Über die Autorin

Bevor du beginnst, dieses Buch zu lesen, möchte ich mich kurz vorstellen.

Ich heiße Annette Weber, bin 47 Jahre alt und mit einem Physiker verheiratet. (Das sind diese Einsteins, die immer wilde Geräte erfinden und das Haus vollelektronisch verkabeln!)

Wir haben drei Söhne im Alter von 14, 16 und 18 Jahren. Zu unserem Haushalt gehören außerdem noch eine alte Hundedame (meine einzige weibliche Verstärkung) und zwei Islandpferde. Ich lebe in einem kleinen Ort in Nordrhein-Westfalen.

Seit fast 25 Jahren habe ich zwei Berufe: zum einen bin ich Lehrerin und zum anderen Kinder- und Jugendbuchautorin. Bis jetzt habe ich 15 Bücher geschrieben, vom Bilderbuch bis zum Jugendroman. Zurzeit arbeite ich ausschließlich als Autorin und das gefällt mir großartig.

Ich wünsche dir nun viel Spaß beim Lesen und grüße dich herzlich!

Annette Weber

Ungeduldig schaute Meike auf die Uhr. Der Bus hatte schon wieder 10 Minuten Verspätung. Da! Endlich bog er um die Ecke. Meike stieg ein, zeigte ihre Fahrkarte und setzte sich auf die hintere Bankreihe. Dann zog sie ihr Handy aus der Tasche.

Menu – Mitteilungen – SMS schreiben.

Das Menu öffnete sich.

„Hallo Tom“, tippte Meike. „Bin auf dem Weg zur Skaterbahn. Freue mich auf dich!“

Sie suchte im Adressbuch nach Toms Nummer. Gerade wollte sie auf „Senden“ drücken, da piepste ihr Handy. SMS. Von Tom. Meike lächelte. Das war mal wieder die totale Gedankenübertragung. Aufgeregt öffnete sie die Mitteilung.

„Können uns heute nicht treffen“, schrieb Tom. „Geht mir nicht so gut.“

Enttäuscht ließ Meike das Handy sinken. Geht mir nicht so gut? Was sollte das denn schon wieder heißen? Fast zwei Wochen lang hatten sie sich nun nicht gesehen. Und immer war es Tom gewesen, der eine Ausrede gehabt hatte.

Mal musste er für eine Arbeit lernen. Mal hatte seine Mutter Geburtstag. Mal wollte er früh ins Bett gehen. Irgendwie klang das alles ziemlich nach einer Ausrede. Und zwar nach einer billigen.

Ob er eine andere hatte?

Meike spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde.

Noch vor drei Tagen hatte ihr Tom am Telefon gesagt, dass er sie liebt. Dass sie seine Traumfrau ist. Seine einzige große Liebe.

Sie war so glücklich gewesen. Und jetzt?

Wenn es ihm nicht gut ging, müsste er eigentlich im Bett liegen. Oder wenigstens zu Hause sein?

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, dachte Meike.

Hastig tippte sie seine Festnetznummer. „Brandes“, hörte sie die Stimme seiner Mutter. „Hallo, hier ist Meike. Ist Tom da?“

„Ach, Meike!“ Toms Mutter verstand sich gut mit ihr. „Tut mir Leid. Tom wollte in die Stadt. Ich glaube, die treffen sich im Alles-Ist-Gut oder wie die Kneipe heißt.“

„Ah ja. Dann mach ich mich mal auf den Weg.“ Meike bemühte sich, ihre Stimme unter Kontrolle zu behalten. Ihr Magen rumorte nervös.

„Grüß ihn von mir“, lachte die Mutter und legte auf.

„Ja, ich grüß ihn“, dachte Meike. „Und er wird sich tierisch darüber ärgern!“

Sie schloss die Augen und lehnte ihr heißes Gesicht an die Fensterscheibe.

Tom hatte gelogen. Er hatte sie also angelogen. Irgendwie hatte sie es gewusst. Irgendwie hatte sie schon seit einer Woche gewusst, dass all seine Erklärungen nur Ausreden waren. Dumme Sprüche, um sie nicht zu treffen.

Er hatte eine andere. Garantiert hatte er eine andere.

Als Meike durch das Fenster ins Alles-Ist-Gut schaute, merkte sie, dass sie sich geirrt hatte. Tom saß nicht mit einem anderen Mädchen knutschend in der Ecke. Er hockte mit Kalle, Sam, Bastian und Stulle um den großen Ecktisch und knobelte. Der Becher wanderte. Die Kumpel lachten. Große Biere standen auf dem Tisch.

Das war’s also. Da saß der kranke Tom mitten unter den Freunden, lachte, trank und spielte. Eigentlich hätte Meike jetzt erleichtert sein können. Es gab keine andere. Sie war und blieb Toms einzige Freundin. Trotzdem war sie nicht wirklich glücklich.

Zu dieser Clique gehörte sie nicht. Sie war ein Mädchen. Sie war erst vierzehn.

Und sie konnte nicht knobeln.

Und was noch schlimmer war: Sie konnte Stulle und Bastian nicht ausstehen. Sie konnte Sam und Kalle nicht leiden. Sie konnte über keinen ihrer doofen Witze lachen.

Und sie mochte kein Bier.

Genau genommen fand sie Bier und die Kumpel sogar total ekelig.

Und jetzt, genau in diesem Moment, sah Tom auf und schaute zum Fenster. Ihre Augen trafen sich. Meike sah, wie er enttäuscht das Gesicht verzog.

„Da ist Meike“, konnte sie ihm von den Lippen ablesen. Nun blickten auch die anderen zum Fenster.

Meike ahnte, was sie sagten.

Diese blöde Tussi. Was macht die denn hier? Hat die kein Zuhause?

Es wäre blöd gewesen, jetzt wegzugehen. Meike atmete einmal kurz durch und betrat die Kneipe. Tapfer schritt sie auf den runden Tisch zu.

„Na!“ Tom drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Sein Atem stank nach Bier.

Die Jungen hatten wieder angefangen, zu knobeln.

„Pasch eins!“ Stulle reichte den Knobelbecher weiter. Sam glaubte ihm. „Pasch drei!“

„Hallo!“ Tom rückte ein bisschen an die Seite, damit Meike sich neben ihn setzen konnte.

„Wir sind hier gleich fertig.“

„So krank siehst du nicht aus“, stichelte Meike. „Oh, mir geht’s auch schon viel besser!“

Tom nahm einen großen Schluck Weizenbier. Meike warf einen Blick auf seinen Bierdeckel. Sechs Striche. Das war verdammt viel.

„Was trinkst du?“, wollte der Wirt von ihr wissen.

„Ne Cola.“

„Bist du denn schon sechzehn?“

Die Knobelrunde hielt für einen Augenblick in ihrem Spiel inne. Alle sahen Meike an.

„Sie freuen sich, dass sie mich gleich wieder los sind“, dachte Meike verzweifelt.

„Ich werde nächste Woche sechzehn“, log Meike und hoffte, es würde erwachsen klingen.

Der Wirt kniff verärgert die Augen zusammen. „Hab schon genug Ärger am Hals“, brummte er. „Die eine Cola trinkst du, und dann verschwindest du wieder, ist das klar?“ „Danke.“