: Grundsätzlich gibt es für einen Finanzvermittler zwei Möglichkeiten, um Geld zu verdienen: Entweder lässt er sich für seine Beratung bezahlen oder er bekommt eine Provision, wenn er ein Produkt verkauft. In der Praxis mischen sich diese beiden Formen zu einer großen Formenvielfalt. In der Regel verdient der Finanzberater jedoch, sobald er einen Abschluss tätigt.
Bankberater sind heutzutage meistens noch fest angestellt. Sie bekommen also ein Festgehalt. Nicht selten allerdings gesellt sich zu dem festen Grundgehalt noch ein variabler Gehaltsanteil: Der Berater bekommt umso mehr Geld, je mehr Produkte er seinen Kunden verkauft. Er verdient also an seinen eigenen Abschlüssen mit. Sein Arbeitgeber, die Bank, stellt dem Kunden seine Beratung nicht direkt in Rechnung.
Versicherungsvertreter arbeiten in der Regel selbstständig, sind aber an eine Versicherungsgesellschaft gebunden und verkaufen nur deren Produkte. Auch sie stellen für die Beratung keine Rechnung, sondern leben ausschließlich von der Provision aus dem Verkauf einer Versicherung. Die Versicherungsgesellschaften zahlen ihnen zuweilen die Provision als Vorschuss, sodass es zunächst so aussieht, als hätte der Vertreter ein Festgehalt. Es muss aber innerhalb einer bestimmten Frist zurückgezahlt bzw. mit den Provisionen verrechnet werden. Ergänzend gibt es noch immer Eventreisen oder andere Benefits, um die Vertreter zu mehr Umsatz zu motivieren. Viele Vertreter profitieren außerdem von den Bestandspflegeprovisionen der Gesellschaften. Das ist das Honorar für die Betreuung der Kunden (Rückfragen, Schadensfälle etc.) während der Vertragslaufzeiten. Je mehr Kunden ein Vertreter hat, desto komfortabler ist seine Bestandspflegeprovision. Neulinge müssen sich einen lukrativen Kundenstamm erst aufbauen.
Finanz- oder Versicherungsmakler verkaufen die Produkte verschiedener Institute oder Versicherungen. Sie analysieren den Markt, um ihren Kunden das beste Produkt zu vermitteln. Allerdings stellen auch sie dem Kunden nicht die Beratung in Rechnung, sondern sie verdienen erst dann, wenn sie ihm eine Geldanlage oder eine Versicherung verkauft haben. Damit ist auch hier ein Abschluss Grundvoraussetzung für das Einkommen. Die Unternehmen, deren Produkte der Makler verkauft – Fondsgesellschaften zum Beispiel, oder eben Versicherungen –, zahlen ihnen Provisionen für die Vermittlung. Makler bekommen ebenfalls Bestandspflegeprovisionen von Versicherungen oder Fondsgesellschaften dafür, dass sie die Kunden über den Vertragsabschluss hinaus bei Fragen oder Problemen betreuen.
Finanzberater auf Honorarbasis: Einige – in Deutschland wenige – Finanzberater nehmen für ihre Beratung ein Honorar. Entweder es richtet sich prozentual nach der Vermögenshöhe oder nach einem Stundensatz. Die Kunden sehen hier sofort, was ihr Berater verdient.
Was bedeutet dieser Druck Ihres Beraters, einen Abschluss tätigen zu müssen, für Sie als Kunden? Nun, es kann sein, dass Ihr Berater Sie anruft und Ihnen vorschlägt, ein Zertifikat aus Ihrem Aktiendepot zu verkaufen, weil er in dieser Woche noch Umsatz braucht. Dabei wäre es eigentlich viel sinnvoller, das Papier noch zu behalten und erst später abzustoßen. Es kann auch sein, dass er Ihnen keinen kostengünstigen ETF (Indexfonds) verkauft, sondern den hauseigenen gemanagten Fonds, der dem Bankhaus eine bessere Provision verspricht.
Vielleicht sehen Sie Ihre Geldanlagen jetzt in einem neuen Licht? Wie weit haben Sie Ihrem Berater vertraut? Haben Sie einfach gemacht, was er vorgeschlagen hat, oder haben Sie seine Ideen andernorts gegengecheckt? Sind Sie sicher, dass Sie Ihrem Berater zu Recht vertraut haben? Nicht dass Sie uns missverstehen: Es gibt viele seriöse und zuverlässige Berater bei Banken, die gewissenhaft für Sie recherchieren und Ihnen Produkte anbieten, von denen sie ehrlich überzeugt sind. Es kann durchaus sein, dass Ihr Berater so einer ist. Aber Sie sollten sich darüber Klarheit verschaffen, dass sich ein Bankberater immer im Spannungsfeld zwischen Information und Provision bewegt.
Das Gleiche gilt übrigens für Finanzmakler oder Versicherungsvertreter. Gehen Sie davon aus: Wenn Sie für die Beratung nichts zahlen, lebt Ihr Berater vom Verkauf. Außerhalb der Banken weht der Wind sogar noch rauer, denn hier haben Sie es mit Selbstständigen zu tun, die in der Regel gar kein Festgehalt haben, sondern ausschließlich auf Provisionen angewiesen sind. Fragen Sie sich also: Wie viel Objektivität können Sie von so einer Beratung erwarten? Mandanten berichten uns, dass gerade Versicherungsvertreter zuweilen einen fast unerträglichen Druck auf sie ausüben. Da wird immer wieder angerufen, nachgehakt und gedrängt, bis die Mandanten nachgeben. Aber das dicke Ende ist leider oft, dass der Kunde nach Vertragsabschluss herausfindet: Sein Produkt hat nicht das günstigste Preis-Leistungs-Verhältnis am Markt oder es passt gar nicht zu seinen sonstigen Anlagen. Dafür hat der Berater aber vermutlich ein hübsches Sümmchen Provision eingefahren.