Thorsten Heedt

Borderline-Persönlichkeitsstörung

Das Kurzlehrbuch

Impressum

Dr. med. Thorsten Heedt, MHBA

Facharzt für Psychotherapeutische Medizin

Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Ärztlicher Gutachter

DRV Rheinland

40194 Düsseldorf

thorsten.heedt@drv-rheinland.de

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Besonderer Hinweis

Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollten bitte im allgemeinen Interesse dem Verlag mitgeteilt werden. Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische oder therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung.

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Schattauer

www.schattauer.de

© 2019 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Jutta Herden, Stuttgart

unter Verwendung einer Enkaustik von © Nele Bäumer-Heedt − Explosive Leere

Lektorat: Volker Drüke, Münster

Projektmanagement: Dr. Nadja Urbani, Stuttgart

Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell

Printausgabe: ISBN 978-3-608-40009-0

E-Book: ISBN 978-3-608-11516-1

PDF-E-Book: ISBN 978-3-608-20402-5

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

In Gedenken
an meine Mutter

Vorwort

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung, mitunter auch verkürzt als Borderline-Störung bezeichnet, hat mich schon seit Beginn meiner Laufbahn als ärztlicher Psychotherapeut und Psychiater in verschiedenerlei Hinsicht fasziniert: Ich verstand nicht, warum

Und dergleichen mehr.

Ich begriff, dass es sich um die therapeutisch am schwierigsten zu behandelnde Gruppe handelt (neben den »Narzissten«, so meine ich jedenfalls) und dass man eine Menge Erfahrung und therapeutischer Kunstfertigkeit benötigt, um diesen Patientinnen wirklich helfen zu können. Daher begann ich, mich für das Thema zu interessieren, was im Übrigen Überlappungen zum Thema der Psychotraumatologie aufweist (vgl. Heedt 2017). Eine erste Erkenntnis war, dass das Selbstbild(1) der Patientinnen brüchig ist, aber auch die Fremdwahrnehmung fundamental gestört ist und dass diese Patientinnen häufig schwer traumatisiert sind, wenngleich nicht alle. Dann merkte ich, dass mein Uraltbild therapeutischer Abstinenz mit dem Therapeuten als »weiße Wand«, also jemandes, der sich als eigenständige Person wenig zu erkennen gibt, in diesem Fall zu nichts führt.

Anfangs las ich – noch als Assistenzarzt – in einem Buch, dass der Therapeut mehr reden müsse als üblich. Längere Sprechpausen bewirkten, dass die Patienten sich eher verlassen fühlten. Also fing ich an unter dem Einfluss dieses holzschnittartigen Ratschlags in den Therapien gleichsam wie ein Wasserfall auf die Patienten einzureden und ständig aktiv zu suggerieren, dass ich ihnen helfen möchte. Natürlich führte dies zu nichts als Ärger. Im Laufe der Jahre wuchs meine Behandlungskompetenz schrittweise, wenngleich ich immer noch regelmäßig ratlos nach der einen oder anderen Therapiestunde zurückbleibe. Man lernt niemals aus, so sagt ja das Sprichwort, und so ist auch das Erweitern der Behandlungskompetenz ein »ongoing process«. Möge Ihnen dieses Buch ein wenig helfen, auch Ihre eigene zu erweitern und Sie anspornen, mehr über das Störungsbild zu lesen und vielleicht noch eine spezifische DBT-, MBT-, Schematherapie oder TFP-Fortbildung (das sind die Haupt-Therapierichtungen) zu beginnen. Das käme sicherlich Ihren Patienten zugute, und das würde auch mir in jeder Hinsicht eine große Freude bereiten, da es die Situation der Borderline-Patienten in diesem Land langfristig verbessern könnte, die allzu oft erst gar nicht in (Psycho-)Therapie ankommen, obwohl sie derer dringend benötigen. Vielleicht trägt es auch dazu bei, dass Ärzte weniger (in den meisten Fällen) überflüssige Medikamente verordnen, sondern lieber ihre psychotherapeutischen Kenntnisse erweitern. Möge es Ihnen ein Wegweiser im Dickicht der Borderline-Therapien sein.

Ich danke allen, die mir in irgendeiner Weise Inspiration und – auch indirekt – Hilfe beim Schreiben dieses Buchs gegeben haben. Zu erwähnen ist insbesondere meine Frau Nele Bäumer-Heedt, die mich jederzeit – auch durch die Erstellung eines wunderbaren Titelbildes – unterstützt hat.

Besonderer Dank gebührt zudem den nachstehend angeführten Forschern, die mir via Researchgate bereitwillig, ohne mich je persönlich getroffen zu haben, zahlreiche wertvolle Fachartikel, mich somit an ihrem reichen klinischen Erfahrungsschatz teilhaben lassend, zukommen ließen (der Platzersparnis halber ohne Titelnennung): Andreas Heinz, Peter Fonagy, Martin Bohus und Christian Schmahl.

Einzelne Artikel, die mir überaus nützlich waren, schickten mir zudem die folgenden Forscher: Egon Bachler, Darryl Bassett, Michael Berk, Edda Bilek, Andrea Bulbena-Cabré, Susan Brown, Chloe Campbell, Gabriele Ende, Eva Fassbinder, Christian G. Huber, Joost Hutsebaut, Jack R. Keefe, Hannah Little, Lars Mehlum, Inga Niedtfeld, David L. Streiner, Svenja Taubner, Katherine Thompson und viele mehr, die mir leider persönlich noch alle völlig unbekannt sind.

Nicht zuletzt danke ich Frau Nadja Urbani von Klett-Cotta/Schattauer für ihre fortwährende Unterstützung sowie Volker Drüke für die gewissenhafte Durchsicht des Manuskripts.

Thorsten Heedt, im Herbst 2018

Literatur

Heedt, T (2017). Psychotraumatologie. Stuttgart: Schattauer.

Einleitung

Patientinnen, die unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, sind besonders und anders. Viele von ihnen haben schwere Traumatisierungen durchlitten, aber beileibe nicht alle; die Therapie gestaltet sich unglaublich schwer, weil hier Probleme auf ganz unterschiedlichen Ebenen lauern. Auf einer psychotherapeutischen Lehr-CD, die ich mir anlässlich der jedes Jahr stattfindenden und traditionell von mir besuchten Lindauer Psychotherapiewochen einmal kaufte, wurde einmal folgender, anschaulicher Vergleich (sinngemäß) dargelegt: Man besucht eine Vorstellung von »Romeo und Julia«, aber irgendwie ist es seltsam. Der eigentliche Held der Vorstellung kauert hilflos in der Ecke und ist blind, an einer Stelle brennt es plötzlich, und an einigen Stellen der Bühne sind die Planken lose, sodass die Schauspieler drohen hineinzustürzen. Mit anderen Worten: Man kann sich überhaupt nicht auf die Geschichte konzentrieren, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen und man von einer Katastrophe in die andere stürzt. Und genauso verhält es sich tatsächlich bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung: In der Behandlung dieses Störungsbildes kämpft man unaufhörlich mit der Einhaltung der Rahmenbedingungen durch die Patientinnen.

Auch ist es schwer, als Psychotherapeut die Contenance zu bewahren. Die Patientin zwingt den Therapeut ständig in eine Art der therapeutischen Beziehung, die genauso instabil wie die Innenwelt der Patientin selbst ist.

Fallbeispiel