Willi Wever

2. Januar 1934 - 20. Juni 2017

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2020 Eva Becker

Titelfoto und Schmutztitelrückseite: aus dem Bestand Willi Wever

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7519-6597-2

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Geburtsanzeige für Willi Wever

2. 25.5.78: Die erste Mahlstein-Fundmeldung

3. Grösste Mahlsteinsammlung Norddeutschlands

4. Brotverkauf auf dem Bazar von Bishkek.

5. Mahlende Nubierin im Jahr 1963

6. Brot backen in der Türkei

7. Brotherstellung in der Türkei.

8. Auszug aus „Liederbuch“

9. Auszug aus „NVA-Kalender“

10. Auszug aus Brandt-Kalender.

11. Reibplatte Nr. 51, Typ 1

12. Reibplatte Nr. 151, Typ 3

13. Reibplatte Nr. 20, Typ 5

14. Reibplatte Nr. 101, Typ 7

15. Reibplatte Nr. 68, Typ 9

16. Läufer Nr. 144

17. Spindelförmiger Läufer (Niebuhr 1772, Tab.I)

18. Reibkugel Nr. 26

19. Reibkugel Nr. 1

20. Reibkugel Nr. 20

21. Reibkugel Nr. 25

22. Handmühle, Bodenstein Nr. 23

23. Handmühle, Läufer Nr. 6

24. Handmühle, Läufer Nr. 30

25. Mühlstein Nr. 103

26. Kollergang-Läufer Nr. 107

27. Schrotmühle Nr. 99

28. Hünenhacken aus der Sammlung Willi Wever

29. Trogmühlenreplik in der Boitzenburger Klostermühle

30. „Eine mahlende Frau

31. Hünenhacken Nr. 72, Typ 14

32. Detailansicht Rand der Hünenhacke Nr. 13

33. Hünenhacke Nr. 92

34. Planer Standboden eines Hünenhacken

35. Schräge muldenförmige Vertiefung.

36. Hünenhacke, Kirche Ladenthin

37. Wegweiser

38. Schälchenstein Nr. 83

39. Der sogenannte Napoleonshut

40. Unbekanntes Steinobjekt

41. Die Kraatzer Mahlsteine

42. Haus-/Schreinmodell der Cucuteni Kultur.

43. Bestattung im Autobahnkreuz A11/A20

44. Die wahre Bedeutung der Hünenhacken!?.

Die Maßstabsangabe auf den Steinfotos entspricht einer Gesamtlänge von 10 cm, jedes Kästchen entspricht 2 cm

Bildnachweise

Nr. 4 Bernhard Gramsch, Potsdam
Nr. 14 Carsten Niebuhr 1772, Tab.1
Nr. 27 Livingstone 1866, Bd.2, S. 268
Nr. 39 Gimbutas 2010, S.69, fig. 23
Nr. 40 Bernhard Gramsch, Potsdam

Alle anderen Abbildungen wurden von der Autorin erstellt

Vorbemerkung

Die Vergangenheit erforschen heißt: in der Gegenwart für die Zukunft wirken.1

Die Schloßjungfrau und die neue Autobahn

Es war einmal, vor langer, langer Zeit, da stand am Kleinower See ein Schloß.

Der Kleinow See liegt zwischen Neu-Kleinow und Hohengüstow mit einer Fläche von 15 ha.

In diesem Schloß lebte eine hübsche Jungfrau mit langen blonden Haaren. Aber hören wir, was die Sage darüber berichtet:

Vom Kleinow See bei Falkenwalde. Er hat seinen Namen von einem alten Schloß, das da, wo heute der See ist, gestanden hat. Es ist wohl schon lange her, dass es in den Fluten des Sees versunken ist. Aber an jedem Johannestag - 24. Juni - kann man dicht neben der alten Eiche im Süden des See eine Gans sehen.

Bis vor kurzem war immer wieder von den Anglern zu hören: „Wir haben sie wieder gesehen, die graue Gans.“

Also alle Wirren der Zeit haben sie nicht vertrieben.

So zum Beispiel der Bau der A 11 1935-36. Denn damals wurde mit Spaten, Schaufel und Feldbahnloren die Arbeit bewältigt. Wasser für die Betonherstellung wurde mit Pferdewagen angefahren.

Dann der 2. Weltkrieg. Militärkolonnen rollten nach Osten. Kanonendonner und Fliegerangriffe hat die Gans auch überlebt und hat immer gehofft, dass jemand sie erlöst.

Doch jetzt wird sie sich wohl für immer in ihre Gemächer im See zurückziehen. Dann am 15. Juni 1998 hat die große Ramme die erste Stahlplatte für den Bau des neuen Autobahnkreuzes Uckermark in die Erde gedonnert und nun ertönt täglich das Dröhnen der großen Raupen und Bagger über den See. Berge werden abgetragen, Schluchten aufgefüllt, die Baustelle berührt fast das südliche Ende des Kleinow Sees. So dass nach einer Bauzeit von 17 Monaten die ersten Fahrzeuge über das neue Autobahnkreuz A 11 - A 20 rollen werden und die Gans, sowie andere Tiere und auch die Anwohner werden unter Lärm und Abgasen zu leiden haben.2

Der Bau dieser nun lärmenden und stinkenden Autobahn wurde von mir in den Jahren 1996 bis 2001 archäologisch betreut. Zu dieser Zeit war ich als Grabungsleiterin im Referat Großvorhaben des Brandenburgischen Landesmuseums in Wünsdorf unter der Leitung von Bernhard Gramsch beschäftigt. Schon bei meiner Einstellung hatte ich darum gebeten, mir die Ausgrabungen im Norden des Landes Brandenburg zu geben. Dieser Wunsch wurde erfüllt und Ende 1996 kam ich das erste Mal an die Trasse der zukünftigen Bundesautobahn A 20.

Bevor ich zu einer ersten Flurbegehung in das zukünftige Autobahndreieck A11 / A20 fuhr, bekam ich von meinem Chef noch den Auftrag, mich unbedingt bei Willi Wever, einem ehrenamtlich tätigen Denkmalpfleger in Neu-Kleinow zu melden. Das tat ich und habe, abgesehen von einigen Unterbrechungen, diesen Kontakt bis zu seinem Tod im Jahr 2017 nicht mehr verloren.

Als mir Frau Elfriede Wever die Unterlagen ihres Mannes zur Verfügung stellte, damit ich einen Katalog über das Mahlsteinmuseum anfertigen konnte, fand ich auch die oben vorgestellte kleine Geschichte, die in mir so viele Erinnerungen an Willi Wever hervorrief, wie seine ständige Präsenz und Wachsamkeit, die er nicht nur meinen Ausgrabungen entgegen brachte.

Willi Wever hat die in seinem Kreis tätigen Archäologen unterstützt wo er nur konnte: mehr Glück konnte ich gar nicht haben.

Nach seinem Tod habe ich mich entschlossen, eine kleine Publikation über das Mahlsteinmuseum in Neu-Kleinow zu veröffentlichen.

Ich dachte, dass dies ein kleines Projekt von vielleicht einem halben Jahr werde. Das war falsch!

Schnell erkannte ich, dass so gut wie keine wissenschaftlichen Publikationen über Mahlsteine in Norddeutschland vorliegen und das Thema eigentlich einer gründlichen Untersuchung bedarf, die nur durch eine Dissertation abgedeckt werden kann.

Doch eine Dissertation wollte und konnte ich nicht leisten, weshalb ich mich entschloss, eine Veröffentlichung vorzulegen, die es auch dem nicht archäologisch ausgebildeten Leser ermöglicht, einen Einblick in die vielen offenen Fragen der Mahlsteinforschung zu erhalten.

Die Mahlsteinsammlung von Willi Wever in der Uckermark ist ein Juwel, eine Studiensammlung, an der erste Forschungen und Überlegungen zu Mahlwerkzeugen getätigt werden können, um diese später in einen größeren räumlichen Kontext zu stellen.

Ich würde mich freuen, wenn sich in naher Zukunft ein Archäologe mit dem Thema der Mahlsteine in Norddeutschland beschäftigt und eine Doktorarbeit zu diesem Thema anfertigt und ihm oder ihr das vorliegende Büchlein als Einstieg dient.

Biographie Willi Wever

Abb.1: Geburtsanzeige für Willi Wever

Die Familie

Der am 2. Januar 1934 als zweites Kind der Eheleute Wilhelm und Margarete Wever geborene Sohn bekam, wie es häufig der Fall war und ist, den Namen des Vaters: Wilhelm. Ob Vater und Sohn jemals Wilhelm gerufen wurden, bleibt dahin gestellt. Schon in der Geburtsanzeige wird der Vater mit dem Rufnamen genannt und bei seinem Sohn ist es auch bei Willi geblieben.

Ursprünglich kam der Vater aus Twiste bei Kassel und die Mutter aus dem mecklenburgischen Ort Kobrow.

Bevor die Familie in Neu-Kleinow ansässig wurde, hatten die Eltern schon auf der Insel Fehmarn gelebt und waren zurück an den Geburtsort des Vaters nach Twiste gezogen.

Im Jahr 1935 ließ sich Familie Wever in Neu-Kleinow nieder. Neu-Kleinow war bis zu diesem Zeitpunkt Vorwerk3 zu Gut Kleinow und wurde aufgesiedelt. Insgesamt entstanden in der damaligen Zeit in Neu-Kleinow 14 Bauerngehöfte. Seit damals hat sich die Struktur des Ortes nur wenig verändert, sieht man mal davon ab, dass die Häuser renoviert und der Zeit angepasst wurden.

Wevers und alle anderen Neusiedler in Neu-Kleinow waren bei den alteingesessenen Bauern von Falkenwalde nicht sehr beliebt: Sie waren und blieben lange Zeit die Fremden.

Zur Schule gingen Willi, sein Bruder Kurt und seine Schwester Annemargret deshalb in Kleinow.

Während der Flucht im Frühjahr 1945 starb der Vater und Margarete Wever flüchtete mit ihren Kindern nach Neuhaus an der Elbe, wo Verwandte lebten. Auf der Flucht tauschte Willi sein Fahrrad gegen ein Pferd ein - nun mussten drei Pferde in den harten Zeiten ernährt werden.

Im Herbst 1945 kam die Familie zurück nach Neu-Kleinow. Bedingt durch die Nachkriegswirren und die vielen Flüchtlingstrecks aus den deutschen Ostgebieten waren Unterkünfte für die Flüchtenden Mangelware, jede leer stehende Wohnung und jedes leer stehende Haus wurde gebraucht. So war auch das Haus der Wevers in den Monaten der Abwesenheit von Flüchtlingen belegt worden, weil man dachte, dass Margarete Wever nicht mehr wieder kommen würde. Es hat Margarete Wever viel Kraft gekostet, den Hof wieder in Besitz nehmen zu können.

Mit 14 Jahren begann Willi in der Hofwirtschaft zu arbeiten.

Mit der im Jahre 1945 durchgeführten Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone wurde der Grundstein für die Kollektivierung der Landwirtschaft gelegt. Damit wurde „Junkerland in Bauernhand“ überführt, wie die programmatische Parole der SED lautete.

In dieser bewegenden Zeit lernte Willi Wever auf seinem täglichen Weg in die Molkerei nach Gramzow Elfriede Thiemke aus Gramzow kennen. Und nach so manchem Tänzchen heirateten Willi und Elfriede am 6. Juli 1957.

Der Bauer

Nach der Bodenreform im Jahr 1945 wurde in der sowjetischen Besatzungszone der Landbesitz von Großgrundbesitzern und Naziaktivisten zugunsten von Ostflüchtlingen und der landarmen Bevölkerung enteignet. Nach der bald darauf erfolgten Gründung der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) beschloss die SED im Juli 1952 auf ihrer 2. Parteikonferenz die Bildung von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften. Die Maßnahmen sahen drei Typen von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vor:

In Typ I wurden nur die Ackerflächen gemeinsam bewirtschaftet; in Typ II brachten die Bauern auch Zugtiere, Maschinen und Geräte zur Bodenbearbeitung in die LPG mit ein; in Typ III wurden nicht nur die gesamte Fläche und alle Gerätschaften eingebracht, sondern auch das Vieh.4

Wie in Genossenschaften üblich, mussten die Bauern auch einen Genossenschaftsbeitrag einbringen, so waren zum Beispiel für einen Hektar eingebrachtes Land 500 Mark fällig.

In seinem Artikel Vor 60 Jahren - Gründung LPG Falkenwalde5 beschreibt Willi Wever am Beispiel der LPG Falkenwalde die Schwierigkeiten, die sich bei der Gründung der Landwirtschaftlichen Genossenschaften für die Bauern ergeben haben.

Anfang der 1960iger Jahre wurde das Land des Wever’schen Hofes als Typ I in die LPG Pflanzenproduktion Falkenwalde eingebracht. Im Jahre 1962 folgten die Maschinen und im Jahre 1964 wurde auch der Viehbestand in die LPG eingegliedert und Willi Wever wurde Traktorist in der LPG.

Der Bodendenkmalpfleger

Ungefähr zehn Jahre später begann Willi Wevers archäologisches Interesse. Inspiriert durch die ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Heinz Buhrow (Prenzlau) und Heinz Pöller (Carmzow) begann Willi Wever mit systematischen Flurbegehungen rund um Neu-Kleinow.

Mit einer Fundmeldung im Jahr 1978 an das Museum für Ur- und Frühgeschichte - Forschungsstelle Schwerin Schloss, legte er den Grundstein für seine umfangreiche Mahlsteinsammlung.

Abb. 2: 1. Fundmeldung für Mahlsteine

Wenn der Herbst ins Land kam, die Felder abgeerntet und gepflügt waren, begann die Zeit der Spurensuche auf den heimatlichen Äckern. Willi und seine Kinder fanden auf so manchem Ausflug nicht nur prähistorische Mahlsteine, sondern auch eine Vielzahl an Scherben, die auf eine ur- und frühgeschichtliche Besiedlung der Heimat schließen ließen.

Bis ins Jahr 1990 arbeitete Willi Wever eng mit dem Museum in Prenzlau zusammen. Dort reichte er seine Fundmeldungen ein, die dann an die Außenstelle des Museums für Ur- und Frühgeschichte in Waren weiter geleitet wurden.

Willi Wever gehörte seit 1979 der Gruppe der Bodendenkmalpfleger im Kulturbund der DDR um Ulrich Schoknecht an, der die ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger nicht nur mit Rat und Tat unterstützte, sondern auch ausbildete und mit Fachliteratur versorgte.6

Bis ins Jahr 1990 lieferte Willi Wever 189 Fundmeldungen an das Museum. Die Wichtigkeit solcher Fundmeldungen kann gar nicht genügend gewürdigt werden, bilden sie doch die Grundlage für die geschichtliche Erforschung des jeweiligen Landkreises und seiner Besiedelung.

Außerordentliche Bedeutung erlangte diese jahrelange ehrenamtliche Begehung nach der Wende 1989/90. In den neuen Bundesländern begann ein ungeahnter Bauboom. In der Reihe der nun erforderlichen Gutachten hatte auch die Bodendenkmalpflege ihren Platz. Anhand der nun vorliegenden Fundmeldung war und ist es den Ämtern schon im Vorfeld von Bauaktivitäten möglich, Gebiete als Bodendenkmale auszuweisen, die vor den Bodeneingriffen zu untersuchen sind.

Willi Wever hat nicht nur Funde auf den Äckern abgesammelt und gemeldet, nach der Wende weitete sich seine Tätigkeit auch auf Baubegehungen aus, die er im Auftrag des Kreisbodendenkmalpflegers durchführte. Dieser schreibt:

Häufig ist die Zumutbarkeitsgrenze der finanziellen Verantwortung des Bauherren so niedrig, dass der Einsatz von Grabungsfirmen nicht möglich ist. Bei derartigen Fällen hat sich der Einsatz von ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern bewährt. Sein [Willi Wevers] Einsatzgebiet geht bei den Baustellenkontrollen deutlich über sein Arbeitsgebiet hinaus. Etwa 1/3 der Kontrollen erbrachten archäologische Funde. ... Zahlreiche Gespräche mit Grundstückseigentümern und Bauleuten haben mit Sicherheit auch viel Zeit gekostet, brachten aber bereits ungeahnte Vorteile. So manch ein Bauherr aus dem Arbeitsgebiet von Herrn Wever, auch die Gemeinde selbst, reagierte bei archäologischen Auflagen mit den Worten: „Ach, sie meinen das, was unser Willi macht ...“.7

Diese bodendenkmalpflegerische Arbeit, die Willi Wever nach der Wende bis zum Jahr 2004 bewältigte, erbrachte weitere 108 Fundstellen.8

Der Mahlsteinsammler

Aber nicht nur die Anzahl seiner Fundmeldungen wurde immer größer, sondern auch das Mahlsteinmuseum, das er an seinem Haus errichtet hatte, wuchs beständig.

Bald konnte sich die Mahlsteinsammlung einer gewissen Berühmtheit sicher sein, so dass Willi Wever von vielen Menschen aus der Umgebung auf herrenlose Mahlsteine aufmerksam gemacht wurde, die dann ein neues Zuhause in Neu-Kleinow fanden.

Sein Mahlsteinmuseum hat Willi Wever noch um viele kleine Alltagsgegenstände aus der fernen und nahen Vergangenheit bereichert. Um den Menschen die Vergangenheit der Uckermark näher zu bringen, errichtete er ein slawisches Lehmhaus und baute Gräber der Stein- und Bronzezeit nach. Besucher, die heute nach Neu-Kleinow kommen, können sich im Mahlsteinmuseum ein Bild von den Lebensgewohnheiten in der Uckermark durch so einige Jahrtausende Geschichte machen.

Der „Museumsdirektor“

Am 26. September 2005 wird die Mahlsteinsammlung vom uckermärkischen Museumsverband zum Archäologischen Museum Mahlsteinsammlung erklärt.9

Es sind gerade die ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger, die sich diesem Artefakt annahmen und annehmen. Nicht nur Willi Wever hat Mahlsteine gesammelt. In Mecklenburg-Vorpommern wurde von einem ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger eine Sammlung von ungefähr 200 Mahlsteinen zusammengetragen, die sich heute im Tierpark von Wolgast befinden soll.10

Der Gastgeber

Willi Wevers Mahlsteinsammlung war und ist weit über die Grenzen der Uckermark bekannt.

Besucher, die spontan die Mahlsteinsammlung besuchten, wurden nie abgewiesen. Willi hatte immer Zeit mit den Besuchern einen Rundgang durch die Sammlung zu machen und diese zu erläutern.

In den Unterlagen von Willi Wever befinden sich Briefe von Menschen, die so angetan von Willi und der Mahlsteinsammlung waren, dass diese sich noch einmal bedankten und auf Mahlsteine im In- und Ausland hinwiesen.

Dank galt auch häufig der freundlichen Bewirtung bei Wevers mit Kaffee und Kuchen.

Ein sehr ausführlicher Brief an Willi liegt von einer polnischen Geologin vor, die über ihre Arbeit in der Uckermark berichtet und sich herzlich bei allen Menschen bedankt, die sie während ihrer Forschungsarbeit in Mecklenburg und Brandenburg unterstützten.

Der Brief an Willi enthält den Adressenzusatz Grösste Mahlsteinsammlung Norddeutschlands.

Abb. 3: Adressenzusatz: Grösste Mahlsteinsammlung Norddeutschlands

Der Geehrte

Für seine Arbeit als ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger wurde Willi Wever mehrfach ausgezeichnet.

Im Jahr 1982 bekam er die Ehrennadel in Bronze für heimatkundliche Leistungen11

Im Jahr 1985 wurde Willi Wever mit der Ehrennadel in Silber für heimatkundliche Leistungen geehrt.12

Seine zehnjährige Mitarbeit in der Bodendenkmalpflege wurde im Jahr 1989 gewürdigt.13

Die größte Ehrung für seine Verdienste als ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger erfolgte im Jahr 2004 als er mit dem brandenburgischen Denkmalpflegepreis ausgezeichnet wurde.14

Der Kulturinteressierte

Neben seiner landwirtschaftlichen und bodendenkmalpflegerischen Arbeit war Willi Wever auch den schönen Künsten zugetan.

Seit dem Jahr 1969 sang er im Falkenwalder Kirchenchor, dem er bis zu seinem Tod im Jahr 2017 treu blieb und zusammen mit seiner Frau engagierte er sich im Prenzlauer Mundartverein Aodbeernest.

De letzte Spazierjang!

Dat war Sünndag, wi harrn dat Mittag ut, un nu öwerlechten wi, wat wi noch moken künn’. Un Voter secht nu: „En kleen Mittagspaus und dann gohn wie noht Autobahn. Ji münn’ weten, de nie Autobahn jeiht dicht an uns Dörp vörbi.“ Nu wat sich hinsett’ und ’n Paus mogt. - Aber - Schon föhrt en Auto bi uns uppen Hoff rupp, dat wer uns Söhn met Familch. Also mit de Paus wart dat nu nüscht mehr. Begrößung, de Nieichkeiten würden vertellt un nu salt dat los gohn up ’te Wannertour. Uns kleen Anne, holt sich noch rasch ehr oll Fahrrad ut de Schün, uns secht aber ok noch: „Oma ich bin nicht mehr klein, ich komme ja schon nächstes Jahr in die Schule“. Un ab güng’d up Wannerschaft.

Dat löp sich got up de niee Strot und de Klein kurvt mit ehr Rad immer üm uns rüm.

Vadder vertellt noch, dat dor wo wie nu gohn, de olle Heerwech west ist, een Handelsstrot, de von Prenzlow über Gramzow noh Schwedt gohn is. Und dat dor, wer nu dat grote Autobahnkreüz steiht schon vör vierdusend Johr Menschen wohnt, arbeit’ un storben sünd. Up de grote Kreüzung ging dat nich mehr wirer, denn dor währ mit alles grote Betonklötz to jestellt.

Aber de grot Krohn stünn ok all dor, de alls werrer wechrühm’ sall, denn in dree Doch wat de niegelnagel niee Autobahn von en’ Menister frie jeft.

So, dat wär de letzte Spazierjang up de nie Strot. In dree Dog dunnern die groten und kle’n Autos bie uns vörbie. Un’n poor Dog wierer is Wiehnachten twedusenduneens.

Aber dor wär ja schon Betrieb, wie tröfen, wie man so secht Hunz und Kunz, Möller und Maier, mit er Köters und Kinnerwogens wern unnerwägts. Up de anner Siet tuckerten n’poor Autos mit Poswalker Nummern vörbi, bett dat nich mehr wierer güng.15

Wie die auf Plattdeutsch geschriebene Geschichte zeigt, war Willi Wever auch literarisch tätig. Neben vielen kleinen Texten, die sich in seinen persönlichen Unterlagen finden lassen, hat er auch Texte über Sagen, Land und Leute verfasst. Die in den Vorbemerkungen vorgestellte Sage von der Schlossjungfrau im Neu-Kleinower See zeigt deutlich, wie Willi Wever seine Umgebung wahr genommen hat und sich auch mit ihr auseinandersetzte.16

Im Nachlass von Willi Wever befinden sich drei Fundbücher, in denen er nicht nur seine Funde aus dem Gelände notierte und dokumentierte. So manches Mal finden sich dort auch sehr persönliche Überlegungen, die zeigen, wie sehr Willi Wever nicht nur für die Geschichte seiner Heimat brannte, sondern auch in der Gegenwart zu Hause war. So findet sich in einem der Fundbücher nach der Wiedervereinigung die Überlegung, dass

sich der Traum einer gerechten Gesellschaft und der von Wohlstand für alle als naiv erwiesen hat!!!17

Am 20. Juni 2017 ist Willi Wever gestorben.

Geschichte der Mahlsteine

18