Lateinische Grammatik kompakt ist ein unverzichtbares Vademecum auf dem Weg zum Latinum. In 12 Lektionen stellt es das Rüstzeug für die Prüfung zum Erwerb des Latinums bereit. Als Lehrbuch bietet es eine verständliche sowie klar strukturierte Einführung in die syntaktischen Grundlagen der lateinischen Grammatik, soweit sie für den Erwerb des Latinums Voraussetzung sind. Die gesamte Kasussyntax wird ausführlich behandelt, ebenso das Verbum infinitum (Infinitiv, Acl, AcP, PC, Ablativus absolutus, Gerundium, Gerundivum), der Konjunktiv im Hauptsatz u. a. Darüber hinaus ist Lateinische Grammatik kompakt ein einzigartiges Repetitorium: 900 Übungssätze und Phrasen, sämtlich mit Musterlösungen versehen, dienen dem Training aller erfolgsrelevanten Phänomene bis zur sicheren Beherrschung. Ein Extra-Kapitel zur Übersetzungstechnik sowie ein Anhang mit vollständiger Darstellung der Subjunktion „cum“, dem überhaupt wichtigsten und schwierigsten lateinischen Wort, ergänzen das Buch. Lateinische Grammatik kompakt ermöglicht in Kombination mit einem entsprechenden Lehrbuch sowie Culmina oder Fastigia, Kompendia ehemaliger Latinum-Prüfungstexte, eine optimale Vorbereitung auf die Latinumsprüfung. Konzipiert wurde dieses Lehr- und Übungsbuch speziell für die Latinum-Intensivkurse beim Sprachinstitut Ad Fontes in Berlin.
Lucius Annaeus Senecio, geboren 1973 in Landshut/Bayern, studierte Altertumswissenschaften und Kunstgeschichte an der Universität Salzburg sowie Musikpädagogik am Salzburger Mozarteum. Er unterrichtet Latein, Altgriechisch, antike Rhetorik und Philosophie an dem von ihm gegründeten Sprachinstitut Ad Fontes in Berlin. Seinen Schülern ist Senecio als klassischer Humanist unter den Sprachlehrern bekannt geworden, indem er nicht nur solide und fundierte philologische Kenntnisse mit Humanität und Witz vermittelt, sprachliche Phänomene eingängig enträtselt, sondern insbesondere auch an den kulturhistorischen Schätzen sowie der philosophischen Weisheit der antiken Geister als lebendigem Erbe des Altertums teilhaben läßt. Auf diesem Wege hat er bereits zahlreiche Sprachschüler zum Latinum und Graecum geführt. Als Autor und Übersetzer hat sich Senecio vor allem anderen auf die hellenistisch-römische Philosophie sowie die antike Rhetorik spezialisiert.
AD FONTES
Institut für Antike Sprachen
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6. überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage
© 2014 Lucius Annaeus Senecio
Alle Rechte vorbehalten.
www.institut-adfontes.de
Umschlagmotiv: Pont de la Lône, Provence, Frankreich, © Richard Semik/123rf.COM
Layout & Satz, Covergestaltung: Hypatia Sindy Senecio
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt.
ISBN: 978-3-844827-46-0
Grammatik (
[
] = „dem Buchstaben zugehörige Wissenschaft“) ist die Anatomie der Sprache. Sie lehrt uns Bau und Funktionsweise sowohl einzelner Wörter als auch zusammengehöriger Wortgruppen und ganzer Sätze. Indem sie dieses aber vollbringt, lehrt sie uns ein tiefes Verstehen der geschaffenen Welt, deren Teile Sprache beschreibt, welche eben der Leib ist, dessen Glieder und Organe die Grammatik erforscht. Jedes Ding, das in der Welt ist, kann beschrieben werden; die Farben, welcher wir uns bedienen, sind Wörter, Werkzeuge aber Zunge und Feder.
Schon Aristoteles stellte fest, daß es Grundbegriffe aller Dinge gibt, die sich unter keinen gemeinsamen Oberbegriff subsummieren lassen. Diese Grundbegriffe nannte er Kategorien. Hauptkategorie ist die Substanz (Sein an sich), welche stets bestimmt ist durch Akzidentia (Sein an einem anderen), derer neun existieren: Tun, Leiden, Lage, Zustand, Quantität, Qualität, Relation, Raum, Zeit.
Nun gibt es aber vier Hauptwortarten, welche geeignet sind, den Kosmos des Seins zu beschreiben: Substantiv, Verb, Adjektiv, Adverb. Der Substanz ist das Substantiv zugeordnet, dem Tun und Leiden, der Lage und dem Zustand das Verb, der Quantität, Qualität und Relation das Adjektiv, dem Raum und der Zeit das Adverb.
Nichts existiert, das sich nicht wenigstens durch Form und Existenz auszeichnet. Deshalb muß jede Seinsbeschreibung mindestens aus einem Prädikat (Verb) und einem Subjekt (Substantiv [oder Vertreter]) bestehen. Wollen wir jedoch nicht nur bloßes Sein beschreiben, sondern komplexes Geschehen, bedürfen wir der Objekte, Adverbialia und Attribute. Fehlen uns die Wörter und die Kunst ihrer Anwendung, können wir nicht zum Ausdruck bringen, was wir sehen, auch aber – und dies ist bei weitem bedeutender – nicht denken, was gedacht werden kann, und was immer wir nicht im Kopf haben, können wir auch nicht auf den Lippen haben: Wenn wir etwas nicht wissen, nicht verstehen, können wir es auch nicht sagen und, falls es sich um Moralisches handelt, nicht einmal tun. Wer immer nämlich nicht denken kann, was das Gerechte sei, kann es auch nicht sagen, weit weniger noch tun. Das doch ist ein erbärmlich Dasein, in dem etwas moralisch Gutes gerade einmal vom Zufall vollbracht werden kann!
Höhe und Tiefe des Denkens hängen von der Beherrschung der Grammatik ab, und niemand, der nicht bewußt vom Aktiv ins Passiv zu wechseln vermag, versteht die Welt, in die er hineingeboren, auch nur ansatzweise. Grammatik ist der Schlüssel zum Verstehen, und wer immer ihn nicht hat, tappt im Dunkeln.
Wer mit dem durchaus beachtlichen Vorsatz, möglichst schnell möglichst solide Kenntnisse zu erwerben, an das Studium der lateinischen Sprache heranschreitet, bedarf gewisser Voraussetzungen, wenn sein Vorhaben soll gelingen.
Schon Quintilian (35 - 100), der überhaupt bedeutendste Pädagoge und Lehrer der lateinischen Beredsamkeit, hat gesagt, daß von allem das Wichtigste Talent ist, der Fleiß allein aber so manches vermag zumal dann, wenn er der Wissenschaft Frucht hervorgebracht hat.

Das doch bedeutet für uns, daß wir auf drei Ebenen das meiste leisten müssen, auf der ersten aber mehr noch denn auf der zweiten, auf der zweiten mehr denn auf der dritten. Ohne gute Kenntnis nämlich der deutschen Grammatik, ohne lückenlose Beherrschung der Formen (Morphologie), ohne sichere und absolut diszipliniert angewandte Technik der Übersetzung muß nichts gelingen, alles scheitern. Wo jedoch die Grundlagen der lateinischen Syntax fehlen, die Phrasen des Grundwortschatzes nicht dem Gedächtnis anvertraut sind, dort sind selbst virtuose Technik und alle aus dem Ärmel geschüttelten Formen machtlos. Zuletzt wollen auch die wichtigsten Vokabeln dem aktiven Wortschatz einverleibt sein, da man zwar jedes Wort nachzuschlagen vermag, im semantischen Dunkel jedoch ohne hinreichende Kenntnis zu Fall und erst recht nicht im Rahmen der Zeit ans Ziel kommen wird, zumal bei äußerst bescheidenen historischen Kenntnissen der höchst komplexe Kontext wuchernde Irrungen und Wirrungen zeitigen wird.
Wer immer aber in all diesen Dingen tadellos sein wird, wird seiner Ziele Herr sein so weit, wie weit uns Sterblichen Gewalt gegeben über unsere Ziele das unsterbliche Geschick.

Das Satzglied oder Satzteil ist ein Wort (einfaches Satzglied) oder eine Wortgruppe (komplexes Satzglied). Die Satzglieder sind die wichtigsten Elemente, welche einen jeden Satz bilden mit Wörtern, die keine Satzglieder sein können, wie ein jeder wahre Staat einen Herrscher hat, sich politisch betätigende Bürger und solche, die sich nicht politisch betätigen können.
Es gibt fünf Satzglieder, sieht man davon ab, daß das Attribut wesentlich kein Satzglied ist, da es nicht direkt vom Verbum (Prädikat) abhängt. Das Attribut kann daher sekundäres Satzglied genannt werden.
Wörter aller Art können Satzglieder sein außer den indeclinabilia, abgesehen vom Adverb. Wörter folgender Art also können keine Satzglieder sein:
Das Satzglied kann auch als Gliedsatz erscheinen; das ist ein Satz an Stelle eines Satzgliedes.
2.1 Prädikat
Das Prädikat ([öffentlich] Ausgesagte) ist der grammatische Kern einer Aussage.
2.1.1 Verbales Prädikat
Dieses besteht nur aus der finiten Form des Verbes.
Der Weise zürnt nicht.
2.1. 2 Nominales Prädikat
Dieses besteht aus Kopula (Satzband) und Prädikatsnomen.
Der Weise ist frei des Zorns.
2. 2 Subjekt
Das Subjekt (Unterlegte) ist das der Aussage zugrunde Liegende. Es wird ergründet mittels der Frage „wer oder was?“.
Das Subjekt kann ein einzelnes Wort sein, eine Wortgruppe oder ein ganzer Nebensatz, den man in seiner Eigenschaft als Satzglied auch Gliedsatz nennt. Der Relativsatz ist von seinem Wesen her eher Attribut eines Subjekts als selbst Subjekt. Das Subjekt tritt also in folgenden sechs Gestalten auf:
| • Nomen | → Philosophus sum. |
| • Infinitiv | → Errare humanum est. |
| • Acl | → Virtutem appetendam esse constat. |
| • Ncl1 | → Galli ibi castra oosuisse putantur. |
| • Gliedsatz | → Ut bellum cum rege Perse qereret, obtigit. |
| • Relativsatz2 | → Bis dat, qui cito dat. |
2. 3 Objekt
Das Objekt (Gegenübergelegtes) Ist das der Aussage gegenüber Liegende. Es wird ergründet vermittels der Fragen „wen oder was?“ (Akkusativ-Objekt), „wem?“ (Dativ-Objekt) oder „wessen?“ (Genitiv-Objekt).
Das Objekt kann ein einzelnes Wort sein, eine Wortgruppe oder ein ganzer Nebensatz, den man in seiner Eigenschaft als Satzglied auch Gliedsatz nennt. Der Relativsatz ist von seinem Wesen her eher Attribut eines Objekts als selbst Objekt. Das Objekt tritt also in folgenden sechs Gestalten auf:
| Nomen | → Platonem laudo. |
| • Nomen + Präposition | → Socrates semper de virtute locutus est. |
| • Infinitiv | → Cantare possum. |
| • Acl | → Cato Carthaqinem delendam esse dicebat. |
| • Gliedsatz | → Timeo, ut veniat. |
| • Relativsatz3 | → Turn Liscus, quod antea tacuerat, proponit. |
2.4 Adverbiale
Das Adverbiale bestimmt die Handlung, den Zustand oder den Vorgang, welchen das Verb zum Ausdruck bringt, genauer und gibt also die Umstände an. Die Adverbialia werden in semantische Klassen eingeteilt, welcher die wichtigsten sind
| • Lokaladverbialia | → Ort | → wo? |
| • Temporaladverbialia | → Zeit | → wann? |
| • Modaladverbialia | → Art & Weise | → wie? |
| • Kausaladverbialia | → Grund | → warum? |
| • Instrumentaladverbialia | → Mittel | → womit? |
Das Adverbiale kann ein einzelnes Wort sein, eine Wortgruppe oder ein ganzer Nebensatz, den man in seiner Eigenschaft als Satzglied auch Gliedsatz nennt. Das Adverbiale tritt also in folgenden acht Gestalten auf:
| • Substantiv4 | → summa virtute pugnare |
| • Substantiv + Präposition | → summa cum virtute pugnare |
| • Gerundium | → Audendo atque agendo res Romana crevit. |
| • Adverb5 | → Bis dat, qui cito dat. |
| • Prädikativum6 | → Octavianus primus princeps factus est. |
| • ablativus absolutus | → Amulio necato Numitor rex factus est. |
| • | Adverbialsatz | → Croesus, cum divitissimus esset, non fuit beatus. |
| • | Supinum | → Galli nuntium miserunt ropatum auxilia. |
2. 5 Attribut
Das Attribut dient der Näherbestimmung von Substantiv, Adjektiv, Adverb.
2. 5.1 Adjektivische Attribute
| • Adjektiv | → Orator est vir bonus dicendi peritus. |
| • Partizip | → pugna ad Cannas facta |
| • Pronomen | → Quae dementia est supervacua discere! |
| • Gerundiv | → Industria laudanda laudo. |
2. 5. 2 Substantivische Attribute