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Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.
In Gedenken an meine Mutter
Vorwort
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung, mitunter auch verkürzt als Borderline-Störung
bezeichnet, hat mich schon seit Beginn meiner Laufbahn als ärztlicher Psychotherapeut
und Psychiater in verschiedenerlei Hinsicht fasziniert: Ich verstand nicht, warum
eine typische (wenn es denn so etwas gibt) Borderline-Patientin sich zunächst so freundlich
bis passiv verhält, um mich dann im nächsten Ausblick aus einem Ärger heraus anzuschreien,
diese Patientinnen oft eine gewaltige Unruhe auf der Station verbreiten, den Therapeuten –
auch mich – zeitweise völlig innerlich destabilisieren können und Selbstzweifel induzieren
können,
sie oft Therapien scheinbar aus einer Laune heraus abbrechen,
sie sich häufig so schwer verletzen,
so oft Selbstmordversuche eine Rolle spielen,
sie insgesamt so unglaublich schwer zu behandeln sind,
sie von Therapeut zu Therapeut eilen, um doch keine Hilfe zu erfahren.
Und dergleichen mehr.
Ich begriff, dass es sich um die therapeutisch am schwierigsten zu behandelnde Gruppe
handelt (neben den »Narzissten«, so meine ich jedenfalls) und dass man eine Menge
Erfahrung und therapeutischer Kunstfertigkeit benötigt, um diesen Patientinnen wirklich
helfen zu können. Daher begann ich, mich für das Thema zu interessieren, was im Übrigen
Überlappungen zum Thema der Psychotraumatologie aufweist (vgl. Heedt 2017). Eine erste Erkenntnis war, dass das Selbstbild(1) der Patientinnen brüchig ist, aber auch die Fremdwahrnehmung fundamental gestört
ist und dass diese Patientinnen häufig schwer traumatisiert sind, wenngleich nicht
alle. Dann merkte ich, dass mein Uraltbild therapeutischer Abstinenz mit dem Therapeuten
als »weiße Wand«, also jemandes, der sich als eigenständige Person wenig zu erkennen
gibt, in diesem Fall zu nichts führt.
Anfangs las ich – noch als Assistenzarzt – in einem Buch, dass der Therapeut mehr
reden müsse als üblich. Längere Sprechpausen bewirkten, dass die Patienten sich eher
verlassen fühlten. Also fing ich an unter dem Einfluss dieses holzschnittartigen Ratschlags
in den Therapien gleichsam wie ein Wasserfall auf die Patienten einzureden und ständig
aktiv zu suggerieren, dass ich ihnen helfen möchte. Natürlich führte dies zu nichts
als Ärger. Im Laufe der Jahre wuchs meine Behandlungskompetenz schrittweise, wenngleich
ich immer noch regelmäßig ratlos nach der einen oder anderen Therapiestunde zurückbleibe.
Man lernt niemals aus, so sagt ja das Sprichwort, und so ist auch das Erweitern der
Behandlungskompetenz ein »ongoing process«. Möge Ihnen dieses Buch ein wenig helfen,
auch Ihre eigene zu erweitern und Sie anspornen, mehr über das Störungsbild zu lesen
und vielleicht noch eine spezifische DBT-, MBT-, Schematherapie oder TFP-Fortbildung
(das sind die Haupt-Therapierichtungen) zu beginnen. Das käme sicherlich Ihren Patienten
zugute, und das würde auch mir in jeder Hinsicht eine große Freude bereiten, da es
die Situation der Borderline-Patienten in diesem Land langfristig verbessern könnte,
die allzu oft erst gar nicht in (Psycho-)Therapie ankommen, obwohl sie derer dringend
benötigen. Vielleicht trägt es auch dazu bei, dass Ärzte weniger (in den meisten Fällen)
überflüssige Medikamente verordnen, sondern lieber ihre psychotherapeutischen Kenntnisse
erweitern. Möge es Ihnen ein Wegweiser im Dickicht der Borderline-Therapien sein.
Ich danke allen, die mir in irgendeiner Weise Inspiration und – auch indirekt – Hilfe
beim Schreiben dieses Buchs gegeben haben. Zu erwähnen ist insbesondere meine Frau
Nele Bäumer-Heedt, die mich jederzeit – auch durch die Erstellung eines wunderbaren
Titelbildes – unterstützt hat.
Besonderer Dank gebührt zudem den nachstehend angeführten Forschern, die mir via Researchgate
bereitwillig, ohne mich je persönlich getroffen zu haben, zahlreiche wertvolle Fachartikel,
mich somit an ihrem reichen klinischen Erfahrungsschatz teilhaben lassend, zukommen
ließen (der Platzersparnis halber ohne Titelnennung): Andreas Heinz, Peter Fonagy,
Martin Bohus und Christian Schmahl.
Einzelne Artikel, die mir überaus nützlich waren, schickten mir zudem die folgenden
Forscher: Egon Bachler, Darryl Bassett, Michael Berk, Edda Bilek, Andrea Bulbena-Cabré,
Susan Brown, Chloe Campbell, Gabriele Ende, Eva Fassbinder, Christian G. Huber, Joost
Hutsebaut, Jack R. Keefe, Hannah Little, Lars Mehlum, Inga Niedtfeld, David L. Streiner,
Svenja Taubner, Katherine Thompson und viele mehr, die mir leider persönlich noch
alle völlig unbekannt sind.
Nicht zuletzt danke ich Frau Nadja Urbani von Klett-Cotta/Schattauer für ihre fortwährende
Unterstützung sowie Volker Drüke für die gewissenhafte Durchsicht des Manuskripts.
Thorsten Heedt, im Herbst 2018
Literatur
Heedt, T (2017). Psychotraumatologie. Stuttgart: Schattauer.
Einleitung
Patientinnen, die unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, sind besonders
und anders. Viele von ihnen haben schwere Traumatisierungen durchlitten, aber beileibe
nicht alle; die Therapie gestaltet sich unglaublich schwer, weil hier Probleme auf
ganz unterschiedlichen Ebenen lauern. Auf einer psychotherapeutischen Lehr-CD, die
ich mir anlässlich der jedes Jahr stattfindenden und traditionell von mir besuchten
Lindauer Psychotherapiewochen einmal kaufte, wurde einmal folgender, anschaulicher
Vergleich (sinngemäß) dargelegt: Man besucht eine Vorstellung von »Romeo und Julia«,
aber irgendwie ist es seltsam. Der eigentliche Held der Vorstellung kauert hilflos
in der Ecke und ist blind, an einer Stelle brennt es plötzlich, und an einigen Stellen
der Bühne sind die Planken lose, sodass die Schauspieler drohen hineinzustürzen. Mit
anderen Worten: Man kann sich überhaupt nicht auf die Geschichte konzentrieren, weil
die Rahmenbedingungen nicht stimmen und man von einer Katastrophe in die andere stürzt.
Und genauso verhält es sich tatsächlich bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung:
In der Behandlung dieses Störungsbildes kämpft man unaufhörlich mit der Einhaltung
der Rahmenbedingungen durch die Patientinnen.
Auch ist es schwer, als Psychotherapeut die Contenance zu bewahren. Die Patientin
zwingt den Therapeut ständig in eine Art der therapeutischen Beziehung, die genauso
instabil wie die Innenwelt der Patientin selbst ist.