Vorwort

Wenn es passiert, fühlt es sich an wie ein Flugzeugabsturz.

Nachdem sich mein Mann überraschend von mir getrennt hatte, fand ich mich auf unbekanntem Terrain und der fieberhaften Suche nach der Blackbox wieder. Die biologisch sinnvolle Einrichtung des Überlebensmodus im Schockzustand griff eine gewisse Zeit lang. Sie verhinderte größeres Unglück wie Racheaktionen, Selbstdemütigung oder gar Suizid durch eine schlichte Blockade der normalen Handlungsfähigkeit. Wäre die erlittene Verletzung eine körperliche, der Schock ein rein physiologischer – man suchte sofort eine kompetente Notaufnahme und später eine schön gelegene Rehaklinik auf.

Leider gibt es solche Möglichkeiten für akuten Seelenschmerz nicht wirklich.

Schnell war klar, dass ich dieses Lebensereignis nicht einfach nur durchleiden konnte und wollte. Was also tun? Einschlägige Beratungsliteratur half mir nicht weiter. Die meisten Bücher zum Thema Trennung sind auf eine Altersgruppe zugeschnitten, die es eilig hat, sich nach dem Scheitern der einen schnell in eine neue Beziehung zu stürzen. Ratschläge nach dem Motto »Wieder fit in fünfzig Tagen« würden, so wusste ich, bei mir nicht funktionieren. Rund um die Wechseljahre bauen sich Körper, Seele und damit auch unser Nähebedürfnis umfassend um. Es kann also nicht mehr um die Wiederherstellung eines Status quo gehen. Und so beschloss ich, meinen unfreiwilligen Heilungsprozess zum Selbstversuch zu machen.

Was passiert überhaupt bei diesem Super-GAU im Liebesleben, der uns sehr unsanft auf eine Reise schickt, die wir gar nicht antreten wollten, und uns viele alte Gewissheiten kostet? Welche touristischen Höhe- und Tiefpunkte erwarteten mich Verlassene auf dieser Reise durch dunkle Täler, öde Wüsten und irgendwann hoffentlich auch auf Gipfel mit Licht und Weitblick? Wie viel Einfluss hatte ich auf Reiseroute und Fahrplan?

Da dies, mit Anfang fünfzig nicht ungewöhnlich, keineswegs die erste Trennung in meinem Leben war, wollte ich endlich auch meinen eigenen Anteil am Geschehen ergründen. Einen Anteil, der ziemlich viel Allgemeingültiges über das Paarungsverhalten der Frauen meiner Generation zwischen feministischer Guerilla und Versorgungsehe aussagt.

Der Unterschied, den es macht, ob man sich trennt, wenn die verbleibende Lebenszeit noch üppig scheint, oder erst in der Lebensmitte, ist immens. Es fällt dann nicht mehr so leicht, den Ex zum Sündenbock zu machen und ihn durch einen Neuen zu ersetzen. Zumal wenn man diese Trial-and-Error-Methode schon einige Male praktiziert hat und zu ahnen beginnt, dass der berühmte Prinz eher berentet als beritten wäre und ein eigenes Pferd die weitaus bessere Idee.

Fürs Erste gab ich mir ein Jahr Zeit; es wurden zwei daraus. Dem klassischen Trauerjahr, das auch ein Wutjahr war, folgte ein Jahr voller überraschender Wandlungen und neuer Perspektiven.

Während ich durch die üblichen Phasen des Trotzes, der Trauer, der Ablösung ging, veränderte ich mich. Was mir monatelang als die größte Katastrophe meines Lebens erschien, das Verlassenwerden, erwies sich als verblüffend folgerichtige Wachstumschance, die ich rückblickend nur empfehlen kann. Denn ich war am Ende, was ich vor der Trennung nicht war und was ich als Resultat eines solch tiefen Einschnittes niemals erwartet hätte: eine glückliche Frau.