Vor über einem Jahrhundert wurde der Auftakt für ein umfangreiches Straßenbahnnetz im Niederbergischen Raum gelegt. Es dauerte noch einige Jahre, bis 1897 die erste Straßenbahn von Elberfeld nach Neviges fuhr. In den Folgejahren wurde das Netz der "Elektrischen" bis zur Ruhr vergrößert. Von Neviges aus verband es weitere Gemeinden bzw. Städte, wie Hattingen, Essen-Steele, Essen-Werden sowie Velbert und Heiligenhaus. Lediglich die Strecke Velbert - Heiligenhaus - Hösel wurde als nebenbahnähnliche Kleinbahn mit Straßenbahn- bzw. Dampfbahnbetrieb konzipiert. Dass der Streckenabschnitt Heiligenhaus - Hösel ab 1899 mit einer Dampfeisenbahn betrieben wurde, lag u.a. auch daran, dass wegen der großen Entfernung eine Übertragung elektrischer Energie für eine Fahrleitung von der erstellten Kraftwerkszentrale in Neviges über Heiligenhaus bis nach Hösel technisch äußerst schwierig war. Für die Gemeinde Heiligenhaus selbst hat es jedoch den Vorteil gebracht, dass die Häuser, aber auch die Fabriken nunmehr mit elektrischer Energie versorgt wurden.
Die Dampfbahn hat nicht ganz ein Vierteljahrhundert bestanden und ist, bedingt durch die Besetzung französischer Truppen im Ruhrgebiet 1923 stillgelegt worden. Die Straßenbahn stellte erst im Jahre 1952 ihren Betrieb ein. Ohne Zweifel hat, wenn auch in einem bescheidenen Maße, die Kleinbahn mit zum wirtschaftlichen Aufschwung der Region beigetragen. Einer der Heimatdichter sagte einmal: „Die Kleinbahn oder auch die "Bergische" genannt, ist oft bespöttelt worden, aber was hätte Heiligenhaus ohne sie angefangen?“
Zu den um die Jahrhundertwende im Regierungsbezirk Düsseldorf betriebenen nebenbahnähnliche Kleinbahnen gehörte u. a. auch die zum Verkehrsunternehmen "Bergische Kleinbahn" gehörende Strecke von Velbert über Heiligenhaus nach Hösel.
Ausgangspunkt zum Bau dieser Bahn war, dass die im vorigen Jahrhundert zwischen den Wirtschaftsregionen Ruhr und Wupper im niederbergischen Land liegenden und sich entwickelnden Industrien einen Anschluss an das bestehende und sich weiter entwickelnde Netz der staatlichen Eisenbahnen suchten. Bedingt durch die schwierigen topographischen Verhältnisse im niederbergischen Raum hatten zu damaliger Zeit die Eisenbahngesellschaften bzw. die Preußische Staatsbahn kein allzu großes Interesse an eine Ausweitung ihres Schienennetzes.
Kurz vor der Jahrhundertwende forderten Handel, Industrien und Gemeinden mit Nachdruck immer wieder einen Anschluss an das bestehende Eisenbahnnetz, um mit Hilfe der Eisenbahn neue Märkte zu erschließen und auch der einheimischen Bevölkerung den Weg "in die weite Welt" zu eröffnen. Eine Verwirklichung dieser Forderungen wurde dadurch begünstigt, dass von diesem Zeitpunkt an eine starke Entwicklung der Nahverkehrsmittel einsetzte, die durch die aufkommende Verwendung der elektrischen Energie als Antriebskraft für Bahnen ihren Niederschlag fand.
Hier soll die Geschichte der schmalspurigen Kleinbahn von Velbert nach Heiligenhaus und Hösel soweit als möglich in Wort und Bild dargestellt werden, jedoch ist der Schwerpunkt dieses Beitrages auf die Dampfbahn Heiligenhaus - Hösel ausgerichtet. Die Abhandlung erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Diese Veröffentlichung beabsichtigt, die Erinnerung an diese Kleinbahn wachzuhalten. Die bei den Städten und im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf vorgefundenen Akten waren lückenhaft. Vielfach musste auf Zeitungsartikel, aber auch auf gelegentlich erschienene Berichte in Eisenbahn- oder Straßenbahnzeitschriften zurückgegriffen werden, um so ein mosaikartiges Bild, insbesondere von der Dampfbahn zu erstellen.
Das vorgefundene Bildmaterial von der Kleinbahn entspricht nicht dem heutigen Standard, jedoch war - wie bei vielen anderen Veröffentlichungen derartiger Dokumentationen - der Raritätswert entscheidend. Vielleicht wird der eine oder andere ältere Leser sich noch an den "Feurigen Elias" oder "Püffer" erinnern, den jüngeren Leser soll hingegen aufgezeigt werden, dass auch diese Kleinbahn einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entfaltung der Industrien im niederbergischen Land geleistet hat.
In einem Dokumentenanhang werden die bei den Archiven vorgefundenen Unterlagen aufgeführt.
Allen Personen, die mir bei der Zusammenstellung dieser Geschichte, sei es durch Mitarbeit oder durch bereitwilliges Ausleihen von Unterlagen und Fotos geholfen haben, möchte ich auf diesem Wege nochmals herzlich danken. Besonderer Dank gilt den Herren Cappel, Lange, Kuwertz, Reimann, Weidle sowie den Damen und Herren bei den einzelnen Stadtarchiven einschließlich des Hauptstaatsarchivs NRW und des Siemens-Museums, die mir mit Rat und Tat zur Seite standen.
Mülheim-Ruhr, Oktober 1996
Lothar Riedel
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zählten die Gebiete zwischen Rhein, Ruhr, Sieg und Wupper, abgesehen vom Rheinland zwischen Köln, Aachen und Krefeld, mit zu den reichsten des damaligen Preußen. Hier gab es neben Kohlevorkommen sowohl die eisenverarbeitenden Industrien, als auch die Herstellung von Bronze- und Messingerzeugnissen und die Textilindustrie, die das vielfältige Wirtschaftsleben beherrschten. Mit der Nutzung der Dampfmaschinenkraft begann um 1820 das "Technische Zeitalter". Die handwerklich orientierte Eisenverarbeitung wich immer mehr einer fabrikmäßigen Massenproduktion.
Der gestiegene Grundstoffbedarf, aber auch der Absatz der Waren konnte trotz des sich langsam entwickelnden Straßennetzes nicht ausreichend gedeckt werden. Die Schifffahrt auf Rhein und Ruhr war von wesentlicher Bedeutung. Die im Raum Kettwig, Kupferdreh, Steele, Überruhr bis Witten seit vielen Jahrhunderten vorgefundene und mit primitiven Mitteln geförderte Kohle bedurfte ebenfalls neuer Absatzmärkte. Da die Förderstellen vielfach in Fluss nähe lagen, war es insbesondere die seit etwa 1780 bestehende Ruhrschifffahrt, die die Kohle auf "Aaken" abtransportierte.
Das Bergische Land mit seinen aufblühenden Industrien und der bevölkerungsreichen Stadt Elberfeld und deren Randgebiete, hatten deshalb von den nur eine Tagesreise entfernt liegenden Förderstellen wenig von den Kohleschätzen. Die Kohle musste vor dem Bau einer Eisenbahn zuerst mühsam über die Hügel des Bergischen Landes in Richtung Wupper mit Pferd und Wagen oder Tragtieren sackweise transportiert werden und verteuerte so den Preis erheblich.
Im Jahre 1825, also rd. 10 Jahre vor der Eröffnung der ersten Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth, befasste sich der Industrielle Friedrich Harkort aus Wetter a. d. Ruhr intensiv mit den Eisenbahnerfahrungen in England und Amerika und wies schon früh auf die Bedeutung von Eisenbahnen hin. So hatte Harkort eine Eisenbahnverbindung vom Rhein zur Nordsee vorgeschlagen. Der Grund dafür war, dass die Niederländer, bedingt durch die Auswirkungen des Wiener Kongreß von 1815, den Rheinverkehr mit hohen, vertragswidrigen Schiffszöllen belegten.
In einem Zeitungsartikel der Schwelmer Zeitschrift "Hermann" schrieb Harkort am 30. März 1825 zum Thema Eisenbahn: "Die Eisenbahnen werden manche Revolution in der Handelswelt hervorbringen. Man verbinde Elberfeld, Köln, Düsseldorf, Duisburg mit Bremen und Emden und Hollands Zölle sind nicht mehr. Wie glänzend würden die Gewerbe vom Rheinland Westfalen bei einer solchen Verbindung mit dem Meer sich gestalten?"
Im gleichen Jahr, als der Harkortsche Artikel erschien, fuhr am 27. September 1825 zwischen Stockton und Darlington erstmals eine öffentliche Dampfeisenbahn. Harkort, von Pioniergeist geprägt, trat mit einem weiteren Projekt an die Öffentlichkeit. Er schlug vor, mit Hilfe einer Schienenverbindung, die Kohlenzechen mit den aufblühenden Industrieunternehmungen im bergisch-märkischen Raum zu verbinden, und zwar längs des Deilbachtals über Kupferdreh nach Nierenhof. Durch eine derartige Verbindung, so führte er aus, sei zu erreichen, dass die Kohlenfrachtsätze für die Industrien im Wuppertale gesenkt würden, denn die Höhe der Beförderungskosten begann insofern zu einer Lebensfrage für den bergisch-märkischen Raum zu werden, als die einheimischen Erzeugnisse auf den naheliegenden Märkten durch englische Waren verdrängt wurden. Die Handelskammer Elberfeld führte zur Kostenfrage u. a. aus: Der Bergscheffel Kohle, der von der Zeche mit drei Silbergroschen berechnet wird, kostet in Elberfeld nach einem Transport von kaum drei Meilen elf Silbergroschen.
Die Harkortschen Anregungen fanden zwar Beachtung, wurden aber zunächst nicht aufgegriffen. Zur Demonstration ließ Harkort daher 1826 in seiner Werkstatt das Modell einer Einschienenbahn nach einem Vorschlag des englischen Ingenieurs Palmer fertigen und zwar ähnlich nach der Art einer Schwebebahn. Auf einer Einschienenbahn, auf ein Meter hohen Pfählen gesetzt, fuhren zwei Spurräder, die mit Eisenstangen verbunden waren. An diesen Stangen hingen die beiden Seitenkästen, die das Gleichgewicht hielten und ca. zwei to Tragkraft hatten. Diese Loren sollten von Pferden gezogen werden. Harkort hielt diese Beförderungsart durchaus für geeignet, die dringend benötigten Kohlen von der Ruhr zur Wupper zu transportieren. Dieser Vorschlag konnte aber wegen auftretender technischer Mängel nicht verwirklicht werden. Eine Vielzahl von Gegnern führten bei Bekanntwerden des Projektes aus, dass die Kohlenfuhrleute um ihren Erwerb gebracht würden und somit auch ein Ausfall an Chausseegeldern zu erwarten seien. Einige der von der geplanten Strecke abseits liegenden Grubenbesitzer fürchteten eine Benachteiligung und forderten die Staatsregierung auf, diesem Projekt keine Konzession zu erteilen.
Harkort verzagte nicht und trat weiterhin für den Bau von Eisenbahnen ein. Im gleichen Jahr bildete sich in Elberfeld unter Leitung des damaligen Oberbürgermeisters Brünning ein Eisenbahnkomitee, dass die Baupläne einer Eisenbahnanlage von den Kohlenzechen an der Ruhr in das Wuppertal in Zusammenarbeit mit Harkort weiterverfolgte. Zu den Initiatoren zählten der Bankier und spätere preußische Handelsminister August von der Heydt sowie eine Vielzahl von Fabrikbesitzer und Großkaufleute. Doch bevor ein derartiges Projekt verwirklicht werden konnte, wurden schon zuvor von weitsichtigen Gewerkschaften kurze Schmalspurbahnen - nicht nach dem Palmerschen Vorbild - mit Pferdebetrieb eingerichtet, so 1828 die Rauentalbahn bei Hattingen und 1829 die Muttentalbahn sowie die 1829 begonnene und erst 1832 fertiggestellte Schlebusch-Harkortsche Kohlenbahn. Letztlich folgte dann im August 1830 der Bau der Deilbachtalbahn, die nach Lösung und Überwindung aller Schwierigkeiten im Juni 1831 in Betrieb genommen wurde. Diese rd. 7,3km lange zweigleisige schmalspurige Eisenbahn mit einer Spurweite von 25 Zoll (rd. 65cm) zwischen dem Himmelfürster Erbstollen bei der Gemeinde Überruhr durch das Deilbachtal zur Gemeinde Schwerling, der jetzigen Stadt Nierenhof, begründete den Beginn des Eisenbahnzeitalters in Deutschland; sie als erste Eisenbahn in Deutschland zu bezeichnen, ist jedoch verfehlt. In Nierenhof wurde ein Kohlenmagazin errichtet und von hier wurden die Kohlen auf sackbepackten Pferden oder mit Fuhrwerken ins Bergische Land bzw. in das Tal der Wupper transportiert. Zuvor gründete in den Jahren 1828/29 der Arzt Dr. Voss aus Steele, ein Schwager Harkorts und der Kaufmann Mohl aus Barmen die erste Eisenbahngesellschaft, die schließlich den Bau der Bahn ausführte.
Gegen den Bau dieses Schienenweges protestierten die Fuhrleute bzw. Pferdehalter bei der preußischen Regierung, weil sie um ihre berufliche Existenz fürchteten. Dass die Deilbachtalbahn mit Dampfloks betrieben werden sollte, die preußische Regierung aber hierzu die Genehmigung nicht erteilte, geht aus den vorgefundenen Unterlagen nicht hervor. In verschiedenen Veröffentlichungen wird erwähnt, Friedrich Wilhelm III. habe durch sein Veto den Einsatz von Dampflokomotiven, wenn auch englischer Herkunft, verhindert. In England habe sich zuvor ein Eisenbahnunglück mit tödlichem Ausgang ereignet, so wurde fadenscheinig argumentiert und verbot kurzerhand den Betrieb mit Lokomotiven. Daher wurden die Kohlenwagen von Pferden gezogen.
Anlässlich eines am 20. September 1831 erfolgten Besuches des Prinzen Wilhelm, dem späteren Kaiser Wilhelm I., erhielt die Deilbachtalbahn den offiziellen Namen "Prinz Wilhelm-Bahn". Diesen Namen behielt sie noch für einige Jahre. Nach dem im Jahre 1841 erfolgten Ausbau der Strecke Düsseldorf - Vohwinkel durch die Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn lag der Gedanke nahe, die schmalspurige Bahn in eine Normalspurbahn von Überruhr nach Steele und von Nierenhof über Langenberg nach Vohwinkel auszubauen bzw. zu verlängern, um weiterhin den Abtransport der geförderten Kohlen sicherzustellen. Am 27. Juli 1844 wurde mit dem Bahnbau begonnen und am 1. Dezember 1847 die Strecke von Steele über Langenberg, Neviges nach Vohwinkel mit Dampflokomotiven in Betrieb genommen. Am 14. Februar 1854 wurde die Verwaltung der Bahn zunächst vom preußischen Staat, dann ab 1. Januar 1863 von der Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft übernommen.
Nach dieser kleinen Episode nun zurück zu den Anfangsjahren, des sich entwickelnden Eisenbahnverkehrs in den Regionen von Ruhr und Wupper. Erinnert sei daran, dass der damalige Deutschen Bund dem Bau und Betrieb von Eisenbahnen im Allgemeinen nicht sehr aufgeschlossen gegenüberstand, es sogar stets abgelehnt hatte, Eisenbahnen zu betreiben. Entgegen den anderen deutschen Staaten (Baden, Braunschweig, Hannover, später auch Bayern und Sachsen), die den Bau und Betrieb von Eisenbahnen selbst in die Hand nahmen, überließ der preußische Staat dieses den privaten Gesellschaften. Daher bildeten sich etwa ab 1832 vielfach sogenannte Eisenbahnkomitees oder Interessengruppen, denen dann von ihrer Regierung Konzessionen zum Bau und Betrieb von Eisenbahnen erteilt wurde, über die aber letztlich der Staat die Aufsicht behielt. Durch die Konzessionserteilung übte er einen gewissen Einfluss auf die Fahrplan- und Tarifgestaltung und dergleichen aus. Nur dann, wenn keine weitere Möglichkeit bestand, übernahm der preußische Staat den Bau und Betrieb einer Eisenbahnlinie. Dieses geschah beispielsweise - wie zuvor erwähnt - durch die Übernahme der Prinz Wilhelm - Bahn im Jahre 1854. Aber auch dort, wo ein staatspolitisches Interesse bestand, wurde der Bahnbau intensiviert.
Der Preußische Staat hatte bereits durch Gesetz vom 3. November 1838 den Bau und Betrieb der Eisenbahn näher geregelt und so vorrangig Privatunternehmern die Möglichkeit des Eisenbahnbaus überlassen. Trotz der staatlichen Zurückhaltung entwickelten sich die Schienenwegebau entgegen den anderen damaligen Ländern auf preußischem Gebiet am schnellsten. Es entstanden in den folgenden Jahren durch privaten Unternehmergeist und Kapital eine Vielzahl von Eisenbahngesellschaften, wie die Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft, die Rheinische Eisenbahngesellschaft, die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft und die Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft. Die Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft wurde 1858 von der Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft übernommen. Die staatliche Aufsichtsbehörde für beide Gesellschaften war die am 14. September 1850 eingerichtete Königliche Eisenbahn - Direktion in Elberfeld.
Aber es dauerte noch gut 40 Jahre, bis Preußen von der gesetzlichen Regelung abging und beschloss, selbst Eisenbahneigner zu werden. Durch Gesetze vom 20. Dezember 1879 und vom 14. Februar 1880 gingen zunächst ab 1. Januar 1880 der Betrieb und die Verwaltung der privaten Rheinischen Eisenbahn in die preußische Staatseisenbahn über; es folgten im Rahmen der Verstaatlichung am 1. Februar 1880 die Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft und am 1. Januar 1882 die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft.
Nachdem am 7. Dezember 1835 die erste deutsche Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth den Verkehr aufnahm, kam es schon 1836 in Minden zur Gründung der Rhein-Weser Eisenbahngesellschaft mit dem Projektvorschlag, eine Eisenbahnverbindung von Köln über Düsseldorf - Hagen - Dortmund nach Minden herbeizuführen. Obwohl mit den Bauarbeiten auch schon teilweise begonnen war, aber eine Einigung über den weiteren Streckenverlauf nicht erreicht werden konnte, wurde die Gesellschaft wegen auftretender Finanzierungsschwierigkeiten schon 1839 liquidiert.
Nach wie vor waren es die Elberfelder Kaufmannschaften und A. von der Heydt, die von der "Nützlichkeit und Notwendigkeit" einer Eisenbahn angetan waren, galt es doch, die Rohgüter, u. a. Baumwolle aus Übersee, vom Rheinhafen Düsseldorf zu den Spinnereien und Webereien des Bergischen Landes zu transportieren und die Erzeugnisse der sich weiter entwickelnden Industrien längs der Wupper zu Beginn des 19. Jahrhunderts schneller anderen Märkten, auch linksrheinisch, zuzuführen. So schlugen schon 1832 die Handelskammern von Düsseldorf und Elberfeld den Bau einer Eisenbahn zwischen beiden Städten vor. Es bildete sich ein Eisenbahnkomitee, dass sich mit der Planung des Projektes beschäftigte. In der Generalversammlung am 29./30. Oktober 1835 kam es dann zur Gründung der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft mit einem Aktienkapital von rd. 2,25 Mio Mark. Am 5. Februar 1837 erteilte die Königlichen Regierung die vorläufige Konzession und stimmte dem Projekt einer Eisenbahnverbindung zwischen Düsseldorf und Elberfeld zu.
Bereits am 20. Dezember 1838 konnte die erste Eisenbahn im Rheinland auf dem Streckenabschnitt Düsseldorf - Erkrath den Betrieb (8,6km) aufnehmen. Schon am 3. September 1841 fuhren dann die ersten Züge östlich des Rheins auf der 26,7km langen Strecke von Düsseldorf nach Elberfeld-Steinbeck.
Von Anfang an war diese Strecke nur die Rolle einer Zweigbahn zugedacht worden. In einer Denkschrift des Verwaltungsrates der Eisenbahngesellschaft vom 18. April 1837 hatte man drei verschiedene Trassenführungen, so u. a. von Düsseldorf über Mettmann nach Wichlinghausen vorgeschlagen. Der Ausbau dieser Strecke scheiterte zunächst am Widerstand der Stadt Mettmann; hier waren es insbesondere die Fuhrunternehmer, die durch die Eisenbahn ihr Gewerbe bedroht sahen. Bei der Projektierung eines weiteren Trassenverlaufs war man allzu sorglos herangegangen und entschied sich dann für den Bau der Strecke Düsseldorf - Hochdahl. Gerade auf diesem Streckenabschnitt galt es, die topographisch schwierigen Verhältnisse im Raum Erkrath / Hochdahl mit einer Steigung von 1:30 auf einer Länge von 2,4km und einem Geländehöhenunterschied von rd. 80m zu überwinden.
So entstand schon in den Anfangsjahren des Eisenbahnwesens eine Strecke, die rd. 85 Jahre Bestand hatte. Um die Steigung bewältigen zu können, wurden auf Empfehlung des Engländers Robert Stephenson jr. die Züge mit Hilfe eines Seilzuges durch ortsfeste Dampfmaschinen die Steilrampe hinaufgezogen. Später löste man das Problem dadurch, dass mittels eines Seiles über eine Umlenkrolle der talwärts fahrende Zug den Gegenzug auf dem anderen Gleis den Berg hinaufziehen musste. Ab 1855 hingegen wurden - anstelle der talwärts fahrenden Züge - besondere Lokomotiven mit einer hohe Zugkraft eingesetzt. Diese Seilfahrt für Eisenbahnzüge endete am 10. August 1926. Erst dann war es möglich, mit Hilfe schwerer Lokomotiven die Züge von Erkrath nach Hochdahl zu schieben. Mit der beginnenden Elektrifizierung zwischen Düsseldorf, Erkrath, - Hochdahl und Wuppertal in den Jahren 1963/64 und des Einsatzes von Elektroloks war eine technische Hilfe zur Bewältigung der Steigung nicht mehr erforderlich.
Die Rheinische Eisenbahngesellschaft eröffnete dann am 19.09.1879 den Verkehr auf der Strecke Düsseldorf / Gerresheim - Mettmann - (Wuppertal) Wichlinghausen - Hagen. Diese erlangte aber nie die Verkehrsbedeutung, wie die Strecke über Erkrath - Hochdahl.
Die folgende Übersicht zeigt in chronologischer Reihenfolge die wichtigsten Streckenabschnitte und deren Eröffnung im Rheinland (rechter Niederrhein) bis zur Verstaatlichung der privaten Eisenbahngesellschaften um 1880. Die später eröffneten und unter staatlicher Regie gebauten Eisenbahnstrecken im Bereich der Eisenbahndirektion Elberfeld wurden teilweise miterfasst:
Vorderseite des Staatsbahnhof Hösel um die Jahrhundertwende. Im Hintergrund das heute noch stehende markante Wohnhaus am Bahnübergang.
Eröffnung | Streckenabschnitt | Länge |
Düsseldorfer-Elberfelder-Eisenbahngesellschaft | ||
20.12.1838 | Düsseldorf - Erkrath | 8,6km |
21.05.1841 | Erkrath - Vohwinkel | 12,4km |
03.09.1841 | Vohwinkel - Elberfeld | 5,7km |
Rheinische Eisenbahngesellschaft | ||
01.09.1866 | Osterath - Essen | 34,0km |
15.12.1867 | Essen - Wattenscheid | 9,0km |
19.11.1874 | Wattenscheid - Dortmund | 26,3km |
01.02.1876 | Düsseldorf - Rath | 7,2km |
15.06.1878 | Rüttenscheid - Steele | 5,8km |
21.01.1879 | Steele - Altendorf | 3,8km |
19.09.1879 | Düsseldorf - Dortmund/Hörde | 75,1km |
Köln-Mindener-Eisenbahngesellschaft | ||
09.10.1847 | Düsseldorf - Duisburg | 23,5km |
15.05.1847 | Duisburg - Wanne - Dortmund - Hamm | 89,3km |
Bergisch-Märkische-Eisenbahngesellschaft | ||
09.10.1847 | Elberfeld - Schwelm | 10,5km |
28.12.1848 | Schwelm - Hagen - Dortmund | 47,8km |
01.01.1848 | Vohwinkel - Kupferdreh - Überruhr - Steele (Prinz Wilhelm Eisenbahn) | 32,1km |
01.02.1872 | Düsseldorf - Oberbilk - Kettwig - Kupferdreh | 35,5km |
Preußische-Staatsbahn | ||
20.05.1884 | Oberbarmen - Hattingen | 22,3km |
01.02.1886 | Aprath - Wülfrath | 3,7km |
01.11.1888 | Wülfrath - Velbert | 8,6km |
28.05.1903 | Ratingen - Wüfrath | 17,2km |
Deutsche Reichsbahn | ||
01.04.1925 | Velbert - Heiligenhaus | 6,4km |
03.08.1926 | Heiligenhaus - Kettwig | 6,2km |
Ganz anders verlief die Entwicklung der Ruhrgebietsstrecken. Von der Harkotschen Idee angetan, setzte sich 1842 die Handelskammer Essen in einem Memorandum schon früh für den Bau einer Bahnlinie ein. Man erhoffte sich dadurch, eine für die Region wesentliche Standortverbesserung zu erreichen und neue Absatzchancen für Kohle und Eisen zu schaffen.
Die am 9. Oktober 1843 gegründete Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft legte den Grundstein für die Entwicklung der Eisenbahn östlich des Rheins, denn bereits am 9. Februar 1846 konnte der Verkehr von Köln/Düsseldorf nach Duisburg und am 15. Mai 1847 von dort weiter über Oberhausen - Altenessen - Wanne - Dortmund nach Hamm (in Richtung Minden mit Anschluss Hannover) aufgenommen werden.
Die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft als Nachfolgegesellschaft der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahngesellschaft baute hingegen die Strecke von Elberfeld/Steinbeck - Hagen - Dortmund aus und eröffnete am 20. Dezember 1848 den Verkehr auf diesem Streckenabschnitt. Die Ruhr- und Wupper-Schienen waren miteinander verbunden.
In der Mitte des vorigen Jahrhunderts gingen dann die Eisenbahngesellschaften dazu über, neue Bahnlinien dort einzurichten, wo noch ein weiterer Bedarf für Industrie und Bergbau bestand. Von einigen Stichbahnen abgesehen, war der Ausbau eines Eisenbahnnetzes zwischen Ruhr und Wupper geboten.
Erwähnenswert ist hier noch der am 30. Juni 1866 gefasste Beschluss der Aktionärsversammlung der Bergisch- Märkischen Eisenbahngesellschaft, eine Bahnlinie von Düsseldorf über Ratingen, Hösel, Kettwig nach Kupferdreh zu bauen. Zwar wurde die Konzession zum Bau der Strecke schon am 1. Oktober 1866 erteilt, jedoch dauerte es noch bis zum 1. Februar 1872/ 12. Februar 1872 bis der Personen- bzw. Güterverkehr in Betrieb genommen werden konnte. In den Anfangsjahren hielten die Züge in Hösel nur bei Bedarf; erst im Jahre 1897 wurde der noch heute bestehende Bahnhof errichtet.
Staatsbahnhof Hösel, links unten: Güterschuppen Hösel und Klb. Endhaltestelle Sammlung: Weidle