Inhalt

Einführung

Zeitspirale

Ein geschichtlicher Überblick

Geologisch-geomorphologischer Überblick über den Harz und seine Randgebiete

Paläontologische Betrachtungen zum Harzgebiet

Die Eiszeiten – das Pleistozän im Harzgebiet

Die Waldgeschichte des Harzes in den letzten 11.000 Jahren

Die Steinzeit im Harzgebiet

Die Bronzezeit im Harzgebiet

Die Eisenzeit im Harzgebiet

Die Harzregion in der älteren römischen Kaiserzeit

Die Harzregion in der jüngeren römischen Kaiserzeit

Die Zeit der Völkerwanderung im Harzgebiet

Harzer Bergbau und Montanarchäologie

Der Harz in Jahreszahlen

Tafel zur räumlichen Struktur des Kosmos

Erdgeschichtliche Tabelle

Literaturverzeichnis

Einführung

Wer bei klarem Wetter auf Deutschlands nördlichstem Gipfel, dem Brocken steht und über die strukturierten Täler und Berge des Harzwaldes in die umgrenzenden Tiefebenen schaut, spürt die Einzigartigkeit dieses Landstrichs.

Etwa 500 Millionen Jahre hat es gedauert, bis sich der Harz mit seinen Vorlanden zu dem entwickelt hat, was das Auge des Betrachters heute erfreut. „Silva Hercynia“ wie der Harz in der alten Geographie genannt wurde, ist eine inselartige Gebirgsmasse und liegt zwischen 51 Grad 28′ und 51 Grad 51′ nördlicher Breite und zwischen 10 Grad 10′ und 11 Grad 26′ östlicher Länge von Greenwich. Der Harz ist 95 Kilometer lang und seine größte Breite beträgt 34 Kilometer. Er bedeckt eine Fläche von 2468 Quadratkilometern und hat eine durchschnittliche Höhe von 442 Metern über Normalnull. Sein höchster Gipfel, der Brocken, ist 1141 Meter hoch. In seiner geologischen Zusammensetzung zeigt der Harz eine Vielfältigkeit, wie kein anderes Gebirge im mitteleuropäischen Raum. Der große Harzgeologe K. A. Lossen schrieb dazu 1889: „Der Harz gilt nach Heinrich von Dechens erprobtem Urteil seit Anbeginn der Geologie als ein Kleinod unter den Gebirgen der Erde und wird, wie ich hinzusetze, diesen Rang stets behaupten. Denn in ihm hat uns der Schöpfer das Buch der Natur in knapper, modellklarer und meisterhaft vollendeter Form, überreich an Inhalt „aufgeschlagen“. Westlich erstreckt er sich bis Osterode, Gittelde und Seesen; östlich bis Sangerhausen, Mansfeld und Hettstedt; im Norden sind die Städte Goslar, Ilsenburg, Wernigerode, Blankenburg, Thale, Gernrode und Ballenstedt und im Süden Herzberg, Bad Lauterberg, Bad Sachsa, Ellrich und Nordhausen die Begrenzungen. Geologisch und geografisch gesehen bildet der Harz - also das Harzgebirge - eine selbständige Einheit. Aber so eng kann und will ich das nicht sehen, denn historisch, kulturell und auch wirtschaftlich bildet das Gebirge mit seinem Vorland eine Einheit. Die hervorgehobene Lage des Harzgebirges, einer Bastion gleichend und die norddeutsche Tiefebene unterbrechend, erkannten schon unsere Vorfahren in vorgeschichtlicher Zeit.

Diese Erkenntnis in alter Zeit schuf eine außergewöhnliche Kulturlandschaft. Im Laufe der Jahrhunderte zog eine Vielzahl von Völkern am Harz vorbei oder ließ sich nieder, wurde wieder vertrieben, zog aus uns unbekannten Gründen weiter oder verschmolz mit anderen Völkern.

Sie alle haben in der Harzregion die Spuren ihrer Kulturen hinterlassen. Wobei sich diese, für die vorgeschichtliche Zeit, ungewöhnlich starken Siedlungsaktivitäten nicht nur auf die exponierte Lage des Harzgebirges zurückführen lassen. Auch die reichen Naturschätze, wie Wasser, Holz, Pflanzenund Wildreichtum sowie der Reichtum an verschiedensten Erzen und Rohstoffen dürfte dafür mit entscheidend gewesen sein. Diese Spuren beginnen in der Eiszeit, setzen sich ununterbrochen durch die Steinzeit, die Bronze- und Eisenzeit, die Römerzeit, die Völkerwanderungszeit und das Mittelalter bis heute fort. Wir finden Spuren von Menschen der unterschiedlichsten Kulturen, von Flora und Fauna aus zahlreichen geologischen Epochen, von den verschiedensten vorgeschichtlichen Kulturen – von Neandertalern, Linienbandkeramikern, Schnurkeramikern, Glockenbecherleuten und vielen anderen mehr, von den Römern und deren Legionen, von den germanischen Stammesverbänden der Cherusker, Langobarden, Hermunduren, Chatten und anderen, von Thüringern, Sachsen und Schwaben, von Karl dem Großen und seinen Franken, von den Ottonen über die verschiedensten regionalen Harzer Grafengeschlechter, bis hin zu den Fürstenhäusern der Welfen und Anhalter. Auch bedeutende Künstler und Gelehrte wie Goethe, Schiller, Heine, Gleim, Klopstock, Novalis, Leibniz, Robert Koch, Telemann und Riemenschneider, um nur einige zu nennen, haben ihre Spuren hinterlassen. Vielleicht sogar Varus, der Römische Feldherr und Arminius der Cheruskerfürst sowie die Helden der Nibelungensaga - Sigfrid und Brunhild. Diese Wiege deutscher Kultur kennen zu lernen und zu ergründen, stellt einen wichtigen Baustein dar, die deutsche Kulturgeschichte als Ganzes zu verstehen. Allgemeinverständlich soll die vorliegende Abhandlung gleichermaßen für alle Interessengruppen eine Brücke schlagen. Der Leser erhält sowohl Informationen sachkundiger Art, aus alten, schwer zugänglichen Quellen, wie auch zum aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Den wenigsten Lesern dürfte bekannt sein, dass der Harz zu den an Burgen, Schlössern und Klöstern reichsten Landschaften Europas und der Erde zählt. Auch, dass der Harz von zirka 1000 vor Christus bis ins 16. Jahrhundert, also über 2.600 Jahre, von entscheidender strategischer Bedeutung für die Entwicklung unseres Volkes war, ist weitgehend unbekannt.

Um dem interessierten Leser die Kulturgeschichte der Harzregion näher zu bringen und die ihr zustehende Würdigung zukommen zu lassen, entstand dieses Werk.

Viele haben mir dabei geholfen, die ich hier nicht alle nennen kann. Dank möchte ich aber meinen beiden Mitarbeiterinnen Heike Heindorf und Heike Schulze sowie Wolf Schulze sagen und ganz besonders Dr. Friedhart Knolle. Expertenunterstützung habe ich auf herausragende Weise von Dr. Hans-Joachim Franzke, Prof. Dr. Carsten Brauckmann, Dr. Elke Gröning, Dr. Lothar Klappauf und Dr. Ludger Feldmann erhalten. In diesem Werk sind sowohl alte, wie auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Besiedlungsgeschichte des Harzes aufgenommen, die bisherige Theorien ergänzen, vervollständigen und versuchen, ein erweitertes Geschichtsbild zu zeichnen.

Auch die reiche Welt der Harzer Sagen, Mythen und Legenden findet Eingang in dieses Buch, denn sie ist Bestandteil der Geschichte dieser Region und prägt sie bis heute. Diese Überlieferungen aus alter Zeit beinhalten einen gewissen Realitätsanspruch und Wahrheitsgehalt, der in eine Erzählung eingebunden ist. Auch wenn es bisher der Wissenschaft oft noch nicht möglich war diesen Wahrheitsgehalt zu extrahieren, so kann er nicht pauschal von der Hand gewiesen werden.

Besonders hilfreich war das Internet, ohne dessen Möglichkeiten dieses Werk sicher nicht hätte geschrieben werden können. Auch erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit sowie „absolute“ Richtigkeit meiner Darlegungen, denn dieses Buch erhebt nicht den Anspruch eines wissenschaftlichen Werkes. Es ist geschrieben wurden für Heimatinteressierte und Gäste, in knapper und hoffentlich unterhaltsamer Art, denn sonst hätten es mehrere Bände werden müssen.

Darum hoffe ich auf faire Kritiken meines Werkes von Fachleuten wie auch von Laien und bin aufgeschlossen für jede Anregung, jeden Hinweis, jedes Faktum sowie insbesondere für weiteres Quellenmaterial, das dann in einer neuen Auflage Eingang finden wird.

 

Bernd Sternal

Gernrode, Juli 2012

Ein geschichtlicher Überblick

Damit die geschätzten Leser bei den in Folge beschriebenen geologischen und geschichtlichen Zeitabschnitten nicht den Überblick verlieren, möchte ich zunächst eine allgemeine Zeittafel als Orientierung geben.

in Jahren

Zeitalter

Ereignis

4 – 5 Milliarden

 

geschätztes Alter der Welt

4 Milliarden

 

älteste bekannte Gesteine und

 

 

Lebensspuren

1 Milliarde –

Präkambrium

Plattentektonik

600 Mio.

 

 

500 Mio.

Kambrium

Entfaltung des Lebens

400 Mio.

Silur

Fische, Landflora

300 Mio.

Devon

 

200 Mio.

Perm-Trias

Amphibien

 

Jura

 

100 Mio.

Kreide

 

bis 60 Mio.

Obere Kreide

Zeit der Saurier

50 - 30 Mio.

Eozän

Beuteltiere, Säugetiere, Vögel

30 Mio.

Oligozän

 

20 Mio.

Miozän

 

10-2 Mio.

Pliozän

Hebung der Alpen, Abkühlung

2-1 Mio.

Beginn der Eiszeit

mutmaßlicher Beginn der Entwicklung der menschlichen Art in Afrika

 

700 - 200.000

Mittel- und

 

 

Altpaläolithikum

 

100 - 50.000

Jungpaläolithikum

Neandertaler

90 - 30.000

Paläolithikum (Altsteinzeit)

 

40.000

 

Moderner Mensch

30 - 5.500

Mittlere Steinzeit

Absinken des Meeresbodens der Nordsee, Ende der skandinavischen Vereisung, Entwicklung der Hochkulturen

5.5 - 2000 v. Chr.

Jungsteinzeit

 

in Jahren

Ereignis

3000 v.Chr.

Beginn Pyramidenbau Sumerer und Mesopotamien

2528 v.Chr.

Tod Cheops

2500 v.Chr.

Kreta wird Hochkultur; Induskultur in Nordwestindien; Gründung der ersten Dynastie von Ur

2000 v.Chr.

Anfänge Chinas Ägypten mittleres Reich -Theben Beginn der Indogermanischen Wanderungen Zerstörung von Ur

1686 v. Chr.

Babylonien

1400 v. Chr.

Blütezeit der 5. Shang Dynastie in China

1337 v. Chr.

Ägypten, König Tutanchamun ermordet

1200 v. Chr.

Dorische Wanderungen, Griechenland

1012

Saul und dann David werden Könige von Israel

u. 1004 v. Chr.

 

um 1000 v. Chr.

Trojanischer Krieg

814 v. Chr.

Gründung Karthagos

um 800 v. Chr.

Beginn der Kämpfe zwischen Kelten und Germanen

776 v. Chr.

Beginn der Olympischen Spiele

753 v. Chr.

Legendäre Gründung Roms

599 v. Chr.

Glaukos erfindet in Griechenland die Lötkunst

550 v. Chr.

Gründung des Persischen Weltreichs

509 v. Chr.

Gründung der Römischen Republik

371 v. Chr.

Theben

323 v. Chr.

Tod Alexander des Großen

264 v. Chr.

1. Punischer Krieg

218 v. Chr.

2. Punischer Krieg

183 v. Chr.

Hannibal begeht Selbstmord

149 v. Chr.

3.Punischer Krieg

120 v. Chr.

Wanderung der Kimbern und Teutonen

73 v. Chr.

Sklavenaufstand unter Spartakus

49 v. Chr.

Julius Cäsar wird Alleinherrscher

44 v. Chr.

Tyrannenmord an Cäsar

38 v. Chr.

Die Römer gründen Oppidum Ubiorum, das spätere Köln.

27 v. Chr.

Octavius wird erster römischer Kaiser und nennt sich Augustus

in Jahren

Ereignis

15 v. Chr.

Feldherr Nero Claudius Drusus dringt in das nördliche Alpenvorland vor und errichtet ein Legionskommando in Augsburg

11 v. Chr.

Drusus, der römische Stadthalter der drei gallischen Provinzen, besiegt die Chatten, Sweben und Markomannen und verwüstet das Land der Cherusker bis zur Elbe; die Linie Rhein, Main, Weser, Maas lässt er durch Kastelle sichern; die Römer schieben ihre Grenze bis zur Elbe vor;

5 n. Chr.

Tiberius, römischer Feldherr und designierter Nachfolger von Kaiser Augustus besiegt die Langobarden an der Mündung der Elbe und drängt sie auf das Ostufer der Elbe zurück

9 n. Chr.

Varusschlacht

14 n. Chr.

Tod von Augustus, Tiberius wird Kaiser

15 n. Chr.

Feldzüge des Germanicus in Germanien, Bestattung der Gebeine der in der Varusschlacht gefallenen Römer

41 n. Chr.

Der römische Feldherr kämpft zwischen Ems und Elbe mit den Chauken, die Unterwerfung misslingt.

64 n. Chr.

Rom in Flammen, Kaiser Nero gibt den Christen die Schuld

um 70 n. Chr.

Neues Testament wird verfasst

83 n. Chr.

Anfänge des germanischen Limes

um 100

Der griechische Mathematiker und Ingenieur Heron beschreibt Zahnradgetriebe und Automaten.

um 105

Der Eunuch Tsai Lun erfindet in China das Papier.

um 115

Tod des römischen Geschichtsschreibers Tacitus

166

Erster Markomannenkrieg

177

Zweiter Markomannenkrieg

179

Der römische Kaiser Mark Aurel gründet Regensburg.

233

Der obergermanische Limes wird von den Alamannen durchbrochen und von den Römern dann aufgegeben.

293

Einführung der Tetrarchie im Römischen Reich

in Jahren

Ereignis

325

Christliches Glaubensbekenntnis des römischen Kaisers Konstantin der Große, terminliche Festlegung des Osterfestes

375

Beginn der zweiten germanischen Völkerwanderung

395

endgültige Teilung des Römischen Reiches

429

Gründung des Vandalenreiches

445

Attila wird König der Hunnen

475

Gründung des Königreichs Rheinfranken

526

Tod des Ostgotenkönigs Theoderich der Große, um den sich später fälschlicherweise zahlreiche Sagen ranken (Dietrich von Bern)

622

Der Prophet Mohammed wandert von Mekka nach Medina aus, Beginn der Islamischen Zeitrechnung

627

Das Reich von Byzanz entsteht.

653

Kalif Othman lässt den Koran, die Heilige Schrift der Moslems, zusammenstellen

706

Älteste Steinkirche Deutschlands, Marienkapelle in Würzburg wird erbaut

771

Karl der Große wird König im Frankenreich

800

Karl der Große wird zum Kaiser gekrönt, das abendländische Kaisertum der Franken entsteht, das auch das Harzgebiet umfasst; Beginn der Christianisierung in der Harzregion

Weitere Fakten und Jahreszahlen finden sie im Anhang unter der Rubrik „Der Harz in Jahreszahlen“.

Geologisch-geomorphologischer Überblick über den Harz und seine Randgebiete

Viele Millionen Jahre hat es gedauert, bis eine der anziehendsten Landschaften Deutschlands entstanden ist. Diese Entstehungsgeschichte ist spannend wie ein guter Krimi, hat sie doch, sofern man ihr mit offenen Augen und Ohren begegnet, überall ihre „Indizien“ hinterlassen.

Man könnte den Harz und seine Vorlande durchaus als gesegnete Landschaft bezeichnen: Ein grünes Gebirge, Holz, Wasser und Erze und ein fruchtbares Vorland, „gebaut“ unter anderem auf dicken Salz- und Kohleflözen. Die Harzregion gilt außerdem als eine der sichersten Regionen in Mitteleuropa, was Wetter- und Klimakapriolen sowie geologische Verheerungen betrifft: keine Tsunamis, keine tropischen Wirbelstürme, keine ausdauernden Trockenperioden und keine Erdbeben, keine Vulkanausbrüche, ein Land wie in „Gottes Schoß“.

Aber zurück zu den Anfängen!

Dazu müssen wir einen Zeitsprung machen, zurück zunächst zirka 500 Millionen Jahre. In dieser Zeit, Kambrium genannt, gab es den Harz noch längst nicht. Unser Gebiet lag damals weit im Süden, fast schon in der Polarregion und war vom Meer bedeckt, in dem eine Vielzahl von urtümlichen Meeresbewohnern lebten, wie zum Beispiel die Dreilapper (Trilobiten) und Armfüßer. Nun unternehmen wir einen weiteren Zeitsprung, zurück ungefähr 320 Millionen Jahre, in eine Zeit, welche die Geologen Karbon nennen. Man geht davon aus, dass die Landmassen der Erde damals im Wesentlichen zu zwei Superkontinenten zusammen geschoben waren, Gondwana und Laurasia.

Im ausgehenden Erdaltertum (Paläozoikum), genauer in der Zeit des Ober-Perm vor 250 Millionen Jahren wuchsen diese Urkontinente zum Riesenkontinent Pangäa zusammen. Umgeben wurde Pangäa vom Riesenozean Panthalassa, während dieser Zeit nun knapp nördlich des Äquators.

Laurasia und Gondwana

Laurasia und Gondwana

Pangäa

Pangäa

Durch plattentektonische Vorgänge zerbrach Pangäa im Jura vor etwa 150 Millionen Jahren wieder. Die früheren beiden Großkontinente Gondwana und Laurasia entstanden zunächst neu und durch weitere plattentektonische Vorgänge begannen sich in der Kreidezeit vor etwa 135 Millionen Jahren allmählich die heutigen Kontinente heraus zu formen.

Die Theorie der Kontinentalverschiebung, heute Plattentektonik genannt, ist das Verdienst des deutschen Meteorologen, Geophysikers und Polarforschers Alfred Wegener (von 1870 bis 1930). Leider konnte Wegener zu Lebzeiten den Ruhm seiner Erkenntnisse nicht mehr ernten. Erst seit den 1970er Jahren gilt die Plattentektonik als allgemein anerkannt. Inzwischen ist durch Lasermessungen erwiesen, dass sich der Eurasische und der Amerikanische Kontinent pro Jahr um 3 Zentimeter voneinander entfernen.

Unser Gebiet befand sich in der Kreidezeit nun schon deutlich nördlich in der Nähe des Äquators, aber noch längst nicht in heutiger Breitenlage.

Vom Kambrium bis zur Steinkohlenzeit (Unter- Karbon) war das Gebiet des späteren Mitteleuropas von einem Meer bedeckt. Dessen Boden war vor allem im Devon und Unter-Karbon stark gewellt und in einzelne Becken und Schwellen gegliedert. Von den Landmassen wurden Verwitterungsprodukte in das Meer geschwemmt, die sich auf Grund dieser Strukturierung des Bodens unterschiedlich ablagerten; vorrangig sammelten sie sich in den Becken. Dort bildeten sich mächtige Gesteinsschichten, während sich auf den Schwellen nur geringmächtige Schichtfolgen ablagerten.

Aus diesen Ablagerungen entstanden im Unter-Karbon unter anderen die harztypischen Gesteine wie: Grauwacke, Tonschiefer, Kieselschiefer und Lydite.

Während der Steinkohlenzeit (Karbon 360 bis 300 Millionen Jahre) verstärkte sich die Variskische Gebirgsbildung. Der Begriff variskisch (oder variszisch, varistisch) leitet sich ab von dem germanischen Stamm der Varisker (im heutigen Vogtland) und bezeichnet die jüngste Gebirgsbildung des Erdaltertums. Die Art und die Intensivität der Faltungen hingen im Wesentlichen von den einzelnen Gesteinsarten ab. So konnten Kieselschiefer und Tonschiefer zum Beispiel sehr eng gefaltet werden, wogegen massive Kalkablagerungen oft in sehr weiten Falten verbogen wurden. Im Südostteil des Harzes wurden die Gesteine durch gewaltigen Druck und sehr hohe Temperaturen stark umgewandelt.

Gegen Ende der Variskischen Gebirgsbildung traten flüssige Magmen auf. Nach Abkühlung und Erstarrung in größerer Tiefe entstanden die Granitmassive, die wir heute als Brocken und Ramberg bezeichnen. Die Magmen durchdrangen als Vulkan- oder Ganggesteine auch Sedimentgesteine oder suchten sich ihren Weg in Gesteinsspalten und -klüfte. So entstanden die ältesten Vererzungen (Wolframit im Ramberggebiet) und Hämatit-Manganoxide im Ilfeld-Becken (Rotliegend) sowie die mächtigen Quarzgänge am Elfenstein bei Bad Harzburg. Später dann, vor 200 bis 100 Millionen Jahren, setzten sich unter Einwirkung von Gasen und wässrigen Lösungen, die stark erhitzt wurden, in den Spaltensystemen des Gebirgsinneren verschiedenste Erze ab. Es waren vor allem Silber, Blei, Eisen, Kupfer und Flussspat, die die Grundlage für den späteren umfangreichen Bergbau bildeten.

Nach dem Ende der Variskischen Gebirgsbildung wurde das Gebirge im Gebiet des heutigen Harzes durch Abtragung zunehmend eingeebnet, blieb aber über einen längeren Zeitraum vornehmlich Festland. Über den alten Gesteinsschichten des älteren Erdaltertums lagerten sich nun im Unter-Perm festländisch geprägte Gesteinsschichten wie Sandstein und Tonsteinschichten des Trias ab.

Es folgte im Ober-Perm, vor zirka 255 Millionen Jahren, die Zechsteinzeit, in der ein großes Meer von Norden her in das heutige Mitteleuropa eindrang und auch das Harzgebiet erreichte. Durch Eindampfung dieses nördlich des Äquators gelegenen Meeres lagerten sich mächtige Sedimentfolgen ab, darunter Salzgesteine wie Steinsalz und Gips von bis zu vierhundert Metern Mächtigkeit.

Salzmassen reagieren auf Druck plastisch und sind daher zu späteren Zeiten zu den in Norddeutschland häufigen Salzstöcken aufgestiegen. An solche Salzstöcke sind oft auch Erdölvorkommen gebunden.

Im Jura, also vor rund 200 bis 140 Millionen Jahren, war unser Gebiet wieder einmal weitgehend vom Meer bedeckt. Gegen Ende der Jurazeit mehrt sich in Norddeutschland festländischer Einfluss. Erst in der jüngeren Kreidezeit, vor rund 90 Millionen Jahren, setzte die Heraushebung des Harzes als eine Auswirkung erster Anzeichen der Alpidischen Gebirgsbildung ein, welche in Europa vor allem die Alpen auffaltete. Nördlich der Alpen, auch in Norddeutschland, entstanden dabei riesige, pultartig schräg gestellte Schollen, worauf die Bezeichnung Bruchschollenlandschaft zurückgeht. In der Kreidezeit und im Tertiär (Braunkohlenzeit) bildeten sich dann allmählich auch die Umrisse des Harzgebirges heraus. Die Hebung dieses Gebirges beeinflusste auch stark die Gestaltung des Harz-Umlandes.

Die Scholle des Harzgebirges wurde in dieser Zeit besonders stark im Nordwesten emporgehoben, im Osten dagegen erheblich weniger, weshalb man von einer Pultscholle spricht. Am Nordrand, von Langelsheim bis Ballenstedt, bildete sich eine markante Störung, an der die Schichten des Erdmittelalters (Mesozoikum) im nördlichen Harzvorland aufgerichtet und teilweise überkippt wurden. Am Südrand dagegen ist der Bau weniger spektakulär. Dort taucht das gefaltete Grundgebirge ab und wird von den jüngeren, ungefalteten Deckschichten überlagert. Am Ostrand fehlen größere Störungen vollkommen, sodass sich der Übergang zum Vorland allmählich vollzieht.

Im Tertiär, das man auch Braunkohlenzeit nennt, herrschten in unserem Harzgebiet tropische und subtropische Klimabedingungen. In dieser Erdgeschichts-Periode wurde auch die Oberflächengestalt unseres Gebirges geprägt. Im warmen und sehr feuchten Klima fanden Verwitterungs- und Abtragungsprozesse statt, die sich grundlegend von den heutigen unterscheiden und zu einer tiefgründigen chemischen Zersetzung des Gesteins führten. Tonschiefer verwitterte zu Graulehm, Grauwacken zu sandigem Lehm, selbst harte und widerstandsfähige Gesteine wie Kieselschiefer und Lydite wurden zum Teil bis in einige Meter Tiefe angegriffen und zersetzt. Diese Bodenbildung wurde jedoch zu einem Großteil von der Abtragung erfasst. Besonders beeindrukkend sind diese starken Verwitterungserscheinungen an den Granitmassiven des Harzes zu erkennen. So können wir noch heute am Brocken- und Rambergmassiv mächtige Verwitterungsprofile bewundern.

Im Tertiär dann, vor zirka 45 Millionen Jahren, schritt die Alpidische Gebirgsbildung weiter voran. Das Meer, das in der Kreidezeit noch das Harzgebiet umspült hatte und etwa bis zur schwedischen Küste reichte, zog sich nun bis zum Nordseeraum zurück. Zu dieser Zeit wurden durch den Rückzug des Wassers erstmals die Landkonturen erkennbar, wie wir sie in etwa heute kennen.

Der Harz war zu Beginn des Tertiär nicht mehr als ein großes, flaches Hügelland, dass seine Vorlande kaum überragte. In den Niederungsgebieten und Senken des Vorlandes, besonders im Norden, entstanden riesige Waldmoore, in denen unter tropischen und subtropischen Klimabedingungen die Braunkohlewälder wuchsen. Wenn die Pflanzen nach ihrem Absterben unter Luftabschluss zersetzt wurden, bildeten sich daraus mächtige Braunkohlenschichten.

Die Gebirgsbildung schritt seit dem Miozän (zirka seit 25 Millionen Jahren) langsam aber stetig voran und erhielt zum Ende des Tertiär, in dem der Eiszeit vorangehenden Zeitabschnitt des Pliozän (zirka 5,3 bis 2,6 Millionen Jahre) eine neue tektonische Belebung.

Dies war dann auch die Zeitspanne, in der sich die Attraktivität der Harzlandschaft, mit seinen tiefeingeschnittenen und steilwandigen Tälern, herauszubilden begann.

Die Ursache für die Herausbildung dieser prägnanten Harzer Täler, liegt neben der tektonischen Hebung im Wesentlichen an der Veränderung des Klimas. Es wurde kühler und starke Niederschläge begünstigten das Einschneiden der Flüsse in das Harzgebirge.

Resultierend aus dieser 500 Millionen Jahre langen geologischen Entstehungsgeschichte des Harzes stehen an dessen Oberfläche unterschiedlichste Gesteine an. Es überwiegen basenarme Gesteine wie Tonschiefer, Grauwakken und Granit. Aber auch bedeutende Kalksteinvorkommen sind zu verzeichnen. Tonschiefer besteht, wie das Wort besagt, aus plattigen Tonmineralen. Unter großem, gerichteten Druck und hohen Temperaturen wurden diese im Tongestein eingelagert und zu einem dichten, geschieferten Gestein, dem Tonschiefer, zusammengepresst. Tonschiefer kann in den verschiedensten Farben und Farbvarianten, von schwarz über bräunlich, bläulich, grünlich, gelblich bis zu violetten Farben vorkommen. Maßgeblich dafür ist die Farbe des ursprünglichen Tons. Aber auch ungeschieferte Tonvorkommen sind rings um den Harz verbreitet.

Grauwacke ist ein typisches Harzgestein, schon sein Name stammt aus der Harzer Bergmannssprache. Als Grauwacke bezeichnet man graue bis graugrüne unreine Sandsteine, in denen unterschiedliche Gesteinstrümmer aus Quarzit, Phyllit oder Tonschiefer eingelagert sind.