image

image

Bibliografische Information der Deutschen BibliothekDie

Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 9783844856156

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Der Autor hält es mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und setzt auf die alte Rechtschreibung

Umwelthinweis:

Alle bedruckten Materialien dieses Buches sind chlorfrei und umweltschonend.

Alexander kommt mit hängendem Kopf aus der Schule. Schon wieder hat er in Rechnen eine schlechte Note bekommen, und die heutige Aufgabe ist auch so schwer, dass er sie wohl nicht allein schaffen wird. Mit einer schlechten Note im Ranzen geht man nicht sehr gern nach Hause, deshalb bummelt Alexander noch ein bisschen durch die Straßen, die vorweihnachtlich beleuchtet und geschmückt sind. Beim Kaufhaus bleibt er stehen, denn da drinnen steht tatsächlich ein leibhaftiger Weihnachtsmann mit einem langen, roten Mantel und einem weißen Wattebart! Alexander geht ins Kaufhaus hinein, um sich den heiligen Mann genauer anzusehen. Aus einiger Entfernung sieht er, wie er an die Kinder Süßigkeiten verteilt und allen Leuten freundlich lächelnd “Fröhliche Weihnachten” wünscht. Als eine kleine Pause entsteht, geht er plötzlich auf Alexander zu und sagt: “Sag einmal, Kleiner, ich beobachte dich schon eine ganze Weile, du siehst so traurig aus, kann ich dir helfen?” - “Ja, weißt du”, sagt Alexander zaghaft, “ich habe eine so schwere Rechenaufgabe auf, kannst du mir da helfen?” Der Weihnachtsmann stutzt zwar erst ein bisschen, doch dann meint er: “Na, zeig schon her, um was geht es denn?” Doch als er Alexanders Rechenheft sieht, tut ihm dieser Satz schon fast wieder leid, denn die Rechenaufgabe ist eine ganz verzwickte Sache aus der Mengenlehre! Doch nach einigem Überlegen und Räuspern und Bartkraulen gelingt es dem Weihnachtsmann doch, Alexander die Rechenaufgabe zu erklären. Dass er dabei ganz schön ins Schwitzen gekommen ist, bemerkt der Junge gar nicht. Er bedankt sich ganz herzlich und rennt nach Hause. “Wo bleibst du denn so lange”, fragt seine Mutter, “ich habe mir schon Sorgen gemacht.” - “Ich habe mir nur vom Weihnachtsmann die Rechenaufgabe erklären lassen”, sagt Alexander, und er sieht seiner Mutter an, dass sie ihm das nicht glaubt.

Anruf vom Nordpol

Gelangweilt schaut Anna auf die große Uhr im Wohnzimmer.

Doch die Zeit will einfach nicht vergehen. Anna gähnt. Ihre Mutter wollte eigentlich nur kurz weg, um noch ein paar Geschenke für heute abend zu besorgen. Anna sollte sich in der Zwischenzeit mit ihren Spielsachen beschäftigen. Doch das war ihr jetzt auch verleidet. Die Puppen hängen ihr schon langsam zum Hals heraus. Sie will mit den neuen Spielsachen spielen, die sie sich vom Christkind gewünscht hat.

“Wann kommt die endlich?” fragt sich Anna ungeduldig und blickt zum Fenster hinaus. Mit Begeisterung stellt sie fest, dass es zu schneien begonnen hat. Aus den Nachbargärten strahlen die erleuchteten Christbäume. Weiße Flocken fallen vom Himmel wie im Weihnachtsfilm, den sie gestern im Fernsehen gesehen hatte. “Fernsehen!” durchfährt es Anna erfreut und rennt zu gleich zum Fernsehapparat, wo sie jedoch feststellen muss, dass die Mutter die Fernbedienung versteckt hat. Nach weiteren langweiligen Minuten beschließt sie hinauszugehen. Wieder hat sie die Rechnung ohne ihre Mutter gemacht. Die Tür ist fest verschlossen. Vergeblich drückt Anna mehrmals auf die Klinke.

Anna nimmt einen selbstgebackenen Keks aus der Dose. “Wenn es doch nur schon Abend wäre,” wünscht sie sich und malt sich in Gedanken die Geschenke aus, die das Christkind heute bringen wird. Ihr Blick fällt zum Tannenbaum, der erst am Abend geschmückt wird. Im Gedanken sieht Anna schon die Kerzen leuchten. Plötzlich läutet das Telefon. Anna lauscht. Ja, richtig. Das Telefon klingelt und holt Anna aus ihren Fantasieträumen zurück. Sie schleicht zum Telefon. Wer kann das wohl sein? “Soll ich abnehmen?” überlegt sie und wartet. Das Telefon klingelt immer noch. Das Klingeln klingt geheimnisvoll “Vielleicht ist es das Christkind?” Mit klopfendem Herzen nimmt Anna den Hörer in die Hand. “Ja?” Sie lauscht. Endlich ertönt ein tiefe Stimme. “Wer ist da?” Klang so der Weihnachtsmann? “Anna,” flüstert sie so leise, dass man es am anderen Ende kaum versteht. “Du heißt Anna, so. Weißt Du, wer ich bin?” fragt die Stimme. Anna verneint. “Ich bin der Weihnachtsmann.” Anna verliert vor Schreck die Stimme. “Der….?” “Ja, der Weihnachtsmann,” wiederholt der Anrufer, “ich habe von dir einen Wunschzettel bekommen.” Anna setzt sich auf den Boden. “Von mir?” fragt sie erstaunt, “aber ich habe doch ans Christkind geschrieben.”

“Das Christkind hat viel zu viel Arbeit. Darum muss ich ihm jetzt helfen. Verstehst Du?” “Ja,” meint Anna zögernd. “Bei mir herrscht heute Hochbetrieb,” erklärt der Weihnachtsmann, “in drei Stunden werde ich meinen Schlitten besteigen und losfahren, damit alle Kinder ihre Geschenke bekommen. Aber warum ich dich anrufe: Meine Gehilfen können Deine Schrift nicht richtig lesen. Könntest Du mir nochmals sagen, was Du dir gewünscht hast?” “Du hast sie nicht lesen können?” Anna holt tief Luft: “Also, ich wünsche mir ein Märchenbuch, eine neue Puppe, Farbstifte, Plüschhund… ja, und noch einen Pullover.” “Das sind aber viele Wünsche,” antwortet der Weihnachtsmann. “Zuviel?” fragt Anna etwas ängstlich. “Nein! Ich werde sie dir schon erfüllen können…” “Wirklich?” ruft Anna glücklich. “Ja, ganz bestimmt,” meint der Weihnachtsmann, “Du bist das letzte Jahr so brav gewesen..“ Den Rest des Satzes versteht sie nicht mehr, denn soeben ist die Mutter zur Tür hereingekommen, vollgepackt mit großen Einkaufstaschen. “Mama, Mama,” ruft Anna aufgeregt, “am Telefon..” Erschrocken lässt die Taschen fallen und nimmt die Mutter den Hörer an sich. “Hallo, wer ist da?” Niemand antwortet. Nur das Atmen einer Person ist zu hören. “Hallo?” Die Mutter legt auf. “Wer war das?” will sie von Anna wissen. “Ich weiß es nicht….,” lügt sie und sagt dann leise: “Beim nächsten Mal musst Du meinen Wunschzettel schöner schreiben…”

Barbarazweige

»Morgen ist Barbaratag«, sagt die Mutter zu den Kindern, »wir wollen nicht vergessen, die Barbarazweige zu schneiden.« »Warum macht man das?« fragen die Kinder. Da erzählt die Mutter: »Die heilige Barbara hat vor vielen hundert Jahren in Kleinasien gelebt und musste schon als junges Mädchen sterben, weil sie ihren Glauben an Jesus nicht aufgeben wollte. Am Barbaratag denken wir an dieses tapfere Mädchen, und die Bergleute haben sie sich zur Schutzpatronin auserwählt.« - »Und die Barbarazweige?« fragen die Kinder noch einmal. »Es ist ein schöner, alter Brauch, am vierten Dezember, dem Barbaratag, Zweige vom Kirschbaum, vom Jasmin oder von der Weide abzuschneiden. Die Stiele werden dann schräg eingekerbt und in lauwarmes Wasser gestellt. Wenn das Wasser alle zwei Tage erneuert wird und die Zweige in einem nicht zu warmen Zimmer stehen, dann blühen sie zu Weihnachten. Der Barbaratag liegt drei Wochen vor Weihnachten, so lange brauchen die Zweige, um zum Blühen zu kommen, deshalb nennt man sie Barbarazweige.« -»Wenn drei Wochen vor Weihnachten Martinstag wäre, würden sie wahrscheinlich Martinszweige heißen« sagt Martin, der Jüngste, nachdenklich.

Der Christbaumständer

Beim Aufräumen des Dachbodens, ein paar Wochen vor Weihnachten, entdeckte ein Familienvater in einer Ecke einen ganz verstaubten, uralten Christbaumständer. Es war ein ganz besonderer Ständer, mit einem Drehmechanismus und einer eingebauten Spielwalze. Beim vorsichtigen Drehen konnte man das Lied „Oh du fröhliche“ erkennen. Das musste der Christbaumständer sein, von dem Großmutter immer erzählte, wenn die Weihnachtszeit herankam. Das Ding sah zwar fürchterlich aus, doch da kam ihm ein wunderbarer Gedanke. Wie würde Großmutter sich freuen, wenn sie am Heiligabend vor dem Baum säße und dieser sich auf einmal wie in uralter Zeit zu drehen begänne und dazu „Oh du fröhliche“ spielte. Nicht nur Großmutter, die ganze Familie würde staunen.

Es gelang ihm. mit dem antiken Stück ungesehen in den Bastelraum zu verschwinden. Gut gereinigt, eine neue Feder, dann müsste der Mechanismus wieder funktionieren, überlegte er. Abends zog er sich dann geheimnisvoll in seinen Hobbyraum zurück, verriegelte die Tür und werkelte. Auf neugierige Fragen antwortete er immer nur: „Weihnachtsüberraschung“. Kurz vor Weihnachten hatte er es geschafft. Wie neu sah der Ständer aus. nachdem er auch noch einen neuen Anstrich erhalten hatte.

Jetzt aber gleich los und einen prächtigen Weihnachtsbaum besorgen, dachte er. Mindestens zwei Meter sollte der messen. Mit einem wirklich schön gewachsenen Exemplar verschwand Vater dann in seinem Hobbyraum, wo er auch gleich einen Probelauf startete. Es funktionierte alles bestens. Würde Großmutter Augen machen!

Endlich war Heiligabend. “Den Baum schmücke ich alleine” tönte Vater. So aufgeregt war er lange nicht mehr. Echte Kerzen hatte er besorgt, alles sollte stimmen. „Die werden Augen machen“, sagte er bei jeder Kugel, die er in den Baum hing. Vater hatte wirklich an alles gedacht. Der Stern von Bethlehem saß oben auf der Spitze, bunte Kugeln. Naschwerk und Wunderkerzen waren untergebracht. Engelshaar und Lametta dekorativ aufgehängt, die Feier konnte beginnen.

Vater schleppte für Großmutter den großen Ohrensessel herbei. Feierlich wurde sie geholt und zu ihrem Ehrenplatz geleitet. Die Stühle hatte er in einem Halbkreis um den Tannenbaum gruppiert. Die Eltern setzten sich rechts und links von Großmutter, die Kinder nahmen außen Platz. Jetzt kam Vaters großer Auftritt. Bedächtig zündete er Kerze um Kerze an. dann noch die Wunderkerzen. „Und jetzt kommt die große Überraschung!“ verkündete er. löste die Sperre am Ständer und nahm ganz schnell seinen Platz ein.

Langsam drehte sich der Weihnachtsbaum, hell spielte die Musikwalze „Oh du fröhliche“. War das eine Freude! Die Kinder klatschten vergnügt in die Hände. Oma hatte Tränen der Rührung in den Augen. Immer wieder sagt sie: „Wenn Großvater das noch erleben könnte, dass ich das noch erleben darf.“ Mutter war stumm vor Staunen.

Eine ganze Weile schaute die Familie beglückt und stumm auf den sich im Festgewand drehenden Weihnachtsbaum, als ein schnarrendes Geräusch sie jäh aus ihrer Versunkenheit riss. Ein Zittern durchlief den Baum, die bunten Kugeln klirrten wie Glöckchen. Der Baum fing an, wie verrückt sich zu drehen. Die Musikwalze hämmerte los. Es hörte sich an als wollte „Oh du fröhliche“ sich selbst überholen. Mutter rief mit überschnappender Stimme: “So tu doch was”! Vater saß wie versteinert, was den Baum nicht davon abhielt, seine Geschwindigkeit zu steigern. Er dreht sich so rasant, dass die Flammen hinter ihren Kerzen herwehten. Oma bekreuzigte sich und betete. Dann murmelte sie:” Wenn Großvater das noch erlebt hätte”.

Als erstes löste sich der Stern von Bethlehem, sauste wie ein Komet durchs Zimmer, klatschte gegen den Türrahmen und fiel dann auf Felix, den Dackel, der dort ein Nickerchen hielt. Der arme Hund flitzte wie von der Tarantel gestochen aus dem Zimmer in die Küche, wo man von ihm nur noch die Nase und ein Auge um die Ecke schielen sah. Lametta und Engelshaar hatten sich erhoben und schwebten wie ein Kettenkarussell am Weihnachtsbaum. Vater gab das Kommando: “ Alles in Deckung!” Ein Rauschgoldengel trudelte losgelöst durchs Zimmer, nicht wissend, was er mit seiner plötzlichen Freiheit anfangen sollte. Weihnachtskugeln, gefüllter Schokoladenschmuck und andere Anhängsel sausten wie Geschosse durch das Zimmer und platzten beim Aufschlagen auseinander.