über den Autor:

Dr. Carsten Müller, Jahrgang 1957, Sternbild Stier, seit fast 40 Jahren glücklich verheiratet, zwei wunderbare Töchter und ebensolche Enkel, Mathematiklehrer, Schulleiter, vielseitig interessiert und stets neugierig geblieben, versucht auch im öffentlichen Raum Mathematik zu den Menschen zu bringen, zum Beispiel durch den Mathematikweg durch Jena und ein mathematisches Gesicht einer außergewöhnlichen Schule

für Daniel, Martin, Carla und Sarah Sophie

Inhaltsverzeichnis

  1. Der Anfang Vorwort
  2. Das Ende vom Anfang Geometrische Ideen
  3. Der Anfang der Mitte Schülerarbeiten
  4. Die Mitte Die großen Faltblätter
  5. Das Ende der Mitte weitere Ideen
  6. Der Anfang vom Ende Tangram in Alltagsbildern
  7. Das Ende Danksagung und Literatur

Vorwort

Im Jahr 1990 wurde ich Schulleiter einer sehr bemerkenswerten Schule, die sich der Förderung von interessierten, begabten und teils hochbegabten Schülerinnen und Schülern auf mathematisch-naturwissenschaftlichtechnischem Gebiet damals schon seit mehr als 25 Jahren verschrieben hatte. In dem recht kleinen Schulgebäude am Schreckenbachweg in Jena war eine Vitrine im mittleren Flur vorhanden, in der ich zur Anregung für die Schüler einige mathematische Phänomene darstellen wollte. Darunter war zum Beispiel die Zahlenfolge n2 + n + 41, die ich für n ≥ 0 aufgelistet und dabei alle Primzahlen markiert hatte. Das waren dann sichtbar mehr als zwei Drittel aller Zahlen. Daneben hatte ich als geometrische Aussage genau 99 Figuren aus den sieben Teilen des Tangramspiels gezeichnet, die eine gewisse Eigenschaft verbunden hat. Es handelt sich bei diesen (100 – 1) Polygonen um eine Zusammenstellung von Figuren, die n-Ecke darstellten, die (n-4)-fach konkav waren. Damit sind einfachkonkave Fünfecke, zweifachkonkave Sechsecke, dreifachkonkave Siebenecke und vierfachkonkave Achtecke gemeint. Man überlegt sich leicht, dass es ab n = 9 keine n-4 konkaven Tangrams geben kann, da die Innenwinkelsumme von (n-2)·180° bei n-4 konkaven Winkeln ≥ 225° und den übrigen Winkeln ≥ 45° überschritten würde. Wie ich auf diese Idee gekommen war bzw. aus welchem Motiv heraus ich gerade diese Menge von Tangramfiguren thematisierte, ist mir aus der Entfernung von 25 Jahren nicht mehr erklärlich. Ich hatte vermutlich die Hoffnung, eine Motivation dafür zu schaffen, dass es mindestens 100 solche Figuren geben würde.

Die Figuren von damals habe ich noch aufgehoben. Nach den Untersuchungen, die noch in diesem Büchlein thematisiert werden, ergaben sich später 20 Fünfecke, 52 Sechsecke, 34 Siebenecke und 11 Achtecke, also insgesamt 117 n-4 konkave Gitterfiguren.

Dies ist eines der Ergebnisse, die sich über eine Vielzahl von Jahren und zehn Schülerprojekten ergeben haben. Vier Schülerinnen und Schüler meines Gymnasiums haben sich sehr intensiv mit dem Spiel „Tangram“ beschäftigt. Sehr unterschiedliche Fragestellungen haben die Schüler betrachtet und dabei sehr kreative Ansätze und Lösungen gefunden. Anfänglich ausschließlich auf Gitterfiguren beschränkt, wurden später auch Nichtgitterpolygone betrachtet und auch Figuren, die aus zwei Tangramsätzen bestehen. Es war mir immer eine große Freude, nicht nur die Projekte zu begleiten, sondern die Begeisterung und das Engagement der Schüler zu sehen, die sich den sieben Teilen verschrieben hatten. Immer wieder neue Ideen wurden geboren, verschiedene Methoden probiert und sehr ausdauernd nach den Lösungen gesucht.

Selbst habe ich in diesem Vierteljahrhundert mitgesucht, die Ergebnisse nachvollzogen, weitere Aufgaben aufgegriffen und ebenso wie die Schüler nach kreativen neuen Ansätzen gesucht. Insgesamt ist daraus eine Fülle von Ergebnissen entstanden, die dieses Büchlein ebenso thematisieren soll wie recht eigenartige Beziehungen des Spiels in das allgemeine Leben hinein. Dies soll am Ende des Buches verdeutlicht werden, wobei in Abschnitt 4 – der Mitte - durch die vier entstandenen großen Faltblätter die bisher gefundenen Tangramfiguren anschaulich gemacht werden sollen.

Geometrische Ideen

Betrachtet man die sieben Teile des Tangramspiels mit den fünf Dreiecken, dem Quadrat und dem Parallelogramm, so erhellt recht schnell, dass die Figuren Innenwinkel haben, die nur Vielfache von 45° sind. Damit gibt es für Tangrams, die nicht nur an Ecken verbunden sind, sondern immer auch Kantenteile gemeinsam besitzen, nur Innenwinkel von 45°, 90°, 135°, 225°, 270° und 315°. Schränkt man nun die Figuren dahingehend ein, dass es sich um Gitterfiguren handeln soll, stellt man fest, dass damit nur endlich viele Figuren in Betracht kommen.

Dies zeigt die einfache Betrachtung der Bilder der zweifachkonkaven Sechsecke. Da jeweils die beiden Teildreiecke in die Tangramteile zerlegbar sind, kann man, wie im Bild unten rechts angedeutet, eine stetige Vielfalt von solchen Tangramfiguren erzeugen. Lässt man allerdings die Ecken der einzelnen Teile nur auf Gitterpunkten zu, so zeigen sich als einzige Möglichkeiten für diese Art zweifachkonkaver Sechsecke die drei anderen Figuren in der Abbildung links.