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© 2017 Theo von Taane ; 3. Auflage
Cover und Text: © 2017 Theo von Taane
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783743135024
Das schier endlose Beifallklatschen, das fast wahnsinnig erregte Rufen der Tausende, die als Zuschauer die weitgeschweiften Sitzreihen und Logen des Amphitheaters füllten, hatte sich ein wenig gelegt. Nach der hochgesteigerten Erregung trat eine Erschlaffung und Beruhigung ein. In der Arena erschienen von Eseln gezogene Holzkarren, auf welche die Körper der gefallenen Gladiatoren geworfen wurden. Bekränzte Knaben, als Genien1 gekleidet, hüpften herbei, sammelten die zerbrochenen Waffen, die überall umherlagen, warfen gelben Sand auf die Blutlachen, die am Boden standen, und streuten rote Rosen und gelben Safran über die weite Fläche, auf der sich noch eben die blutigsten Kämpfe abgespielt hatten. Die Menge, deren Neugier wieder gestiegen war, blickte erwartungsvoll zu der goldgeschmückten Loge, deren rot-gelbe Marmorsäulen Gewinde von Rosen und dunkelblättrigem Efeu zierten.
Hier saß, umgeben von den Offizieren seiner Gardetruppen, von hohen Staatsbeamten, den Damen des Hofes und den weißgekleideten Vestalinnen2 mit weißen Stirnbinden, der Kaiser Hadrian3 in eifriger Unterhaltung mit einem seiner Generäle. In unmittelbarer Nähe des kaiserlichen Gefolges hatten die Gesandten auswärtiger Staaten Platz genommen. Da sah man Prinzen von den Ufern des Indus4, deren hohe diamantengeschmückte Kopfbedeckung allgemeines Aufsehen erregte, daneben fielen die hochgewachsenen Afrikaner auf, die in buntgewirkte Gewänder gekleidet waren. Ruhig, keine Miene verziehend und die aufgeregte Umgebung aufmerksam musternd, saßen neben ihnen Germanenfürsten vom Niederrhein, von hünenhafter Statur. Auch die in Pelz gekleideten Skythen5 von den Ufern des Schwarzen Meeres waren als weitere Besucher in der Loge zu erkennen.
Ehrfurchtsvoll sich verbeugend, trat einer der Vorsteher der Spiele vor den Kaiser und reichte ihm das mit roten und goldenen Buchstaben auf Papyrus geschriebene Festprogramm. Der Herrscher warf einen Blick darauf, dann eilten auf seinen Wink Knaben mit duftenden Blumengewinden in lockigem Haar durch die Sitzreihen und verteilten Früchte, Brot mit gebratenem Fleisch belegt, Kuchen und Süßigkeiten unter die Zuschauer. In den Logen der Vornehmen breiteten kaiserliche Diener weiße Tafeltücher über die Marmorbrüstung und bewirteten die Inhaber dieser Plätze im Namen des Kaisers mit gebratenem Geflügel, Eiern, Fischen, sowie Obst und süßem Backwerk. Damit auch erfrischender Trank nicht fehlt, brachten andere Tonkrüge in Schnee gekühlten Weines herbei. Die Zuschauer, die alle eifrig zugriffen, gaben dem freigebigen Herrscher durch laute Zurufe ihren Dank zu erkennen. Dieser greift selbst wacker zu, und mit Vergnügen und einem gewissen Stolz fühlt sich arm und reich als Tischgenosse seines Kaisers und Herrn, der so leutselig über die frohgesinnte Menge hinblickt.
Mittlerweile sind an dem Himmel die Wolken, die ihn während des ersten Teils der Spiele bedeckt hatten, einem heiteren Blau gewichen, und die Sonne des Südens sendet ihre heißen Strahlen nieder, so dass der Aufenthalt in den Sitzreihen, die keine Überdachung haben, lästig zu werden anfängt. Da erblickt man auf dem oberen Kranz der Umfassungsmauer des gewaltigen Baus Matrosen der kaiserlichen Flotte. An hohen Masten, die dort befestigt sind, ziehen sie mittelst langer Taue rotgefärbte Vorhänge über den Zuschauerraum, und nun legt sich ein wohltuender Schatten dahin, wo noch eben die Sonne unbarmherzig herniedergebrannt hatte.
Bald war die Pause zu Ende, und die Aufmerksamkeit der Menge richtete sich auf die im Boden der Arena sichtbaren Platten von quadratischer Form, die sich jetzt, auf der einen Kante in eisernen Scharnieren sich bewegend, hoben. Aus der Tiefe vernahm man nun deutlich das Gebrüll wilder Tiere, das wie dumpfes Rollen erklang.
Waren es Löwen, Tiger oder Panther, die kämpfen sollten? Hier und da hörte man ärgerlich äußern: „Schon wieder Löwen?" Sie boten kein neues Schauspiel mehr für den verwöhnten Großstädter. Denn Hunderte dieser wilden Bestien, welche die Statthalter in Afrika, Asien und Arabien einfangen ließen, wurden alljährlich in die Hauptstadt gebracht. Hatte doch schon Pompeius6 600 Löwen, Augustus7 420 Panther bei den Zirkusspielen kämpfen lassen.
Da tauchten aus den Bodenöffnungen schwere eisenbeschlagene Holzkäfige auf. Durch eine sinnreiche Maschinerie werden sie emporgehoben. Von selbst öffnet sich die eine Seite, und heraus treten schwerfällig einher trollende Bären. Man hatte diese Bewohner der nordischen Wälder lange nicht mehr im Zirkus gesehen. Die Unruhen in Spanien und am Rhein, woher die meisten dieser Tiere kamen, machten ausgedehntere Jagdzüge unmöglich, und so war die Einfuhr dieser begehrten Ware sehr eingeschränkt worden. An fünfzig der braunen Gesellen eilten bald schnuppernd durch die Arena, überall nach einem Ausweg oder nach Nahrung suchend. Ihre Gier war aufs Äußerste erregt, denn zwei Tage lang hatte man sie hungern lassen und die Wut noch dadurch gesteigert, dass man rohes Fleisch vor das Gitter ihrer Käfige warf.
Da erschollen Trompetenstöße. Eine Seitenpforte, durch schwere eisenbeschlagene Holztore geschlossen, wurde geöffnet, und es traten zwanzig als germanische Jäger gekleidete Gestalten heraus. Eichenkränze schmückten ihr Haupt, ein kurzes Pelzwams, das die Arme frei ließ, deckte den Oberkörper, grob linnene8, nur bis zu den Knien reichende Hosen umschlossen die Beine, die Füße steckten in rohen Lederbundschuhen. Unter dumpfen Hörnerklängen, welche mächtigen gewundenen Trompeten entlockt wurden, rückten die Jäger auf die Tiere los, die sich zähnefletschend und unwillig brummend zur gegenüberliegenden Seite der Arena zurückgezogen hatten. Ein lautes Hallo begrüßte die Schar der Weidmänner.
Das war eine Überraschung für das verwöhnte Publikum. Waren es doch nicht gedungene Gladiatoren oder Sklaven, wie sie fast alltäglich auch in den kleinsten Städten bei ihren Fechtkunststücken zu sehen waren, auch nicht Anhänger jener Christensekte, die schon zu vielen Tausenden im Zirkus für ihren Glauben ihr Leben hatten lassen müssen, auch nicht schwarze oder braune Vertreter afrikanischer Völkerschaften. Nein, Germanen waren es, echte Germanen von den Grenzen des Rheins. Söhne jener Stämme, vor denen einst Rom gezittert hatte, von deren Mut und Stärke die in den nordischen Waldschluchten bleichenden Gebeine der Legionen zeugten. Und fast täglich kam neue beängstigende Nachricht vom Norden her von neuen Überfällen der unruhigen Grenznachbarn, hatte nicht gar mancher Spross des römischen Adels, dessen Vertreter heute den Spielen zuschauten, als Offizier in den Schwarzwald- oder Taunusbergen für immer Abschied vom Leben nehmen müssen, getroffen vom tödlichen Schlag der germanischen Streitaxt oder eines wuchtigen Schwerthiebs?
Mit Neugierde betrachteten alle die Schar unten in der Arena, die zum großen Teil aus wettergebräunten Männern bestand. Man verglich sie mit den Schilderungen, die Tacitus9 von ihnen gegeben hatte. Und richtig, da waren die hellen, teils roten Haare, die gewaltige Körpergröße und die wilde Kampfeslust, mit der sie auf die Bestien losstürzten. Es waren Alemannen jenseits des Mains die von der überlegenden Mehrheit römischer Soldaten, während eines germanischen Festes unerwartet überfallen und gefangen genommen wurden. Valerius, der Statthalter der germanischen Provinz, hatte sie dem Kaiser zugleich mit jenen Bären geschickt, auf dass eine fröhliche Bärenhatz nach germanischem Muster dem verwöhnten Großstadtpublikum geboten werden könnte.
Anfangs schien es, als fänden die zum Kampf bestimmten Tiere wenig Gefallen an den auf sie einrückenden Gestalten. Als aber der erste Bär von einem Hieb des Langschwerts getroffen einen Schrei ausstieß, da wandten sich die braunen Bestien, die mit dem geöffneten Rachen und den blutunterlaufenen Augen einen unheimlichen Anblick boten, mit erhobenen Pranken gegen ihre Angreifer. Es gelang zwar einigen von diesen, den einen oder anderen der braunen Gegner durch Stoß oder Hieb mit dem Schwert unschädlich zu machen, aber ihre Zahl war einfach zu groß, als dass ein erfolgreicher Widerstand auf die Dauer möglich gewesen wäre.
Einer nach dem anderen der mutigen Kämpfer stürzte, von einem Hieb der Tatze getroffen oder von den scharfen Zähnen zerfleischt, in den Sand. Je mehr Gefallene den Boden bedeckten, umso lauter jubelte die Zuschauermenge. Durch Zurufe versuchten sie die wenigen noch tapfer sich wehrenden Kämpfer anzufeuern, andere wetteten auf den graubärtigen Germanen, der mit so viel List und so sicherem Stoß ein Tier nach dem anderen kampfunfähig machte, oder auf den Jüngling, dem eben erst der erste Bart auf der Wange wuchs.
Nur diese beiden Kämpfer waren übrig, und noch sahen sie sich dreien der erbitterten Tiere gegenüber, die, durch Wunden und den Blutgeruch gereizt, durch immer neue Angriffe ihre Gegner zu ermatten suchten. Beide stellten sich Rücken an Rücken, um einen Angriff besser abschlagen zu können. Die Spannung stieg aufs höchste. Der Kaiser, der bisher kaum einen Blick auf das Schauspiel zu seinen Füßen geworfen hatte, da er Meldungen von Offizieren und Gesandten entgegennahm, wurde durch das fast zum Wahnsinn gesteigerte Geschrei der Menge aufmerksam und verfolgte nun den letzten Akt des grauenvollen Dramas mit regem Interesse.
„Gib‘s ihm! Stoß zu, Jüngling! Halte durch, Alter!" so schallte es wild durcheinander, und gerade bog der Alte, zwar schon ermattet, den Arm zu kräftigem Stoß zurück, als ein zweiter Bär von der Seite her auf ihn lossprang und seinen Ellbogen mit der Pranke niederschlug. Zwar gelang es dem jüngeren Germanen dem zweiten Angreifer sein Schwert in die Seite zu stoßen, so dass er ins Herz getroffen dumpf röchelnd auf der Stelle zusammenbrach. Aber schon hatte das eine Untier den Alten, dessen zerfleischter Arm jeden Widerstand unmöglich machte, zu Boden gerissen und durch kräftigen Biss getötet. In demselben Augenblick, noch ehe das Tier sich aufrichten konnte, versetzte ihm der Germane, der mit
Geistesgegenwart die leicht verwundbare Stelle am Hals des Tieres erspähte, einen Stoß ins Genick, der ihm den Garaus machte.
Wie ein sturmgepeitschtes Meer war die tobende Menge anzuschauen, alles schrie durcheinander, fuchtelte mit den Händen und rief dem Kaiser um Gnade an für den Jüngling, der das blutbefleckte Schwert in der Rechten, erschöpft an der Arenawand lehnte, blass wie der Marmor, mit dem sie gebildet war. Blutige Tropfen rannen von seiner Wange nieder, Blut träufelte aus seiner Wunde, die er am linken Oberarm empfangen hatte.
Schon wollte der Kaiser, voll Bewunderung für den wackeren Kämpfer, dem Drängen des Volkes nachgeben und den Daumen in die Höhe heben, zum Zeichen, dass er dem jungen Germanen das Leben schenken wolle und dass des Kampfes genug sei. Aber noch einmal wurde aller Aufmerksamkeit auf den Kampfplatz gelenkt, denn eben drang der letzte noch übrige Bär auf den ermattenden Kämpfer ein, dem infolge der Anstrengungen und des Blutverlustes die Kräfte zu versagen schienen. Das Ungetüm richtete sich hoch auf, und auf den Hinterbeinen stehend versuchte es mit den Vordertatzen seinen Gegner in mörderischer Umklammerung zu vernichten. Aber gerade als es mit der ganzen Wucht der Vorderbeine und des Leibes den Jüngling zu Boden reißen wollte, da stieß dieser, beiseite springend, die letzte Kraft zusammen nehmend, dem Tier die breite Klinge ins Herz, dass es zurücktaumelnd und mit den Tatzen wild um sich schlagend zusammenbrach und verendete.
Ein Jubel ohnegleichen erhob sich, zumal der Kaiser selbst eine goldene Spange von seinem Arm löste und sie hinab in die Arena warf, ein kaiserlicher Lohn für die Kühnheit des jungen Helden. Rotröckige Diener erschienen und führten ihn in eins der Seitenzimmer, wo er durch Abwaschung und Verabreichung kräftigenden Weines gestärkt wurde.
Der Kaiser aber rief den Präfekten seiner Prätorianer, der kaiserlichen Garde, herbei und befahl ihm, den todesmutigen Germanen seiner Leibwache einzureihen.
Am andern Morgen wurde der junge Rekrut in der Prätorianerkaserne mit blinkendem Helm und goldgeschmücktem Panzer und all dem Zierrat bekleidet, der den Leibwächtern des Kaisers ein so vornehmes Aussehen gab, und dann in das Fahnenheiligtum geführt, wo er dem eisernen Standbild des Herrschers durch heiligen Eidschwur geloben musste, allezeit unter Einsatz des eigenen Lebens die erhabene Person des Kaisers gegen alle Feinde und Gefahren zu schützen und zu schirmen.
Damit war er eingereiht in die Schar der kaiserlichen Garde. Und wenn er, der hochgewachsene, kräftige Jüngling, in seiner stolzen Haltung und in kriegerischer Ausrüstung durch die Straßen des ewigen Rom dahinschritt, so blieb manches Auge wohlgefällig auf ihm ruhen.
Er selbst versuchte sich möglichst rasch mit der römischen Sprache, in der er sich schon in der Heimat verständlich machen konnte, völlig vertraut zu machen, und als ein halbes Jahr vergangen war, beherrschte er sie ziemlich geläufig. Voll Wissbegierde durchwanderte er auch die Plätze und Bauten der Hauptstadt.
1 Genien: Schutzgeister, die den Menschen auf der rauhen Lebensbahn geleiteten, ihn behüteten und rettend durch Drangsale und Gefahren führten.
2 Vestalin: Römische Priesterin der Göttin Vesta.
3 Publius Aelius Hadrianus war der vierzehnte römische Kaiser. Er regierte von 117 bis 138 n.Chr.
4 Indus: Mit 3180 km der längste Fluss auf dem indischen Subkontinent und wichtigster Strom Pakistans
5 Skythen: Als Skythen werden einige der Reiternomadenvölker bezeichnet, die die Steppen nördlich des Schwarzen Meeres im heutigen Südrussland und der Ukraine besiedelten.
6 Gnaeus Pompeius Magnus war ein römischer Politiker und Feldherr, bekannt als Gegenspieler Gaius Iulius Caesars.
7 Augustus war der erste römische Kaiser. Der Großneffe und Haupterbe Gaius Iulius Caesars gewann die Machtkämpfe, die auf dessen Ermordung im Jahr 44 v. Chr. folgten, und war von 31 v. Chr. bis 14 n. Chr. Alleinherrscher des Römischen Reiches.
8 Linnen = Leinen
9 Publius Cornelius Tacitus war ein bedeutender römischer Historiker und Senator.
Früher als gewöhnlich hatte sich der Kaiser von seinem Lager erhoben. Ein böser Traum hatte ihm die Stunden ruhigen Schlafes gestört. Vergebens versuchte er, ihn wiederzugewinnen. Den Docht der herrlichen Bronzelampe, die auf hohem Dreifuß neben seinem Lager stand, schob er in die Höhe, dass helleres Licht das Schlafgemach erfüllte, nahm eine der Pergamentrollen, die in silbernem Behälter ihm zur Hand standen, und begann zu lesen.
Da horchte der Kaiser auf. Draußen ertönte der Ruf des Sklaven, der die Zeit zu verkünden hatte: „Die vierte Stunde hat begonnen. Möge sie unserem