Richard Wagner: Der Ring des Nibelungen

 

 

Richard Wagner

Der Ring des Nibelungen

Das Rheingold

Die Walküre

Siegfried

Götterdämmerung

(Vollständiges Textbuch)

 

 

 

Richard Wagner: Der Ring des Nibelungen. Das Rheingold / Die Walküre / Siegfried / Götterdämmerung (Vollständiges Textbuch)

 

Vollständige Neuausgabe mit einer Biographie des Autors.

Herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2016.

 

Umschlaggestaltung unter Verwendung des Bildes:

Peter Cornelius, Hagen versenkt den Nibelungenhort, 1859

 

ISBN 978-3-8430-5726-4

 

Dieses Buch ist auch in gedruckter Form erhältlich:

ISBN 978-3-8430-4039-6 (Broschiert)

ISBN 978-3-8430-4042-6 (Gebunden)

 

Die Sammlung Hofenberg erscheint im Verlag der Contumax GmbH & Co. KG, Berlin.

 

Entstanden 1848–1874. Erstdruck der Dichtung als anonymer Privatdruck: Zürich 1853. Uraufführung 13.–17.08.1876, Festspielhaus, Bayreuth.

 

Der Text dieser Ausgabe folgt:

Richard Wagner: Die Musikdramen. Mit einem Vorwort von Joachim Kaiser, Hamburg: Hoffmann und Campe, 1971.

 

Die Paginierung obiger Ausgabe wird in dieser Neuausgabe wortgenau mitgeführt und macht dieses E-Book auch in wissenschaftlichem Zusammenhang zitierfähig. Das Textende der Vorlagenseite wird hier durch die Seitennummer in eckigen Klammern mit grauer Schrift markiert.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind über http://www.dnb.de abrufbar.

 

Vorabend

Das Rheingold

Schauplatz der Handlung

 

Vorspiel und Erste Szene: In der Tiefe des Rheines

 

Zweite Szene: Freie Gegend auf Bergeshöhen

 

Dritte Szene: Nibelheim

 

Vierte Szene: Freie Gegend auf Bergeshöhen[523]

 

Personen

 

Wotan

Donner

Froh

Loge, Götter

 

Fasolt

Fafner, Riesen

 

Alberich

Mime, Nibelungen

 

Fricka

Freia

Erda, Göttinnen

 

Woglinde

Wellgunde

Flosshilde, Rheintöchter

 

Nibelungen[524]

 

Vorspiel und Erste Szene

In der Tiefe des Rheines

 

Grünliche Dämmerung, nach oben zu lichter, nach unten zu dunkler. Die Höhe ist von wogendem Gewässer erfüllt, das rastlos von rechts nach links zuströmt. Nach der Tiefe zu lösen sich die Fluten in einen immer feineren feuchten Nebel auf, so daß der Raum der Manneshöhe vom Boden auf gänzlich frei von Wasser zu sein scheint, welches wie in Wolkenzügen über den nächtlichen Grund dahinfließt. Überall ragen schroffe Felsenriffe aus der Tiefe auf und grenzen den Raum der Bühne ab; der ganze Boden ist in ein wildes Zackengewirr zerspalten, so daß er nirgends vollkommen eben ist und nach allen Seiten hin in dichtester Finsternis tiefere Schlüffte annehmen läßt.

 

Um ein Riff in der Mitte der Bühne, welches mit seiner schlanken Spitze bis in die dichtere, heller dämmernde Wasserflut hinaufragt, kreist in anmutig schwimmender Bewegung eine der Rheintöchter

 

Volles Wogen der Wassertiefe.

 

WOGLINDE kreist um das mittlere Riff.

Weia! Waga!

Woge, du Welle,

walle zur Wiege!

wagala weia!

wallala weiala weia!

WELLGUNDES STIMME von oben.

Woglinde, wachst du allein?

WOGLINDE.

Mit Wellgunde wär ich zu zwei.

WELLGUNDE sie taucht aus der Flut zum Riff herab.

Laß sehn, wie du wachst!

 

Sie sucht Woglinde zu erhaschen.

 

WOGLINDE entweicht ihr schwimmend.

Sicher vor dir!

 

Sie necken sich und suchen sich spielend zu fangen.

 

FLOSSHILDES STIMME VON OBEN.

Heiala weia!

Wildes Geschwister!

WELLGUNDE.

Floßhilde, schwimm!

Woglinde flieht:

hilf mir die Fließende fangen!

FLOSSHILDE taucht herab und fährt zwischen die Spielenden.

Des Goldes Schlaf

hütet ihr schlecht![525]

Besser bewacht

des Schlummernden Bett,

sonst büßt ihr beide das Spiel!

 

Mit muntrem Gekreisch fahren die beiden auseinander: Floßhilde sucht bald die eine, bald die andre zu erhaschen; sie entschlüpfen ihr und vereinigen sich endlich, um gemeinsam auf Floßhilde Jagd zu machen. So schnellen sie gleich Fischen von Riff zu Riff, scherzend und lachend. – Aus einer finstren Schlufft ist währenddem Alberich, an einem Riffe klimmend, dem Abgrund entstiegen. Er hält, noch vom Dunkel umgeben, an und schaut dem Spiele der Rheintöchter mit steigendem Wohlgefallen zu.

 

ALBERICH.

Hehe! ihr Nicker!

wie seid ihr niedlich,

neidliches Volk!

Aus Nibelheims Nacht

naht ich mich gern,

neigtet ihr euch zu mir.

 

Die Mädchen halten, sobald sie Alberichs Stimme hören, mit dem Spiele ein.

 

WOGLINDE.

Hei! wer ist dort?

FLOSSHILDE.

Es dämmert und ruft.

WELLGUNDE.

Lugt, wer uns belauscht!

 

Sie tauchen tiefer herab und erkennen den Nibelung.

 

WOGLINDE UND WELLGUNDE.

Pfui! der Garstige!

FLOSSHILDE schnell auftauchend.

Hütet das Gold!

Vater warnte

vor solchem Feind.

 

Die beiden andern folgen ihr, und alle drei versammeln sich schnell um das mittlere Riff.

 

ALBERICH.

Ihr, da oben!

DIE DREI.

Was willst du dort unten?

ALBERICH.

Stör ich eu'r Spiel,

wenn staunend ich still hier steh?

Tauchet ihr nieder,

mit euch tollte

und neckte der Niblung sich gern.

WOGLINDE.

Mit uns will er spielen?

WELLGUNDE.

Ist ihm das Spott?

ALBERICH.

Wie scheint im Schimmer

ihr hell und schön

Wie gern umschlänge[526]

der Schlanken eine mein Arm,

schlüpfte hold sie herab!

FLOSSHILDE.

Nun lach ich der Furcht:

der Feind ist verliebt!

 

Sie lachen.

 

WELLGUNDE.

Der lüsterne Kauz!

WOGLINDE.

Laßt ihn uns kennen!

 

Sie läßt sich auf die Spitze des Riffes hinab, an dessen Fuße Alberich angelangt ist.

 

ALBERICH.

Die neigt sich herab.

WOGLINDE.

Nun nahe dich mir!

 

Alberich klettert mit koboldartiger Behendigkeit, doch wiederholt aufgehalten, der Spitze des Riffes zu.

 

ALBERICH hastig.

Garstig glatter

glitschriger Glimmer!

Wie gleit ich aus!

Mit Händen und Füßen

nicht fasse noch halt ich

das schlecke Geschlüpfer!

Feuchtes Naß

füllt mir die Nase –

verfluchtes Niesen!

 

Er ist in Woglindes Nähe angelangt.

 

WOGLINDE lachend.

Prustend naht

meines Freiers Pracht!

ALBERICH.

Mein Friedel sei,

du fräuliches Kind!

 

Er sucht sie zu umfassen.

 

WOGLINDE sich ihm entwindend.

Willst du mich frei'n,

so freie mich hier!

 

Sie taucht zu einem andern Riff auf.

 

ALBERICH kratzt sich in den Kopf.

Oh weh! du entweichst?

Komm doch wieder!

Schwer ward mir,

was so leicht du erschwingst.

WOGLINDE schwingt sich auf ein drittes Riff in größerer Tiefe.

Steig nur zu Grund:

da greifst du mich sicher.

ALBERICH hastig hinabkletternd.

Wohl besser da unten!

WOGLINDE schnellt sich rasch aufwärts nach einem höheren Riffe zur Seite.

Nun aber nach oben!

WELLGUNDE UND FLOSSHILDE lachend.

Hahahahaha!

ALBERICH.

Wie fang ich im Sprung[527]

den spröden Fisch?

Warte, du Falsche!

 

Er will ihr eilig nachklettern.

 

WELLGUNDE hat sich auf ein tieferes Riff auf der andern Seite gesenkt.

Heia, du Holder,

hörst du mich nicht?

ALBERICH sich umwendend.

Rufst du nach mir?

WELLGUNDE.

Ich rate dir wohl:

zu mir wende dich,

Woglinde meide!

ALBERICH indem er hastig über den Bodengrund zu Wellgunde hin klettert.

Viel schöner bist du

als jene Scheue,

die minder gleißend

und gar zu glatt. –

Nur tiefer tauche,

willst du mir taugen.

WELLGUNDE noch etwas mehr sich herabsenkend.

Bin nun ich dir nah?

ALBERICH.

Noch nicht genug!

Die schlanken Arme

schlinge um mich,

daß ich den Nacken

dir neckend betaste,

mit schmeichelnder Brunst

an die schwellende Brust mich dir schmiege!

WELLGUNDE.

Bist du verliebt

und lüstern nach Minne,

laß sehn, du Schöner,

wie bist du zu schaun? –

Pfui! du haariger,

höck'riger Geck!

Schwarzes, schwieliges

Schwefelgezwerg!

Such dir ein Friedel,

dem du gefällst!

ALBERICH sucht sie mit Gewalt zu halten.

Gefall ich dir nicht,

dich faß ich doch fest!

WELLGUNDE schnell zum mittleren Riffe auftauchend.

Nur fest, sonst fließ ich dir fort!

WOGLINDE UND FLOSSHILDE lachend.

Hahahahaha!

ALBERICH Wellgunden erbost nachzankend.

Falsches Kind!

Kalter, grätiger Fisch![528]

Schein ich nicht schön dir,

niedlich und neckisch,

glatt und glau –

hei! so buhle mit Aalen,

ist dir eklig mein Balg!

FLOSSHILDE.

Was zankst du, Alp?

Schon so verzagt?

Du freitest um zwei:

frügst du die dritte,

süßen Trost

schüfe die Traute dir!

ALBERICH.

Holder Sang

singt zu mir her! –

Wie gut, daß ihr

eine nicht seid:

von vielen gefall ich wohl einer,

bei einer kieste mich keine! –

Soll ich dir glauben,

so gleite herab!

FLOSSHILDE taucht zu Alberich herab.

Wie törig seid ihr,

dumme Schwestern,

dünkt euch dieser nicht schön?

ALBERICH hastig ihr nahend.

Für dumm und häßlich

darf ich sie halten,

seit ich dich Holdeste seh!

FLOSSHILDE.

O singe fort

so süß und fein, –

wie hehr verführt es mein Ohr!

ALBERICH zutraulich sie berührend.

Mir zagt, zuckt

und zehrt sich das Herz,

lacht mir so zierliches Lob.

FLOSSHILDE ihn sanft abwehrend.

Wie deine Anmut

mein Aug erfreut,

deines Lächelns Milde

den Mut mir labt!

 

Sie zieht ihn zärtlich an sich.

 

Seligster Mann!

ALBERICH.

Süßeste Maid!

FLOSSHILDE.

Wärst du mir hold!

ALBERICH.

Hielt ich dich immer.

FLOSSHILDE.

Deinen stechenden Blick,

deinen struppigen Bart,

o säh ich ihn, faßt ich ihn stets![529]

Deines stachlichen Haares

strammes Gelock,

umflöss' es Floßhilde ewig!

Deine Krötengestalt,

deiner Stimme Gekrächz,

o dürft ich staunend und stumm

sie nur hören und sehn!

WOGLINDE UND WELLGUNDE sind nahe herab getaucht, lachend.

Hahahahahaha!

ALBERICH erschreckt auffahrend.

Lacht ihr Bösen mich aus?

FLOSSHILDE sich plötzlich ihm entreißend.

Wie billig am Ende vom Lied!

 

Sie taucht mit den Schwestern schnell auf.

 

WOGLINDE UND WELLGUNDE lachend.

Hahahahahaha!

ALBERICH mit kreischender Stimme.

Wehe! Ach wehe!

O Schmerz! O Schmerz!

Die dritte, so traut,

betrog sie mich auch?

Ihr schmächlich schlaues,

liederlich schlechtes Gelichter!

Nährt ihr nur Trug

ihr treuloses Nickergezücht?

DIE DREI RHEINTÖCHTER.

Wallala! Wallala! Lalaleia, leialalei!

Heia! Heia! haha!

Schäme dich, Albe!

Schilt nicht dort unten!

Höre, was wir dich heißen!

Warum, du Banger,

bandest du nicht

das Mädchen, das du minnst?

Treu sind wir,

und ohne Trug

dem Freier, der uns fängt. –

Greife nur zu,

und grause dich nicht:

in der Flut entfliehn wir nicht leicht.

Wallala! Lalaleia! Leialalei!

Heia! Heia! Hahei!

 

Sie schwimmen auseinander, hierher und dorthin, bald tiefer, bald höher, um Alberich zur Jagd auf sie zu reizen.

 

ALBERICH.

Wie in den Gliedern

brünstige Glut

mir brennt und glüht![530]

Wut und Minne,

wild und mächtig,

wühlt mir den Mut auf. –

Wie ihr auch lacht und lügt,

lüstern lechz ich nach euch,

und eine muß mir erliegen!

 

Er macht sich mit verzweifelter Anstrengung zur Jagd auf: mit grauenhafter Behändigkeit erklimmt er Riff für Riff, springt von einem zum andern, sucht bald dieses, bald jenes der Mädchen zu erhaschen, die mit lustigem Gekreisch stets ihm ausweichen. – Er strauchelt, stürzt in den Abgrund und klettert dann hastig wieder in die Höhe zu neuer Jagd. Sie neigen sich etwas herab. Fast erreicht er sie, stürzt abermals zurück und versucht es nochmals. – Alberich hält endlich, vor Wut schäumend, atemlos an und streckt die geballte Faust nach den Mädchen hinauf.

 

ALBERICH.

Fing' eine diese Faust!

 

Er verbleibt in sprachloser Wut, den Blick aufwärts gerichtet, wo er dann plötzlich von dem folgenden Schauspiel angezogen und gefesselt wird. – Durch die Flut ist von oben her ein immer lichterer Schein gedrungen, der sich an einer hohen Stelle des mittelsten Riffes allmählich zu einem blendend hellstrahlenden Goldglanz entzündet; ein zauberisch goldenes Licht bricht von hier durch das Wasser.

 

WOGLINDE.

Lugt, Schwestern!

Die Weckerin lacht in den Grund.

WELLGUNDE.

Durch den grünen Schwall,

den wonnigen Schläfer sie grüßt.

FLOSSHILDE.

Jetzt küßt sie sein Auge,

daß er es öffne.

WELLGUNDE.

Schaut, er lächelt

in lichtem Schein.

WOGLINDE.

Durch die Fluten hin

fließt sein strahlender Stern!

DIE DREI RHEINTÖCHTER zusammen das Riff anmutig umschwimmend.

Heiajaheia!

Heiajaheia!

Wallalallalala leiajahei!

Rheingold!

Rheingold!

Leuchtende Lust,

wie lachst du so hell und hehr!

Glühender Glanz[531]

entgleißet dir weihlich im Wag!

Heiajahei!

Heiajaheia!

Wache Freund,

wache froh!

Wonnige Spiele

spenden wir dir:

flimmert der Fluß,

flammet die Flut,

umfließen wir tauchend,

tanzend und singend,

im seligen Bade dein Bett!

Rheingold!

Rheingold!

Heiaja heia!

Heiaja heia!

Wallalalalala leiajahei!

 

Mit immer ausgelassenerer Lust umschwimmen die Mädchen das Riff. Die ganze Flut flimmert in hellem Goldglanze.

 

ALBERICH dessen Augen, mächtig von dem Glanze angezogen, starr auf dem Golde haften.

Was ist's, ihr Glatten,

das dort so glänzt und gleißt?

DIE DREI MÄDCHEN.

Wo bist du Rauher denn heim,

daß vom Rheingold nicht du gehört?

WELLGUNDE.

Nicht weiß der Alp

von des Goldes Auge,

das wechselnd wacht und schläft?

WOGLINDE.

Von der Wassertiefe

wonnigem Stern,

der hehr die Wogen durchhellt?

DIE DREI MÄDCHEN.

Sieh, wie selig

im Glanze wir gleiten!

Willst du Banger,

in ihm dich baden,

so schwimm und schwelge mit uns!

Wallala lala leia la lei!

Wallala lalaleia jahei!

ALBERICH.

Eurem Taucherspiele

nur taugte das Gold?

Mir gält' es dann wenig!

WOGLINDE.

Des Goldes Schmuck

schmähte er nicht,

wüßte er all seine Wunder![532]

WELLGUNDE.

Der Welt Erbe

gewänne zu eigen,

wer aus dem Rheingold

schüfe den Ring,

der maßlose Macht ihm verlieh!

FLOSSHILDE.

Der Vater sagt es,

und uns befahl er

klug zu hüten

den klaren Hort,

daß kein Falscher der Flut ihn entführe:

drum schweigt, ihr schwatzendes Heer!

WELLGUNDE.

Du klügste Schwester,

verklagst du uns wohl?

Weißt du denn nicht,

wem nur allein

das Gold zu schmieden vergönnt?

WOGLINDE.

Nur wer der Minne

Macht versagt,

nur wer der Liebe

Lust verjagt,

nur der erzielt sich den Zauber,

zum Reif zu zwingen das Gold.

WELLGUNDE.

Wohl sicher sind wir

und sorgenfrei,

denn was nur lebt will lieben,

meiden will keiner die Minne.

WOGLINDE.

Am wenigsten er,

der lüsterne Alp;

vor Liebesgier

möcht er vergehn.

FLOSSHILDE.

Nicht furcht ich den,

wie ich ihn erfand:

seiner Minne Brunst

brannte fast mich.

WELLGUNDE.

Ein Schwefelbrand

in der Wogen Schwall,

vor Zorn der Liebe

zischt er laut!

DIE DREI MÄDCHEN.

Wallala! Wallaleia lala!

Lieblichster Albe!

Lachst du nicht auch?

In des Goldes Scheine

wie leuchtest du schön![533]

O komm, Lieblicher, lache mit uns!

Heiajaheia! Heiajaheia!

Wallalalalala leiajahei!

 

Sie schwimmen lachend im Glänze auf und ab.

 

ALBERICH die Augen starr auf das Gold gerichtet, hat dem Geplauder der Schwestern wohl gelauscht.

Der Welt Erbe

gewänn ich zu eigen durch dich?

Erzwäng ich nicht Liebe,

doch listig erzwäng ich mir Lust?

 

Furchtbar laut.

 

Spottet nur zu!

Der Niblung naht eurem Spiel!

 

Wütend springt er nach dem mittleren Riff hinüber und klettert nach dessen Spitze hinauf. – Die Mädchen fahren kreischend auseinander und tauchen nach verschiedenen Seiten hin auf.

 

DIE DREI RHEINTÖCHTER.

Heia! Heia! Heiajahei!

Rettet euch!

Es raset der Alp;

in den Wassern sprüht's,

wohin er springt –

die Minne macht ihn verrückt!

 

Lachend.

 

Hahahahahahaha!

ALBERICH gelangt mit einem letzten Satze zur Spitze.

Bangt euch noch nicht? –

So buhlt nun im Finstern,

feuchtes Gezücht!

 

Er streckt die Hand nach dem Gold aus.

 

Das Licht lösch ich euch aus,

entreiße dem Riff das Gold,

schmiede den rächenden Ring; –

denn hör es die Flut:

so verfluch ich die Liebe!

 

Er reißt mit furchtbarer Gewalt das Gold aus dem Riffe und stürzt dann hastig in die Tiefe, wo er schnell verschwindet. Dichte Nacht bricht plötzlich überall herein. Die Mädchen tauchen jach dem Räuber in die Tiefe nach.

 

FLOSSHILDE.

Haltet den Räuber!

WELLGUNDE.

Rettet das Gold!

WOGLINDE UND WELLGUNDE.

Hilfe! Hilfe!

DIE DREI RHEINTÖCHTER.

Weh! Weh!

 

[534] Die Flut fällt mit ihnen nach der Tiefe hinab. Aus dem untersten Grunde hört man Alberichs gellendes Hohngelächter. In dichtester Finsternis verschwinden die Riffe, die ganze Bühne ist von der Höhe bis zur Tiefe von schwarzem Gewoge erfüllt, das eine Zeitlang immer nach abwärts zu sinken scheint. – Allmählich sind die Wogen in Gewölk übergegangen, welches, als eine immer heller dämmernde Beleuchtung dahintertritt, zu feinerem Nebel sich abklärt. Als der Nebel, in zarten Wölkchen, sich gänzlich in der Höhe verliert, wird, im Tagesgrauen, eine freie Gegend auf Bergeshöhen sichtbar. – Wotan, und neben ihm Fricka, beide schlafend, liegen zur Seite auf blumigem Grunde[535]

 

Zweite Szene

Freie Gegend auf Bergeshöhen

 

Der hervorbrechende Tag beleuchtet mit wachsendem Glanze eine Burg mit blinkenden Zinnen, die auf einem Felsgipfel im Hintergrunde steht, zwischen diesem und dem Vordergrunde ist ein tiefes Tal, durch das der Rhein fließt, anzunehmen. –

 

Wotan und Fricka schlafend. – Die Burg ist ganz sichtbar geworden. – Fricka erwacht: ihr Auge fällt auf die Burg

 

FRICKA erschrocken.

Wotan, Gemahl! Erwache!

WOTAN fortträumend.

Der Wonne seligen Saal

bewachen mir Tür und Tor:

Mannes Ehre,

ewige Macht,

ragen zu endlosem Ruhm!

FRICKA rüttelt ihn.

Auf, aus der Träume

wonnigem Trug!

Erwache, Mann, und erwäge!

WOTAN erwacht und erhebt sich ein wenig; sein Blick wird sogleich vom Anblick der Burg gefesselt.

Vollendet das ewige Werk!

Auf Berges Gipfel

die Götterburg;

prächtig prahlt

der prangende Bau!

Wie im Traum ich ihn trug,

wie mein Wille ihn wies,[535]

stark und schön

steht er zur Schau:

hehrer, herrlicher Bau!

FRICKA.

Nur Wonne schafft dir,

was mich erschreckt?

Dich freut die Burg,

mir bangt es um Freia!

Achtloser, laß dich erinnern

des ausbedungenen Lohns!

Die Burg ist fertig,

verfallen das Pfand:

vergaßest du, was du vergabst?

WOTAN.

Wohl dünkt mich's, was sie bedangen,

die dort die Burg mir gebaut;

durch Vertrag zähmt ich

ihr trotzig Gezücht,

daß sie die hehre

Halle mir schüfen;

die steht nun – Dank den Starken! –

um den Sold sorge dich nicht.

FRICKA.

O lachend frevelnder Leichtsinn!

Liebelosester Frohmut! –

Wußt' ich um euren Vertrag,

dem Truge hätt ich gewehrt;

doch mutig entferntet

ihr Männer die Frauen,

um taub und ruhig vor uns

allein mit den Riesen zu tagen:

so ohne Scham

verschenktet ihr Frechen

Freia, mein holdes Geschwister,

froh des Schächergewerbs! –

Was ist euch Harten

doch heilig und wert,

giert ihr Männer nach Macht!

WOTAN ruhig.

Gleiche Gier

war Fricka wohl fremd,

als selbst um den Bau sie mich bat?

FRICKA.

Um des Gatten Treue besorgt

muß traurig ich wohl sinnen,

wie an mich er zu fesseln,

zieht's in die Ferne ihn fort:

herrliche Wohnung,[536]

wonniger Hausrat

sollten dich binden

zu säumender Rast.

Doch du bei dem Wohnbau sannst

auf Wehr und Wall allein:

Herrschaft und Macht

soll er dir mehren;

nur rastloser'n Sturm zu erregen,

erstand dir die ragende Burg.

WOTAN lachend.

Wolltest du Frau

in der Feste mich fangen,

mir Gotte mußt du schon gönnen,

daß, in der Burg

gefangen, ich mir

von außen gewinne die Welt:

Wandel und Wechsel

liebt wer lebt;

das Spiel drum kann ich nicht sparen!

FRICKA.

Liebeloser

leidigster Mann!

Um der Macht und Herrschaft

müßigen Tand

verspielst du in lästerndem Spott

Liebe und Weibes Wert?

WOTAN.

Um dich zum Weib zu gewinnen,

mein eines Auge

setzt ich werbend daran:

wie törig tadelst du jetzt!

Ehr ich die Frauen

doch mehr als dich freut; –

und Freia, die gute,

geb ich nicht auf,

nie sann dies ernstlich mein Sinn.

FRICKA mit ängstlicher Spannung in die Szene blickend.

So schirme sie jetzt:

in schutzloser Angst

läuft sie nach Hilfe dort her.

FREIA tritt, wie in hastiger Flucht, auf.

Hilf mir, Schwester!

Schütze mich, Schwäher!

Vom Felsen drüben

drohte mir Fasolt,

mich Holde käm er zu holen.[537]

WOTAN.

Laß ihn drohn! –

Sahst du nicht Loge?

FRICKA.

Daß am liebsten du immer

dem Listigen traust!

Viel Schlimmes schuf er uns schon,

doch stets bestrickt er dich wieder.

WOTAN.

Wo freier Mut frommt,

allein frag ich nach keinem.

Doch des Feindes Neid

zum Nutz sich fügen,

lehrt nur Schlauheit und List,

wie Loge verschlagen sie übt.

Der zum Vertrage mir riet,

versprach mir Freia zu lösen:

auf ihn verlaß ich mich nun.

FRICKA.

Und er läßt dich allein! –

Dort schreiten rasch

die Riesen heran:

Wo harrt dein schlauer Gehilf?

FREIA.

Wo harren meine Brüder,

daß Hilfe sie brächten,

da mein Schwäher die Schwache verschenkt?

Zu Hilfe, Donner!

Hieher, hieher!

Rette Freia, mein Froh!

FRICKA.

Die im bösen Bund dich verrieten,

sie Alle bergen sich nun!

 

Fasolt und Fafner, beide in riesiger Gestalt, mit starken Pfählen bewaffnet, treten auf.

 

FASOLT.

Sanft schloß

Schlaf dein Aug;

wir beide bauten

Schlummers bar die Burg.

Mächt'ger Müh

müde nie,

stauten starke

Stein' wir auf;

steiler Turm,

Tür und Tor,

deckt und schließt

im schlanken Schloß den Saal.

 

Auf die Burg deutend.

 

Dort steht's,[538]

was wir stemmten,

schimmernd hell

bescheint's der Tag:

zieh nun ein,

uns zahl den Lohn!

WOTAN.

Nennt, Leute, den Lohn;

was dünkt euch zu bedingen?

FASOLT.

Bedungen ist

was tauglich uns dünkt;

gemahnt es dich so matt?

Freia die holde,

Holda die freie –

vertragen ist's,

sie tragen wir heim.

WOTAN schnell.

Seid ihr bei Trost

mit eurem Vertrag?

Denkt auf andren Dank:

Freia ist mir nicht feil!

FASOLT steht, in höchster Bestürzung, eine Weile sprachlos.

Was sagst du? Ha!

Sinnst du Verrat?

Verrat am Vertrag?

Die dein Speer birgt,

sind sie dir Spiel,

des berat'nen Bundes Runen?

FAFNER.

Getreuster Bruder,

merkst du Tropf nun Betrug?

FASOLT.

Lichtsohn du,

leicht gefügter!

Hör und hüte dich;

Verträgen halte Treu'!

Was du bist,

bist du nur durch Verträge;

bedungen ist,

wohl bedacht deine Macht:

bist weiser du

als witzig wir sind,

bandest uns Freie

zum Frieden du:

all deinem Wissen fluch ich,

fliehe weit deinen Frieden,

weißt du nicht offen,

ehrlich und frei[539]

Verträgen zu wahren die Treu'! –

Ein dummer Riese

rät dir das:

du Weiser, wiss' es von ihm!

WOTAN.

Wie schlau für Ernst du achtest,

was wir zum Scherz nur beschlossen!

Die liebliche Göttin,

licht und leicht,

was taugt euch Tölpeln ihr Reiz?

FASOLT.

Höhnst du uns?

Ha, wie unrecht! –

Die ihr durch Schönheit herrscht,

schimmernd hehres Geschlecht,

wie törig strebt ihr

nach Türmen von Stein,

setzt um Burg und Saal

Weibes Wonne zum Pfand!

Wir Plumpen plagen uns

schwitzend mit schwieliger Hand –

ein Weib zu gewinnen,

das wonnig und mild

bei uns Armen wohne: –

verkehrt nennst du den Kauf?

FAFNER.

Schweig dein faules Schwatzen;

Gewinn werben wir nicht:

Freias Haft

hilft wenig;

doch viel gilt's,

den Göttern sie zu entreißen.

 

Leise.

 

Gold'ne Äpfel

wachsen in ihrem Garten,

sie allein

weiß die Äpfel zu pflegen;

der Frucht Genuß

frommt ihren Sippen

zu ewig nie

alternder Jugend:

siech und bleich

doch sinkt ihre Blüte,

alt und schwach

schwinden sie hin,

müssen Freia sie missen.

 

[540] Grob.

 

Ihrer Mitte drum sei sie entführt!

WOTAN.

Loge säumt zu lang!

FASOLT.

Schlicht gib nun Bescheid!

WOTAN.

Fordert andern Sold!

FASOLT.

Kein andrer: Freia allein!

FAFNER.

Du da! folge uns!

 

Fafner und Fasolt dringen auf Freia. – Froh und Donner kommen eilig.

 

FREIA fliehend.

Helft! Helft vor den Harten!

FROH Freia in seine Arme fassend.

Zu mir, Freia! –

 

Zu Fafner.

 

Meide sie, Frecher!

Froh schützt die Schöne.

DONNER sich vor die beiden Riesen stellend.

Fasolt und Fafner, fühltet ihr schon

meines Hammers harten Schlag?

FAFNER.

Was soll das Droh'n?

FASOLT.

Was dringst du her?

Kampf kiesten wir nicht,

verlangen nur unsern Lohn.

DONNER.

Schon oft zahlt ich

Riesen den Zoll.

Kommt her, des Lohnes Last

wäg ich mit gutem Gewicht.

 

Er schwingt den Hammer.

 

WOTAN seinen Speer zwischen den Streitenden ausstreckend.

Halt, du Wilder!

Nichts durch Gewalt!

Verträge schützt

meines Speeres Schaft: –

spar deines Hammers Heft!

FREIA.

Wehe! Wehe!

Wotan verläßt mich!

FRICKA.

Begreif ich dich noch,

grausamer Mann?

WOTAN wendet sich ab und sieht Loge kommen.

Endlich Loge!

Eiltest du so,

den du geschlossen,

den schlimmen Handel zu schlichten?

LOGE ist im Hintergrunde aus dem Tale heraufgestiegen.

Wie? Welchen Handel[541]

hätt ich geschlossen?

Wohl was mit den Riesen

dort im Rate du dangst? –

In Tiefen und Höhen

treibt mich mein Hang;

Haus und Herd

behagt mir nicht.

Donner und Froh,

die denken an Dach und Fach,

wollen sie frei'n,

ein Haus muß sie erfreu'n.

Ein stolzer Saal,

ein starkes Schloß,

danach stand Wotans Wunsch.

Haus und Hof,

Saal und Schloß,

die selige Burg,

sie steht nun fest gebaut.

Das Prachtgemäuer

prüft ich selbst,

ob alles fest,

forscht ich genau,

Fasolt und Fafner

fand ich bewährt:

kein Stein wankt im Gestemm.

Nicht müßig war ich,

wie mancher hier;

der lügt, wer lässig mich schilt.

WOTAN.

Arglistig

weichst du mir aus:

mich zu betrügen

hüte in Treuen dich wohl!

Von allen Göttern

dein einz'ger Freund,

nahm ich dich auf

in der übel trauenden Troß: –

Nun red' und rate klug!

Da einst die Bauer der Burg

zum Dank Freia bedangen, –

du weißt, nicht anders

willigt ich ein,

als weil auf Pflicht du gelobtest

zu lösen das hehre Pfand?[542]

LOGE.

Mit höchster Sorge

drauf zu sinnen,

wie es zu lösen,

das – hab ich gelobt.

Doch, daß ich fände,

was nie sich fügt,

was nie gelingt –

wie ließ sich das wohl geloben?

FRICKA zu Wotan.

Sieh, welch trugvollem

Schelm du getraut!

FROH zu Loge.

Loge heißt du,

doch nenn ich dich Lüge!

DONNER.

Verfluchte Lohe,

dich lösch ich aus!

LOGE.

Ihre Schmach zu decken

schmähen mich Dumme!

 

Donner holt auf Loge aus.

 

WOTAN dazwischen tretend.

In Frieden laßt mir den Freund!

Nicht kennt ihr Loges Kunst:

reicher wiegt

seines Rates Wert,

zahlt er zögernd ihn aus.

FAFNER.

Nichts gezögert!

Rasch gezahlt!

FASOLT.

Lang währt's mit dem Lohn!

WOTAN wendet sich hart zu Loge, drängend.

Jetzt hör; Störrischer!

Halte Stich!

Wo schweifst du hin und her?

LOGE.

Immer ist Undank

Loges Lohn!

Für dich nur besorgt,

sah ich mich um,

durchstöbert im Sturm

alle Winkel der Welt:

Ersatz für Freia zu suchen,

wie er den Riesen wohl recht.

Umsonst sucht ich,

und sehe nun wohl:

in der Welten Ring

nichts ist so reich,

als Ersatz zu muten dem Mann

für Weibes Wonne und Wert!

 

[543] Alle geraten in Erstaunen und verschiedenartige Betroffenheit.

 

So weit Leben und Weben,

in Wasser, Erd und Luft,

viel frug ich,

forschte bei Allen,

wo Kraft nur sich rührt,

und Keime sich regen:

was wohl dem Manne

mächt'ger dünk'

als Weibes Wonne und Wert?

Doch so weit Leben und Weben,

verlacht nur ward

meine fragende List:

in Wasser, Erd und Luft

lassen will nichts

von Lieb und Weib. –

 

Gemischte Bewegung.

 

Nur Einen sah ich,

der sagte der Liebe ab;

um rotes Gold

entriet er des Weibes Gunst.

Des Rheines klare Kinder

klagten mir ihre Not:

der Nibelung,

Nachtalberich,

buhlte vergebens

um der Badenden Gunst;

das Rheingold da

raubte sich rächend der Dieb:

das dünkt ihm nun

das teuerste Gut,

hehrer als Weibes Huld.

Um den gleißenden Tand,

der Tiefe entwandt,

erklang mir der Töchter Klage:

an dich, Wotan,

wenden sie sich,

daß zu Recht du zögest den Räuber,

 

Mit wachsender Wärme.

 

das Gold dem Wasser

wieder gebest,

und ewig es bliebe ihr Eigen. –

 

[544] Hingebende Bewegung Aller.

 

Dir's zu melden

gelobt ich den Mädchen:

nun löste Loge sein Wort.

WOTAN.

Törig bist du,

wenn nicht gar tückisch!

Mich selbst siehst du in Not:

wie hülf' ich andern zum Heil?

FASOLT der aufmerksam zugehört, zu Fafner.

Nicht gönn ich das Gold dem Alben;

viel Not schon schuf uns der Niblung,

doch schlau entschlüpfte unserm

Zwange immer der Zwerg.

FAFNER.

Neue Neidtat

sinnt uns der Niblung,

gibt das Gold ihm Macht. –

Du da, Loge!

Sag ohne Lug:

was Großes gilt denn das Gold,

daß dem Niblung es genügt?

LOGE.

Ein Tand ist's

in des Wassers Tiefe,

lachenden Kindern zur Lust;

doch, ward es zum runden

Reife geschmiedet,

hilft es zu höchster Macht,

gewinnt dem Manne die Welt.

WOTAN sinnend.

Von des Rheines Gold

hört ich raunen:

Beute-Runen

berge sein roter Glanz;

Macht und Schätze

schüf ohne Maß ein Reif.

FRICKA leise zu Loge.

Taugte wohl

des gold'nen Tandes

gleißend Geschmeid

auch Frauen zu schönem Schmuck?

LOGE.

Des Gatten Treu'

ertrotzte die Frau,

trüge sie hold

den hellen Schmuck,

den schimmernd Zwerge schmieden,

rührig im Zwange des Reifs.[545]

FRICKA schmeichelnd zu Wotan.

Gewänne mein Gatte

sich wohl das Gold?

WOTAN wie in einem Zustande wachsender Bezauberung.

Des Reifes zu walten,

rätlich will es mich dünken. –

Doch wie, Loge,

lernt ich die Kunst?

Wie schüf ich mir das Geschmeid!

LOGE.

Ein Runen-Zauber

zwingt das Gold zum Reif;

keiner kennt ihn;

doch Einer übt ihn leicht,

der sel'ger Lieb entsagt.

 

Wotan wendet sich unmutig ab.

 

Das sparst du wohl;

zu spät auch kamst du;

Alberich zauderte nicht.

Zaglos gewann er

des Zaubers Macht:

 

Grell.

 

geraten ist ihm der Ring!

DONNER zu Wotan.

Zwang uns Allen

schüfe der Zwerg,

würd ihm der Reif nicht entrissen.

WOTAN.

Den Ring muß ich haben!

FROH.

Leicht erringt

ohne Liebesfluch er sich jetzt.

LOGE grell.

Spottleicht,

ohne Kunst, wie im Kinderspiel!

WOTAN.

So rate, wie?

LOGE.

Durch Raub!

Was ein Dieb stahl,

das stiehlst du dem Dieb:

ward leichter ein Eigen erlangt? –

Doch mit arger Wehr

wahrt sich Alberich;

klug und fein

mußt du verfahren,

ziehst den Räuber du zu Recht,

um des Rheines Töchtern

den roten Tand,

 

Mit Wärme.[546]

 

das Gold wieder zu geben;

denn darum flehen sie dich.

WOTAN.

Des Rheines Töchter?

Was taugt mir der Rat!

FRICKA.

Von dem Wassergezücht

mag ich nichts wissen;

schon manchen Mann

– mir zum Leid! –

verlockten sie buhlend im Bad.

 

Wotan steht stumm mit sich kämpfend, die übrigen Götter heften in schweigender Spannung die Blicke auf ihn. – Währenddem hat Fafner bei Seite mit Fasolt beraten.

 

FAFNER zu Fasolt.

Glaub mir, mehr als Freia

frommt das gleißende Gold:

auch ew'ge Jugend erjagt,

wer durch Goldes Zauber sie zwingt. –

 

Fasolts Gebärde deutet an, daß er sich wider Willen überredet fühlt. – Fafner tritt mit Fasolt wieder an Wotan heran.

 

Hör, Wotan,

der Harrenden Wort!

Freia bleib euch in Frieden;

leicht'ren Lohn

fand ich zur Lösung:

uns rauhen Riesen genügt

des Niblungen rotes Gold.

WOTAN.

Seid ihr bei Sinn?

Was nicht ich besitze,

soll ich euch Schamlosen schenken?

FAFNER.

Schwer baute

dort sich die Burg:

leicht wird dir's

mit list'ger Gewalt,

(was im Neidspiel nie uns gelang,)

den Niblungen fest zu fah'n.

WOTAN.

Für euch müht' ich

mich um den Alben?

Für euch fing ich den Feind?

Unverschämt

und überbegehrlich

macht euch Dumme mein Dank!

FASOLT ergreift plötzlich Freia und führt sie mit Fafner zur Seite.

Hieher, Maid!

In unsre Macht![547]

Als Pfand folgst du uns jetzt,

bis wir Lösung empfah'n.

FREIA schreiend.

Wehe! Wehe! Weh!

FAFNER.

Fort von hier

sei sie entführt!

Bis Abend – achtet's wohl! –

pflegen wir sie als Pfand;

wir kehren wieder;

doch kommen wir,

und bereit liegt nicht als Lösung

das Rheingold licht und rot –

FASOLT.

Zu End ist die Frist dann,

Freia verfallen:

für immer folge sie uns!

FREIA schreiend.

Schwester! Brüder!

Rettet! Helft!

 

Freia wird von den hastig enteilenden Riesen fortgetragen.

 

FROH.

Auf, ihnen nach!

DONNER.

Breche denn Alles!

 

Sie blicken Wotan fragend an.

 

FREIA aus der Ferne.

Rettet! Helft!

LOGE den Riesen nachsehend.

Über Stock und Stein zu Tal

stapfen sie hin:

durch des Rheines Wasserfurt

waten die Riesen:

Fröhlich nicht

hängt Freia

den Rauhen über den Rücken! –

Heia! hei!

wie taumeln die Tölpel dahin!

Durch das Tal talpen sie hin,

wohl an Riesenheims Mark

erst halten sie Rast. –

 

Er wendet sich zu den Göttern.

 

Was sinnt nun Wotan so wild?

Den sel'gen Göttern wie geht's?

 

Ein fahler Nebel erfüllt mit wachsender Dichtheit die Bühne; in ihm erhalten die Götter ein zunehmend bleiches und ältliches Aussehen; alle stehen bang und erwartungsvoll auf Wotan blickend, der sinnend die Augen an den Boden heftet.

 

Trügt mich ein Nebel?

Neckt mich ein Traum?

Wie bang und bleich[548]

verblüht ihr so bald!

Euch erlischt der Wangen Licht;

der Blick eures Auges verblitzt! –

Frisch, mein Froh!

noch ist's ja früh! –

Deiner Hand, Donner,

entsinkt ja der Hammer! –

Was ist's mit Fricka?

Freut sie sich wenig

ob Wotans grämlichem Grau,

das schier zum Greisen ihn schafft?

FRICKA.

Wehe! Wehe!

Was ist geschehn?

DONNER.

Mir sinkt die Hand!

FROH.

Mir stockt das Herz!

LOGE.

Jetzt fand ich's! Hört, was euch fehlt!

Von Freias Frucht

genosset ihr heute noch nicht.

Die gold'nen Äpfel

in ihrem Garten,

sie machten euch tüchtig und jung,

aßt ihr sie jeden Tag.

Des Gartens Pflegerin

ist nun verpfändet;

an den Ästen darbt

und dorrt das Obst,

bald fällt faul es herab. –

Mich kümmert's minder;

an mir ja kargte

Freia von je

knausernd die köstliche Frucht:

denn halb so echt nur

bin ich wie, Selige, ihr!

 

Frei, doch lebhaft und grell.

 

Doch ihr setztet alles

auf das jüngende Obst:

das wußten die Riesen wohl;

auf euer Leben

legten sie's an:

nun sorgt, wie ihr das wahrt!

Ohne die Äpfel,

alt und grau,

greis und grämlich,[549]

welkend zum Spott aller Welt,

erstirbt der Götter Stamm.

FRICKA bang.

Wotan, Gemahl!

Unsel'ger Mann!

Sieh, wie dein Leichtsinn

lachend uns Allen

Schimpf und Schmach erschuf!

WOTAN mit plötzlichem Entschluß auffahrend.

Auf, Loge!

Hinab mit mir!