Christian Munger

Friedrich II von Sizilien

ein progressiver König und
Kaiser

„stupor mundi“

Mit 49 Abbildungen

Aus der Edition Seeblick

Books on Demand

Inhalt

  1. Einführung
  1. 1. Vorfahren
  2. 2. Kindheit und Jugend
  3. 3. Kaiser
  4. 4. Kreuzzug nach Jerusalem
  5. 5. Heinrich (VII)
  6. 6. Konstitution von Melfi
  7. 7. Endloser Kampf
  8. 8. Schicksal der Nachkommen
  9. 9. Der Schmied von Göschenen

Anhang

  1. Schlusswort
  2. Begriffe
  3. Bildverzeichnis
  4. Quellenverzeichnis

Einführung

Wie verhalte ich mich in schwierigen Situationen? Brauche ich eine Strategie? Leiten mich Gefühlen zu stark? Bin ich zu bequem und unbeweglich? Lasse ich mich durch Lob und Kritiklosigkeit aus dem Umfeld zu Selbstüberschätzung verleiten? In diesem Buch finden Sie Lehren aus dem Leben eines Königs des späten Mittelalters.

In Süditalien und Sizilien finden wir noch heute Burgen, Festungen, Kirchen und Begräbnisstätten, die den Namen „Federico di Svevia“ oder „Federico II“ tragen. Die Sizilianer und Italiener des Südens sind stolz auf ihren Federico, in dessen Regnum ihr Land im späten Mittelalter eine grosse Blüte erreichte. Auch in Apulien und Kalabrien lesen wir „Piazza Federico II“, „Ristorante Federico II“ oder „Castello Federico II“. Eines der berühmtesten Bauwerke ist das 1240 von Friedrich II in Auftrag gegebene „Castel del Monte“ in der Nähe von Foggia in Apulien. Kulturinteressierte Italiener, Deutsche und Studenten der Architektur besuchen heute dieses erstaunliche Bauwerk. Die UNESCO erhob es an der 20. Sitzung im Jahre 1996 zum Kulturerbe:

Das Castel del Monte hat eine ausserordentliche Weltgeltung für Vollkommenheit der Formen, der Harmonie und die Vereinigung von verschiedenen Kulturelementen aus Nordeuropa, der muslimischen Welt und dem klassischen Altertum. Es ist ein einzigartiges Meisterwerk der mittelalterlichen Architektur, das den Humanismus seines Gründers widerspiegelt: Friedrich II, von Hohenstaufen.

1. Castel del Monte in Apulien

Friedrich II erblickt 1194 in Jesi, 30 Kilometer westlich von Ancona, das Licht der Welt. Im seinem späteren Leben bringen ihn seine revolutionären Ansichten immer wieder auf Konfrontationskurs mit der damals politisch mächtigen christlichen Kirche. Die Päpste exkommunizieren ihn drei Mal und setzen ihn 1245 beim Konzil zu Lyon gar als Kaiser ab. An seinem Hof pflegt er die Poesie in italienischer Sprache, nicht im traditionellen Latein der Kirchen und Klöster. Wenige Jahrzehnte nach Friedrich II erlangt das sizilianische Italienisch durch Dante Alighieri (1265-1321) grosse Berühmtheit und wird Idiom für ganz Italien.

Die normannischen Vorfahren der Mutter tolerierten in ihrem Königreich Sizilien viele Ethnien wie Araber, Byzantiner, Griechen, Römer, Phönizier (Semiten) und Nordafrikaner nebeneinander. Von der hochstehenden Kultur der Kalifen stammt Friedrichs Interesse an arabischen Zahlen. Er erkennt, dass das arabische Zahlensystem mit der „Null“ den anderen Zahlensystemen überlegen ist. Er fördert in seinem Reich, gegen den Willen der Kirche, die Umstellung auf die arabischen Zahlen. Er gründet in Neapel die erste staatliche Universität Europas. Professoren werden vom Staat bezahlt und Studenten erhalten Beiträge (Stipendien) für Essen und Unterkunft. Auch talentierte Studenten die nicht privilegiert sind, können nun studieren. Davor gab es nur private Hochschulen für eine Oberschicht aus reichen Söhnen, Adligen und Klerikern.

Bis zu seinem Tod 1250 glaubt Friedrich II, das Christentum beruhe auf Bescheidenheit und Nächstenliebe, nicht auf Gold und Prunk. Als letztes Kleid trägt er das ärmliche Leinengewand der Zisterzienser und zeigt damit seine Einstellung vor Gott.

Die Quellen dieses Buches sind eine Reihe von Werken die auf wissenschaftlich aufgearbeiteten Original-Dokumenten aus der Zeit beruhen. Die Dokumente lagern in den Staatsarchiven von Palermo, Neapel und Wien, weitere Belege finden sich in den Museen von Rom (Vatikan), Frankfurt, Jerusalem und Bern. Die Reichsinsignien der deutschen Kaiser, das Schwert, der Reichsapfel und die Krone werden heute in Wien aufbewahrt, der erste gewählte Nachfolger Friedrichs II wird im Jahre 1273 Rudolf von Habsburg.

In diesem Buche wird der Faszination von „stupor mundi“ nachgegangen. Friedrichs Hof steht offen für Wissenschaftler, Dichter und andere Künstler. Er führt nur Krieg, wenn es unbedingt notwendig ist. Die schwierige Kindheit in Palermo, das damals bereits 200‘000 Einwohner zählt, seine strahlende Jugend und seine späteren Fehler in der realen Welt werden dargelegt. Er experimentiert vorerst mit den Staatsformen des kirchlichen Primates, später erlässt er ein neues Gesetzbuch, die Konstitution von Melfi, sie beruht auf feudalem Zentralismus und humanistisch motivierten, staatlichen Eingriffen in die Ökonomie.

Zum Abschluss sehen wir im Kapitel „Der Schmied von Göschenen“, wie Friedrich II die Brücke über die Schöllenenschlucht am Gotthardpass anregt und damit die finanzielle Basis für die Freiheit der helvetischen Urkantone schuf.

1. Kapitel

Vorfahren

Im ausgehenden „finsteren“ Mittelalter, aus dem diese Geschichte berichtet, ist das Schießpulver in Europa noch unbekannt. Es gilt das Recht des Stärkeren, wer die Kraft hat, eine schwere Eisenrüstung zu tragen und dazu noch das Schwert gezielt führt, ist ein gesuchter Krieger. 90% der Bevölkerung sind Leibeigene, haben selten eine Münze gesehen und gehören den Klöstern, Bischöfen und Adligen. Nur langsam entwickelt sich in den Städten eine Handwerker-Elite, die mit eigenem Verdienst „frei von Leibeigenschaft“ leben kann. Neben einer Rüstung brauchen Krieger ein starkes Pferd, das Rüstung und Reiter tragen kann. Auf Maß geschmiedete Rüstungen sind teuer und von der Qualität des Schwertes hängt das Leben ab. Ein ausgerüsteter Ritter auf Reisen braucht ein Gefolge mit drei Pferden, die er abwechselnd reitet, Waffenknecht, Pferdepfleger und einen Transportwagen für Waffen, Lebensmittel und Futter. Wer all das bezahlen kann, ist in den meisten Fällen ein Adliger (Junker, Baron, Graf, Herzog), der seine Basis auf einer Burg hat. Die Ländereien, die ein Adliger vom König zu Lehen erhält, müssen eine gewisse Ausdehnung aufweisen, um genügend Finanzen zu erbringen. Adlige werden ab 7 Jahren Page, von 12-17 Jahren Knappe und müssen bei Turnieren mitarbeiten und die kämpfenden Ritter unterstützen. Ab 21 Jahren werden sie bei guter Führung zum Ritter geschlagen. Ein Leibeigener kann als herausragender Kämpfer Verdienste erwerben und hat Aussicht, vom König in den Ritterstand erhoben zu werden.

Nachrichten verbreiten sich mittels Pergamenten oder über Sänger und Geschichtenerzähler. Diese wollen - wie die Reporter von heute - mit Sensationen aufwarten, sie übertreiben oft und dichten einer Person enorme Kräfte, Heldentaten oder böse Absichten an. Namentliche Erwähnung verdienen hier die Recken: Siegfried, Detlef von Steyr und Dietrich von Bern sowie die Helden des Christentums: Artus, Karl der Große und Gottfried von Bouillon, Regent in Jerusalem nach dem ersten Kreuzzug.

(Als Abgrenzung zu Friedrich II von Sizilien sei hier König Friedrich II von Preussen erwähnt, der aus dem Haus Hohenzollern stammt und von 1717 – 1786 lebte).

Die Insel Sizilien untersteht um das Jahr 1000 seit über 200 Jahren den Kalifen. Die damals im Vergleich zu anderen Zivilisationen hochstehende arabische Kultur toleriert die Bräuche der angesiedelten Völker wie Phönizier, Griechen, Juden, Karthager, Italiker und andere. Bereits im antiken römischen Reich galt Sizilien als Kornkammer. In Süditalien herrscht zur selben Zeit das oströmische Byzanz über weite Teile des Stiefels. Die aufstrebenden Seefahrerstädte Genua, Pisa und Venedig sichern sich Privilegien in den Hafenstädten des Mittelmeeres. Mit ihren Transport- und Handels-Schiffen werden sie reich.

Um die Jahrtausendwende gelten Söldner aus der französischen Normandie als beste Wahl, sie sind Nachkommen der Wikinger, die dort eingewandert sind. Die meisten nordischen Stämme werden christianisiert und geben die Räuberei auf. Nicht mehr so wild, mit buschigen Bärten und langen blonden, ungepflegten Haaren, aber immer noch kräftig, gross gewachsen haben sie die grausamen hellen Augen ihrer Vorfahren. Sie können sich für einen Kampf noch immer in eine todbringende Rage versetzen. Die Normandie wird vielen jungen Heissspornen zu eng, landlose normannische Ritter ziehen in die Welt hinaus um Geld zu machen. Viele werden für die Reconquista in Spanien angeheuert. Ihre Kampfkraft bleibt auch den Adligen Süditaliens nicht verborgen. Im Jahre 1018 stellt der Herzog von Capua einen normannischen Führer mit Namen Arnulf Drengot in seine Dienste. Als Dank für seine Siege erhält Arnulf vom Herzog Land in Aversa (zehn Kilometer nördlich von Neapel), er gründet die erste normannische Siedlung in Italien. Im Jahre 1035 erreichen drei Söhne des Fürsten Tankred von Hauteville Süditalien, ihre Namen sind Wilhelm, Drogon und Umfred. Es sind eigentliche Kampfmaschinen, sie trainierten von Kind auf zusammen und haben fast übermenschliche Kräfte. Bis 1042 bemächtigt sich Wilhelm -genannt „Eisenarm“- mit seinen Brüdern eines grossen Teils Apuliens und proklamiert sich zum Graf von Apulien. Der Normanne Robert erobert Kalabrien. 1052 nehmen die Hautevilles Papst Leon IX gefangen und erpressen die adlige Investitur für die eroberten Gebiete. 1059 ernennt Papst Nikolaus II Robert zum Grafen von Apulien, Kalabrien und „Sizilien“.

Zu dieser Zeit gehört Sizilien noch zum arabischen Machtbereich. Der Hintergrund der Investitur des Normannen ist die Legalisierung eines Krieges gegen die „Ungläubigen“ auf Sizilien. Robert und sein Bruder Roger überqueren 1061 die Meerenge von Messina. 1064 stehen die beiden vor Palermo, das sie aber erst 1071 mit einer Flotte vom Meer her erobern können. Roger de Guiscard wird zum Großgraf von Sizilien ernannt, er nennt sich Roger I (Ruggero). In den eroberten Gebieten arbeitet er mit der bestehenden sarazenischen Verwaltung zusammen und erlaubt den Ethnien, ihre Sitten zu bewahren und ihre Religionen auszuüben. Als eine der letzten Städte ergibt sich 1085 das von Griechen bewohnte Syrakus. Die letzte militärische Festung der Sarazenen kapituliert erst im Jahre 1091.

Robert greift anschließend in Süditalien die Byzantiner an. In der Schlacht bei Olivento (in der Nähe von Melfi) sollen 3‘000 normannische Reiter 18‘000 Byzantiner in die Flucht geschlagen haben. Der Wikingertrank „Met“, ein Gebräu aus Honig, Wasser und Hefe mit dem Trinkhorn genossen, scheint dem Wein als Mutspender überlegen gewesen zu sein. Robert verbündet sich darauf mit Papst Gregor VII und verteidigte Rom gegen die Angriffe des deutschen Kaisers Heinrich IV. Der Papst ernennt Robert als Retter des heiligen Stuhls zum Herzog von Apulien.

In Palermo stirbt 1101 Bruder Roger, sein Nachfolger ist der junge Roger II, unter der Regentschaft seiner Mutter Adelaide. Im Jahre 1113 kommt Roger II in Sizilien an die Macht und beansprucht auch die Erbrechte für das Herzogtum Apulien. Er wird 1129 König von Sizilien und Süditalien, das fortan als das Königreich Sizilien bezeichnet wird. Die militärischen Erfolge verdankt Roger II hauptsächlich seiner Flotte, unter dem Admiral Giorgio di Antiochia (ein Phönizier). Nachdem das Königreich Sizilien „befriedet“ (erobert) ist, wendet sich dieser Admiral mit den Schiffen nach Tripolis und sichert seinem König die Kontrolle über die nordafrikanische Küste. Danach fährt er durch die griechischen Inseln und dringt bis Theben vor. Von dort bringt er das lukrative Seidengewerbe nach Palermo: Samen des Maulbeerbaumes, Eier der Seidenraupen und Fachleute für die Herstellung von Seide. Wegen des hohen Preises gilt der glänzende Stoff als Tauschwährung im internationalen Handel.

Das Königreich Sizilien wird durch die Normannen in verschiedene Fürstentümer und Grafschaften aufgeteilt. Mit der Hauptstadt Palermo entwickelt sich das Königreich im 12. Jahrhundert zum modernsten und bestorganisiertesten Land Europas. Die Toleranz zu anderen Kulturen ermöglicht eine wirtschaftliche Blüte, an deren Glanz die arabischmuslimische Komponente wesentlichen Anteil hat. Es gelingt Roger II, in seinem Königreich den Frieden zwischen den Ethnien zu erhalten und sogar alle an der gemeinsamen Sache zu beteiligen. Diese Traditionen wird auch von seinen Nachfolgern, den Königen Wilhelm „der Böse“ und Wilhelm „der Gute“, fortgesetzt. Die Normannin Constanze von Hauteville bringt acht Jahre nach der Heirat mit dem Staufer Heinrich VI im Jahre 1194 den späteren König und Kaiser Friedrich II zur Welt.

Die väterliche Seite Friedrichs II stammt aus dem schwäbischen Hause der Staufer. Bereits sein Grossvater, Kaiser Friedrich I Barbarossa, kämpft mit seinen deutschen Rittern gegen die aufständischen Städte in der Lombardei. Im Jahre 1166 zerstört er große Teile der Stadt Mailand, das sollten die Lombarden den Staufern nie mehr vergessen. Als Teil des Reiches Karls des Großen, bezahlen sie keine Steuern mehr. Die stolzen, befestigten Städte wie Mailand, Bologna oder Alessandria wollen ihre Freiheit. Sie schließen sich zur Lega Lombarda zusammen, um gemeinsam gegen die Besetzer aus dem Norden zu kämpfen. Im Jahre 1175 versucht Friedrich I Barbarossa, das Königreich Sizilien auf dem Landweg zu erobern. Ein Pestausbruch hindert ihn daran und er zieht sich zurück.

In der nachfolgenden Friedenszeit erlebt Sizilien eine große Prosperität. Der Normanne Wilhelm „der Gute“ lässt das wunderbare Gotteshaus „Cappella Palatina“ in Monreale auf den Anhöhen oberhalb Palermos bauen. Die Innendekoration erstellen byzantinische Künstler mit ihren Formgebungen und Goldmosaiken.

Am 1. Januar des Jahres 1186 wird in Mailand die Hochzeit der sizilianischen Normannin Constanze mit dem Staufer Heinrich VI gefeiert. Heinrich ist der Sohn von Friedrich I Barbarossa, die Braut Constanze ist Thronerbin des sagenhaft reichen Königreichs Sizilien. Der päpstliche Segen bleibt aus, Rom will keine Umklammerung des Kirchenstaates durch das deutsche Reich, das seinen Machtbereich nun nach Sizilien ausstreckt.

Bereits 1185 ist Constanze mit fünfhundert Packpferden von Palermo nach Norden aufgebrochen. Goldschätze, Juwelen, feinen Hausrat, kostbare Pelze und Seidengewänder werden mitgefhrt, die Mitgift eines großen Königreiches. Constanze ist hochgewachsen, blond und hat die feine Haut ihrer nordischen Vorfahren. Ihre huldvollen und anmutigen Bewegungen zeugen von einer in einem luxuriösen Hof erzogenen Prinzessin. Ihre Roben sind aus Brokat und Seide, und ihr gleißender Schmuck erinnert an die Pracht von sizilianischen Palästen der Byzantiner und Araber.

2. Kirche Palatina Monreale über Palermo

Nach dem Tode von Wilhelm „dem Guten“ (Vater von Constanze) bricht in Sizilien ein Erbfolgekrieg aus. Tankred, ein Enkel von Roger II, gewinnt die Oberhand über den nun durch die Heirat erbberechtigten Staufer Heinrich VI. Tankred verhindert mit seinen Sizilianern das Eindringen der Armee Heinrichs VI in das Königreich Sizilien. Die aus Deutschland stammenden Truppen des Staufers ertragen die Hitze und die ansteckenden Krankheiten im Süden nicht. Richard Löwenherz von England, Bruder von Giovanna, der Witwe von Wilhelm „dem Guten“, reist nach Süditalien und erhebt ebenfalls Anspruch auf den Thron Siziliens. Nachdem Tankred die Giovanna von England mit reicher Schenkung nach Hause zurücksendet, beendet Richard Löwenherz die Belagerung von Messina. 1191 erhält Tankred von Papst Celestin V die Investitur zum König von Sizilien und Süditalien.

Auf der Rückreise nach England wird Richard Löwenherz in Bayern gefangen genommen und kann nur durch einen riesigen Silberschatz aus England freigekauft werden. Heinrich VI kann sich mit diesem Geld eine neue Armee zusammenstellen und erobert mit ihr Sizilien. Bereits im Herbst 1194 steht er in Palermo. Er lässt Tankred, dessen Sohn Roger und alle, die für eine normannische Königserbschaft in Frage kommen, umbringen. Am 25. Dezember wird Heinrich VI in Palermo zum König gekrönt. Im gut funktionierenden normannischen Reich setzt er deutsche Barone auf wichtige Positionen. Nun will er auch die Erbfolge der Staufer regeln. Am 26. Dezember 1194 bringt seine Frau Constanze im Ort Jesi (gut gewählt Datum: Weihnacht, Ort: Jesus) bei Ancona einen Knaben zur Welt. Er erhält den Namen Friedrich II von Schwaben. Er ist Erbe der Kronen des Königreichs Sizilien und des römisch-deutschen Kaiserreiches. Die Gegner des Reiches werden später verbreiten, es sei nicht das echte Kind Constanzes gewesen, sondern von der Frau des Mezgers von Jesi.

Erbfolgen:

Friedrich I Barbarossa: Herzog von Schwaben: 1147, König von Deutschland: 1152, Kaiser: 1154-1190 heiratet Beatrix von Burgund. Aus der Ehe entsprießen sieben Kinder. Der zweitgeborene Heinrich VI wird 1191 zum Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation gewählt. Durch Heirat mit der Normannin Constanze von Hauteville erbt er 1194 die Königskrone von Sizilien. Dieser Ehe entsprießt 1194 der einzige Sohn Friedrich II, der nachstehende Kronen erbt: König von Sizilien und Apulien: 1198, König der Römer: 1212, König der Deutschen: 1215, Kaiser: 1220 (im Alter von 26), König von Jerusalem: 1229.

Friedrich II wird im Alter von vier Jahren zum König von Sizilien gekrönt. Mit 14 wird er volljährig und muss die Sympathie der deutschen Barone und Bischöfe gewinnen um Kaiser zu werden. Das Reich im Norden bringt ihm aber viele Konflikte und entbehrungsreiche Reisen. Er liebt doch die warme Sonne des Südens und hält sich viel lieber in den komfortablen Burgen Palermos und Apuliens auf.

Die Frauen Friedrichs II:

belegte Beziehungen Kinder
Heirat 15. August 1209 mit Constanza von Aragon (1184-1222)
Heinrich (VII), König von Deutschland (1211-1242)
Unehelich
Adelheid von Urslingen
Enzo von Sardinien (1220-1271)
Unehelich
Maria von Antiochien
Friedrich von Antiochien (1224-1256)
Unehelich
Richinadi von Wolfshofen

Margherita von Schwaben (1227-1298)
Heirat 9. November 1225 Isabella de Brienne (1212-1228), Erbin Königreich Jerusalem Corrado, Konrad IV, König von Deutschland (1228-1254)
Unehelich
Bianca Lancia (1213-1233) Friedrich heiratet sie an ihrem Totenbett
Constanze von Sizilien (1230-1307)
Manfredi von Sizilien (1232-1266)
Violante von Schwaben (1233-1264)
Heirat 5. Juli 1235 mit Isabella von England (1214-1241)
Margherita von Sizilien (1237-1270)
Heinrich Carlotto von Sizilien (1238-1254)

2. Kapitel

Kindheit und Jugend

Die Heirat des Staufers Heinrich VI mit der sizilianischen Normannin Constanze von Hauteville wird am 27. Januar 1186 in der Basilika San Ambrogio in Mailand gefeiert. Heinrich zählt einundzwanzig Jahre, seine Braut ist zehn Jahre älter. Das schwäbisch-burgundische Blut Heinrichs wird dem Nachkommen einen unbiegsamen und tyrannischen Charakter bescheren, die Gene der normannischen Mutter werden einen übermütigen und lebensfrohen Einfluss haben. Lange sieht es nicht so aus, als würde Constanze (40) einen Thronfolger gebären. Erst 8 Jahre nach der Heirat, am 26. Dezember 1194, kommt die Königin in einem Zelt auf dem Marktplatz von Jesi vor allen Augen mit dem Sohn Friedrich nieder. Der Ortsnamen bedeutet Jesus, das Datum liegt beim Geburtstag des Gottessohnes von Nazareth.

3. Geburt Friedrichs II von Sizilien am 26. Dezember 1194

Kaum drei Wochen nach der Geburt reist Constanze über die Via Flamina nach Süden. Auf dem Weg übergibt sie ihren Sprössling dem Hause der Herzöge von Spoleto, die in Foligno bei Assisi leben. Sie reist mit kleiner Begleitung nach Süditalien um ihren Mann Heinrich VI zu treffen. Friedrich wird im Dom zu Assisi auf die Namen „Friedrich Roger“ getauft, die Namen seiner beiden Großväter.

4. Constanze übergibt Friedrich an die Herzogin von Spoleto

5. Der Vater: Kaiser Heinrich VI

Die Herzogin von Spoleto trägt den Namen „von Urslingen“ und entstammt einem schwäbischen Adelsgeschlecht aus der Gegen von Rottweil am Neckar. Sie erzieht den jungen Friedrich vier Jahre lang, er lernt bei ihr deutsche Sitten, seine ersten Sprachen sind Deutsch und das Italienisch der Umgebung. Die staufischen (ghibellini) Herzöge von Spoleto verlieren ihren Sitz neben der Kathedrale von Foligno erst 1305 an die welfischen (guelfi) Trinci.

6. Schloss der Herzöge von Spoleto in Foligno (Umbrien), später der Trinci

7. Schloss in Foligno: Hier könnte das Schlafzimmer des kleinen Friedrichs gewesen sein (heute Palazzo Trinci)

8. Plan des Schlosses Trinci in Foligno

9. Nach einer Renovation im Schloss Trinci, unter Putz gefunden: Schild der Staufer

Im Frühjahr 1194 ruft Heinrich VI in Bari eine Reichsversammlung ein, um sein Regnum über Süditalien und die Insel Sizilien zu verkünden. Er wird 1195 mit seiner Frau Constanze zum König von Sizilien gekrönt. Einige normannische Adlige zetteln Verschwörungen gegen den neuen schwäbischen König an, sie werden aber verraten und hingerichtet. Im September 1197 stirbt Heinrich VI unerwartet mit 32 Jahren an einer Mageninfektion. Ob jemand nachgeholfen hat, konnte nicht nachgewiesen werden. Die hygienischen Verhältnisse im heißen Süditalien sind für nördliche Menschen gefährlich. Die Lebenserwartung liegt allgemein bei 45 bis 50 Jahren, Medizin wird von Naturheilern und Magiern praktiziert. In seinem Testament bestimmt er die römische Kurie zur Erbin des Königreichs Sizilien, sollte sein Sohn Friedrich II ohne Nachkommen sterben.

Constanze lässt den kleinen Friedrich im Frühjahr 1198 nach Catania bringen, er muss die Erbschaft Heinrichs als sizilianischer Könige antreten. In dieser Zeit stehen Thronfolger in ständiger Gefahr einem Attentat zum Opfer zu fallen, deshalb ist es üblich, Erbfolgekinder im geheimen aufwachsen zu lassen. Man bedenke, dass weder Telekommunikation noch Motorisierung die Distanzen überbrücken und Nachrichten zu Fuß oder zu Pferd übermittelt werden, es kann Monate dauern, bis Informationen von Aufständen oder Mordtaten über hunderte oder sogar tausende Kilometer überbracht sind. Ein Pferdebote kann am Tag 50 Kilometer zurücklegen, ein Eilbrief von Rom nach Hamburg ist im besten Fall 50 Tage unterwegs. Oft werden mehrere Boten mit der gleichen Meldung losgeschickt, nicht alle werden ankommen.

10. Palermo: Krönung des 4-jährigen Friedrich II zum König von Sizilien

Am 17. Mai 1198 lässt Constanze den 4-jährigen Friedrich in der Kathedrale von Palermo zum König von Sizilien und Apulien krönen: „rex Sicilie, ducatus Apulie et principatus Capue“. Den Zusatz „rex Romanorum“ ließ man weg, um den Papst in Rom nicht zu verärgern. Constanze wird Regentin, aber bereits am 27. November 1198 stirbt sie im Alter von 43 Jahren unter mysteriösen Umständen. In ihrem Testament bestimmte sie, dass der vierjährige König dem Schutz von Papst Innocent III unterstellt werde. Der Ritter Gentile di Manuele und der Lehrer Wilhelm Francesco rapportieren an den Bischof von Palermo über die Entwicklung des jungen Königs.

Friedrich wächst vorerst unter großen Schutzvorkehrungen im normannischen Palast „Palazzo Reale“ in Palermo auf. Sein Lieblings-Aufenthalt ist der im arabischen Stil erbaute „Cuba-Palast“. Fließendes Frischwasser, Abwasser-Entsorgung sowie Blumengärten und Springbrunnen aus der Kultur der Araber gehören zu seinen Jugendbildern.

11. Palast der Normannen in Palermo „Palazzo Reale“ (links ein späterer Anbau), hier wuchs Friedrich II auf.

Der junge König ist lebhaft und stolz ein König zu sein. Er zeigt eine hohe Intelligenz und eine unersättliche Neugierde, er ist kaum ruhig in seinen Räumen zu halten. Zeitgenössischen Dokumenten beschreiben, dass er seinen Lehrern gerne entweicht und sich in Palermo herumtreibt. Als Autodidakt lernt er in den vielsprachigen Straßen neben Volgare (Italienisch), die Sprachen Latein, Griechisch, Hebräisch, Arabisch, Französisch und Provenzalisch. Er muss sich gegen die vielfältigen Gefahren einer Hafenstadt alleine durchsetzen. Aufgrund solcher Nachrichten ernennt der Papst einen neuen, strengeren Regenten mit Namen Gaultier von Cagliari, der auch Präsident des Regentschaftsrates wird. In diesem Rat integriert werden auch die normannischen Adligen. Die Autorität des Papstes trägt dazu bei, dass keine Gewalt zwischen den normannischen Grundbesitzern und den neuen deutschen Herren ausbricht. Zum Rat gehört auch der Erzbischof von Palermo, Bernardo die Castacca, der dem König sein Leben lang verbunden bleibt und ihm 1250 die Sakramente auf dem Sterbebett erteilen wird.

Genaues über die Ausbildung des jungen Friedrichs ist nicht bekannt, er eignet sich eine außerordentliche Bildung an und entwickelt unter dem Eindruck verschiedener Lehrer und Kulturen eine eklektische Persönlichkeit (Bestehendes in Frage stellen). Er erfährt, wie verschiedene Kulturen und Religionen miteinander auskommen und zur Blüte des Landes beitragen. Ein unbändiger Wissensdurst bringt ihn dazu, alles zu lesen, was er erreichen kann. Sogar in der Nacht liest er, interessant findet er die Geschichte des antiken Roms oder die antike, griechische Philosophie, deren Schriften damals erst in arabischer Sprache zugänglich sind (noch nicht in Latein übersetzt).