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Claudia Hofmann
Flora Koller
Martina Kreuter

Ernährung, Kranken- und Diätkost für Pflegeberufe

nach dem Curriculum für die
Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflege
sowie für Assistenzberufe

Claudia Hofmann, MSc

Diätologin und Ernährungswissenschaftlerin in einem Rehabilitationszentrum in Wien sowie freiberufliche Tätigkeiten als Autorin, Lehrende und Beraterin.

Schwerpunkte: Ernährung bei neulogischen Schluckstörungen, klinische Ernährung und Stoffwechselerkrankungen.

Mag.a Flora Koller

Diätologin in einem Krankenhaus in Wien und freiberuflich schreibend, lehrend und beratend tätig.

Schwerpunkte: Ernährung bei Tumorerkrankungen, bei Schluckstörungen und bei gastroenterologischen Erkrankungen sowie betriebliche Beratung bei ernährungsspezifischen Fragestellungen

Martina Kreuter

Diätologin in einem Krankenhaus in Wien sowie im Bereich Zusatznahrungen, Vortragstätigkeiten bei Fortbildungen von Pflegediensten, freiberufliche Autorin und ernährungsmedizinische Beraterin.

Schwerpunkte: Mangelernährung, klinische Ernährung und Gastroenterologie.

Trotz großer Bemühungen ist es nicht gelungen, alle Rechteinhaber der in diesem Buch dargestellten Abbildungen zu eruieren. Sollten Ansprüche gestellt werden, bitten wir Sie, diese dem Verlag mitzuteilen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
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Copyright © 2015 Facultas Verlags- und Buchhandels AG

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.

Satz: Florian Spielauer, Wien

Lektorat: Sabine Schlüter, Wien

Druck: finidr

Printed in the E.U.

ISBN 978-3-7089-1324-7 print

ISBN 978-3-99111-199-3 epub

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

I ERNÄHRUNGSLEHRE

1 Einführung

2 Qualitative Aspekte der Ernährung

2.1 Organische Bestandteile der Nahrung

2.1.1 Kohlenhydrate

2.1.2 Lipide/Fette

2.1.3 Proteine (Eiweiß)

2.1.4 Vitamine

2.1.5 Alkohol

2.2 Anorganische Bestandteile der Nahrung

2.2.1 Mineralstoffe

2.2.2 Wasser

3 Quantitative Aspekte der Ernährung

3.1 Energie/Energiebilanz

3.1.1 Energiezufuhr

3.2 Nährstoffbedarf

3.3 Ernährungszustand

3.4 Mangelernährung

4 Lebensmittelkunde

II KRANKEN- UND DIÄTKOST

5 Grundlagen gesunder Ernährung

6 Einführung in die Diätkost

6.1 Allgemeines

6.2 Vollkost

6.3 Leichte Vollkost (LVK)

7 Kost für Menschen mit besonderen Bedürfnissen

7.1 Kost für alte Menschen

7.2 Ernährung bei Demenz

7.3 Ernährung bei Wundheilungsstörungen und Dekubitus

7.4 Ernährung bei Kau- und Schluckbeschwerden

7.5 Ernährung bei Osteoporose

7.6 Ernährung bei Krebserkrankungen

8 Kost bei Stoffwechselerkrankungen

8.1 Energiereduzierte Mischkost

8.2 Ernährung bei Hyperlipidämie (fettmodifizierte Kost)

8.3 Ernährung bei Hyperurikämie und Gicht

8.4 Ernährung bei arterieller Hypertonie

8.5 Ernährung bei Diabetes mellitus

8.6 Ernährung bei Nierenerkrankungen

8.7 Ernährung bei Leber- und Gallenerkrankungen

9 Kost bei gastroenterologischen Erkrankungen

9.1 Kostaufbau bei gastroenterologischen Erkrankungen

9.2 Kost bei Diarrhoe

9.3 Kost bei Obstipation

9.4 Kost bei Ileo- und Colostoma

9.5 Kost bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten

9.5.1 Laktoseintoleranz

9.5.2 Fruktosemalabsorption

9.5.3 Histaminintoleranz

9.5.4 Nahrungsmittelallergien

9.6 Glutenfreie Kost

10 Künstliche Ernährung

10.1 Orale Nahrungssupplemente (ONS) – Trinknahrung und Nahrungsmodule

10.2 Enterale Ernährung

10.3 Parenterale Ernährung

III ANHANG

11 Allgemeine Ernährungsinformationen

11.1 Gesunde Ernährung

11.2 Isotone Getränke/Elektrolytgetränke

11.3 Rezepte für Kost bei Diarrhoe

11.4 Eiweißportionen

12 Screening-Bögen

12.1 AKE-Screening für Mangelernährungsrisiko

12.2 AKE-Screening für geriatrische Langzeitbetreuung

12.3 Subjective Global Assessment (SGA) – Einschätzung des Ernährungszustandes

12.4 Nutritional Risk Screening (NRS 2002)

12.5 Short Nutritional Assessment Questionnaire (SNAQ)

13 Ernährungs- und Trinkprotokoll

14 Trinkpass

15 Tabelle zur Abschätzung der Körpergröße aus der gemessenen Ulnalänge

IV QUELLENANGABEN

DER VERDAUUNGSTRAKT

VORWORT

Liebe Studierende, lieber Studierender,

Essen ist ein ganz wichtiger Teil unseres Lebens. Zum einen müssen wir Nahrung und Flüssigkeit aufnehmen, um unseren Körper mit Energie zu versorgen und um zu überleben, zum anderen ist Essen mehr als das: Wir essen, weil es etwas Schönes, Lustvolles und Soziales ist.

Eine falsche Ernährung kann in unserem Körper viel Schaden anrichten. Man denke nur an die vielen Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus, erhöhte Blutfettwerte oder Gicht. Auch Unverträglichkeiten und Allergien machen vielen Betroffenen das Leben und Essen schwerer. Bei manchen Erkrankungen spielt Ernährung vordergründig keine so augenscheinliche Rolle – und ist dennoch sehr wichtig. Viele Menschen sind krankheits- oder medikamentenbedingt appetitlos und verlieren an Gewicht. Das schwächt den Körper, baut lebensnotwendige Eiweißstoffe ab und erschwert das Gesundwerden. Mangelernährung ist daher auch in der westlichen Welt ein großes Thema und betrifft vor allem ältere Menschen sowie Menschen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.

Für einige Patientinnen und Patienten ist das „normale“ Essen nicht mehr ausreichend. Im Rahmen der klinischen Ernährung gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wirksame Maßnahmen dagegen zu setzen, angefangen von Trinknahrung über Module zur Nahrungsanreicherung bis hin zur enteralen und parenteralen Ernährung. Die Durchführung von Sondenernährung gehört dabei auch zu Ihren Aufgaben.

Liebe Leserin, lieber Leser, die Betreuung pflegebedürftiger Menschen ist eine große Verantwortung und immerwährende Herausforderung. Die Erkennung und Bewusstmachung von Patientenbedürfnissen ist ein ganz wesentlicher Teil Ihres Berufes. Durch Ihre Nähe zu den Patientinnen und Patienten nehmen Sie auch eine wichtige Rolle in ihrer Ernährung ein. Seien Sie sich dieser Schlüsselrolle bewusst! Schon im Gesetzestext sind die Krankenbeobachtung und die Durchführung von Ernährung als pflegerische Maßnahmen verankert.

Schauen Sie über den Tellerrand Ihrer Patientinnen und Patienten und denken Sie daran, dass die Nahrung unsere erste Medizin sein sollte.

Wien, im April 2015

Claudia Hofmann
Flora Koller
Martina Kreuter

I ERNÄHRUNGSLEHRE

1 Einführung

Richtige Ernährung ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Vorbeugung von Krankheiten. In der Pflege spielt die Ernährung durch die Nähe zu Patientinnen und Patienten, durch das Erkennen und Bewusstmachen von Bedürfnissen eine sehr wichtige Rolle.

Bedeutung der Ernährung im menschlichen Organismus

Die Ernährung des Menschen besteht im Wesentlichen aus sieben Grundkomponenten: aus Kohlenhydraten, Fetten, Proteinen, Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Wasser. Sie erfüllen verschiedene Aufgaben.

Proteine = Eiweiß

Die Makronährstoffe – Kohlenhydrate, Fett und Proteine – liefern dem Körper Energie und werden in großen Mengen aufgenommen.

Die Mikronährstoffe – Vitamine und Mineralstoffe – hingegen liefern dem Körper keine Energie und werden in kleinen Mengen zugeführt.

Nahrung, in fester und flüssiger Form, wird für folgende Abläufe benötigt:

zum Aufbau und zur Regeneration des Körpers;

zur Aufrechterhaltung der Lebensvorgänge;

für körperliche und geistige Leistungen.

Abb. 1: Nährstoffe

Quelle: Biesalski, Hans Konrad/Grimm, Peter (2004): Taschenatlas der Ernährung. Stuttgart, Georg Thieme, 3. Aufl.

Im Gegensatz zu Nahrungsmitteln werden Genussmittel in erster Linie nicht zur Sättigung oder wegen ihres Nährwertes konsumiert. Der Verzehr erfolgt vorwiegend aufgrund ihrer anregenden Wirkung und ihres Geschmacks. Zu ihnen gehören Kaffee, Tee, Kakao, alkoholhaltige Getränke, aber auch Tabakwaren, Zucker und Gewürze.

Auch die Zusammensetzung des Körpers ist von Bedeutung. Der menschliche Körper besteht aus mehreren definierten Komponenten, wobei bei einem erwachsenen Menschen 60‒70 % auf Wasser und 16 % und mehr auf Fett entfallen. Im Laufe des Lebens ändert sich die Zusammensetzung des Körpers zugunsten der Fettmasse. So nehmen mit zunehmendem Alter der Gesamtwassergehalt und die Muskelmasse ab, die Fettmasse nimmt jedoch zu. Ebenso ändert sich auch der Energiebedarf mit steigendem Alter.

Diese Fragen sollten Sie nach diesem Kapitel beantworten können:

Aus welchen Grundkomponenten besteht die Ernährung des Menschen im Wesentlichen?

Was ist der Unterschied zwischen Makro- und Mikronährstoffen?

Warum muss der Mensch Nahrung zuführen?

Was ist der Unterschied zwischen Nahrungs- und Genussmitteln?

Wie sieht die ungefähre Zusammensetzung des menschlichen Körpers aus?

2 Qualitative Aspekte der Ernährung

Es gibt verschiedene Nährstoffe, die sich einerseits in energieliefernde und nicht energieliefernde und andererseits in organische und anorganische Nährstoffe einteilen lassen:

Energieliefernde Nährstoffe (Makronährstoffe)

Nicht energieliefernde Nährstoffe (Mikronährstoffe)

Kohlenhydrate

Fette

Eiweiß

Vitamine

Mineralstoffe

Organische Nährstoffe

Anorganische Nährstoffe

Energieliefernde Nährstoffe (Kohlenhydrate, Fette, Eiweiß)

Vitamine

Mineralstoffe

Wasser

2.1 Organische Bestandteile der Nahrung

Organische Nährstoffe werden von Pflanzen aus anorganischen Elementen des Bodens aufgebaut. Um Kohlenhydrate aufzubauen, braucht die Pflanze Kohlendioxid (CO2), Wasser (H2O), Sonnenenergie und Blattgrün. Eiweiß wird von der Pflanze durch Kohlenhydrate und Stickstoff gebildet und Fett durch die Umformung der Kohlenhydrate.

anorganisch = Stoffe, die keinen Kohlenstoff enthalten

2.1.1 Kohlenhydrate

Es gibt viele verschiedene Kohlenhydrate, die alle unterschiedliche chemische Strukturen und Eigenschaften aufweisen und in verschiedensten Speisen vorkommen. Kohlenhydrathaltige Lebensmittel sind wichtige Energieträger, mehr als 50 % der täglich aufgenommenen Energie sollte aus Kohlenhydraten bestehen.

Einteilung der Kohlenhydrate – Struktur und Eigenschaften

Es gibt im Wesentlichen drei verschiedene Kohlenhydratarten:

Monosaccharide = Einfachzucker (bestehen aus einem Zuckermolekül)

Disaccharide = Zweifachzucker (bestehen aus zwei Zuckermolekülen)

Polysaccharide = Mehrfachzucker (bestehen aus mind. zehn Zuckermolekülen)

Oligosaccharide sind ebenfalls Mehrfachzucker, die zwischen drei und zehn Zuckermoleküle besitzen.

Monosaccharide: Es gibt drei wichtige Monosaccharide, die sich durch ihre Eigenschaften, Vorkommen, und Süßkraft unterscheiden:

Glukose (= Traubenzucker = Dextrose):

Vorkommen: Obst, Honig, Blut, Disaccharide, Polysaccharide;

Eigenschaften: Gehirn, Nierenmark und Erythrozyten decken ihren Bedarf ausschließlich über Glukose;

Erythrozyten = rote Blutkörperchen

Süßkraft: 70 % süß;

überschüssige Glukose wird als Glykogen gespeichert.

Glykogen = tierische Stärke (Polysaccharid), wird als Zuckerreserve in Leber- und Muskelgewebe gespeichert

Fruktose (= Fruchtzucker):

Vorkommen: Obst, Honig, Gemüse, Bestandteil von Saccharose;

höchste Süßkraft: 170 % süß.

Galaktose (= Schleimzucker):

Vorkommen: Bestandteil des Milchzuckers;

Süßkraft: 30 % süß.

Die Gemeinsamkeit dieser drei Monosaccharide ist, dass sie süß schmecken und schnell ins Blut übergehen, weil sie nicht gespalten werden müssen.

Disaccharide: Es gibt ebenfalls drei wichtige Disaccharide, die sich jeweils aus zwei Monosacchariden zusammensetzen:

Saccharose (= Rohr- oder Rübenzucker):

1 Molekül Glukose + 1 Molekül Fruktose;

Vorkommen: Obst, Gemüse, Haushaltszucker;

Eigenschaft: liefert keine essenziellen Stoffe;

essenziell = unentbehrlich

hat nach Fruktose die höchste Süßkraft: 100 % süß.

Maltose (= Malzzucker):

1 Molekül Glukose + 1 Molekül Glukose;

Vorkommen: Bier, Malzbonbons, Malzkaffee, Malzkakao;

Eigenschaft: kommt in der Natur nicht in reiner Form vor, sondern als Zwischenprodukt beim Abbau von Stärke;

Süßkraft: 30 % süß.

Laktose (= Milchzucker):

1 Molekül Glukose + 1 Molekül Galaktose;

Vorkommen: Milch, Milchprodukte;

Eigenschaft: sorgt für eine gesunde Darmflora, wirkt in größeren Mengen abführend;

geringe Süßkraft: 15 % süß.

Die Gemeinsamkeiten der Disaccharide sind, dass sie keinen extrem süßen Geschmack haben und nicht direkt verdaubar sind, weil sie zuerst in Monosaccharide gespalten werden müssen und dann abgebaut werden können.

Polysaccharide: Die zwei bekanntesten Polysaccharide sind die in Pflanzen vorkommende Stärke und das tierische Glykogen.

Stärke:

Besteht aus Amylose und Amylopektin;

Vorkommen: Kartoffeln, Getreide, Hülsenfrüchte;

Eigenschaft: in kaltem Wasser unlöslich.

Dextrine:

Vorkommen: Abbauprodukt der Stärke – Brotrinde, Toast, Zwieback;

Eigenschaft: entstehen durch trockenes Erhitzen von Stärke, sind wasserlöslich, schmecken leicht süß und sind leichter verdaulich als Stärke.

Glykogen:

Vorkommen: in Leber und Muskulatur von Mensch und Tier;

Eigenschaft: Glykogen wird bei Bedarf zu Glukose abgebaut, die dem Organismus als Energiequelle dient, und ist nicht wasserlöslich.

Diese Zucker schmecken ebenfalls nicht süß und müssen in Monosaccharide umgewandelt und abgebaut werden, bevor sie resorbiert werden können. Da sie kompliziert aufgebaut sind, dauert dieser Vorgang länger als bei den Disacchariden.

resorbieren = in den Körper aufnehmen

Aufgaben und Eigenschaften der Kohlenhydrate

Kohlenhydrate haben im Körper folgende Aufgaben:

Sie sind wichtige Energielieferanten und haben die gleiche Bedeutung für den Körper wie der Treibstoff für das Auto;

Glukose wird zur Deckung des Energiebedarfes von Gehirn- und Nervenzellen verwendet – allein das Gehirn benötigt ca. 140 g Glukose pro Tag.

Verdauung und Resorption

Da Kohlenhydrate nur als Monosaccharide resorbiert werden können, müssen Di- und Polysaccharide beim Verdauungsprozess in diese kleinsten Bausteine gespalten werden. Dies erfolgt durch Enzyme des Pankreas, der Speicheldrüsen in der Mundhöhle und durch Enzyme des Dünndarms.

Enzym = ein biochemischer Katalysator, der hilft, ein Substrat zu spalten oder anderweitig zu verändern

Pankreas = Bauchspeicheldrüse

Nach der enzymatischen Aufspaltung werden die Monosaccharide aus dem Darm ins Blut resorbiert. Wie lange die Aufspaltung dauert, hängt von der Zusammensetzung des Nahrungsmittels ab. Zuckerhaltige Speisen und Getränke schießen ins Blut, wohingegen Vollkornprodukte langsam ins Blut sickern.

Stoffwechsel der Kohlenhydrate

Nach der Resorption gelangen die Kohlenhydrate zur Leber, wo Fruktose und Galaktose in Glukose umgewandelt werden. Ein Teil der Glukose gelangt dann ins periphere Blut, woraufhin vom Pankreas Insulin ausgeschüttet wird. Weiters wird Glukose in der Leber und in der Muskulatur aufgenommen und der Umbau in Speicherformen wird gefördert:

In der Leber: Glukose wird bei vorhandener Speicherkapazität zu Glykogen. Anschließend kann dieses bei Bedarf wieder zu Glukose umgebaut werden und so als Energie zur Verfügung stehen.

Als Fettdepot: Alle Kohlenhydrate, die über den Energiebedarf hinaus aufgenommen werden, werden in Fett umgewandelt und als Fett gespeichert, da der Fettspeicher praktisch unbegrenzt ist.

Vorkommen und Bedarf

Zu den pflanzlichen Kohlenhydratlieferanten zählen Getreide, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Zucker und Obst. Tierische Kohlenhydratlieferanten sind Milch und flüssige Milchprodukte wie Joghurt oder Buttermilch.

Günstige Kohlenhydratlieferanten werden langsam verdaut und resorbiert, sättigen gut, enthalten viele Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe und sind vor allem enthalten in Vollkornprodukten, Naturreis, Hülsenfrüchten, Obst, Kartoffeln und Gemüse.

Ungünstige Kohlenhydratlieferanten werden schnell verdaut, sättigen nur kurz und haben eine geringe Nährstoffdichte. Sie sind enthalten in Traubenzucker, Saccharose, Honig, Süßigkeiten, Süßspeisen, süßen Getränken, Produkten aus weißem Mehl und geschältem Reis.

Der tägliche Kohlenhydratbedarf liegt bei 55‒60 % des täglichen Energiebedarfs. Dieser Bedarf kann durch viele verschiedene Lebensmittel und Speisen gedeckt werden.

Beispiel für die Bedarfsdeckung von Kohlenhydraten

Energiebedarf: 2000 kcal

55 % Kohlenhydrate des täglichen Energiebedarfs

1 g Kohlenhydrate = 4 kcal

Kohlenhydratanteil: 2000 kcal x 0,55/4 kcal = 275 g Kohlenhydrate pro Tag

Beispiel für die Lebensmittelauswahl

Frühstück:

 

40 g Müsli

26,8 g

150 g Apfel

17,1 g

150 g Naturjoghurt

6,0 g

Mittagessen:

 

120 g Schweinefilet

0 g

150 g Reis

36,0 g

80 g Bohnensalat

14,2 g

Zwischenmahlzeit:

 

30 g Kekse

18,0 g

80 g Banane

17,1 g

Abendessen:

 

150 g Vollkornbrot

61,5 g

20 g Frischkäseaufstrich

0,5 g

30 g Emmentaler

0 g

150 g Pudding

22,5 g

Getränke:

 

500 ml Orangensaft

60,0 g

Gesamt:

279,7 g Kohlenhydrate

Ballaststoffe

Ballaststoffe sind unverdauliche Pflanzeninhaltsstoffe, die der Darm unverändert wieder mit dem Stuhl ausscheidet. Ballaststoffe werden zu den Polysacchariden gezählt.

Ballaststoffe sind wichtig:

für die Vorbeugung von Verstopfung und Divertikulose, weil sie Wasser binden, das Stuhlgewicht steigern und somit für eine gute Darmmotilität sorgen;

Divertikulose = Veränderung des Dickdarms in Form von kleinen Ausstülpungen der Darmwand

Darmmotilität = Bewegungsfähigkeit des Darmes

für eine vermehrte Ausscheidung von Cholesterin, weshalb sie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen einen schützenden Effekt haben;

zur Vorbeugung von Dickdarmkrebs, weil sie die Zeit der Darmpassage verkürzen, wodurch weniger Karzinogene gebildet werden und diese Karzinogene durch das hohe Bindungsvermögen der Ballaststoffe auch vermehrt ausgeschieden werden;

Karzinogene = Substanzen (ein Organismus oder eine Strahlung), die Krebs erzeugen oder die Krebsentstehung fördern können

bei Adipositas und Diabetes mellitus aufgrund des hohen Sättigungswertes (sie sättigen früher und länger) und des gleichmäßigen Blutzuckeranstiegs.

Ballaststofferreiche Lebensmittelgruppen sind Getreide, Obst, Nüsse, Gemüse und Hülsenfrüchte. Unterschieden wird zwischen wasserlöslichen und wasserunlöslichen Ballaststoffen.

Lösliche Ballaststoffe sind vor allem Pektin oder Inulin. Diese werden von der Darmflora fast komplett abgebaut. Das bedeutet, dass die Darmbakterien die Ballaststoffe als Nahrung verwenden, sich dadurch gut vermehren können und somit das Stuhlvolumen erhöhen. Sie kommen vor allem in Obst und Gemüse vor.

Unlösliche Ballaststoffe bestehen überwiegend aus Zellulose und Hemizellulose und enthalten viel Lignin. Sie werden bakteriell nur wenig abgebaut, haben jedoch ein sehr hohes Wasserbindungsvermögen. Dadurch wird das Stuhlvolumen erhöht, wodurch die Peristaltik angeregt und die Transitzeit im Darm verkürzt wird. Sie kommen vor allem in Getreide und Hülsenfrüchten vor.

Zellulose = Hauptbestandteil von pflanzlichen Zellwänden

Hemizellulose = Sammelbegriff für in pflanzlicher Biomasse vorkommende Gemische von Polysacchariden

Lignin = organischer Stoff, der in die pflanzliche Zellwand eingelagert wird

Peristaltik = Muskeltätigkeit verschiedener Hohlorgane wie z. B. des Darms

Die Zufuhr an Ballaststoffen sollte pro Tag ca. 30 g betragen.

Um diesen Bedarf zu decken, könnte die Lebensmittelauswahl für einen Tag wie folgt aussehen:

Beispiel für die Lebensmittelauswahl

Frühstück:

 

50 g Früchtemüsli ohne Zucker

3,9 g

150 g Apfel

3,0 g

150 g Naturjoghurt

0 g

Mittagessen:

120 g Schweinefilet

0 g

210 g Kartoffeln

3,6 g

150 g Mischgemüse

3,8 g

120 g gemischter Salat mit Bohnen

3,0 g

Zwischenmahlzeit:

80 g Banane

1,4 g

Abendessen:

2 Scheiben Vollkornbrot (140 g)

11,8 g

20 g Frischkäseaufstrich

0 g

30 g Emmentaler

0 g

Getränke:

500 ml Orangensaft

0 g

Gesamt:

30,5 g Ballaststoffe

Zuckeralkohole

Zuckeralkohole gehören chemisch gesehen nicht zu den Kohlenhydraten, allerdings werden sie durch die Anlagerung von Wasser aus Zuckern hergestellt. Es handelt sich hierbei um mehrwertige Alkohole. Da Zuckeralkohole verzögert oder nur teilweise resorbiert werden, kann der Körper sie nicht vollständig zur Energiegewinnung heranziehen. Die physiologischen Brennwerte liegen bei ca. 2,4 kcal pro Gramm.

Eigenschaften:

Das Geschmacksbild der Zuckeralkohole ähnelt dem der Saccharose, ist jedoch nicht gleich. Alkohole schmecken süß, erreichen jedoch selten die relative Süße von Saccharose,

sie sind nicht kariogen und zeigen eine abführende Wirkung bei einem Konsum von mehr als 20‒30 g pro Tag,

kariogen = Karies verursachend

einige Zuckeralkohole werden als Zuckeraustauschstoffe in diätetischen Lebensmitteln eingesetzt, weil sie den Blutzuckerspiegel nicht erhöhen und kein Insulin benötigen, um abgebaut zu werden.

Beispiele für Zuckeralkohole:

Sorbit

Isomalt

Lactit

Maltit

Mannit

Xylit

Unterschiede zwischen Zuckeralkoholen und Saccharose bestehen weiterhin in der Löslichkeit, im pH-Wert, in der Temperaturstabilität, im Schmelzpunkt und im Siedepunkt. Diese Faktoren sind entscheidend für ihren technischen Einsatz in Lebensmitteln.

Verwendung: Zuckeralkohole finden vor allem Verwendung in der Lebensmittelindustrie, wo sie als Süßungsmittel für Zahnpasta, Bonbons oder Kaugummis eingesetzt werden. Aber auch in der Kosmetikindustrie, als Feuchthaltemittel für Tabak, als Baustoffzusätze und in der chemischen Industrie werden sie verwendet.

Süßstoffe

Süßstoffe sind synthetisch hergestellte Substanzen mit intensivem Süßgeschmack. Sie haben die 30- bis 10.000-fache Süßkraft von Saccharose. Sie werden entweder Lebensmitteln als Süßungsmittel zugesetzt oder als Ersatz für Haushaltszucker in Tablettenform bzw. als konzentrierte Lösung angeboten.

synthetisch = künstlich

In der Europäischen Union (EU) sind unter anderem folgende synthetische Süßstoffe zugelassen:

Acesulfam K

Aspartam

Cyclamat

Saccharin

Sucralose

Bevor ein Süßstoff in der EU zugelassen wird, muss er genau auf gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft werden. Im Anschluss an die Untersuchungen wird eine akzeptable tägliche Aufnahmemenge (ADI) definiert. Bei den derzeit üblichen Verzehrmengen wird der ADI kaum erreicht, eine vorübergehende Überschreitung kann außerdem toleriert werden.

ADI = acceptable daily intake. Das ist jene Menge, die ein Leben lang täglich konsumiert werden kann, ohne dass negative Wirkungen zu erwarten sind.

Haupteinsatzgebiete für Süßstoffe sind energiereduzierte Getränke, Desserts, Süßwaren, zuckerreduzierte Milchprodukte und Süßstofftabletten für Getränke (Tee, Kaffee).

Eigenschaften der Süßstoffe: