Reihe: Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, Band 33
Hrsg. von Claus Bernet
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Berlin, 22. August 2015, 2. Aufl.
Edition Graugans, Berlin
Herstellung und Verlag: Bod - Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7392-9476-6
GG Wissenschaft ist ein Imprint der Edition Graugans, Berlin
Das Wort Mosaik leitet sich aus dem spätlateinischen Musaicum (opus) (Werk, das den Musen gewidmet ist) ab. Schon in der Antike war diese Technik beliebt, da Mosaike ihre Leuchtkraft nicht verlieren und die Jahrhunderte überdauern. Gerade Rom, das geistige und politische Zentrum der Spätantike, hatte bezüglich des Neuen Jerusalem so viele Mosaike vorzuweisen, dass diese in einem eigenen Band präsentiert wurden (Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, Bd. 2). Außerhalb Roms konnte noch Ravenna mit kostbaren Mosaiken konkurrieren, wie beispielsweise die Kirche Sant’Apollinare ein besonders schönes Werk aus dem 7. Jahrhundert beherbergt. Das Mittelalter, die Renaissance, der Barock und der Klassizismus kennen dann kaum einmal ein Mosaik mit dem Neuen Jerusalem. Warum sich in diesen Stilepochen unzählige Gemälde, Drucke, Glasfenster etc. zu Jerusalem finden, aber keine Mosaike, bleibt letztlich unerklärlich.
Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden wieder Kirchen mit Mosaiken ausgestattet, die das Himmlische Jerusalem zeigen. Fast scheint es, als ob die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs das Bestreben nach festen, feuersicheren Materialien befördert hat. Namhafte Künstler und auch auffallend viele Künstlerinnen nehmen sich auf einmal des Themas an: Angela Gsänger (geb. 1929), Charles (Carl) Crodel (1894-1973), Claus Wallner (1926-1979), Otto Habel (1922-1996), Siegfried Steege (gest. 2002), Isolde Joham (geb. 1932), Maria Sunniva Guer de Saavedra, Pär Andersson, Bo Viktor Beskow, Christel Poll (geb. 1914), Ehrentrud Trost, Josef de Ponte (1922-2006), Carl Unger (1915-1995), Benedict Schmitz, Vasco Nasorri, Anna Dorothea Kunz-Saile (geb. 1941), Anneke Kaai (geb. 1951) oder Madeline Diener. Ihre Mosaike findet man nicht allein in Deutschland oder Österreich, sondern auch in Schweden, Italien oder sogar in Israel und Bolivien. Es sind jedoch nicht mehr ausschließlich Apsiden, die mit Mosaiken verkleidet werden, sondern vermehrt sind es jetzt ganze Wandpartien im Innenraum von Kirchen, Tauf- oder Friedhofskapellen.
Unter den zahlreichen Künstlern und ihren Werken soll eingangs noch auf Pater Marko Ivan Rupnik, dem Leiter des Atelier Aletti, und seine Mitarbeiter hingewiesen werden. Das italienische Atelier Aletti arbeitet eng mit dem Vatikan zusammen und stattete in den letzten Jahren zahlreiche Kirchen mit Mosaiken aus. Auffällig oft wurde auch das Neue Jerusalem als Motiv gewählt, in einer Formensprache, die es einerseits durchaus als Werke unserer Zeit erkennbar macht, andererseits aber die römische Mosaiktradition der Antike neu belebt und fortschreibt.
Sant’Apollinare ist eine Kirche in Classe, einem südlich des Hauptortes gelegener Stadtteil von Ravenna. Berühmt ist sie vor allem durch die Wandmosaike in ihrem Inneren. Zusammen mit sieben weiteren altertümlichen Bauwerken in Ravenna wurde Sant’Apollinare in Classe von der UNESCO als Weltkulturerbe eingetragen.
Der große Triumphbogen des Giebels wurde zuletzt gestaltet. Manche Wissenschaftler datieren ihn zurück auf das 7., andere auf das 9. Jahrhundert. In der Mitte befindet sich ein Medaillon mit einem Bild Christi, mit verbundenen Augen und gerunzelter Stirn, segnend. Im Hintergrund mit rötlichem und blauem Himmel schweben die Symbole der vier Evangelisten, der Adler (Symbol für Johannes), der geflügelte Mensch (Symbol für Matthäus), der Löwe (Symbol für Markus) und der Stier (Symbol für Lukas). Im unteren Bereich verlassen zwölf Lämmer, die die Apostel darstellen, die heiligen Städte Jerusalem (links) und Bethlehem (rechts) und steigen zu Christus empor.
Die Mosaikapplikationen sind bezüglich der Stadt Jerusalem von ähnlichen Darstellungen in Rom und natürlich von solchen in San Vitale/Ravenna abhängig. Verzichtet wurde bei Sant’Apollinare in Classe allerdings auf einige Bauten, die einer solchen Stadtdarstellung üblicherweise aufgesetzt wurden, um den urbanen Charakter Jerusalems zu verdeutlichen. Hier schließen lediglich zwei Zinnen zwischen zwei Türmen die Mauerkante ab. Einzigartig dürften die rosablauen Wolken sein, die vor der Stadt am goldenen Himmel angebracht wurden.
Maria Cristina Pelà: La decorazione musiva della basilica ravennate di S. Appolinare in Classe, Bologna 1970.
Mario Mazzotti: S. Apollinare in Classe. Indagini e studi degli ultimi trent’anni, in: Rivista di archeologia cristiana, 62, 1/2, 1986, S. 199-219.
Gianni Morelli, Antonio Carile: Memorie d’eterno. I mosaici teodericiani in S. Apollinare Nuovo e il codice pur pureo di Rossano, Ravenna 2000.
Luise Abramowski: Die Mosaiken von S. Vitale und S. Apollinare in Classe und die Kirchenpolitik Kaiser Justinians, in: Zeitschrift für antikes Christentum, 5, 2, 2001, S. 289-341.
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