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2. Auflage 2018
© 2016 Andreas Weingärtner
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN 978-3-7412-5475-8
Die Relativitätstheorie gehört zu den faszinierendsten und seltsamsten Gebieten der Naturwissenschaften. Besonders die Spezielle Relativitätstheorie (SRT) ist dabei eigentlich sehr einfach zu verstehen und doch zugleich sehr kompliziert. Während einige Grundaussagen der SRT wie die Energie-Masse-Äquivalenz sehr eingängig sind, erscheinen andere Phänomene wie die relativistische Addition von Geschwindigkeiten oder die Relativität der Gleichzeitigkeit deutlich schwerer verständlich. Intuitiv sträubt man sich zunächst innerlich dagegen, die diesbezüglichen Aussagen der SRT als wahr anzuerkennen. Es gilt insoweit der treffende Satz, der dem US-amerikanischen Physik-Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988) zugeschrieben wird:
„Die Quantenphysik und die Relativitätstheorie kann man nicht verstehen, man kann sich nur an sie gewöhnen.“
Ein großer Teil der Schwierigkeiten bei der Annäherung an die SRT beruht jedoch darauf, dass sie häufig recht unverständlich dargeboten wird. Entweder sind die Ausführungen viel zu kompliziert und beschreiben nicht den Kern des Problems, sondern führen weit darüber hinaus, oder die Ausführungen sind – in dem Wunsch, den Leser nicht zu verschrecken – zu stark vereinfachend, dadurch ungenau und fordern schließlich den berechtigten Widerspruch eines aufmerksamen Lesers heraus. Allzu oft wird bei der Darbietung der SRT der kluge Ausspruch Albert Einsteins nicht genügend beherzigt:
„Man muss die Dinge so einfach wie möglich machen. Aber nicht einfacher.“
Um ein Beispiel zu nennen: In vielen einführenden Darstellungen zur SRT werden zwar Zeitdilatation und Längenkontraktion anschaulich beschrieben, aber über die Relativität der Gleichzeitigkeit wird hinweggegangen, die diesbezüglichen Formeln werden nicht erläutert oder nur kurz unter dem Stichwort Lorentz-Transformation abgehandelt. Ohne die zusätzliche Berücksichtigung der Relativität der Gleichzeitigkeit gelangt man jedoch bei der Betrachtung von Zeitdilatation und Längenkontraktion zu völlig unlogischen Ergebnissen!
Ein widerstrebendes Abarbeiten des Lernenden am Formelwerk der SRT muss aber nicht sein. Bei vertiefter Betrachtung stellt sie sich wirklich als sehr logisch und zugleich mathematisch und physikalisch einfach heraus. Dadurch ist die SRT letztlich ungemein elegant und faszinierend und kann von jedem in ihren Grundzügen verstanden werden.
Wenn Sie also den Wunsch verspüren, auf eine möglichst einfache und unterhaltsame Weise die merkwürdige Relativität von Raum und Zeit kennenzulernen, die uns umgibt, und wenn sie dabei noch ihre verschütteten Mathematikkenntnisse auffrischen wollen, dann sollten Sie dieses Buch unbedingt weiterlesen. Folgen Sie mir auf eine abwechslungsreiche Reise zu den seltsamen Konsequenzen der SRT für unser Verständnis von Raum und Zeit, Geschwindigkeit, Masse und Energie!
Dieses Buch richtet sich nicht an Naturwissenschaftler, schon gar nicht an studierte Mathematiker oder Physiker. Es ist vorrangig für interessierte Laien oder Abiturienten (mit Leistungskurs Physik) geschrieben. Die Ausführungen beschränken sich auf die Grundzüge der SRT. Es wird keinerlei Vorwissen vorausgesetzt und auch keinerlei Kenntnisse der höheren Mathematik. Der didaktische Anspruch war, dieses Buch so zu schreiben, dass ein interessierter Leser schon beim ersten Durchlesen, ohne nachrechnen zu müssen, vollständig verstehen kann, worauf ich hinauswill. Das Buch kann daher auch während der täglichen Fahrt mit der S-Bahn zur Schule oder Arbeitsstelle gelesen werden, ohne dass man Stift, Papier und Taschenrechner dabei haben muss, um die mathematischen Herleitungen nachvollziehen zu können.
Aus diesem Grund sind auch die mathematischen Herleitungen bewusst sehr ausführlich gehalten und mögen dem einen oder anderen Leser mit vertieften mathematischen Kenntnissen als unelegant oder sogar umständlich erscheinen. Das habe ich bewusst in Kauf genommen. Damit der Lesefluss nicht stockt, habe ich in der Regel (fast) jeden einzelnen mathematischen Umformungsschritt gesondert hingeschrieben. Dadurch wirken die mathematischen Herleitungen auf den ersten Blick viel aufwändiger, als sie eigentlich sind. Das erschien mir aber besser als eine verkürzte Darbietung der mathematischen Herleitungen, die zwar im Buch beeindruckend kompakt aussähe, sich dann aber als nur sehr schwer nachvollziehbar herausstellt und stundenlanges Nachrechnen des Lesers erfordert.
Bewusst in Kauf genommen wurde auch die eine oder andere Ungenauigkeit, wie z.B. weggelassene physikalische Einheiten, wenn dies für das schnellere und einfachere Verständnis des Gewollten förderlich erschien. Geschwindigkeitsangaben ohne Angabe der Einheit sind in der Regel als Geschwindigkeiten im Verhältnis zur Lichtgeschwindigkeit zu verstehen, Entfernungsangaben ohne Einheit meist als Lichtjahre. Wenn es darum geht, einen physikalischen Zusammenhang zunächst rein mathematisch zu entwickeln, sind die zugehörigen physikalischen Einheiten noch zweitrangig; sie ergeben sich dann nach Abschluss der Herleitung aus der entwickelten Formel.
Der Leser möge mir auch verzeihen, wenn in diesem Buch zuweilen Raumsonden etwas „sehen“ oder Asteroiden „die Zeit fühlen“ können. Es geht bei der SRT eigentlich immer um Inertialsysteme im Weltall und es ist nicht von Bedeutung, welche konkreten Objekte man sich darunter vorstellen will. Wenn man im Text jedoch immer nur von den Inertialsystemen S und S‘ spricht oder vom „Standpunkt des Bezugssystems B“, so wird die Sache sehr unanschaulich – und auch langweilig, wie ich finde.
Bewusst nicht weggelassen habe ich die vollständigen mathematischen Herleitungen. Denn diese mathematischen Herleitungen der anzuwendenden Formeln sind die Essenz der SRT. Die SRT ist ja in erster Linie eine mathematische Theorie. Es wurden nicht Messergebnisse von Naturbeobachtungen in hypothetische Formeln gegossen, wie dies z.B. bei Galileis Fallgesetzen der Fall war, sondern es wurde ausschließlich nach den strengen Gesetzen der Logik und Mathematik ein komplexes Theoriengebäude über zwei grundlegende Postulate errichtet. Ausgehend von diesen zwei Postulaten, die ich noch behandeln werde, errechneten Einstein und andere Forscher anhand von „Gedankenexperimenten“, welche Folgerungen sich hieraus logisch zwingend ergeben müssen. Das Gedankenexperiment und die daraus folgende mathematische Herleitung einer Formel ersetzt bei der SRT das physikalische Experiment. Ohne die Darbietung der mathematischen Herleitungen würden die Aussagen der SRT als völlig willkürlich und unglaubhaft erscheinen. Ich hoffe, dass mir die Darstellung der Herleitungen so gelungen ist, dass sie auf Anhieb nachvollzogen werden können. Selbstverständlich dürfen aber die Herleitungen auch übersprungen werden, wenn man bereit ist, die daraus entwickelten Formeln als gegeben hinzunehmen. Die Endergebnisse der mathematischen Herleitungen sind jeweils farblich hervorgehoben und am Ende des Buches noch einmal zusammengefasst dargestellt. Gleichwohl empfehle ich, die mathematischen Herleitungen nicht zu überspringen, denn die Faszination der SRT erklärt sich ja gerade zum großen Teil daraus, dass sie mit einfachsten mathematischen Mitteln, die wirklich keinen Laien überfordern, die merkwürdigsten physikalischen Phänomene logisch zwingend erklären kann.
Das Buch beginnt – nach einem kurzen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung der SRT – mit einem ebenfalls kurzen Abschnitt über nützliches Vorwissen zu Licht und Schall. Dies hat mit der SRT an sich noch nichts zu tun, soll aber einen Leser, der ohne Vorwissen ist, dafür sensibilisieren, dass alle Messungen bezüglich Raum, Zeit und Gleichzeitigkeit wegen der endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht- und Schallimpulsen bei weit entfernt befindlichen Beobachtern problematisch sind.
Danach werden Schritt für Schritt die drei Grundaussagen der SRT entwickelt und auf das Verhältnis zwischen zwei Inertialsystemen angewendet. In einem weiteren Abschnitt werden diese Kenntnisse auf die Verhältnisse zwischen drei Inertialsystemen übertragen und erweitert. Hier ist etwas Durchhaltevermögen gefragt. Es folgt ein etwas weiterführender Abschnitt, der dieses Wissen auf beschleunigte Systeme überträgt und damit eine Vorstellung über die mögliche Raumfahrt der Zukunft vermittelt. Danach folgt der zweite grundlegende Abschnitt dieses Buches, der sich den Auswirkungen der SRT auf Impuls, Masse und Energie widmet. Hier wird die SRT ganz praktisch.
Um das Wissen abzurunden, werden schließlich am Ende des Buches einige Anwendungen der SRT in der Praxis und einige Paradoxa der SRT vorgestellt. Die Beschäftigung mit diesen Paradoxa ist nicht bloß eine Denksportaufgabe oder ein Zeitvertreib, sondern ungemein förderlich für das vertiefte Verständnis der SRT. Immerhin ist ja auch die ganze SRT als solche aus der Beobachtung eines Paradoxons, nämlich dem unerwarteten Ausgang des Michelson-Morley-Experiments, überhaupt erst hervorgegangen. Ganz am Schluss finden sich schließlich noch einige sehr leichte Übungsaufgaben (mit ihren Lösungen), anhand derer der Leser auf einfache Weise seinen Verständnisgrad überprüfen kann. An dieser Stelle werden dann doch noch Papier, Stift und Taschenrechner benötigt.
Nach diesen Vorbemerkungen wünsche ich Ihnen nun viel Spaß mit der Welt der Formeln der SRT!
Die Relativitätstheorie ist untrennbar mit dem Namen des genialen deutschen Physikers Albert Einstein (1879 bis 1955) verbunden. Sie wurde von ihm und anderen Forschern am Beginn des 20. Jahrhunderts als mathematisches Theoriengebäude entwickelt. Gelegentlich wird die Geschichte der Relativitätstheorie verkürzt so dargestellt, als habe sie Einstein durch einen spontanen Geniestreich quasi aus dem Nichts heraus erschaffen und damit die Welt der Physik revolutioniert. Dies ist wohl (zumindest bezüglich der Speziellen Relativitätstheorie) zu viel der Ehre und würde dem nicht zu vernachlässigenden Anteil seiner Forscherkollegen an der Entwicklung der SRT nicht gerecht. Albert Einstein hat seinen Nobelpreis für Physik im Jahr 1922 (verliehen für das Jahr 1921) übrigens auch nicht für die Relativitätstheorie erhalten, sondern für die Erklärung des photoelektrischen Effekts.
Albert Einstein
Deutscher Physiker. Geboren 1879 in Ulm, gestorben 1955 in Princeton NJ (USA). Studium der Mathematik und Physik in Zürich. Nobelpreis für Physik 1921.
An der Entwicklung der SRT waren etliche Forscher beteiligt. Zu nennen ist zunächst der schottische Physiker James Clerk Maxwell (1831 bis 1879), dessen Arbeiten den Anstoß für das Michelson-Morley-Experiment gaben, dann natürlich Albert Abraham Michelson (1852 bis 1931) und Edward Williams Morley (1838 bis 1923), die das nach ihnen benannte Experiment 1881 in Potsdam und nochmals 1887 in Cleveland (Ohio, USA) durchführten. Als nächstes ist der niederländische Mathematiker und Physiker Hendrik Antoon Lorentz (1853 bis 1928) zu erwähnen, der die nach ihm benannte Lorentz-Transformation und den Gamma-Faktor (auch Lorentzfaktor oder k-Faktor genannt) entwickelte. Der französische Mathematiker und Physiker Henri Poincaré (1854 bis 1912) entwickelte parallel und unabhängig von Albert Einstein die Grundzüge der SRT. Schließlich ist auch noch der deutsche Mathematiker und Physiker Hermann Minkowski (1864 bis 1909) zu erwähnen, ein Lehrer Albert Einsteins, der die SRT in die heute gebräuchliche mathematische Form brachte.
Hermann Minkowski
Deutscher Mathematiker und Physiker. Geboren 1864 in Aleksotas (Russland, heute Kaunas, Litauen), gestorben 1909 in Göttingen. Studium in Königsberg (heute Kaliningrad, Russland) und Berlin.
Die Physik hatte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts große Fortschritte gemacht und sich zur Leitwissenschaft der Naturwissenschaften entwickelt. Durch die bahnbrechenden Arbeiten von Galilei, Newton, Maxwell und anderen konnte man die Welt physikalisch sehr gut beschreiben; kaum ein beobachteter physikalischer Effekt erschien nicht erklärbar. Man ging daher allgemein davon aus, dass das Theoriengebäude der Physik fertig entwickelt sei und nur noch ergänzende Erkenntnisse gesammelt werden könnten. Ja, es wurde sogar Studenten davon abgeraten, Physik zu studieren, weil man sich in diesem Fach keine großen Verdienste mehr erwerben könne.
Nachdem jedoch das Michelson-Morley-Experiment, das eigentlich den Lichtäther nachweisen und so die klassische Physik vollenden sollte, ein völlig überraschendes Ergebnis erbracht hatte (dazu später mehr), brach für die Physik eine spannende Zeit an. Die Forschergemeinde war stark verunsichert und die „Entdeckung“ der SRT lag gewissermaßen in der Luft. Erste Deutungsversuche, die in die richtige Richtung gingen, kamen von Woldemar Voigt (1850 bis 1919) und George Francis Fitz-Gerald (1851 bis 1901). Mit seinen Transformationsgleichungen, die Hendrik Antoon Lorentz einige Jahre später als Hypothese zur Erklärung des Michelson-Morley-Experiments veröffentliche, lieferte Lorentz dann bereits 1895 bzw. 1904 quasi die SRT in ihrer konzentrierten Form, erkannte aber das Ausmaß seiner Entdeckung noch nicht.
Hendrik Antoon Lorentz
Niederländischer Mathematiker und Physiker. Geboren 1853 in Arnhem (Niederlande), gestorben 1928 in Haarlem (NL). Studium der Mathematik und Physik in Leiden (NL). Nobelpreis für Physik 1902.
Albert Einstein veröffentlichte seine Überlegungen zur SRT im Jahr 1905 in der Zeitschrift „Annalen der Physik“ in einem Aufsatz unter dem Titel: „Zur Elektrodynamik bewegter Körper“ (Annalen der Physik 1905, S. 891 bis 921). Zu dieser Zeit war Einstein Beamter im schweizerischen Patentamt in Bern und konnte sich nur in seiner Freizeit als Schreibstubengelehrter mit der modernen Physik beschäftigen (Tätigkeit im Patentamt von 1902 bis 1909, danach Dozent bzw. Professor in Bern, Zürich, Prag und Berlin). Zunächst nahm noch kaum jemand Notiz von seiner Veröffentlichung. „Spezielle“ Relativitätstheorie heißt dieser Teil der Theorie deswegen, weil der Einfluss von Beschleunigung und Gravitation auf bewegte Körper und Teilchen zunächst noch nicht betrachtet wurde. In den folgenden zehn Jahren verallgemeinerte Einstein dann seine Theorie zur Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) weiter, die nunmehr auch Beschleunigung und Gravitation mit umfasste und veröffentlichte diese Theorie im Jahr 1916, wiederum in den „Annalen der Physik“, unter dem Titel: „Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie“ (Annalen der Physik 1916, S. 769 bis 822), nachdem er die Grundzüge seiner Theorie bereits am 25. November 1915 in einem Vortrag vor der Preußischen Akademie der Wissenschaften vorgestellt hatte.
In den ersten Jahren nach der Veröffentlichung der SRT hatte sie noch keinerlei praktische Auswirkungen auf Naturwissenschaften und Technik. Bis zum heutigen Tag hat auch noch kein Mensch die Auswirkungen der SRT jemals am eigenen Leib gespürt, also z.B. die verlangsamte Alterung bei einem interstellaren Flug erfahren. Anhand von indirekten Messungen und Indizien mehrten sich jedoch in den Jahren nach Einsteins Veröffentlichungen die Anzeichen, dass die SRT die Vorgänge in der Natur zutreffend zu beschreiben vermag. So erlangte schließlich Albert Einstein mit der Zeit allgemeine Anerkennung, wozu vor allem die aus der ART abgeleitete Berechnung der Periheldrehung des Merkur und seine Vorhersage der Lichtablenkung durch Gravitation beitrug, welche auf spektakuläre Weise am 29. Mai 1919 durch zwei britische Expeditionen während einer totalen Sonnenfinsternis in Brasilien und auf Príncipe (vor Westafrika) nachgewiesen werden konnte. Ab diesem Zeitpunkt galt Einstein als Superstar der Naturwissenschaften. Seine Relativitätstheorie wurde zum allgemeinen Modethema und fand sogar Eingang in die moderne Kunst des Expressionismus. Von 1917 bis 1933 war Einstein Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik in Berlin. Zur Unterstützung seiner Forschungen wurde u.a. zwischen 1920 und 1924 der sogenannte Einsteinturm, ein Observatorium im expressionistischen Baustil, auf dem Potsdamer Telegrafenberg errichtet, der heute noch genutzt wird und besichtigt werden kann. 1933 emigrierte Einstein, der eine jüdische Herkunft hatte (er war aber nicht sonderlich religiös), in die USA und war bis zu seinem Tod 1955 am Institute for Advanced Study in Princeton (New Jersey) tätig.
Einsteinturm im Potsdam
Architekt: Erich Mendelsohn. Aufnahme aus dem Jahr 1960 (Quelle: Bundesarchiv). www.einsteinturm.de
Nachdem Einstein noch vor dem Zweiten Weltkriegs von der Entdeckung der Kernspaltung und den daraus folgenden Möglichkeiten der deutschen Nationalsozialisten zur Entwicklung einer Nuklearwaffe erfahren hatte, richteten er und Leó Szilárd in Abstimmung mit Edwad Teller und Eugene Wigner am 2. August 1939 einen warnenden Brief an US-Präsident Roosevelt, der mit den Anstoß dazu gab, das hochgeheime Manhattan-Projekt zu initiieren, das in der Entwicklung der US-Atomwaffen mündete. Gegen die militärische Nutzung seiner Erkenntnisse hatte sich Einstein jedoch immer gewehrt. Er war zeitlebens überzeugter Pazifist.
In seinen späten Lebensjahren beschäftigte sich Albert Einstein vor allem damit, an einer Vereinheitlichung der Theorie der physikalischen Grundkräfte zu arbeiten, die er aber nicht mehr vollenden konnte und die auch bis heute noch nicht befriedigend gelungen ist.
Noch zu seinen Lebzeiten hatte sich Einstein den Ruf des genialsten Wissenschaftlers aller Zeiten erworben. Er gilt bis heute als Popstar der Naturwissenschaften. Sein Konterfei mit herausgestreckter Zunge ziert Poster und T-Shirts. Seine Forschungsergebnisse zur SRT gaben wichtige Impulse für die (friedliche und militärische) Nutzung der Kernenergie; seine Erklärung des photoelektrischen Effekts ist die Grundlage des Lasers und der Solarzellenentwicklung. Die SRT ist heute z.B. für die Dimensionierung der großen Teilchenbeschleuniger am CERN und anderen Forschungsinstituten von großer Bedeutung und spielt auch bei der Kalibrierung der Uhren der GPS-Satelliten eine wichtige Rolle (siehe dazu den Abschnitt: Die SRT in der Praxis).
Einsteins bahnbrechende Forschungen sind auch heute noch für die Physik und Astronomie von großer Bedeutung. So sagte er bereits 1916 auf der Basis seiner Allgemeinen Relativitätstheorie die Existenz von Gravitationswellen voraus; nahm aber an, dass man sie nie in der Praxis nachweisen können würde. Dies gelang jedoch fast genau 100 Jahre später im September 2015 durch Messungen des LIGO (deutsch: Laser-Interferometer Gravitationswellen-Observatorium), wodurch Einstein erneut bestätigt wurde und wofür Physiker der LIGO-Forschungsgruppe 2017 den Physiknobelpreis erhielten. Mit der Gravitationswellen-Beobachtung eröffnen sich künftig völlig neue Möglichkeiten der Erforschung des Weltalls.
Bevor wir mit der Betrachtung der SRT beginnen, sollen zunächst kurz einige grundlegende Effekt zu Licht und Schall beschrieben werden, die zeigen, dass man vorsichtig mit der Beurteilung dessen sein muss, was man mit seinen Augen und Ohren wahrnimmt.
Jeder kennt den Effekt, dass es bei einem Gewitter zunächst blitzt und erst nach einer gewissen Zeitspanne der Donner zu hören ist. Je weiter das Gewitter entfernt ist, umso größer ist der Zeitabstand zwischen Blitz und Donner. Das Licht des Blitzes reist viel schneller zum Beobachter als der Knall des Donners. Beides – Blitz und Donner – sind jedoch im gleichen Augenblick in der Gewitterwolke entstanden.
Mithilfe dieses Effekts kann man leicht ermitteln, wie weit ein Gewitter entfernt ist: Man stoppt die Zeit zwischen Blitz und Donner, teilt das Ergebnis (gemessen in Sekunden) durch drei und erhält in etwa die Entfernung zum Gewitter (in Kilometern). Das bedeutet: Sind zwischen Blitz und Donner neun Sekunden vergangen, dann ist das Gewitter etwa drei Kilometer entfernt.
Als Fazit kann man an dieser Stelle festhalten, dass man sich beim Schall nicht auf seine zeitliche Wahrnehmung verlassen darf, sobald man eine gewisse Entfernung zur Schallquelle überschreitet. Das Ereignis hat weitaus früher stattgefunden, als man es akustisch wahrnimmt. Das bedeutet auch: Zwei Ereignisse, die man gleichzeitig hört, können in Wirklichkeit zu unterschiedlichen Zeiten passiert sein, wenn die Ereignisorte unterschiedlich weit weg waren!
Wenn wir beim Hundertmeterlauf die korrekte Zeit stoppen wollen, müssen wir, wenn wir uns auf Höhe der Ziellinie befinden, die Stoppuhr bereits dann starten, wenn der Rauch aus der Startpistole zu sehen ist, nicht erst dann, wenn auch der Startschuss zu hören ist. Dabei gehen wir selbstverständlich davon aus, dass wir den Rauch sofort sehen können. Bei der SRT werden wir es jedoch mit Phänomenen zu tun bekommen, die so weit entfernt stattfinden (mehrere Lichtjahre), dass wir auch die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit mit berücksichtigen müssen. Wir müssen dann also wie beim Schall stets streng unterscheiden zwischen dem Zeitpunkt der Entstehung eines Signals und dem Zeitpunkt der Wahrnehmung dieses Signals durch einen entfernten Beobachter.
Hat man erkannt, dass Schall nicht unendlich schnell ist, dann möchte man natürlich wissen, wie schnell der Schall ist. Das kann man ganz einfach messen. Am einfachsten geht es, wenn man eine schöne ebene und senkrechte Felswand im Gebirge zur Verfügung hat. Stellt man sich in 500 Metern Entfernung zu dieser Wand auf und gibt dann einen Schuss (oder auch einen Jodler) ab, so hört man nach etwa drei Sekunden das Echo. Da der Schall in diesem Fall insgesamt eine Strecke von einem Kilometer zurücklegen musste, lässt sich grob errechnen, dass die Schallgeschwindigkeit etwa 1/3 Kilometer pro Sekunde beträgt. Genaue Messungen haben ergeben, dass die Schallgeschwindigkeit bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius und einem Normal-Luftdruck von 101,3 kPa geringfügig größer ist, nämlich 343 m/s beträgt. Die Schallgeschwindigkeit ist konstant, unabhängig von der Lautstärke oder Frequenz des übertragenen Tons.
Mit diesem Wissen kann man umgekehrt auch die Entfernung zu einer Felswand messen, indem man ein Schallsignal aussendet und die Zeit bis zum Eintreffen des Echos stoppt. Die halbe Zeit, multipliziert mit der Schallgeschwindigkeit, ergibt die Entfernung bis zum Reflexionsort.
(In ähnlicher Weise kann man auch in den Gedankenexperimenten zur SRT die Entfernung zwischen zwei kosmischen Objekten messen, indem man einen Lichtblitz zwischen beiden Objekten hin und zurück reisen lässt. Die Hälfte der Lichtlaufzeit, multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit, ergibt die Entfernung.)
Schall benötigt stets ein Übertragungsmedium, das die Schallwellen weiterleitet. Die Schallgeschwindigkeit ist dabei abhängig vom jeweiligen Übertragungsmedium. Im Wasser ist sie z.B. mehr als vier Mal so groß wie in der Luft (konkret 1.484 m/s). Im Weltraum gibt es hingegen keinen Schall, da hier ein Vakuum herrscht.
Auch beim Licht ist die Geschwindigkeit abhängig vom Medium, durch das das Licht reist, obwohl das Licht gar kein Übertragungsmedium benötigt. Hier ist es so, dass das Licht im Vakuum am schnellsten ist, nur geringfügig langsamer ist das Licht in der Luft, aber deutlich langsamer z.B. in Wasser oder Glas.
Als im 19. Jahrhundert die ersten Eisenbahnen aufkamen, stellten geschulte Hörer fest, dass man den Eindruck hatte, dass das Schnaufen der Dampflok ein klein wenig höher klang, wenn die Lok auf einen zukam, als wenn sie sich wieder entfernte. Da die Eisenbahnen zur damaligen Zeit noch nicht besonders schnell fuhren (nur rund 50 km/h), war der Effekt nur sehr gering ausgeprägt. Es war daher die Frage berechtigt, ob man sich das nur einbildete oder ob es tatsächlich Unterschiede in der Tonhöhe gab.
Heute ist die Frage, ob es diesen Effekt wirklich gibt, natürlich ganz leicht zu bejahen. Wenn man sich auf eine Autobahnbrücke stellt und unter einem rast ein Pkw mit 200 km/h hindurch, dann hört man sehr klar und deutlich, dass das Dröhnen des Motors erst sehr viel höher ist, wenn sich das Auto annähert und der Motorenklang sehr viel tiefer wird, wenn sich das Auto wieder entfernt.
Im 19. Jahrhundert war diese Frage jedoch noch nicht so klar zu beantworten. Der niederländische Naturforscher Christoph Buys Ballot (1817 bis 1890) ging diesem Phänomen nach. Er hat 1845 Musiker auf einen offenen Eisenbahnwaggon gesetzt und sie im vorbeifahrenden Zug ein Musikstück spielen lassen. Musikalisch geschulte Zuhörer, die am Rand der Strecke standen, konnten dabei klar einen Tonhöhenunterschied von rund einem Halbton heraushören. Damit war die Existenz dieses Effekts bewiesen. Der Effekt wurde später nach dem österreichischen Mathematiker und Physiker Christian Doppler (1803 bis 1853) Doppler-Effekt benannt.
Wie kommt dieser Effekt eigentlich zustande? Schall ist eine Wellenbewegung, die sich geradlinig ausbreitet. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit bleibt immer gleich. Bewegt sich nun die Schallquelle auf den Hörer zu, so hat eine nachfolgende Welle immer einen kürzeren Weg zum Hörer zurückzulegen als die vorangegangene und kommt, relativ betrachtet, eher an; die Wellen werden gestaucht. Der Zeitabstand zwischen zwei Wellenbergen ist also beim Hörer kürzer, dies hört er als höheren Ton. Bewegt die Schallquelle sich auf den Hörer oder der Hörer sich auf die Schallquelle zu, so hört er den Ton höher. Bewegt sich der Hörer von der Schallquelle weg oder entfernt sich die Schallquelle vom Hörer, so hört der Hörer den Ton tiefer. Der Musiker auf dem Eisenbahnwaggon hört seinen Ton jedoch immer in der richtigen Tonhöhe, gleich wie schnell er sich bewegt.
Beim Licht gibt es einen vergleichbaren Effekt, optischer Doppler-Effekt genannt. Bewegen sich Lichtquelle und Empfänger aufeinander zu, so erhöht sich aus Sicht des Empfängers die Frequenz. Von der Lichtquelle in der Farbe Grün ausgestrahltes Licht könnte – je nach Relativgeschwindigkeit – z.B. als blaues (oder gar ultraviolettes) Licht wahrgenommen werden; man nennt diesen Effekt daher „Blauverschiebung“. Entfernen sich Lichtquelle und Empfänger voneinander, so verringert sich aus Sicht des Empfängers die Frequenz. Von der Lichtquelle grün ausgestrahltes Licht könnte dann z.B. rot (oder gar infrarot) wahrgenommen werden; man nennt diesen Effekt daher „Rotverschiebung“.
Beim optischen Doppler-Effekt handelt es sich nicht um einen relativistischen Effekt der SRT, er muss aber immer mit berücksichtigt werden. In der Tat „stört“ der optische Doppler-Effekt die Betrachtung der relativistischen Effekte erheblich. So wäre nach der SRT bei der Annäherung zweier Raumschiffe eigentlich eine Rotverschiebung zu erwarten, tatsächlich ist aber eine Blauverschiebung zu beobachten, weil der gegenläufige Doppler-Effekt in dieser Situation stärker wirkt als die relativistische Zeitdilatation.
Nachdem bereits früh bekannt war, dass Schall in der Luft eine bestimmte, konstante Geschwindigkeit hat, wollte man natürlich wissen, ob Licht ebenfalls eine definierte Geschwindigkeit hat oder aber, ob es unendlich schnell ist. Die Meinungen darüber gingen lange auseinander. Noch Johannes Kepler (1571 bis 1630) und René Descartes (1596 bis 1650) gingen von einer unendlichen Lichtgeschwindigkeit zumindest im Vakuum aus.
Dagegen glaubte der italienische Astronom und Naturforscher Galileo Galilei (1564 bis 1641) an die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit. Um dies zu überprüfen, stellte er um 1620 in einer sternenklaren Nacht zwei Personen weit voneinander auf, die beide eine Laterne in der Hand hielten. Sobald eine der beiden beteiligten Personen die Laterne abdeckte, sollte dies auch die andere Person tun, was wiederum die erste Person sehen konnte. Unter Berücksichtigung der Reaktionszeiten der beiden Personen wollte Galilei auf diese Weise die Lichtlaufzeiten hin und zurück ermitteln.
Als Ergebnis dieses Versuchs ergab sich jedoch lediglich, dass praktisch keine Lichtlaufzeit messbar war. Falls Licht tatsächlich eine endliche Geschwindigkeit hatte, dann musste sie jedenfalls sehr, sehr groß sein.
Bereits um 1676 bis 1678 konnten jedoch der dänische Astronom Ole Rømer (1644 bis 1744) und der niederländische Astronom Christiaan Huygens (1629 bis 1695) anhand von Zeitverzögerungen bei astronomischen Beobachtungen nachweisen, dass die Lichtgeschwindigkeit endlich sein musste, und taxierten die Geschwindigkeit auf 213.000 km/s.
Diese Geschwindigkeit ist so hoch, dass verständlich wird, warum die Lichtgeschwindigkeit bei Experimenten auf der Erde keine Rolle spielt und man lange von einer Unendlichkeit der Lichtgeschwindigkeit ausgehen konnte. In der Astronomie und bei der Betrachtung der SRT haben wir es jedoch mit Entfernungen zu tun, die Millionen oder gar Milliarden von Kilometern betragen können. Wir können dabei die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit nicht mehr vernachlässigen. Vielmehr kann die Zeit zwischen der Entstehung eines Lichtblitzes (z.B. eine Supernova) und der Beobachtung dieses Lichtblitzes auf der Erde Tausende oder Millionen von Jahren betragen. Wenn wir das Ereignis mit dem Teleskop sehen können, ist es bereits schon seit vielen Jahren vergangen. Dies ist nach der Alltagserfahrung nur schwer vorstellbar, aber genau das muss man bei der Betrachtung der SRT können: nämlich sich vorzustellen, dass das, was man sieht, nicht zur gleichen Zeit stattfindet und dass das, was stattfindet, man nicht sofort sehen kann.
Der Befund, dass die Geschwindigkeit des Lichts so schnell sein muss, dass man sie kaum messen kann, ließ die Physiker natürlich nicht ruhen. Sie erdachten weitere Experimente, mit denen sie versuchten, die Lichtgeschwindigkeit genauer zu bestimmen.
Der französische Physiker Armand Hippolyte Fizeau (1819 bis 1896) führte 1849 bei Paris eine Messung der Lichtgeschwindigkeit mit der sogenannten Zahnradmethode durch. Er ließ den Schein einer Lampe durch zwei Zahnräder hindurchstrahlen, von denen sich eines zunächst langsam drehte. Dadurch konnte der Lichtstrahl immer nur dann die beiden Zahnräder passieren, wenn sich die Zähne der beiden Zahnräder in Übereinstimmung befanden. Dann ließ Fizeau das Licht zu einem etwas mehr als 8,6 km entfernten Spiegel und wieder zurück laufen. Das Licht passierte nun wieder die beiden Zahnräder, deren Zähne immer noch in Übereinstimmung waren und konnte vom Experimentator beobachtet werden.
Drehte sich nun das drehbare Zahnrad schneller, so verschwand der zurückgeworfene Lichtstrahl ab einer gewissen Drehgeschwindigkeit, weil er jetzt die beiden Zahnräder erreichte, wenn das drehbare Zahnrad bereits einen halben Zahnabstand weitergelaufen war. Auf diese Weise konnte man nachweisen, dass die Lichtgeschwindigkeit nicht unendlich war.
Messung der Lichtgeschwindigkeit mit der Zahnradmethode (schematische Darstellung).
Das Licht läuft durch zwei Zahnräder, von denen sich eines dreht, zu einem weit entfernten Spiegel und zurück. Dreht sich das Zahnrad schnell genug, so erreicht das zurückgeworfene Licht genau dann die Zahnräder, wenn das sich drehende Zahnrad um genau einen Zahn weiter gelaufen ist.
Die beiden Zahnräder hatten bei Fizeaus Versuchsanordnung je 720 Zähne. Das Licht verschwand bei etwa 12,6 bis 12,7 Umdrehungen pro Sekunde. Hieraus ermittelte Fizeau eine Lichtgeschwindigkeit von rund 315.000 km/s, entsprechend folgender Formel:
Dieser Wert liegt nur knapp über dem inzwischen bekannten exakten Wert der Lichtgeschwindigkeit (Luft) von 299.711 km/s. Im Vakuum ist das Licht noch ein klein wenig schneller und hat eine Geschwindigkeit von 299.792,458 km/s. Dieser Wert ist eine absolute Konstante, genauer gesagt, der Wert würde sich nicht einmal dann ändern, wenn sich herausstellen würde, dass das Licht doch ein klein wenig schneller oder langsamer sein sollte: Man hat nämlich die Länge des Meters inzwischen definiert als die Strecke, die das Licht im Vakuum während 1/299792458 Sekunden zurücklegt. Würde man eine neue Geschwindigkeit des Lichts messen, so würde dies dazu führen, dass man nicht die Lichtgeschwindigkeit anpasst, sondern einfach die Länge eines Meters ändert!
Für die weiteren Betrachtungen in diesem Buch gehen wir, wie allgemein üblich, von einer Lichtgeschwindigkeit von gerundet 300.000 km/s aus.
Das Licht hat somit die unvorstellbare Geschwindigkeit von rund dreihunderttausend Kilometern pro Sekunde. Um die Erde einmal vollständig zu umrunden, bräuchte das Licht nur etwas mehr als eine Zehntelsekunde. Bei den Entfernungen, mit denen wir es im Alltag zu tun haben, ist die Lichtlaufzeit somit regelmäßig praktisch null. Bei den riesigen kosmischen Entfernungen wird die Lichtlaufzeit jedoch plötzlich relevant: Vom Mond braucht das Licht zur Erde rund eine Sekunde, von der Sonne zur Erde bereits acht Minuten. Andere Sterne außerhalb unseres Sonnensystems sind so weit von uns entfernt, dass das Licht viele Jahre zu uns braucht. Deshalb spricht man auch davon, dass diese Sterne „Lichtjahre“ von uns entfernt sind. Das Lichtjahr ist keine Zeitangabe, sondern eine Entfernungsangabe; es stellt die Strecke dar, die das Licht in einem Jahr zurücklegt (9,46 Billionen Kilometer). Bei den Betrachtungen zur SRT stellt man sich bei einem Gedankenexperiment häufig Entfernungen von mehreren Lichtjahren vor, um die Effekte der SRT deutlich zu machen.
Die Lichtgeschwindigkeit gilt auch für andere elektromagnetische Strahlen bzw. Wellen wie z.B. Funkwellen. Wir können daher bei den Betrachtungen zur SRT frei zwischen Licht- und Funksignalen wählen.
Kehren wir zurück zum Schall und kommen wir zum ersten kleinen Gedankenexperiment: Nehmen wir an, wir befinden uns auf einem Bahnsteig. Vor uns steht ein langer ICE-Zug, der genau 686 m lang sein möge. Wir stehen genau vor der Mitte des Zuges. Es ist windstill. Am Anfang und am Ende des Zuges stehen jeweils Personen mit genauen Funkuhren. Wir feuern nun eine Startpistole ab. Wann nehmen die Personen am Anfang und am Ende des Zuges den Knall wahr? Die Antwort ist denkbar einfach: Da der Schall 343 m pro Sekunde zurücklegt, nehmen die Personen den Knall genau eine Sekunde nach dem Abfeuern wahr. Und beide Personen nehmen den Knall exakt gleichzeitig wahr. So weit, so einfach.
Was ist nun, wenn ich und die anderen Mitspieler sich im fahrenden ICE befinden und ich die Startpistole in der Mitte des fahrenden Zuges abfeuere, während der ICE mit 300 km/h durch die Landschaft saust? Dazu muss natürlich angenommen werden, dass die Schallsignale ungehindert durch den ganzen Zug laufen können – alle Verbindungstüren zwischen den Waggons müssen also offen sein. In diesem Fall nehmen wieder beide Personen am Anfang und am Ende des Zuges den Knall zur gleichen Zeit wahr, nämlich genau eine Sekunde nach dem Abfeuern der Pistole.
Die Geschwindigkeit des Zuges ist insoweit völlig unerheblich. Es ist also gleich, ob der Zug steht, mit 100 km/h oder 300 km/h fährt, stets nehmen die Mitspieler den Knall genau eine Sekunde nach dem Abfeuern der Pistole wahr und beide genau zur gleichen Zeit. Ursache hierfür ist die Tatsache, dass der Schall auf das Übertragungsmedium Luft angewiesen ist. Die Schallgeschwindigkeit ist immer relativ zur Geschwin