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<< PAULΩDECKER -Saga >>

Für Lena und Yannis

Inhalt

Prolog

Kapitel 1     Es sind drei!

          Eistage

          Aussaat

          „Irgendwie sind wir alle Engländer“

          Die vierte Ankunft

Kapitel 2     Ein unbekanntes Land

          Geschichtsunterricht

          Rasche Entscheidung

          Unverhoffter Besuch

          Der fremde Himmel

Kapitel 3     Die lange Flucht

          Die Sache mit dem „ernstnehmen“

          Die Befreiung

          Unter Giganten

          Eine Brautwerbung der besonderen Art

          Unwiderstehlich

Kapitel 4     Titanischer Untergang

          Ein seltsamer Vorfall

          Eine Luftfahrt ist nicht lustig

          Verzehrgewohnheiten der besonderen Art

Kapitel 5     Drunten im Meer

          Das Paradies verweigert sich

          Neue Freundschaften

          Ein ungewöhnlicher Pakt

          Der mörderische Baum

          Der furchtbare Jäger

          Gefährliche Neugier

Kapitel 6     Berufung: Retter!

          Eine anrüchige Angelegenheit

          Wieder unterwegs

          Die unheimliche Krankheit

          In alle Winde verstreut

Kapitel 7     Getrennte Wege

          Ein außergewöhnlicher Wirt

          Hausaufgaben

          Eine kleine Rache

          Die Rückkehr des Herrschers

          Untergang einer heilen Welt

Kapitel 8     Welten wie Träume

          Welten wie Träume

          Die Kriegsherrin

          Was will er wirklich?

          Eine Riesenüberraschung

Kapitel 9     Die Stunde der Gärten

          Die Kunst des Improvisierens

          Überraschende Entdeckungen

          Zum Reden braucht es zwei

          Auch eine Rache

          Gemeinsamkeit macht stark

Kapitel 10    …doch schlechter ist wahrscheinlicher!

          Der Zorn des Erhabenen

          Der König ist tot, es lebe der Gewählte

          Glück und Leid

Kapitel 11    Das Ende der 'wahren Menschen'

          Nun reicht's!

          Ein heißer Abgang

          Noch eine Befreiung

Kapitel 12    Weltgesang

          Pauls Eingebungen

          Die größte Show aller Welten

          Eine Heimkehr

          Nächtliche Gedanken

Danksagung

Prolog

Am Hauptstrom mochten feine Ohren das Schlagen der Brandung an die Küste wahrnehmen, doch hier, in den Seitenarmen des Flussdeltas, war es still. Im seichten Wasser bildeten die miteinander verschlungenen Luftwurzeln der Mangroven einen nahezu undurchdringlichen Wall. Vom Grün der Schlinggewächse bedeckte Bäume verloren sich im Dunkel der unergründlichen Weiten des morastigen Sumpflandes.

Nur selten gelang es dem Morgenlicht, das dichte Walddach zu durchdringen, und dann malten die flirrenden Pfeile der Sonnenstrahlen zarte Muster in den Unterwuchs und den Schlamm. Umgestürzte Baumstämme durchbrachen hier und dort die Wasseroberfläche oder bildeten Buckel in dem undurchdringlich wirkenden grünen Mantel, der den Boden bedeckte.

Ihre Hohlräume boten zahlreichen kleineren Lebewesen Unterschlupf. In einem dieser Stämme regte sich etwas. Ein grünlicher Echsenkopf schoss hervor und schnappte nach einer Schabe, die sich unvorsichtigerweise auf dem Moosteppich bewegt hatte. Der durchdringende Ruf eines Paradiesvogels durchbrach die Stille. Ein neuer Tag nahm seinen Gang.

Aus den Niederungen des Flussdeltas schwangen sich Anhöhen empor, die zunächst einen breiten Sattel bildeten, um dann in Höhenzüge überzugehen, deren gestaffelte Silhouetten wie Kulissen einer gewaltigen natürlichen Bühne den Horizont begrenzten.

Es war immer noch feucht, doch weniger drückend, und die Vegetation hatte sich den hiesigen Verhältnissen angepasst. Lorbeer, Sassafras und Campher prägten mit ihren ledrigen, glänzenden Blättern die Wälder. Die Luftwurzeln der sich an den Stämmen empor windenden Lianen verliehen ihnen ein bizarres Aussehen. Zuweilen hatte eine Würgefeige einen Stamm überwuchert und spreizte ihr wirres Astwerk in die Umgebung aus.

Nur aus der Höhe zu erkennen, lag in diesen Wäldern eine Ansiedlung eingebettet, deren Größe sich am Boden kaum erschloss. Durch das Dickicht der Baumkronen hindurch, aus denen einzelne Riesen mit über 50 Meter Höhe herausragten, schimmerte ein filigranes Gespinst auf, das mit dem Einfallreichtum und den schöpferischen Händen eines Künstlers gestaltet wirkte.

Transparent wie Spinnweben, aber auch festere Bahnen bildend, die als Wege dienten, sich schließlich zu undurchsichtigen Komplexen verdichtend, war dieses Gespinst Rückgrat und Baustoff einer einzigartigen Architektur. Bis zu den Gipfeln der Bäume formte es den Lebensraum von Zehntausenden Funktionsmenschen.

Das Zentrum dieses unglaublichen Ortes bildeten steinerne Gebäude, die sich wie von Riesen hingeworfen über einen großen Platz verteilten und teilweise von der Vegetation symbiotisch durchwoben waren.

Am wolkenlosen Himmel spann sich ein im lichten Violett schimmernder Schleier bis zum Horizont, der hier und da wie aufgerissen schien und dann einen ungefilterten Blick auf das Blau und die Sonne gestattete.

Dem Gespinst gab das Licht ein eigentümliche, bläulich-weiße Strahlkraft gleich gefrorenen Spinnfäden, die in Neonlicht getaucht waren. Morgendunst stand noch zwischen den Bäumen, vor deren verschwimmenden Konturen traten die vom Sonnenlicht angestrahlten Fäden plastisch hervor und verstärkten die Anmutung geheimnisvoller Tiefen der Wälder.

Zuweilen bewegte sich ein Echtmensch auf den festen, federnden Pfaden zwischen den Bäumen, andere, unwirklich erscheinende Wesen gerieten ins Blickfeld.

In das Gespinst war eine Lücke geschlagen. Ein vom Sturm niedergeworfener Baum hatte ehemals der Verankerung des Netzwerkes gedient. Nun hingen die weißen Gespinste wie zerrissene Vorhänge in der Luft. Eine Heerschar spinnenartiger Wesen eilte geschäftig umher, die Schäden zu beseitigen.

Noch war der Ort nicht zum vollen Leben erwacht. In einem der Steingebäude, dessen großzügige Anlage und erlesene Ornamentik auf eine hervorgehobene Bedeutung schließen ließ, war gleichwohl eine Gruppe von Menschen versammelt, umgeben von Funktionsdienern, deren einziger Lebensinhalt darin bestand, den 'wahren Menschen' die Wünsche von den Lippen zu lesen und ihnen in jeglicher Hinsicht zu Diensten zu sein.

Einer der 'wahren Menschen' trug besondere Insignien der Würde, offenbar hatte er eine herausgehobene Stellung inne. Haltung und Gestik drückten Machtwillen aus, der erfahrene Beobachter mochte eine grausame Sinnlichkeit aus seinen Zügen lesen. Er war es, der die Runde eröffnete und sich mit voll tönender Stimme an die Anwesenden wandte.

     „Ihr wisst um den Anlass, dessentwillen ich euch zusammengerufen habe. Ich will dennoch zusammenfassen, um jegliches Missverständnis auszuräumen und allen die Dringlichkeit der Angelegenheit noch einmal vor Augen zu führen. Es möge also niemand hinterher sagen, er sei nicht informiert worden. Ihr werdet euch eurer Verantwortung stellen, und ich erwarte Beiträge, die der Beherrschung des misslichen Phänomens dienlich sind.
     Es ist etwas geschehen, das keine Vorbilder kennt. Einige Lustdiener der jungen Generation haben plötzlich bisher unbekannte Fähigkeiten entwickelt. Es ist dies ein Rätsel, entstammen sie doch einem seit langer Zeit stabilen Zuchtprogramm, in dem es keine Abweichung ohne unser Wissen und Wollen geben kann.
     Und nicht nur das: Es handelt sich zudem um Fähigkeiten, die die unseren übersteigen und sich unserer Kontrolle entziehen. In diesem Zusammenhang haben wir eine Entdeckung von großer Tragweite machen müssen: Es gibt nicht nur unsere Welt, sondern offenbar ein Paralleluniversum, in dem eine Welt existiert, die unserer in vielem gleicht. So sehr, dass wir von einer gemeinsamen Abstammung ausgehen müssen.
     Diese Welt ist auf eine uns unbekannte Weise von einigen jungen Lustdienern und -dienerinnen entdeckt worden. Mehr noch: Sie sind fähig, dorthin zu gelangen!”

Aufgeregtes Gemurmel brandete auf. Das war den meisten so noch nicht bekannt, doch lag die Brisanz dieser Angelegenheit auf der Hand.

     „Doch eigenartig und unerträglich: Uns ist dieser Zugang versperrt. Anders als in einer Schattenpräsenz vermögen wir ihnen nicht zu folgen. Immerhin – auf diese Weise haben wir Informationen über diese andere Welt erhalten, die uns möglicherweise helfen können, hiesige Probleme zu lösen.
     Wir stehen also vor folgenden Herausforderungen: Wir müssen die Fluchten der Lustdiener und -dienerinnen unterbinden. Und wir müssen Möglichkeiten finden, uns diese andere Welt zugänglich und dienstbar zu machen. Dies also wird euer Auftrag sein. Und ich rate euch: Säumt nicht, nach Wegen zu suchen. Möglicherweise ist die Zeit begrenzter, als wir es uns im Augenblick noch vorstellen können.”

Später, als die Versammlung sich aufgelöst hatte und die in die Verantwortung genommenen Würdenträger ihren Quartieren zustrebten, kamen erregte Debatten auf. Allen war die Dimension der Herausforderung bewusst. Niemand hatte eine Vorstellung der Lösung. Und alle rätselten über die ominöse Drohung zur begrenzten Zeit.

Niemand hatte es gewagt nachzufragen. Doch wenn der Erhabene eine Gefahr andeutete, der seine eigene Macht nicht gewachsen war, musste es ernst sein – sehr ernst.

Kapitel 1: Es sind drei!

    Eistage

Einige Sonnentage hatten das Wunder bewirkt: Boten sich die Gärten um die Wohnbäume zuvor als unscheinbare grau-bräunliche Flächen dar, allenfalls aufgelockert durch immergrüne Hölzer und einige Frühblüher, war die Natur fast über Nacht machtvoll erwacht. Üppig knospende Triebe streckten sich allenthalben entgegen, hier und dort war das erste Grün hervorgebrochen, und binnen kurzem hatte sich das Umfeld der Bäume in ein Blütenmeer verwandelt. Wie von Feenhand herbeigezaubert, krabbelte, summte und brummte es, als wäre der Boden selbst lebendig geworden, das Schwirren der Insektenflügel erfüllte die Luft. In Jolandra war der Frühling eingekehrt.

Erstmals konnte Paul das Erwachen der Natur auf GrünWELT erleben. Frühling hatte er bisher wie alle Jahreszeiten als ganz selbstverständlich hingenommen. Doch hier hatte der Frühling etwas Besonderes. Vielleicht war es das Bestreben der Gärten, die Wunden aus der Schändung durch die Rammen und Hyänen so rasch wie möglich zu schließen. Ihm erschien es wie eine Explosion des Lebens, nie zuvor hatte er ein derart vitales Wachstum verfolgen können.

Mit den Blicken den jubilierenden Vögeln in ihren übermütigem Flug zu folgen, die zarten Blätter des ersten Grüns durch die Finger gleiten zu lassen oder einfach nur auf dem Boden zu sitzen, um die duftgeschwängerte Luft einzuatmen und den eifrigen Gartenwerkern mit sechs oder acht Beinen bei ihrem geschäftigen Tun zuzusehen – so konnte er halbe Tage an sich vorbeistreichen lassen.

Wer den Fehler machte stehen zu bleiben, musste seine Begeisterung über sich ergehen lassen. Inzwischen flüchtete selbst Sinchen zu den anderen Minis, wenn Paul wieder einmal mit glänzenden Augen herbei gestürmt kam, um haarklein seine neuesten Beobachtungen zum Besten zu geben.

„Du tust so, als wenn du zuhause noch nie einen Frühling erlebt hättest”, stöhnte Ben über den anstrengenden Umgang mit Paul in diesen Tagen. „Gibt es bei euch denn gar nichts, worüber du dich in dieser Zeit freuen kannst?” Paul stutzte und überlegte: „Die Eisläden machen wieder auf.”

„Das ist alles, was du dazu sagen kannst? Ist doch eigentlich traurig, oder?” Ben wiegte mit scheinheiligem Mitgefühl den Kopf. „Von wegen, mein Lieber. Bei euch schmeckt fast alles besser als bei uns. Aber beim Eis könnt ihr euch von uns eine Scheibe abschneiden.”

„So?” Ben runzelte die Stirn. Dann griente er. „Lass das bloß nicht Adele hören. Solche subversiven Bemerkungen kann sie nicht verknusen.” „Das liegt an eurem gestörten Verhältnis zu einfachen Wahrheiten”, tönte Paul pomadig.

„Also, bisher spuckst du nur große Töne. Wenn du dich so sicher fühlst, beweise es doch”, ließ Ben die Kränkung abgleiten.

„Nichts leichter als das. Wir gehen rüber und machen eine große Eisprobe”, Paul war sich seiner sicher. „Wie soll das aussehen?”, fragte Ben interessiert nach.

„Na, ja”, Paul überlegte, „wir probieren jeden Tag in einem anderen Laden das Beste an Eis, was es gibt.” „Klingt nicht schlecht.” Ben ließ die Idee auf der Zunge zergehen.

In diesem Augenblick schlug es an der Pforte an. „Adele”, klopfte sich Ben an die Stirn, „sie wollte mir Unterlagen vorbeibringen.” Eine Minute später stand die Kameradin früherer Abenteuer im Zimmer. Die Sonne hatte sie dazu verführt, eine ärmellose Bluse zu tragen. Ganz so warm war es dann aber beim Velofahren doch nicht, und so fröstelte sie ein wenig. Selbst ihre 'Farben' kräuselten sich wie zum Protest gegen diese Zumutung.

„Ein bisschen voreilig, wie?”, griente Paul. „Da sind wir ja beim richtigen Thema”, hängte sich Ben an. „Wieso?” Adele guckte stirnrunzelnd drein und witterte eine hinterhältige Anspielung.

„Wir unterhalten uns gerade über etwas ziemlich Kaltes”, erläuterte Ben. Adeles Stirnrunzeln verstärkte sich. <<Die meinen doch nicht etwa…>> Da er Adele inzwischen gut genug kannte, ahnte Paul, was ihr durch den Kopf ging. Er grinste in sich hinein, achtete aber darauf, nichts nach außen dringen zu lassen, denn sonst hätte es ernsthaften Zoff mit ihr gegeben. Stattdessen klärte er sie auf: „Wir haben über Speiseeis gesprochen.”

„Ach so.” Adele war beruhigt. „Paul meint, bei ihnen schmeckt das Eis besser als bei uns”, warf Ben mit gespielt gleichgültigem Tonfall ein und sofort war Adele wieder auf dem Sprung. Aber jetzt wusste sie wenigstens, worum es ging.

„Das möchte ich erst einmal sehen”, sie trommelte mit den Fingern auf den Tisch. „Du, das ist bei uns nichts zum Angucken, sondern zum Essen”, gab sich Paul vorwitzig. Das war unklug, da Adele neben ihm saß, denn umgehend bohrte sich ihr spitzer Ellbogen in seine Rippen.

„Au”, entfuhr es ihm spontan. „Das kommt davon, wenn man einer Dame nicht die angemessene Ehrerbietung erweist”, kommentierte Ben feixend das Geschehen. Das gefiel Adele – einerseits. Andererseits wollte sie aber auch nicht als geziertes Persönchen dastehen. „Halt du dich da raus”, fuhr sie den verdutzten Ben an. „Solche Frechheiten könnten genauso gut von dir kommen.”

Paul schmunzelte zufrieden und nutzte die Situation, um wieder Oberwasser zu haben. „Komisch, eigentlich wollte ich euch zum Eis essen einladen. Warum streiten wir überhaupt?”

„Ach so!” Adele zuckte verblüfft zurück, um sich sogleich wieder aufzuplustern: „Und warum hast du das nicht gleich gesagt? Dann hätte ich mich ja gar nicht erst aufregen brauchen.”

Ben und Paul rollten die Augen, hielten sich aber wohlweislich zurück, um nicht eine weitere Tirade über sich ergehen lassen zu müssen. Doch jeder wusste, was der andere dachte: <<Frauen!>

Stattdessen schmeichelte Paul: „Das hättest du wirklich nicht”, flötete er und tätschelte ihr den Rücken. „Wo ich doch gerade dich einladen wollte.”

„Aber Ben nehmen wir mit. Sonst fühlt sich der Arme ausgeschlossen”, tuschelte er ihr dann mit Verschwörermiene zu, laut genug für Ben.

Adele fühlte sich zweifach gestreichelt und rekelte sich wohlig. Bens Stimmung war hingegen auf Talfahrt. „So viel Schleimerei und Tücke auf einmal habe ich noch nicht erlebt. Aber wenn du glaubst, mich vergraulen zu können, hast du dich geirrt. Ich lass mich nicht abhängen”, wetterte er.

„Aber das meine ich doch. Du bist für uns unverzichtbar”, strich Paul jetzt Ben um den nicht vorhandenen Bart. Nun stutzte Adele. „Was ist denn mit dem heute los?” Sie schaute ratlos auf Ben. „Ich glaube, dem juckt das Fell, weil er sich bei uns so wohl fühlt. Er wird sich ganz schön kratzen müssen, wenn er unsere Meinung über sein Eis hört.” Womit man wieder beim Thema war.

„Wo wollen wir anfangen?”, überlegte Paul laut vor sich hin. Sie waren eine ziemlich große Runde geworden, weil ihr Plan sich herumgesprochen hatte. So waren Mikael, Marileen, Christiane und Gitta dazu gestoßen. Christiane hatte zudem vorgeschlagen, Kiruna mitzunehmen. Sie waren also zu acht – wenn man die Minis nicht mit rechnete. Die waren allerdings weniger am Eis als vielmehr an den Waffeln interessiert.

Es war eine rhetorische Frage, denn Paul hatte seinen Plan bereits im Kopf. Es gab vier Orte, die er in den vier Tagen aufsuchen wollte. Zwei davon waren in Fußreichweite, heute war Monheim mit dem 'Streifeneis' an der Reihe. Die Sonne schien, es war also ein prächtiger Tag für eine Eisschlacht. Der Ahorn hatte zarte Blätter ausgetrieben, sie waren noch durchscheinend und verwandelten den ersten Teil des Weges in einen lichten, grünen Laubengang.

Das Wohlbefinden wurde durch nichts beeinträchtigt, zumal es seit den Entführungen keine weiteren Zwischenfälle gegeben hatte. Vielleicht hatte Pauls rasches Aufspüren der Entführer Gittas und die vollständige Zerschlagung der Foltertruppe andere potenzielle Angreifer in der Einschätzung ihrer Erfolgschancen ernüchtert. In der Familie hatten sich daher die Nervenkostüme wieder beruhigt, Normalität war eingekehrt.

„Warum heißt es Streifeneis?”, fragte Adele. „Ach, eigentlich ist das ein Fürst-Pückler-Eis. Aber weil es drei Schichten mit Schokolade, Vanille und Erdbeere sind, heißt es bei mir Streifeneis.

„Fürst Pückler?” Adele runzelte die Stirn, das sagte ihr nichts. „Das war ein russischer Fürst. Der soll es erfunden haben. Von dem stammt auch ein starker Spruch: 'Ich habe einen ganz einfachen Geschmack. Von allem nur das Beste'.”

„Das nenne ich Lebensart”, nickte Ben anerkennend. „Die Frage ist, wie viele andere dafür schuften mussten, damit sich Fürst Pückler nur das Beste rauspicken konnte”, hielt Paul ihm entgegen.

„Werd nicht politisch”, entrüstete sich Marileen, „wir wollen uns amüsieren und uns nicht den Appetit verderben lassen.” Dabei hakte sie sich ostentativ bei Ben ein und lenkte ihn einen Schritt zur Seite, damit er sich nicht mit Paul auf Debatten einließ, die vom Vergnügen ablenken konnten.

Mikael stocherte spielerisch mit einer seinen Krücken, die er seit dem Verlust seines linken Beines für ein Jahr brauchte, nach Paul: „Wenn das ein Trick sein soll, uns den Spaß zu vermiesen, hast du dich aber ganz schön geschnitten”, bekam er zu hören. „Das gilt erst recht für mich”, beeilte sich Gitta zu versichern. Paul glaubte ihnen aufs Wort und hielt sich nun mit despektierlichen Äußerungen zurück.

Grünweltler waren immer noch alles andere als alltäglich, daher konnten sie sich des Interesses der Passanten sicher sein. Zudem hatten sie mit Adele einen Blickfang dabei. Sie trug neue Jeans in der Art der in Jolandra inzwischen erblühten Mode, die an ihrer schlanken, langbeinigen Figur besonders gut zur Geltung kamen. Adeles Jeans waren im Grundton schwarz. Darauf schlängelten sich auf den Außenseiten der Beine gelb-rot getönte Drachenkörper empor, die sich auf dem Po zu einem Drachenkopf vereinigten, der mit jedem Schritt bizarre Grimassen schnitt. <<So etwas gibt auch bald bei uns>> deutete Paul die begehrlichen Blicke vorbeikommender Mädchen.

Der Spaß nahm seinen Gang, doch zuweilen wurde der eigentliche Anlass zur Nebensache, weil die Minis so aufgekratzt waren. Leonidas grollte Hunde an, immer auf der Hut aufzufliegen, wenn er sie so weit gereizt hatte, dass sie aufsprangen. Dumbo vergnügte sich damit, auf Nachbartische zu segeln, um den Gästen den Rüssel ins Glas zu hängen und beleidigt zu tröten, wenn sie sich beschwerten. Fenandor umkurvte derweil Raucher und blies ihnen Dampfwölkchen ins Gesicht. Über der Szenerie zog Sinchen ihre eleganten Schleifen und wieherte beifällig, wenn wieder ein Streich gelungen war.

Kiruna hatte rasch mitbekommen, wie das Ganze ablief. Sie gesellte sich dazu und tat so, als wenn die Minis auf ihr Kommando hörten. Wenn eines eine Aktion starten wollte, warf sie den rechten Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger nach vorn und schrie „Los”. Das wuchs zu einer Art Straßentheater aus und zog Trauben von Gaffern an. Als die Minis im Verein mit Kiruna spitz kriegten, welch dankbares Publikum sie mit ihren Kapriolen fanden, drehten sie erst richtig auf.

Alles in allem war es eine große Gaudi, aber am vierten Tag war es doch genug. Gemeinsam lieferten sie Kiruna zuhause ab, und Nkuma hielt für die drei Grünlinge eine Überraschung bereit. Es waren sehr schöne, aufwändig geschnitzte Holzfiguren. „Das ist doch nicht nötig”, wehrte Ben verlegen das in seinen Augen viel zu wertvolle Geschenk ab.

„Habt ihr euch in diesen Tagen mit Kiruna gut amüsiert?”, fragte Nkuma hintergründig lächelnd. „Aber ja, natürlich. Es macht mehr Spaß, wenn sie mit dabei ist”, kam es wie aus einem Mund. „Genau so gern gebe ich euch diese Figuren”, erklärte Nkuma mit Nachdruck.

Adele schaute sich ihr Kunstwerk genauer an. Sie kannte afrikanische Holzschnitzereien von zuhause, sie waren nicht weniger kunstvoll. Aber anders, heiter. Die in ihren Händen verkörperte Leid, fühlte sie und sie verstand, warum – hatte sie doch durch Paul von der traurigen Geschichte der afrikanischen Völker auf der grauen Erde erfahren: die rücksichtslose Zerstörung der eigenen Kulturen durch Kolonialisierung und Sklaverei. Plötzlich lief es ihr heiß und feucht im Hals herunter. Sie schluckte und wandte sich ab, damit es den anderen nicht auffiel.

„Was sagen denn nun die Grünlinge?” Am Ende der Vier-Tage-Tour ging es um die spannende Frage, ob Paul Recht gehabt oder den Mund zu voll genommen hatte. Mikael hatte die schnellste Klappe: „Ich fand fast alles sehr gut. Das Streifeneis hat mir aber am besten geschmeckt.”

„Das Karamelleis von Lochner”, Adele leckte sich unwillkürlich die Lippen. „Ich muss wirklich zugeben, so etwas Gutes…” Sie verschluckte den Rest des Satzes. „Eigentlich mag ich ja Karamell nicht besonders. Aber so – hmm.” Sie verdrehte verzückt die Augen, und alle wussten: Wenn Adele sich so weit aus dem Fenster lehnte, musste es für sie der Himmel gewesen sein.

„Ich fand alles gut, aber am besten hat mir im Giovannis Nussparfait im Pignata geschmeckt”, lieferte Ben sein Votum ab. „Und das Schokoladeneis und das Cassissorbet im Kaufhaus hatten auch was Besonderes.” „Das war mir zu bitter und zu streng. Da fehlte mir das Sahnige”, monierte Adele.

„Das ist eben etwas für richtige Männer”, unterstützte Paul Bens Urteil. „Mir ist aufgefallen, dass bei euch schon Vierzehnjährige rauchen. Sie meinen wohl, damit richtige Kerle zu sein”, kommentierte Adele Pauls Anmerkung mit spitzer Zunge. „Wirkliche Kerle rauchen nicht, sondern verstehen was vom Eis”, hielt Paul mit dem Brustton der Überzeugung dagegen.

„Jedenfalls schmeckt euer Eis alles in allem wirklich besser als unseres”, brachte Mikael den Disput auf den Kern zurück. Adele tat ihr Begeisterungsausbruch wohl schon wieder leid. Sie murmelte irgendetwas vor sich hin, aber widersprechen wollte sie dann doch nicht.

<<Nicht gemeckert, ist genug gelobt>> So ist sie halt, fand Paul. Jedenfalls war er mit dem Ausgang des kleinen Wettstreits zwischen grauer und grüner Erde sehr zufrieden.

    Aussaat

Zwei Monate zuvor war die Landschaft noch fest im Griff des Winters. Feuchtkalter Dunst hing in der Luft, durch den ein fahles Licht bis zum Boden fand. Still verharrten die Tiere in ihren Höhlen und Unterständen, bis der Wind die Schwaden vertreiben und die Tristesse einer freundlicheren Stimmung weichen würde.

Vom Boden aus kaum zu sehen, befanden sich plötzlich schwarze Punkte hoch in der Luft. Sie kreisten, wie um sich zu orientieren, dann stoben sie auseinander, als wären sie sich ihrer in verschiedenen Richtungen liegenden, weit entfernten Ziele sicher geworden.

An ihrem Leib trugen sie kleine Beutelchen aus einem Material, das in der kalten Luft nach einiger Zeit verspröden und seinen fein gestäubten Inhalt freisetzen würde. Der Flug über das Land war der Zweck ihrer Mission.

In der Höhe bereits durch feinste Luftbewegungen verteilt, senkte sich der Staub unbemerkt auf das Land herab, bettete sich hier auf den Schnee, dort auf eine Astgabel, anderenorts in ein Gewässer… Der Samen hatte kein anderes Ziel als Fuß zu fassen und sich zu entfalten. Doch noch war die Zeit nicht reif und so wartete er geduldig auf seine Chance.

    „Irgendwie sind wir alle Engländer”

Da sie nun einmal hier waren, nutzten die Grünlinge ihren Ausflug auf die graue Welt zu weiteren Erkundungen. Schließlich versäumten sie nichts in der Heimat, das war das Tolle an der Duplizierung.

Eines Tages begleitete Paul Ben, der sich nach Angelzeug umschauen wollte. Das Zentrum ließ sich zu Fuß erreichen, daher schlenderten sie gemächlich durch die Straßen. Einmal mehr irritierten Ben die Menschenmassen, die ihren Angelegenheiten nachhasteten. Immer wieder störend empfand er auch den lauten und schnellen Straßenverkehr. Vorsichtig hielt er sich daher an die Regeln, um sich nicht unbedacht in Gefahr zu bringen.

Die Fußgängerampel schaltete gerade auf Rot, und regelgetreu wollte er wie die anderen Passanten stehen bleiben, doch Paul zog ihn weiter. „Das schaffen wir noch”, drängte er. „Warum machen das die anderen nicht?”, wunderte sich Ben, als sie wohlbehalten auf der anderen Straßenseite angelangt waren.

„Das liegt an einer verbreiteten Krankheit”, behauptete Paul mit wissender Miene. „Wie? Was für eine Krankheit?” Ben runzelte die Stirn. Die Menschen sahen eigentlich gesund aus.

„Das ist eine Art Volksseuche”, erläuterte Paul mit ernsthaftem Gesicht. „Sie heißt 'Teutonische Ampelhörigkeit'. Die Ampeln sind der Ersatz für die Obrigkeit. Und wie Regenwürmer, die auf hell und dunkel reagieren, reagieren die meisten Menschen auf diese Ersatzobrigkeit. Wenn grünes Licht ist, gehen sie los, bei roten Licht bleiben sie stehen, auch wenn meilenweit kein Auto zu sehen ist.”

„Und warum macht man nichts gegen die Teutonische Ampelhörigkeit?” „Also…die Bezeichnung ist nicht sehr verbreitet. Eigentlich kenne nur ich sie.” „Aber das ist doch für die Sicherheit, gerade wegen der Kinder, oder?”, gab Ben zu bedenken.

„Du kannst nach Italien oder Frankreich, nach Norwegen oder England gehen – überall gehen die Leute auch bei roter Ampelschaltung über die Straße. Die Engländer sind die ungeniertesten. Die quetschen sich noch zwischen den fahrenden Autos durch. Und trotzdem passiert den Kindern nicht mehr als bei uns.”

„Sind die Engländer denn gesünder und haben deshalb einen besseren Überblick?” „Die Engländer sind was ganz Eigenes. Die haben 'Überweltaugen'.” Bens Beeindruckung wuchs. „Was ist denn das nun schon wieder?”

     „Also”, setzte Paul gewichtig an, „es gibt einen Science-Fiction Roman von einem Jack Vance, der heißt 'Das Auge der Überwelt'. Ein übler Zauberer hat einem pfiffigen Dieb namens Cugel mit einer raffinierten Methode dazu gezwungen, ihm das 'Auge der Überwelt' beschaffen.
     Nach allerlei Abenteuern erreicht Cugel einen entfernten Ort, in dem diese Augen in Gebrauch sind. Er findet schäbige Hütten und heruntergekommene Gestalten vor, Männlein wie Weiblein aufgeschwemmt und mit strähnigem Haar. Sie tun nichts für ihren Lebensunterhalt, sondern werden von den ärmlichen Bauern der Umgebung mehr schlecht als recht ausgehalten.
     Diese erbärmlichen Gestalten tragen Halbschalen in ihren Augen, die Augen der Überwelt. Cugel erfährt, dass die Schalen die Belohnung für diejenigen sind, die sich ein Leben lang für die Schalenträger abmühten. Immer dann, wenn ein Schalenträger stirbt, darf der nächste auf der langen Warteliste die Schalen übernehmen.
     Durch einen schäbigen Trick gelangt Cugel in den Besitz einer dieser Schalen. Als er dieses Auge öffnet, findet er sich in einem traumhaften Palast wieder, die Tische gedeckt mit den herrlichsten Speisen, wundervolle Parks und, und, und… Als er dann das andere Auge öffnet, entdeckt er zu seinem Schrecken, dass die Paläste just die schäbigen Hütten sind. Und wo sich auf dem einen Auge stattliche Prinzen und wunderschöne Prinzessinnen in Rosenlauben liebkosen, wälzen sich auf dem anderen Auge zerlumpte und aufgeschwemmte Leiber auf dreckigem Stroh.
     Die Augen der Überwelt verwandeln schlicht und einfach das elende Dasein in ein Paradies.”

„Und was hat das mit den Engländern zu tun?” Ben war inzwischen ungeduldig geworden. „Na, das ist doch klar”, behauptete Paul. „Die tragen alle diese Augen. Es gibt allerdings einen Unterschied zu der Geschichte von Cugel. Die Menschen in dem Ort wissen um die Verhältnisse. Bei den Engländern ist das anders.

Ich weiß nicht, ob sie mit diesen Augen geboren werden oder ob man sie ihnen bei der Geburt einsetzt. Jedenfalls glauben sie wirklich, auf der Schwelle zum Himmel zu leben. Dabei hausen die meisten von ihnen in winzigen, schimmelnden Hütten, die bei uns nicht mal eine Zulassung für die gewerbliche Kleintierhaltung bekommen würden.”

„Hmm”, überlegte Ben, „du meinst also, die Engländer unterliegen einer gewaltigen Selbsttäuschung?” „Genau”, freute sich Paul, weil Ben es so rasch erfasst hatte. „Aber wo ist da der Unterschied zu euch?”, sinnierte Ben weiter, „wenn ihr entgegen der Vernunft an einer Straße stehen bleibt, auf der weit und breit kein Auto zu sehen ist, nur um euch einer Ersatzobrigkeit zu fügen?”

Paul zuckte zurück und zog ein verdrießliches Gesicht, so hatte er sich das nicht gedacht. <<Es muss doch ein Gegenargument geben>> Auf die Schnelle fiel ihm allerdings nichts ein. „Da ist was dran”, sagte er schließlich widerstrebend und nach kurzem Nachdenken: „Irgendwie sind wir wohl alle Engländer.”

    Die vierte Ankunft

Sinchen drängte zur Rückkehr auf die grüne Erde. Sie war inzwischen das einzige Mini auf GrauWELT. Ben und Adele fanden es nämlich recht angenehm, sich einmal nicht 'kümmern' zu müssen. Soweit war Paul noch nicht. Doch da er mit vielen Dingen beschäftigt war, blieb wenig Zeit für Sinchen. Ihr wurde allmählich langweilig, und sie sehnte sich nach ihren Spielkameraden.

So begrenzt ihre Vorstellungswelt war, hatte sie nach mehreren Sprüngen doch mitbekommen, dass sie inzwischen zwei Zuhause hatte: ein vorübergehendes und ein dauerhaftes. In ihrer minitypischen konservativen Grundhaltung genoss das Dauerhafte größere Wertschätzung, und so quengelte sie hartnäckig, bis Paul schließ nachgab und zum Sprung auf die grüne Erde blies.

Adele war es Recht. Nach der ersten Aufregung und Neugierde war sie stets rasch von GrauWELT bedient. Es ging ihr zu hektisch zu und ihr fehlte die grüne Umgebung. Bei Ben lagen die Dinge anders und Paul musste sich auf einen Deal einlassen: Marileen sollte mitkommen (was ganz in ihrem Sinne war).

Paul stöhnte auf. Im Prinzip hatte er nichts gegen Marileens Anwesenheit auf GrünWELT. Doch hatte er es kommen sehen: Liebe zwischen zwei Welten war eine beschwerliche Sache – vor allem für den, der fürs Reisen zuständig war. Insgeheim befürchtete er, die beiden würden bald auf die Idee kommen, sich regelmäßig parallel zu besuchen und so zwei Paare bilden. Dann hätte er sie dauerhaft am Hals.

Könnten sie nicht auch das Springen lernen? Dann wäre er das Problem los - allerdings auch seine Monopolstellung. Wäre ihm das eigentlich recht? Dann wäre er nicht mehr so wichtig.

Da er aber immer die gute Ausrede hatte, es wäre zum Wohle der grünen Erde, wenn der Reiseverkehr zwischen den beiden Welten begrenzt bliebe, konnte er es sich ersparen, sich mit dem eigenen hässlichen Motiv namens Neid auseinandersetzen zu müssen.

Schließlich war es soweit, und da Paul es inzwischen zum guten Brauch erhoben hatte, trafen sie am Samstagmorgen pünktlich zum Frühstück ein. Paul hatte sich eine besondere Überraschung einfallen lassen. Tags zuvor hatte er zwei Blöcke Streifeneis besorgt und über Nacht im Tiefkühlfach aufbewahrt. So konnten die Erwachsenen auf GrünWELT, die gleichermaßen belustig und kopfschüttelnd die Eisaktion in der Vorbereitung mitbekommen hatten, auch in den Genuss des 'grauen' Eises gelangen.

Wie nicht anders erwartet, kam er damit bestens an und die Lobgesänge gingen ihm wie Öl herunter. Doch auch die grüne Erde hatte Unvergleichliches zu bieten. Der Garten war in kurzer Zeit zu einer Pracht erblüht, die Ihresgleichen suchte. Zudem waren weitere Blüten waren hinzugekommen, die sich mit den vorhandenen zu einer überwältigenden Sinfonie der Farben ergänzten. So hatte sich mit der Bougainville eine andere Kletterpflanze verwoben, deren zart getönte gelbe Blüten das kraftvolle Rot der Bougainville noch unterstrichen.

Paul konnte sich nicht satt sehen – bis er unsanft gestört wurde.

„Wenn er so weiter macht, fallen ihm noch die Augen aus dem Kopf”, krächzte es von oben. Die Raben gaben Laut.

„Kein Wunder, schließlich kommt er aus einer Umgebung, wo alles nur grau in grau ist”, meinte Kasimir, genau Bescheid zu wissen.

„Der Arme. Muss irgendwie auf die Seele abfärben, oder?”, ließ Atze mit schlecht geheucheltem Mitgefühl vernehmen.

„Das ist aber eine ziemliche Schwarzmalerei, die ihr da betreibt”, meldete sich Paul zu Wort. „Schwarzmalerei? Was ist das? Das passt überhaupt nicht zu unserem Wesen”, gab sich Ede pikiert.

Soo?”, dehnte Paul seine Antwort anzüglich und zog die Augenbrauen hoch. „Dann müsst ihr euer wahres Wesen aber gut versteckt halten. Und wer was verstecken muss, hat es wohl auch nötig.”

„Wir verstecken überhaupt nichts. Das haben wir nicht nötig. Unser Wesen kann man uns auf den ersten Blick ansehen.” Hochmütig blickte Kasimir auf Paul herab. Atze war allerdings bereits alarmiert. <<Wenn man bloß wüsste, worauf das hinausläuft>> Er sollte es rasch erfahren.

„Oh”, gab sich Paul erschreckt”, dass es soo schlimm mit euch steht, hatte ich nicht erwartet.”

„Wie?”, fragte Ede begriffsstutzig, „wo, bildest du dir ein, könntest du was Schlimmes sehen?”

„Wann hast du das letzte Mal in den Spiegel geschaut?”, fragte Paul mit maliziösem Unterton. Allmählich dämmerte es Atze - zu spät.

„Und was wäre dann?” Ede gab sich immer noch hochnäsig.

„Na, was siehst du dann? Schwarz, auf den ersten Blick. Und das entspricht, wie Kasimir einleuchtend erklärt hat, eurem Wesen. Ihr habt nun einmal eine schwarze Seele, darüber kann die schönste Umgebung nicht hinwegtäuschen.”

Für einen Moment schien er zu überlegen. „Aber vielleicht ist das unvermeidlich”, fügte er dann hinzu und legte sein Gesicht in grüblerische Falten.

„Wie meinst du das?” Ede war irritiert.

„Ich meine, die Natur sucht immer nach einem Ausgleich”, hob Paul belehrend die Stimme.

„Ja, und?” Jetzt war selbst Atze noch einmal neugierig geworden.

„Ihr findet doch auch den Garten wunderschön, nicht wahr?”, flötete Paul mit Honigstimme. Daran konnte es keine Zweifel geben, aber worauf wollte er hinaus? Auf dem Ast war es still geworden.

„Ich nehme euer Schweigen als Zustimmung”, ließ Paul vernehmen.

„Und wo es so viel Schönes und Lichtes zum Ausgleich braucht, muss irgendetwas tiefschwarz sein. Wie eure Seelen, kapito?”

Den Raben hatte es die Sprache verschlagen. „Hoffentlich färbt das nicht doch irgendwann einmal auf den Garten ab”, endete Paul mit besorgter Miene.

Es dauerte ungewöhnliche 30 Sekunden, bis das Leben auf den Rabenast zurückgekehrt war. Dann platzte Atze heraus: „Das siehst du, was du wieder angerichtet hast”, fuhr er Kasimir an. Der stotterte „Aber…aber… ich wollte doch nur…“

Da hatte sich Paul bereits aus dem Staub gemacht, um seinen hervorragenden Punktestand nicht aufs Spiel zu setzen.

    Zwei Gestalten, gehüllt in weiße, wehende Schleier, schweben durch eine Leere, unfassbar tief und dunkel. Es will schier unmöglich erscheinen, sie zu überwinden. Und doch wagen die weißen Gestalten dieses Unterfangen. Eine stille Verzweiflung liegt über ihnen, die sie zu dem gewaltigen Wagnis getrieben haben mag.
    Von einem blauen Himmel blickt strahlend die Mittagssonne herab. Das Unglaubliche scheint wahr geworden, der Abgrund überwunden. Die weißen Gestalten haben ihre Füße auf eine andere Welt gesetzt, sind umgeben von durchscheinenden Objekten, blicken suchend um sich. Was ist das Ziel ihrer Suche? Die Bilder werden unscharf, verlieren sich…

Paul wachte auf. Der merkwürdige Traum war ihm noch gegenwärtig. Nichts von dem, was er darin gesehen hatte, konnte er mit seinem Leben verknüpfen. Und doch hatte es ihn sehr aufgewühlt. Allmählich formierten sich Erinnerungssplitter zu Bildern: weiße Gestalten, transparente Gebilde… Und mittäglicher Sonnenschein? Eine Vermutung wuchs in ihm heran.

„Ich möchte einen kleinen Ausflug machen”, verkündete er beiläufig, „nicht weit.” „Wohin?” Ben blickte ihn neugierig an. Wenn Paul derart unbestimmte Vorhaben verkündete, wurde meistens mehr daraus als anfangs vermutet.

„Vielleicht sollte auch Adele dabei sein”, Paul hing weiter seinen Gedanken nach, Bens Frage ignorierend, und der wurde hellhörig. „Ich wüsste nicht, was dagegen sprechen sollte”, sagte er langsam, den Blick auf Pauls Gesicht gerichtet.

„Könntest du ihr Bescheid geben? Ich möchte gern ein paar Schritte machen und ein wenig nachdenken”, Paul schien in Gedanken schon wieder woanders zu sein.

<<Oho! >> Das wird wieder einmal etwas Besonderes, war Ben sich nun sicher. „Wir sollten pünktlich um elf Uhr aufbrechen”, sagte Paul noch, ohne mit dem Ziel herauszurücken. Dann verschwand er im Garten.

Für Adele gab es kein Halten, als Ben anrief und ihr von Pauls merkwürdigem Verhalten erzählte. Bereits zehn Minuten vor der Zeit stand sie mit ihrem Velo abfahrbereit und wartete ungeduldig auf Pauls Erscheinen. Der müsste sofort damit herausrücken, worum es ginge, war für sie abgemacht.

Als er dann aus dem Garten auftauchte und sie in sein verschlossenes Gesicht sah, schluckte sie ihre Fragen hinunter. Um alles in der Welt wollte sie ihm keinen Vorwand bieten, sie auszuladen. Das wäre zwar nicht seine Art. Aber trotzdem, sicherheitshalber.

Paul schwang sich auf das Velo und fuhr los, ohne sich umzuschauen. Ben und Adele folgten ihm und tauschten Blicke aus. Der Freund befand sich in einer unterdrückten Erregung, wie sie dies selten zuvor bei ihm beobachtet hatten. Aber etwas Schlimmes schien es nicht zu sein. Was war nur los?

Zur ihrer großen Überraschung führte der Ausflug, wie ihnen erst auf den letzten Metern klar wurde, auf den Skulpturenplatz. Die gläsernen Bäume glitzerten und gleißten im strahlenden Sonnenlicht. Sie konnten wie Brenngläser wirken, und man tat gut daran, nicht in ihren Fokus zu geraten. Da wurde es ungemütlich heiß.

Die Freunde gingen umher und schauten sich um, doch es gab nichts als die Glasbäume, die mit dem Frühling ebenfalls zum Leben erwacht waren und ihr zeitlupenartiges Wachstum fortsetzten. Durch Biokontakten hatten sie von Künstlern Entwicklungsvorgaben erhalten und erst am Ende würden sie ihre endgültige Form erreichen. Die gelungenste Form würde dann prämiert werden. Das würden die beteiligten Künstler jedoch nicht erleben, denn der Wettbewerb dauerte hundert Jahre.

Was mochte Paul nur bewogen haben, sie hierher zu führen? Sie wagten nicht, ihn zu fragen. Er war immer noch in sich gekehrt und abweisend, konnte aber seine Erregung kaum zügeln. Irgendetwas würde passieren.

Sie mussten bis kurz nach 12 Uhr warten. Dann aber…materialisierten sich plötzlich zwei Figuren inmitten der Skulpturen. Es waren junge Menschen, in weiße Gewänder gekleidet und mit fast weißen Haaren, ein Mädchen und ein Junge.

Welch eine Ausstrahlung! Eine Aura von Schönheit und Liebreiz umgab die Beiden: die Haut wie in helle Bronze getaucht, Körper und Haltung gleichermaßen Anmut und Noblesse verströmend. Und dann die Gesichter: Sie schienen von vollendetem Ebenmaß zu sein.

Nein, nicht ganz. Paul starrte das Mädchen an. Ihr Mund war voll und geschwungen. Die Wangenknochen waren eine Idee stärker ausgeformt. Und die Augen! Rauchgrau, waren sie mandelförmig geschnitten und fast ein wenig zu groß für das Gesicht.

Beide Wesen übten eine starke Anziehungskraft aus, in ihrem Äußeren wie in ihrer Ausstrahlung. Ben und Adele schienen ebenso zu empfinden. Adele konnte ihren Blick nicht von dem Jungen lösen. Aus der Sicht einer jungen Frau sehr verständlich, wie Paul fand.

Die beiden musterten sie ebenso intensiv. Paul wusste, er sah sie nicht zum ersten Mal. Doch erst jetzt, beim vierten Mal, kam es zu einem richtigen Kontakt. Waren die bisherigen Begegnungen notwendig gewesen, um die direkte Kontaktaufnahme zu ermöglichen? Doch warum dieser Ort?

Etwas war anders als zuvor, fiel ihm jetzt auf. Die dunkle Präsenz fehlte, die bisher den beiden gefolgt war und vor der sie offenbar geflohen waren. Bot dieser Ort aus irgendeinem Grund Schutz? Dann hatten sie ihn wohl deshalb für die Begegnung gewählt.

Sein Traum war also tatsächlich die Vorbereitung für dieses Treffen gewesen. Doch wie konnten sie von diesem Platz wissen? Und wie konnten sie von ihm wissen? Und wie konnten sie in seine Traumwelt gelangen?

Trotz dieser offenen Fragen war Paul unbesorgt. Bereits in den früheren mentalen Kontakten hatte er gespürt, dass von den beiden keine Gefahr ausging. Es war aber auch nicht nur ein freundschaftlicher Besuch. Nein, die beiden suchten Hilfe. Doch, das ahnte Paul in einem tiefen Winkel, hier ging es um mehr, als nur um das Schicksal zweier Menschen – wenn es denn überhaupt Menschen im herkömmlichen Sinne waren. Er erinnerte sich seines früheren Zweifels. Doch zunächst mussten sie mehr in Erfahrung bringen.

„Ich begrüße Euch, auch im Namen meiner Freunde”, übernahm Paul das Wort. Ben und Adele hatten nichts dagegen. Sie mussten das Erlebnis erst einmal verkraften.

„Wir grüßen euch und danken euch für den freundlichen Empfang”. Das Mädchen hatte ohne Zögern die Initiative ergriffen. Sie hatte eine helle und klare, aber auch bestimmte Stimme – selbstgewisser als man es von einem Mädchen ihres Alters erwartet hätte, fand Paul. Fast hätte er dann gegrinst. <<Schließlich bin ich auch erst sechzehn. Na ja, beinahe siebzehn>>

So wie sie sprach, war der Umgang mit der Sprache von GrünWELT nicht selbstverständlich für sie, wobei es aber eher einzelne Worte und Betonungen waren, die Schwierigkeiten bereiteten, als die Sprache an sich.

Im Grunde hatte er es geahnt. Doch jetzt traf Paul wie ein Schlag eine Erkenntnis und wurde von einem Moment zum andern zur Gewissheit: <<Es gibt eine dritte Erde! >> Und im Nu hatte er sich einen Namen zurechtgelegt: WeißWELT>>

„Willkommen ihr Menschen von der weißen Erde auf GrünWELT.” In dem Augenblick, in dem er es ausgesprochen hatte, fand Paul seine Worte ziemlich pathetisch. Andererseits war es aber auch ein wirklich erhebender Augenblick.

„Ich heiße Paul”, setzte er fort. „und das sind Adele und Ben, meine Freunde auf der grünen Erde.” „Wir sind Yandelaa und Fandriel.” Für einen Augenblick schwieg Yandelaa und fragte dann nachdenklich, aber gleichzeitig gespannt. „Du sagtest 'Freunde auf der grünen Erde'. Woher kommst du?”

„Ich komme von der grauen Erde”, erwiderte Paul.

„Dann sind es also drei.” Yandelaas Züge zeigten große Überraschung. Jetzt fiel auch bei Ben und Adele der Groschen. Als Paul von der weißen Erde sprach, hatten sie noch nicht richtig geschaltet.

„Welche Bedeutung könnte das haben?” Yandelaa sprach mehr zu sich selbst, doch die anderen konnten es verstehen. „Es kann viel oder wenig, Gutes oder Schlechtes bedeuten”, schaltete sich Fandriel in das Gespräch ein. „Und es drängt die Frage auf, ob es sich auf diese drei Welten beschränkt oder ob es noch weitere gibt.”

Darüber hatten die anderen, auch Paul, noch gar nicht nachgedacht, obwohl es eigentlich ein nahe liegender Gedanke war. Da fuhr Fandriel bereits fort: „Es ist jedoch müßig, darüber zu philosophieren. Denn unsere Zeit ist begrenzt. Wir müssen bald nach Jolandra zurück und sollten daher zu Verabredungen für die Zukunft gelangen.”

„Jolandra!” Die drei Freunde sahen sich erstaunt an. <<Wie kann es einen Ort mit gleichem Namen auf einer anderen Welt geben?>

Dann wurde Adele erst einmal praktisch: „Für das nächste Mal sollten wir uns aber einen anderen Platz wählen. Hier wird es zu heiß.”

„Das ist leider zu gefährlich”, wehrte Yandelaa den Vorschlag mit großem Ernst ab. „Nur hier sind wir sicher. Und auch das nur für beschränkte Zeit. Wenn sie merken, dass sie uns nicht aufspüren können, werden sie möglicherweise Mittel und Wege finden, sich auch diesen Ort zugänglich zu machen. Das darf auf keinen Fall geschehen, denn dann wäre alles verloren. Wir sollten daher in der Tat rasch zu einem ersten Ergebnis gelangen. Das heißt, eine weitere Verabredung treffen.”

„Wenn ihr es denn wollt”, fügte sie hinzu. In ihrer Stimme lag Beklommenheit, und es wurde greifbar, dass es für die beiden um sehr viel ging.

„Wie seht ihr das?” Paul blickte Ben und Adele an. Die beiden nickten. „Das ist selbstverständlich”, sagte Paul daraufhin. „Ihr könnt mit uns rechnen. Beim nächsten Mal werden wir dann hoffentlich mehr über euch und eure Lage erfahren”, fügte er hinzu.

Yandelaa lächelte verhalten. „Ein verständliches Anliegen. Bei nächsten Mal werden wir ohne Umschweife unsere Situation schildern. Dann werdet ihr - hoffentlich - verstehen.”

„Und das nächste Mal ist?” Paul schaute fragend. Yandelaa überlegte kurz. „Heute in drei Tagen, wieder an diesem Ort. Aber zum Sonnenuntergang. Wir sollten feste Gewohnheiten vermeiden.” Paul nickte. <<Kluges Mädchen>>

Lautlos wie sie gekommen waren, verschwanden sie. Es war für Paul in zweifacher Hinsicht ein denkwürdiger Augenblick. Zum einen erfuhr er zum ersten Mal, was andere erlebten, wenn er sprang. Und zum anderen - er war nicht mehr der einzige, der springen konnte. Doch darüber dachte er in diesem Augenblick nicht nach.

„Nun, was sagt ihr?”, fragte Paul auf der Rückfahrt. „Ich bin ziemlich beeindruckt, wie du zwischen dem Frühstück und dem Mittagessen mal eben so eine neue Welt präsentierst”, schmunzelte Adele und dabei wurden ihre des Öfteren eher strengen Gesichtszüge weich.

„Da kann ich mich nur anschließen”, nickte Ben. „Allerdings erhöht sich dadurch die Zahl denkbarer Komplikationen ganz beträchtlich”, ergänzte er, um dann einen Schwenk zu machen: „Aber das Tolle ist: Für mein Gefühl stehen uns wieder einige großartige Abenteuer bevor. Ich hatte schon Sorge, wir müssten künftig wieder ganz normal weiterleben. Das wäre doch recht langweilig.”

Er überlegte weiter. „Ich finde, das ist ein Grund, heute Abend ein Bierchen zu stemmen. Könnte es dafür einen triftigeren Anlass geben, als neue Welten zu entdecken?” Darin konnte er sich der Zustimmung der anderen sicher sein.

Adele sorgte für die Überraschung des Abends. Sie hatte drei Lederarmbänder mitgebracht, darin eingelassen eine Metallplatte, in die im Dreieck Drache, Löwe und Einhorn eingraviert waren. „Wenn wir schon ein Bund sind, brauchen wir auch ein Kennzeichen”, erklärte sie stolz den überraschten und erfreuten Freunden. „Klasse Idee”, staunte Paul. Ein weiterer Grund zum Anstoßen!

Kapitel 2: Ein unbekanntes Land

    Geschichtsunterricht

„Was wisst ihr über Jolandra?”, fragte Ben, als sie am späten Abend zum Solomonbaum heimkehrten und Karloff, Eléane und Daniel beisammen am Tisch in der Küche antrafen. „Ich meine Sachen, die nicht in unseren Geschichtsbüchern stehen”, fügte er hinzu.

„Wie kommst du darauf?”, runzelte Karloff die Stirn. „Ich habe zuerst gefragt”, ließ Ben ihn auflaufen. Bevor Karloff sich aufladen konnte, sprang Daniel ein. „Jolandra wurde benannt nach der damaligen Vorsitzenden des Rates der Regionen, die das Vordringen der Biokulturen in Europa organisiert hatte. Aber das wisst ihr ja schon”, fügte er rasch hinzu, als er Bens unzufriedenen Gesichtsausdruck sah.

„Hm, das wisst ihr vielleicht noch nicht, Ben und Adele. Jolandra ist eine Urahnin von euch.” Die Überraschung war gelungen, die beiden saßen für einige Sekunden mit offenem Mund da. „Ist das alles?”, blieb Ben hartnäckig, nachdem er die Neuigkeit verdaut hatte.

„Wenn ihr uns etwas wirklich Neues sagt, bekommt ihr von uns auch eine Neuigkeit zu hören. Und was für eine.” Adele sprach mit dem Brustton innerer Befriedigung und erreichte damit ihr Ziel: die ungeteilte Aufmerksamkeit der Erwachsenen am Tisch.

„Lasst mich nachdenken”, Eléane geriet ins Grübeln. „Es gab einmal eine große Auseinandersetzung, die in den Geschichtsbüchern ein wenig versteckt wird. Es ging um einen Richtungsstreit.”