4. Streitfeld: Geld und Spekulation

Geld, Banken und Politik

Es gibt alltägliche Dinge, über die man kaum mehr nachdenkt. Dazu zählt die Frage, wie das Geld entsteht. Wer in die Geschichte blickt, denkt an Münzen, Silberlinge oder Gold. Heute geht man einfach zu einem Geldautomaten und holt sich Scheine ab. Geld wird von Konto zu Konto überwiesen. Niemand sieht das Geld. Doch wie kommt es in die Welt? Genau genommen über drei Prozesse.

Regionale Währungen

Obwohl die Zentralbanken allein das Recht haben, Geldnoten drucken zu lassen, gibt es in einigen Regionen und Städten sogenannte regionale und lokale Währungen. Es handelt sich dabei im rechtlichen Sinne um Gutscheine. Sie können in jenen Geschäften, bei jenen Unternehmen eingelöst werden, die sich dem Gutscheinsystem angeschlossen haben. Die Ausgabe erfolgt in den allermeisten Fällen durch Eintausch gegen Euro im Verhältnis eins zu eins. Werden die Gutscheine in Euro zurückgetauscht, dann erfolgt zumeist ein Abschlag. Manche Gemeinden verkaufen lokale Währungsgutscheine mit Rabatten, um Einkäufe damit attraktiver zu machen. In einzelnen Regionen verlieren die Gutscheine mit der Zeit an Wert, damit sie möglichst schnell aus­gegeben und nicht gehortet werden. Dieser Abschlag soll den stetigen Umlauf des Geldes sichern und heißt deshalb Umlauf­sicherung.

Sinn dieser lokalen Währungen ist die Stärkung der regionalen Wirtschaft. Zumeist nehmen ausschließlich regionale Geschäfte an diesem Gutscheinsystem teil, nicht jedoch national oder international agierende Handelsketten. Die Umsätze können beträchtlich sein. Im Bayerischen Chiemgau waren Anfang 2021 Gutscheine des »Chiemgauers« im Wert von knapp einer Million Euro in Umlauf.

Geldpolitik und Nullzinsen

Die Geldpolitik hat in den Industrieländern traditionell eine hohe Bedeutung. Im Mittelpunkt steht dabei stets der Kampf gegen die Inflation, gegen steigende Preise, die das Geld entwerten. Dazu beeinflussen die Zentralbanken den Zins. Wenn die Preise stark steigen oder zu steigen drohen, erhöhen die Zentralbanken die Leitzinsen für Kredite an die Geschäftsbanken oder die Mindestreservesätze für das Geld, das die Banken für ihre Kredite bei der Zentralbank hinterlegen müssen. Durch die Zinserhöhungen steigen die Kosten der Geschäftsbanken. In der Folge erhöhen diese die Kreditzinsen für ihre Kundinnen und Kunden. Wenn Kredite teurer werden, verzichten Unternehmen auf Investitionen, die Wirtschaft schwächt sich ab, die Preise geben nach, weil die Unternehmen ihre Waren trotz nachlassender Wirtschaft loswerden wollen. Dann sinkt die Inflationsrate, so die Hoffnung.

Wenn die Wirtschaft dagegen belebt werden soll, beschreiten die Zentralbanken den entgegengesetzten Weg: Sie setzen die Leitzinsen herab. Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass ein steigender Zins die wirtschaftlichen Aktivitäten durchaus bremst. Die erhoffte belebende Wirkung sinkender Zinsen oder Negativzinsen bleibt jedoch oft aus.

Von einer Geldpolitik zur Bekämpfung der Inflation ist seit der Finanzkrise 2008 kaum mehr die Rede. Der Leitzins der Europäischen Zentralbank liegt bei 0 Prozent. Für Gelder, die Geschäftsbanken bei der Zentralbank »parken« wollen, gilt Anfang 2021 ein Negativzins von minus 0,5 Prozent. Mit dieser Nullzins-Politik verfolgt die Europäische Zentralbank zwei Ziele. Sie will das Wirtschaftswachstum stimulieren, weil so Kredite für Investitionen wie zum Beispiel für Bauprogramme billiger werden. Zum anderen reagiert die Zentralbank mit Null- und Negativzinsen auf die wachsenden Staatsschulden vieler europäischer Staaten. Hohe Zinsen könnten ihre Regierungen finanziell überlasten

Die Niedrigzinspolitik stößt immer wieder auf Kritik. Denn geringe Zinsen benachteiligen jene, die für Notzeiten oder für ihr Alter vorsorgen wollen. Gleichzeitig facht die Nullzins-Politik riskante Spekulationen an, weil sichere Anleihen kaum mehr Zinsen abwerfen.

Nicht wenige Finanzexperten warnen zudem davor, dass die steigende Geldmenge in eine Inflation münden könnte, wie dies in der Geschichte häufig der Fall war. Anfang 2021 ist die Inflationsrate in der Europäischen Union sehr gering. Und doch gibt es Preis­steigerungen. Die findet aber nur, wer sie sucht.

Ein Gespenst namens Inflation

Der Begriff »Inflation« im Sinne einer Geldentwertung durch steigende Preise löst in Deutschland große Ängste aus. Die ältere Generation erinnert sich an Erzählungen über die Hyperinflation von 1923 im Deutschen Reich. Damals stiegen die Preise für Brot und andere Grundnahrungsmittel täglich – und dramatisch. Die galoppierenden Preise trieben die Menschen ins Elend.

Die Nachkriegsgeneration denkt bei Inflation nicht selten an die 1970er-Jahre, als die Ölexportländer und die Erdölkonzerne den Preis für Öl zwischen 1973 und 1979 um das 24-Fache in die Höhe trieben. Auch Deutschland wies damals zweistellige Inflations­raten auf. Wenn eine hohe Inflation länger anhält, dann verlieren die Vermögenden Geld und die Bürgerinnen und Bürger an Kaufkraft – es sei denn, die Löhne werden um die Inflationsrate erhöht. Getroffen werden vor allem jene, deren Einkommen nicht an die Inflation angepasst werden. Gewinner der Inflation sind dagegen die Eigentümer von Sachwerten wie Immobilien und die Schuldner. Zu Letzteren zählt zumeist auch der Staat.

Die Gründe für Inflation

Die traditionelle Wirtschaftstheorie unterscheidet zwischen drei Ursachen einer permanenten Inflation.

Warum die Preise derzeit nicht steigen

Trotz der Niedrigzinsen seit der Finanzkrise und der hohen Schulden zur wirtschaftlichen Bewältigung der Pandemie 2020/2021 ist jedoch im Jahre 2021 von einer Inflation nichts zu sehen. Im Gegenteil. Es herrscht eher eine Tendenz zu fallenden Preisen, zu einer Deflation. Dafür gibt es drei Gründe.

Und es gibt sie doch

Dies heißt jedoch nicht, dass es überhaupt keine Preissteigerungen gibt. Sie zeigen sich nur nicht in steigenden Verbraucherpreisen, wohl aber in wachsenden Vermögen, in steigenden Kursen für Wertpapiere, vor allem aber in kräftigen Preissteigerungen für Immobilien oder für Boden. Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik sind die Preise für Immobilien von 2011 bis 2020 in Deutschland um 58 Prozent gestiegen, in Wachstumsregionen sehr viel rasanter, in abgelegenen Regionen kaum. In München verdreifachten sich die Bodenpreise von durchschnittlichen 650 Euro pro Quadratmeter 2010 auf über 1900 Euro pro Quadratmeter im Jahre 2020. Diese Preissteigerungen schlagen sich nicht direkt in höheren Verbraucherpreisen nieder, sie entwerten jedoch das Geld derer, die bauen oder in Aktienfonds einsteigen wollen.

Ob die Preise in den kommenden Jahren wieder auf breiter Front steigen werden, ist offen. Die großen Hilfsprogramme in der Folge der Corona-Krise werden die Geldmenge erhöhen und wohl auch die Nachfrage nach Waren. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Preise dann auf breiter Front steigen. Offen ist die Frage, ob dies in dauerhaft steigende Inflationsraten mündet oder ob die Konkurrenz des Weltmarktes langfristig wieder preisdämpfend wirken wird.

Schulden, Vermögen und der Staat

Schulden haben einen schlechten Ruf. Man kann nicht mehr ausgeben, als man einnimmt, heißt es im Volksmund. Auch die Finanzminister sprechen gerne vom Ziel einer »schwarzen Null«. Es bedeutet: keine Neuverschuldung. In Deutschland genießt die Schuldenbremse seit 2009 Verfassungsrang. Sie soll die Neuverschuldung des Bundes auf maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandprodukts begrenzen. Während der Corona-Krise 2020/2021 wurde diese Schuldenbremse allerdings außer Kraft gesetzt.

Ganz im Gegensatz zu ihrem schlechten Ruf sind Schulden wirtschaftlich von großer Bedeutung.

Eines wird bei allen Diskussionen gerne übersehen: Wo Schulden sind, entstehen auch Vermögen, und dies in gleicher Höhe. Schulden und Vermögen sind zwei Seiten der gleichen Medaille. So sind alle Wirtschaftsakteure gleichermaßen in das Verhältnis von Schulden und Vermögen eingebunden, manche mehr auf der einen, einige mehr auf der anderen Seite. Und der Staat mischt kräftig mit.

Das Für und Wider von Staatsschulden

Fast alle Staaten sind verschuldet, oft sehr hoch. Im Gegensatz zur Kreditfinanzierung unternehmerischer Investitionen gelten staatliche Schulden jedoch als Gefahr. Zumindest scheiden sich daran die Geister. Umstritten ist bereits die Höhe, ab der Staatsschulden als gefährlich gelten. Die Europäische Union sieht es als bedrohlich an, wenn die Schulden eines Staates 60 Prozent seiner Wirtschaftsleistung übersteigen. Nicht wenige Ökonominnen und Ökonomen setzen die Grenze bei 100 Prozent der Wirtschaftsleistung an – allerdings unter der Voraussetzung, dass die Zinsen niedrig sind.

Kritikerinnen und Kritiker von Staatsschulden verweisen da­gegen immer darauf,

Bei all dem Streit ist die Frage wichtig, bei wem sich Staaten verschulden. Eine hohe Kreditaufnahme in fremden Währungen, also eine hohe Auslandsverschuldung, kann gefährlich werden. Sie schafft eine hohe Abhängigkeit vom Ausland. Diese Kredite können nur zurückgezahlt werden, wenn durch Exporte fremde Währungen, Devisen, erwirtschaftet werden. In Deutschland machen Fremdwährungsschulden nur einen kleinen Teil der Staatsverschuldung aus. In vielen Ländern des globalen Südens ist dies ganz anders.

Wie es anders geht, zeigt Japan. Der Industriestaat ist mit einer Verschuldung von rund 240 Prozent der eigenen Wirtschafts­leistung (Deutschland kommt auf 80 bis 90 Prozent) im Jahre 2021 einer der am höchsten verschuldeten Industriestaaten der Welt. Diese Verschuldung übertrifft alle Grenzen, die die Europäische Union oder Ökonomen für gefährlich erachten. Die japanische Regierung selbst sieht die Lage nicht als gefährlich an. Der Grund: Japan finanziert seine Schulden im Wesentlichen durch die Ausgabe von Staatsanleihen an die eigenen Bürger. Der Leitzins liegt 2020 bei minus 0,1 Prozent.

Ob Schulden gefährlich werden können oder nicht, hängt zudem davon ab, was mit ihnen finanziert wird. Wenn der Staat damit Investitionen in Straßen, Schulen, Bahngleise, Kranken­häuser, Pflegeheime oder andere feste Werte finanziert, dann stehen den Schulden Vermögenswerte gegenüber.

Wichtig ist auch der Aspekt, dass jeder Staat Anleihen ausgibt, die Sparerinnen und Sparer kaufen. Er bietet ihnen dadurch sichere Anlagen für die Zukunft. Denn Staaten haben immer das Recht, Steuern zu erheben, um ihre Schulden zurückzuzahlen.

Die Kreditgeber

Den Schuldnern stehen Kreditgeber gegenüber. Die Reihe beginnt bei der Europäischen Zentralbank und führt weiter zu den Banken, die mithilfe von Krediten neues Geld schöpfen. Dann folgen die Sparerinnen und Sparer, die ihr Geld bei den Banken oder in Anleihen anlegen und auf diese Weise Kredite geben oder eine Kreditvergabe ermöglichen. Dies gilt umso mehr für Vermögende und Finanzinvestoren, die ihr Anlagekapital in Anleihen oder andere Finanzprodukte investieren, um ihr Kapital durch Zinsen und Gewinne zu vermehren.

Schuldenbremse und die Vermögen

Generell entsprechen die Schulden den Vermögen. Allerdings sind Vermögen und Schulden in der deutschen Bevölkerung sehr ungleich verteilt. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung besaßen im Jahre 2017 rund 14,5 Prozent der Erwachsenen 2017 kein Vermögen, rund 6,4 Prozent hatten mehr Schulden als Vermögen. Das reichste Prozent der Bevölkerung verfügte dagegen – pro Person – über ein Nettovermögen (abzüglich der Schulden) von durchschnittlich 1 045 680 Euro.

Bei aller kritischen Bewertung von Schulden muss jedoch betont werden, dass, wer Schulden bremsen will, auch Vermögen bremsen wird. Denn Schulden stehen immer Vermögen gegenüber. Jeder Schuldenerlass wertet auch die davon betroffenen Vermögen ab. Wenn ein Staat weniger Kredite aufnimmt, gibt es auch weniger Möglichkeiten, Vermögen zu bilden.

Andererseits sind die Warnungen internationaler Organisationen vor einer zu hohen Verschuldung von Staaten, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern weltweit durchaus berechtigt. Und dies insbesondere dann, wenn die Zinslast hoch ist. Viele ärmere Staaten sind durch hohe Schulden gezwungen, immer größere Teile ihres Staatshaushalts für den Schuldendienst abzuzweigen. Statt die Armut zu bekämpfen, die Ernährung zu sichern oder Gesundheit und Bildung zu fördern, finanzieren sie die Gläubiger.

Die Probleme sind allerdings nur durch Schuldner und Gläubiger gemeinsam zu lösen. Wenn die Gläubiger, die Vermögenden, die Schuldner dauerhaft überlasten, müssen sie unter Umständen den Preis für diese Überforderung zahlen. Denn Schuldner, die nicht mehr zahlungsfähig sind, gefährden auch die Vermögen.

Finanzmärkte, Spekulation und Krise

Finanzmärkte sind allgegenwärtig: Die Börsennachrichten verfolgen die Menschen auf Schritt und Tritt. Doch Finanzmärkte gibt es schon seit mehr als 500 Jahren. Es handelt sich dabei einfach um Handelsplätze. Im klassischen Fall wechseln dort Wertpapiere und Rohstoffe den Besitzer. Solche Finanzmärkte fördern die reale Wirtschaft. Wer Aktien kauft, wird Miteigentümer eines Unternehmens; wer eine Anleihe zeichnet, leiht dem Staat oder einem Unternehmen Geld. Finanzmärkte versorgen jene unbürokratisch mit Geld, die es für Investitionen benötigen.

Von Anfang an war dabei auch Spekulation mit im Spiel. Der Kauf von Aktien, um das entsprechende Unternehmen zu unterstützen, ist die eine Sache. Eine andere Sache ist der Aktienkauf in der spekulativen Hoffnung, dass der Kurs steigt und die Aktie zu einem späteren Zeitpunkt zu einem höheren Kurs mit Gewinn verkauft werden kann.

Manche Spekulanten setzen auch auf sinkende Kurse – mithilfe sogenannter Leerverkäufe. Zum Beispiel: Großanleger leihen sich eine große Mengen von Aktien eines Unternehmens, dessen Absturz sie erwarten. Sofort nach der Leihe verkaufen sie diese Aktien zum herrschenden Preis. Da diese Aktien nicht in ihrem Besitz waren, spricht man von Leerverkäufen. Der Verkauf einer großen Menge von Aktien beschleunigt den Kursverfall der Aktien, der ohnehin erwartet wurde. Wenn der Kurs gesunken ist, kaufen die Aktionäre die Aktie zum gesunkenen Preis und geben sie den Verleihern zurück. Die Differenz zwischen dem Verkaufserlös (zu noch höherem Kurs) und dem niedrigen Kaufpreis ist ihr Gewinn.

Solche Leerverkäufe – Spekulationen auf sinkende Kurse – sind sehr umstritten. Spekulanten rechtfertigen sie als Signal, dass es Unternehmen nicht gut geht. Gleichzeitig werden die Unternehmen durch den Kauf der billigen Aktien stabilisiert. Kritiker von Leerverkäufen wenden ein, dass finanzmächtige Spekulanten den Preisverfall, auf den sie spekulieren, selbst herbeiführen, um vom Niedergang zu profitieren.

Die wichtigste Kritik an Spekulation liegt darin, dass zu hohe Erwartungen die Aktienpreise über den realen Wert der Unternehmen treiben können, zumal der Herdentrieb an den Börsen die herrschende Kurstendenz verstärkt. Wenn die Differenz zwischen Kurswert und realem Wert der Unternehmen aber zu groß wird, kann eine sogenannte spekulative Blase entstehen: Der Wert von Aktien erscheint Spekulanten zu hoch, in der Folge verkaufen sie, die Kurse verfallen, ein Unternehmen gerät in die Krise, mög­licherweise mit Folgen für die Arbeitsplätze.

Nicht wenige Ethiker fragen deshalb, wie redlich es überhaupt ist, mit Unternehmensanteilen und auf diese Weise mit Arbeitsplätzen zu spekulieren, um kurzfristig Gewinne zu erzielen. Noch kritischer sehen sie den Versuch, mit dem Absturz von Unter­nehmen Gewinne zu erzielen und diesen dadurch noch zu beschleunigen.

Bis in die 1990er-Jahre blieben die Finanzmärkte und ihre Spekulationen einer kleinen Minderheit von Anlegern vorbehalten. Doch seither wurden die Finanzmärkte immer mächtiger.

Das Spekulationskarussell

Der Nährboden für die Wandlung der Finanzmärkte zu einem machtvollen globalen Spekulationskarussell entwickelte sich in den 1990er-Jahren. Nach den Ölpreiserhöhungen der 1970er- und der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft in den 1980er-Jahren wurde immer mehr Geld auf internationalen Banken angelegt. Als dann weltweit die Gewinne schneller stiegen als die Löhne und Vermögende und ihre Institutionen nach Anlagemöglichkeiten suchten, speiste diese Ungleichheit die globalen Banken weiter. Damit war die finanzielle Grundlage für explodierende Finanzmärkte gelegt. Zunächst blieb es ruhig, weil die Börsen in enge Regeln eingebunden waren. Doch mit der Überwindung des real existierenden Sozialismus in Osteuropa, Russland und China und der Öffnung der Märkte liberalisierten die Regierungen die Finanzmärkte und öffneten der Spekulation Tür und Tor.

Dieses Spekulationskarussell führte dazu, dass die Geldumsätze viel stärker stiegen als die der realen Wirtschaft. Im September 2008 erlebte die Welt, was passiert, wenn die realwirtschaftliche Grundlage der Spekulationen wegbricht.

Finanzkrise: Ursache, Kosten und Lehren

Der Samen wurde früh gesät. Als die Zinsen Anfang der 2000er- Jahre in den USA niedrig waren, boten regionale US-Banken – mit Unterstützung der Politik – auch Familien ohne Eigenkapital Hypothekenkredite zum Bau eines Eigenheims an. In dem Augenblick, als der Wohnungsboom die Immobilienpreise in die Höhe trieb, wurden die Hypothekenkredite für Investmentbanken interessant. Sie kauften den Hypothekenbanken die Kredite ab und verwandelten sie in handelbare Wertpapiere – Stichwort Verbriefung. Auf diese Weise entstand weltweit ein Kartenhaus aus Geldanlagen, das in dem Augenblick gefährdet war, in dem die Wohnungseigentümer ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten. Als wenige Jahre später die Zinsen stiegen, was es so weit: Viele Bauherren konnte ihre Kredite nicht mehr abzahlen, die Wert­papiere auf der Grundlage ihrer Hypothekenkredite wurden wertlos. Und dies weltweit.