Siegbert Walter

Auf dem Weg

zum

Berufspädagogen

..eine einfach neue Art,

seinen Weg als Fachkraft zu gehen.

Books on Demand

Wenn jemand mit Gewissheit beginnt, soll er in Zweifel enden, aber wenn er sich für den Anfang begnügt, mit Zweifeln zu beginnen, soll er mit Gewissheit enden.
(Francis Bacon, 1605)

Danksagung

Der Autor möchte sich bei seinen Freunden, Berufskollegen und Mitarbeitern verschiedenster Industrie- und Handelskammern bedanken, die mit Rat und Tat, einer guten Portion Inspiration und Zuspruch mitgeholfen haben, sodass dieses Buch entstehen konnte, vornehmlich Herrn Behrend vom Ausbildungsverbund Teltow, der die Chance als Dozent offerierte und Herrn Eisfeld von der IHK Magdeburg.

Bedanken möchte der Autor sich weiterhin bei seinen Prüferkollegen im Prüfungsausschuss I nach AEVO Hans-Jürgen Unger und Wilfried Kunze dafür, dass sie immer wieder kritisch hinterfragten.

Ein besonderer Dank gilt meiner Ehefrau Anke für den festen Glauben an dieses Buch, für das intensive Lesen und Redigieren des Manuskriptes und ihrem Lächeln, wenn es hin und wieder nicht weiterzugehen schien.

Siegbert Walter im Mai 2011           

Vorwort

Berufe unterliegen wie alle Dinge unserer heutigen schnelllebigen Zeit Veränderungen. Nur noch wenige sprechen aktuell von dem Beruf des Kraftfahrzeugmechanikers oder werden schnell verbessert in Richtung Kraftfahrzeugmechatroniker. Solche Beispiele gibt es weitere und schnell beschleicht sich ein Gefühl einer langsam beginnenden Desorientiertheit. Die demographische Entwicklung in den entwickelten Industriestaaten Europas sorgt dafür, dass bereits heute mehr Menschen aus dem Beruf ausscheiden als neu besetzt werden können. Für die vorhandenen Jugendlichen heißt das Augen auf bei der Berufswahl! Umschülern ist dieses Gefühl nicht weniger fremd. Doch welches ist der richtige Beruf? Übt man heute seinen Beruf noch ein Leben lang aus? Verdient man in dem gewählten Beruf ausreichend, um wenigstens seine menschlichen Grundbedürfnisse befriedigen zu können? Gerade diese Frage scheint uns wichtig in Zeiten, wo vielerorts um Mindestlöhne gekämpft wird. Arbeit soll und muss sich lohnen – steht bei einigen Parteien auf dem Wahlprogramm.

In Zeiten beständiger Arbeitslosenzahlen und der damit einhergehenden steigenden Zahl von Arbeitsvermittlern, Berufsberatern und dem neuen Ausbildungsfach Berufskunde wächst die Unsicherheit über die Kenntnisse bestimmter Berufsbilder und deren inhaltlicher Struktur. Jugendliche und Arbeitsuchende benötigen dringende Unterstützung bei der Wahl des für sie richtigen Berufsbilds, vor allem immer dann, wenn körperlich oder geistig Beeinträchtigungen vorliegen.

Bildungsträger in Deutschland widmen sich mehr und mehr der Thematik Berufskunde und parallel ergänzend dem neuen Berufsbild Berufspädagogen (Anmerkung des Autors: An dieser Stelle sei erlaubt zu erwähnen, dass wie in der kaufmännischen Sprache üblich der Einfachheit wegen, die männliche Form benutzt wird. Immer dann, wenn in diesem Buch die männliche Form Anwendung findet, gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz und somit die weibliche Berufsbezeichnung Berufspädagogin). Es werden Projekte entwickelt, die jugendlichen Auszubildenden, Interessierten und Umschülern bzw. Weiterbildungswilligen eine Orientierungshilfe geben sollen. Dabei stecken wir zweifelsfrei in den Anfängen. Der Fachbuchmarkt benennt spärlich mögliche Fachliteratur in den Auslagen. Dozenten und Fachkräfte recherchieren im Internet in der Hoffnung fündig zu werden. All den Unermüdlichen und allen Neugierigen vermag dieses Fachbuch helfen. Dem einen dient es als Unterrichtshilfe, dem anderen evtl. einfach als Nachschlagwerk. Fachkräfte können sich zusätzlich auf die Prüfung zum Ausbilder der Ausbilder oder auf die Abschlussprüfung zum Staatlich geprüften Berufspädagogen vorbereiten. Dieses Fachbuch erwirbt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und lebt zukünftig ergänzend von den Anregungen und Ideen der Leser. Halten wir es mit Dale Carnegie und seiner Überlegung, wenn es kein solches Lehrbuch gibt, so schreibe man halt selber eines. Bisher gibt es nur wenig Alternativen. Also dann, beginnen wir mit dem HÜRDEN-Lauf!

Siegbert Walter, im Mai 2011

1 Einleitung

Die Sommersonnenwende 2009 leitete eine neue Ära für die berufliche Aus- und Weiterbildung ein. Im Mittelpunkt steht seitdem das Ziel, Aus- und Weiterbildung zu professionalisieren und einhergehend damit die Qualifizierungsangebote für bestehendes bzw. zukünftiges Bildungspersonal sich verbessern. Kenner sprechen von nun an von einer Qualifizierungstreppe für Bildungswillige.

In der ersten Ebene rangiert nun die neue Ausbilder-Eignungs-Verordnung (AEVO), in Kraft gesetzt worden am 01. September 2009. Dieser Tag gilt nun als der Tag der Grundsteinlegung für eine bundesweit angelegte Qualifizierungsoffensive für alle Ausbilderinteressierten, heutige Ausbilder, Weiterbildner, Trainer und anderes Bildungspersonal. Ursächlich dafür scheint der aktuelle gesellschaftlich wirtschaftliche Hintergrund ergänzt durch die berufs- und arbeitspädagogischen Entwicklungen innerhalb unseres Landes.

Die zweite Ebene umfasst das neue Berufsbild Geprüfter Aus- und WeiterbildungspädagogeIn. Dieser Ausbildungsberuf eignet sich für haupt- und nebenamtliche Aus- und Weiterbildner, die berufspädagogische Bildung innovativer gestalten möchten und hierfür tiefer in die Methodik des Lehrens und Lernens einsteigen wollen. Schon heute verschmelzen Aus- und Weiterbildung immer mehr. Das verlangte förmlich nach einer neuen Ausrichtung mit dem Ergebnis der Schaffung von zwei neuen Ausbildungsrichtungen. Hinzu kommt ergänzend besonders in der praktischen Ausbildung der zunehmende Zwang nach mehr pädagogische Fähigkeiten und einem wachsendem Maß an Sozialkompetenzen auf Seiten der Ausbilder.

Die abschließend dritte Ebene befasst sich mit dem Berufsbild Geprüfter BerufspädagogeIn. und eignet sich vor allem für hauptamtliche Aus- und Weiterbildner, die ihr vorhandenes pädagogisches Wissen vertieften oder erhalten möchten.

Darum liegen die Schwerpunkte deutlicher auf Managementprozessen der beruflichen Bildung sowie Personalentwicklung und Personalberatung.

Alle diese Änderungen geschehen hinter dem gesellschaftlichen Hintergrund dass Berufsausbildung vielfältigen Nutzen bringt. Die Betriebe benötigen gut ausgebildetes Personal als wichtigen Wettbewerbsfaktor. Zudem schafft Ausbildung eine wachsende Identifikation mit dem Arbeitgeber. Die Flexibilität steigert sich, da auf notwendige Anpassungen schneller reagiert werden kann und zusätzlich lohnen sich Investitionen eher bzw. schneller, da qualifizierteres Personal kürzer zu reagieren vermag. Trotz des damit zunehmenden Kostenfaktors investieren Betriebe weiterhin in die Aus- und Weiterbildung. Untersuchungen des Bundesinstituts für Berufsbildung BBIB ergaben einen durchschnittlichen Ertrag eines Auszubildenden in Höhe von knapp unter 8.000 Euro jährlich (Stand 2000). Nicht zu vergessen um nur einige zu nennen sind die Kosten reduzierenden Faktoren der sofort einsatzfähigen Fachkräfte, geringere Einarbeitungskosten, weniger Fehlbesetzungen bzw. Fehleinkäufe, besseres Image auf dem Arbeitsmarkt etc.

Ausbildung lohnt sich mit dem Ziel zusätzliche Fachkräfte auszubilden, den Fachkräftenachwuchs zu sichern, die Ausbildungskosten zu senken und damit letztendlich die Wirtschaftlichkeit der Firma zu erhöhen. Damit diese ehernen Ziele auch erreicht werden können, benötigen unsere Wirtschaft und unsere Dienstleistungsunternehmen anders-seitig pädagogisch ausgebildete Fachkräfte egal auf welcher Hierarchiestufe. Damit begegnen wir allen Unkenrufer und Gegner der Dualen Berufsausbildung, dass unsere Ausbilder lediglich als Schmalspurpädagogen zu bezeichnen sind.

Betriebliche Ausbilder und Ausbilderinnen fallen aber nicht vom Himmel. Sie tragen maßgeblich die Verantwortung für die Weiterentwicklung von Wissen und Können der Auszubildenden sowie der Mitarbeiter. Sie entscheidend zum großen Teil über den gewünschten und benötigten Erfolg einer Aus- bzw. Weiterbildung – und somit über den Unternehmenserfolg. Mit den neuen Qualifizierungsmöglichkeiten werden betriebliche Aus- und Weiterbildner dazu zusätzlich befähigt, die gestiegenen Anforderungen an ihre Ausbildertätigkeit zu erfüllen und verbessern schließlich die pädagogische Qualität innerhalb betrieblicher Bildungsprozesse. Damit infiltrieren sie die modernen Methoden des Lernens in die Unternehmensstrukturen.

Das vorliegende Buch beschreibt die Inhalte der berufsbegleitenden Ausbildung vorrangig in den Stufen zwei und drei. Es setzt allerdings damit nicht die Nutzungsmöglichkeiten für den heutigen AusbilderIn nach AEVO außer Kraft, ganz im Gegenteil. Das Buch reiht sich ein in die Reihen der Fachbücher, Handreichungen oder Leitfäden und dient zusätzlich der Prüfungsvorbereitung für alle Stufen.

2 HÜRDE - Organisation und Planung betrieblicher Weiterbildung

In allen heutigen Unternehmen sind ständige Investitionen in die Qualifikation der Mitarbeiter notwendig, um mit den sich immer rascher vollziehenden Entwicklungen der Märkte Schritt halten zu können. Ein Jahr in der IT-Branche setzen Experten einem menschlichen Zeitraum von drei Jahren gleich. Es stellt sich deshalb die Frage, wie Weiterbildung in Unternehmen maßgeschneidert und wirtschaftlich organsiert wird. Spezialisierte Bildungs- und Personalentwicklungsabteilungen können sich kleinere Unternehmen oft aus wirtschaftlichen Gründen nicht leisten können, da die Anzahl der zu betreuenden Mitarbeiter einfach zu gering ist. Es reicht schon lange nicht mehr aus, dass Führungskräfte ein Bild von jedem ihrer Arbeitnehmer haben, um seine Möglichkeiten und seinen Grenzen zu kennen. Wozu dient dann ein zusätzliches kostenträchtiges Instrument wie die Weiterbildung, wenn die Unternehmensführung die Mitarbeiter persönlich kennt und weiß, was sie können und was nicht?

Diese Fragen werden zu Recht gestellt. Natürlich ist es möglich, dass leitende Mitarbeiter und Chefs eine erfolgreiche Personalentwicklung betreiben können. Eine Voraussetzung hierfür ist aber, dass Führungskräfte und Unternehmer über ausreichend Fachkompetenz, pädagogische Fähigkeiten und ausreichend Zeit verfügen, um die Qualifikationen der Mitarbeiter zu studieren, zu verbessern und somit neue Potentiale zu schaffen.

Gerade in weniger großen Unternehmen hängt der Erfolg wesentlich von den jeweiligen Mitarbeitern ab und von der Art und Weise, wie sie kooperieren. Neben Fachkenntnissen zählen die Erfahrung, die Motivation der Mitarbeiter und nicht zu unterschätzen das Betriebsklima eine wesentliche Rolle. Wenn diese Erfolgsfaktoren nicht harmonieren, sind Bildungs- und Entwicklungsmaßnahmen zwingend auf die Tagesordnung einer jeden Führungsrunde zu setzen. Die Alternative zur Weiterbildung, nämlich die Einstellung neuer Arbeitskräfte mit den aktuell passenden Qualifikationen, ist aufgrund der demografischen Entwicklung der Bevölkerung noch weniger möglich. Schon allein die erhebende Wirkung, die eine kluge Weiterbildung auf die Motivation und Arbeitseinstellung der Fachkräfte und das Klima der Zusammenarbeit hat, lässt die notwendigen Ausgaben für Weiterbildung der bestehenden Mitarbeiter in einem anderen Licht erscheinen.

2.1 Weiterbildungen als zukünftiges Leitthema

Weiterbildung zählt schon lange nicht mehr zu dem einmalig oder gelegentlich wiederkehrenden Ereignis – seit geraumer Zeit gilt sie wachsend als Bestandteil kontinuierlichen Lernens – gern als Lebenslanges Lernen - bezeichnet. Weiterbildung ist immanenter Bestandteil der Bildungs-, Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik eines Landes. Lebenslanges Lernen ist ein Muss für die berufliche Anpassungsfähigkeit und Weiterentwicklung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Davon hängt zum großen Teil die Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben und Einrichtungen ab. Auch für die Bewältigung des gesellschaftlichen Wandels außerhalb des Arbeits-und Berufslebens gilt Weiterbildung zumindest als nützlich.

Die EU-Mitgliedstaaten forcieren ihre Anstrengungen, um die Rahmenbedingungen für Lebenslanges Lernen stetig zu verbessern. Unsere Bundesregierung schnürte bereits 2001 verschiedene Programme zur Förderung des Lebenslangen Lernens in einem Aktionspaket Lebensbegleitendes Lernen für alle zusammen. Nicht zu vergessen sind die vielfältigsten Initiativen auf Länderebene. Dem nicht nachstehen wollten auch die europäischen Verbände der Gewerkschaften und Arbeitgeber und verabschiedeten im Jahr 2002 eine Vereinbarung für Lebenslanges Lernen, in dem sie eigene Aktivitäten zur Weiterbildung auf betrieblicher Ebene verabschiedeten.

Die zunehmende Bedeutung der Weiterbildung zeigt sich allerdings nicht in den Teilnehmerzahlen, im Gegenteil. Seit Ende der 90er Jahre ist Rückgang zu verzeichnen. Die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung sank zwischen 1997 und 2003 über alle Altersgruppen hinweg von 30 auf 26 Prozent. Insbesondere die über 50-Jährigen sowie Personen ohne Berufsausbildung nehmen deutlich seltener an beruflicher Weiterbildung teil.1 Im europäischen Gesamtmarktvergleich fiel Deutschland weiter zurück. Die zweite Europäische Weiterbildungserhebung »Continuous vocational training survey« (cvts) im Jahre 1999 kam zu dem Ergebnis, dass in den 90er Jahren zwar die Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung gestiegen, Deutschland jedoch vom sechsten auf den elften Platz zurückgefallen war. Während 1993 noch 85 Prozent aller Betriebe in Deutschland ihren Beschäftigten Weiterbildungsmöglichkeiten anboten, waren es 1999 nur noch 75 Prozent. Angesichts dieser Entwicklungen sind Maßnahmen auf vielen betrieblichen Ebenen wichtig, ohne dabei zu vergessen, dass Lebenslanges Lernen nicht allein durch betriebliche Aus- und Weiterbildung sichergestellt werden kann. Allerdings werden in der betrieblichen Weiterbildung alle wesentlichen Weichen gestellt. Die neuen Schienenstränge führen in Richtung Entwicklungschancen für den Beschäftigten wie für das Unternehmen selbst und zusätzlich erhöht sich die Innovationsfähigkeit der Betriebe. In den letzten Jahren kann eine Verschiebung von Schwerpunkten in der betrieblichen Weiterbildung beobachtet werden. Zu den fachlichen Qualifikationen gesellen sich mehr und mehr methodische Kompetenzen und es verstärken sich arbeitsplatznahe Formen der Weiterbildung, wie Learning by doing oder Training on the job etc. Zunehmend spricht man gern vom Modell der vollständigen Handlung. Qualifizierung verliert damit einen Teil seines Formalismus; Lernen und Arbeiten gehen zunehmend ineinander über. Heutige moderne Weiterbildung verlangt nach betrieblichen Änderungen und Reformen als immanenter Bestandteil betrieblicher Organisationsentwicklung; aktuelle gern als Lernende Unternehmen bezeichnet, Unternehmen die sich folglich ständig an neue Bedingungen, Gesellschafts- und Marktveränderungen anpassen, sind auf Lebenslanges Lernen der Werktätigen angewiesen. Wie soll das funktionieren, wenn sich stetig die Wettbewerbsbedingungen verändern, der Kostendruck steigt, die Konkurrenz im Nacken sitzt und wettbewerbsfähige Produkte wichtiger denn je werden? Wo bitte bleiben die Kundenorientierung und ISO-Norm als Qualitätssiegel? Allein daran werden erkennbar wie wichtig veränderte bzw. neue Managementmethoden, innovative Steuerungskonzepte und zunehmend auf breitere Schultern verteilte Kompetenzen sind. Diese Aufgabe zu lösen, verlangt eine wertschätzende Unternehmenskultur. Lernen muss sich wieder lohnen. Dann klappt`s auch mit dem Lebenslangen Lernen.

2.2 Aspekte der betrieblichen Weiterbildung

Seit Jahren verzeichnen wir in Deutschland einen zunehmenden Anteil an betriebsbezogenen Qualifizierungsmaßnahmen am gesamten Weiterbildungsmarkt. Sicherlich steigt auf der einen Seite das Interesse von Betrieben und Beschäftigten an Lebenslangem Lernen an, aber beweist auf der anderen Seite eine steigende Einflussnahme der Betriebe auf Organisation, Inhalte und Gestaltung der betrieblichen Weiterbildung sowie zusätzlich den Rückgang staatlicher Regulierung. Weiterbildung entwickelt sich weiter zu einem Kernbereich der betrieblichen Zukunftsplanung. Dieser Fakt impliziert zunehmend einen Wertewandel mit großer gesellschaftlicher Bedeutung sowie eine Veränderung der Zugangschancen und der beruflichen Verwertbarkeit.

In solchen Erkenntnissen spiegelt sich eine Vorstellung von beruflicher Weiterbildung als flexible und individualisierte Form der Qualifizierung wider, die geeignet sein soll, auf die veränderten Formen und Anforderungen des Arbeitslebens zu reagieren. Solche Modellvorstellungen rufen die folgenden Aspekte der betrieblichen Weiterbildung auf den Plan:

Widmen wir uns nun den einzelnen Aspekten etwas genauer.

2.2.1  ..den Wandelaspekt aus sozialer-ökonomischer Sicht

Die deutschen Bürger werden älter und älter und die Anzahl nimmt bedrohlich ab. Die Alterswaage neigt sich in Richtung älterer Menschen, da sich ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung in Zukunft weiter verstärken wird. Im Jahr 2004 war bereits ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands 60 Jahre und älter – oder in absoluten Zahlen ausgedrückt: 20,5 Millionen Menschen von rund 82 Millionen Menschen zählten 2004 zu dieser Altersgruppe. Vergleicht man diesen Altenanteil mit dem des Jahres 1991, so zeigt sich, dass er um 22,1% angestiegen ist – wohingegen die Anteile der jüngeren Altersgruppen um 6% bzw. der 20- bis unter 60-Jährigen um über gut 5% gesunken sind. Somit lässt sich für Deutschland feststellen, dass sein Bevölkerungszuwachs ausschließlich auf der Zunahme der über 60-jährigen Menschen beruhte. Dagegen sank die Zahl der Kinder und Jugendlichen sowie der Menschen im mittleren Alter um jeweils 3%. Deutlicher gesagt: Unsere Bevölkerung altert und dieser Prozess verstärkt sich weiter.

Vergleiche zwischen den alten und neuen Bundesländern zeigen erhebliche Differenzen innerhalb der Bevölkerungsbilanz in den Jahren seit der deutschen Wiedervereinigung auf. Während das Verhältnis von Geburten und Sterbefällen in den alten Bundesländern bis etwa zum Jahr 2000 nahezu ausgeglichen war und erst seitdem ein leichter Sterbefallüberschuss zu verzeichnen ist, trug der (un)gewollte Pillenknick in Form eines niedrigen Geburtenniveaus in den neuen Ländern schon seit Anfang der 1990er Jahre zum deutlichen Bevölkerungsschwund bei. Die nach der Wende einsetzende deutsche Völkerwanderung von hauptsächlich Ost nach West sorgte schließlich für ein Bevölkerungswachstum in Westdeutschland. In Ostdeutschland verstärkte der bereits existierende Sterbefallüberschuss den eintretenden Bevölkerungsrückgang.

Seit 1980 übertrifft die Sterberate in Deutschland die Anzahl der Geburten. Mittlerweile wird dieses Defizit auf Seite der Geburten nicht mehr durch Zuwanderung ausgeglichen. Die Bevölkerung in Deutschland geht langsam zurück und wird sich in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich beschleunigen. Schon heute leben relativ schwach besetzte Elternjahrgänge in Deutschland. Bleibt die durchschnittliche Kinderzahl je Frau gleich, so nehmen folglich die Geburten weiterhin ab, denn es gibt weniger Menschen im Elternalter im Vergleich zu den siebziger Jahren. Die geburtenstarken Jahrgänge der heute etwa Ende 40-Jährigen werden älter und in ungefähr 20 Jahren eine große Gruppe älterer Menschen ergeben.

Hinzu kommt die steigende Lebenserwartung, die die Zahl der Älteren weiter erhöht. Die von Politikern oft beschworene Zuwanderung aus dem Ausland kann diesen Prozess vielleicht dämpfen, ihn aber nicht verhindern. Gegenwärtig leben in Deutschland gut 82 Millionen Menschen. Bis 2020 dürften es in Abhängigkeit der Zuwanderung im besten Fall 2 Millionen weniger sein. Danach beschleunigt sich die Bevölkerungsabnahme rasant. Nach vorläufigen Berechnungen wird Deutschland 2050 voraussichtlich noch knapp 70 Millionen Einwohner zählen oder 11% weniger als heute.

Für die Weiterbildungsbranche lauten die Botschaften der Demographie-Entwicklung an die Bildungspolitik, dass in den allgemeinbildenden Schulen mehr Schülerinnen und Schüler ein qualitativ höheres und Kompetenzniveaulevel erzielen müssen. Die Bildungschancen von Kindern aus den viel zitierten bildungsfernen Elternhäusern und Familien mit Migrationshintergrund müssen massiv verbessert werden. Deutschland benötigt noch mehr junge Menschen, die mittels solider und höchst kompetenter Berufsausbildung oder Studium auf anspruchsvolle Berufstätigkeiten lebensnah vorbereitet werden. Eine andere Zielgruppe von Menschen muss durch moderne, wissenschaftlich fundierte und vor allem gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen sowie bessere Unterstützung des stetigen beruflichen lebenslangen Weiterlernens auch im gestiegenen Alter zu qualifizierter Beschäftigung motiviert und befähig werden. Eine familienfreundliche Infrastruktur und Arbeitsorganisation schafft Bedingungen, um mehr Frauen mit Kindern bessere Möglichkeiten für qualifizierte Berufstätigkeit zu ermöglichen. Die Bildungs-, Aus- und Weiterbildungs- sowie Erwerbschancen von Zuwanderern und deren Kinder müssen deutlich verbessert werden. Unser Land benötigt mehr Hochqualifizierte. Die Plattform dazu – nämlich ein breit ausgebautes, funktionsfähiges, und arbeitsmarktnahes System der beruflichen Aus- und Weiterbildung besitzen wir, nur schöpfen wir gegenwärtig noch nicht alle Chancen in voller Breite für eine wirksame Höherqualifizierung aus. Deshalb benötigen wir Strukturen, die übergreifend wirken, wo berufliche Bildung gleichwertige und durchlässige Bildungswege ermöglicht. Beides bildet das notwendige Fundament für das lebensbegleitende Lernen unserer Menschen. Weiterhin benötigen wir ein Netzwerk zur Nachqualifizierung geringfügig Ausgebildeter. Hier zählen die berufliche Wiedereingliederung und zusätzlich die Weiterbildung zu den Knotenpunkten eines solchen funktionierenden Netzwerkes. Selbstverständlich verlang dieser Webprozess eine Atmosphäre, die lernfördernd wirkt – Arbeitsbedingungen in den Firmen vorfindet, damit bisher Lernunwillige wieder Lust am Lernen bekommen. Damit wächst der Druck auf die vielen heutigen und zukünftigen Ausbildenden, Ausbilder, Ausbildungsbeauftragten und demnächst existierenden Ausund Weiterbildungspädagogen bzw. Berufspädagogen.

Der beste Weg, ein Fachgebiet zu beherrschen,

ist, darin zu unterrichten.

(Verfasser unbekannt)

2.2.2  ..den Kosten-, Nutzen- und Finanzierungsaspekt

Wie gerade im Punkt Wandelprozess beschrieben, gewinnt das Thema Weiterbildung an zunehmender gesellschaftlicher Bedeutung. Besser qualifizierte Arbeitnehmer bewirken einen besonders positiven Effekt für jedes Unternehmen und darüber hinaus für die Gesellschaft. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung stellte unlängst in einer Erhebung fest, dass lediglich 16% der 25- bis 44-jährigen Beschäftigten überhaupt an einer beruflichen Bildung teilgenommen haben, während es z.B. in den USA jeder Zweite mindestens einen Weiterbildungskurs besucht hat.2

Dass Weiterbildung Kosten verursacht, ist jedem verständlich. Genaue Zahlen hierfür zu benennen, gestaltet sich schwieriger als vermutet, da vielschichtige Probleme bei der Kostenbestimmung auftreten. Sie verhindern schlichtweg eine wünschenswerte Generalisierbarkeit und deshalb postulieren die folgenden Aussagen mehr als sie beweisen. Die Hürden stellen sich deshalb in den Weg, weil zum Einen die Kosten für die berufliche Weiterbildung in vielen Unternehmen einfach nicht erfasst werden. Bestenfalls budgetiert man die Kosten noch. Zum Anderen beweist die Praxis, wenn die Summen beziffert werden, dann mittels vielschichtiger Erhebungswege. Hier geht jeder Betrieb anders vor. Um aber valide Daten zu erzeugen, benötigt irgendwer ein einheitliches System der Bewertung bezüglich der Weiterbildungsmenge und den damit verbundenen Wertangaben. Ein Blick auf das folgende Kostenraster verdeutlicht die Schwierigkeiten zur Konstruktion und Einhaltung einheitlicher Erhebungswege:

Erfassung von Personalkosten

Eine mögliche andere Unterteilung differenziert nach den sogenannten Vollkosten, d.h. alle direkt zurechenbaren Kosten und den Teilkosten, d.h. alle zusätzlich entstandenen Kosten der beruflichen Weiterbildung.

Den Kosten gegenüber stehen die von den weiterbildungswilligen Arbeitnehmern erwirtschafteten Erträge. Sie erwirtschaften sich u.a. aus den ermittelten produktiven Zeiten getrennt nach Fachkräften, Ungelernten und Angelernten; dem Lohn- und Gehaltsniveau im Betrieb sowie einfachen Schätzungen zum Leistungsgrad des weiterbildungswilligen Arbeitnehmers. Damit ergeben sich aus der Differenz der Personalbruttokosten und den erwirtschafteten Erträgen die Nettokosten.

Kostensenkend wirkt sich der Prämiengutschein im Volksmund gern als Bildungsgutschein bezeichnet aus. Die Förderbedingungen stehen fest und das Internet sowie diverse Förderberater geben gern Auskunft darüber, zumal die Teilnahme an einer Beratung zu den Förderbedingungen gehört. Deshalb genügt an dieser Stelle ein kurzer Ausblick auf die Bestimmungen, da Förderungen häufig veränderte Bedingungen gebären und bei Erscheinen des vorliegenden Buches möglicherweise überholt sein könnten.

Den Prämiengutscheins erhält man bei Vorliegen einer ist, Erwerbstätigkeit. Dabei darf eine vorgegebene Einkommensgrenze nicht überschritten werden. Herangezogen und beweisbar mittels eines aktuellen Einkommensteuerbescheides für die Bildungsprämie bleibt ein zu versteuerndes Einkommen von maximal 25.600 Euro bei Alleinstehenden bzw. 51.200 Euro bei gemeinsam Veranlagten unter Berücksichtigung der Kinderfreibeträge, so wie sie im Einkommensteuerbescheid oder in einem vergleichbaren Nachweis belegt werden können. Aufbauend auf den bekannten Regelungen zur Arbeitnehmersparzulage lassen sich Parallelen ganz gut erkennen. Deshalb kann ein Arbeitnehmer aus einem laufenden Vertrag nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz3 Gelder aus dem eigenen förderfähigen Sparvertrag steuer- und förderunschädlich für Bildungszwecke einsetzen.

Möchte ein förderwilliger Arbeitnehmer seine Weiterbildungsmaßnahme in Anspruch nehmen, so erhält er im Rahmen der Bildungsprämie einen Prämiengutschein, der 50% der Weiterbildungskosten begrenzt auf maximal 500 Euro abdeckt. Nach Aussagen einzelner Selbstständiger soll möglicher Weise nach vorliegen ganz konkreter Gründe wie z.B. eine bestätigte arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit die Förderung zusätzlich möglich sein. Diese Aussage bestätigten Seminarteilnehmer persönlich während einiger Interviews. Als Ansprechpartner dienen die örtlichen Agenturen für Arbeit.

Trotz aller angebotenen möglichen Förderungen bleibt lebenslanges Lernen eine stete Investition in die eigene Zukunft. Das Thema Weiterbildung ist deshalb für den Einzelnen, aber auch für Unternehmen und die Volkswirtschaft ein relevantes Thema. Die Finanzierung von Weiterbildungen, zu denen auch Aufbaustudiengänge, Promotionen oder MBA-Programme gehören bedeutet immer zusätzlich ein geteiltes Bild bei der Bereitschaft der Bürger, die Kosten für Weiterbildungen zu übernehmen. Nur über die Weiterentwicklung bestehender Fördermöglichkeiten und der Entwicklung innovativer Finanzierungsinstrumente steigt die Bereitschaft zur Beteiligung an Aus- und Weiterbildung.

Gegenwärtig sieht es allerdings so aus, dass die größten Finanziers von Weiterbildungsmaßnahmen nach wie vor die Arbeitgeber sind. Dabei keimt häufig die Frage nach der steuerlichen und evtl. sozialversicherungsfreien Absetzbarkeit von Aus- und Weiterbildungskosten auf Seiten des Arbeitgebers auf. Grundsätzlich beantwortet sich die Frage immer dann relativ eindeutig, wenn jemand hinterfragt, ob die Kosten für Qualifizierungsmaßnahmen, im betrieblichen Interesse des Unternehmens liegen. Das Bereicherungsverbot eines oder mehrerer Mitarbeiter bitte hier nicht vernachlässigen, da hier sonst von einem steuer- und damit auch sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt auszugehen ist.

Eine mögliche Hilfe in Bezug auf das begründete Vorliegen eines überwiegenden Interesses der Firma an Weiterbildungsmaßnahmen kann eine Orientierung an folgenden Kriterien darstellen:

Die geringsten Zweifel tauchen auf, wenn alle Kriterien in Summe vorliegen. Doch natürlich gilt auch in solchen Fällen, bitte den Steuerberater um Rat fragen. Gern helfen zusätzlich die zuständigen Finanzämter.

Diejenigen Berge, über die man im Leben

am schwersten hinwegkommt, häufen

sich immer aus Sandkörnchen auf.

(Friedrich Hebbel)

2.2.3  ..den Karriere- und Führungsaspekt

Wer heute im Job ein entscheidendes Wort mit sprechen will, muss Wissen über wirtschaftliche Abläufe, Vorgänge, Strukturen und Steher- sowie Nehmerqualitäten mitbringen. Dazu gesellen sich zusätzlich Sprachkenntnisse wie z.B. gutes Englisch und der gekonnte Umgang mit den gängigsten Computerprogrammen. Modifizierte Kurse bieten gern Kurse an, die sich mit speziellen Ländern wie China beschäftigen. Möchte jemand in China ein wirtschaftliches Standbein hineinbekommen, bietet sich ein solcher Kurs selbstverständlich an. Die Weiterbildungsanbieter überschlagen sich mit immer neuen Ideen und Märkten.

Heutzutage spricht fast jeder über Karriere. Wobei das Wort Karriere gern mit einem Über- bzw. Unterton versehen wird. Im Überton versteckt sich ein Anteil Bewunderung, oft zusätzlich Hochachtung. Gemeinhin zeigt sich die Karriereleiter bildlich aufsteigend und bezogen auf die ausgefüllte Stelle als Synonym für Geschäftsführer, Vorstand oder wenigstens Direktor. Dadurch prägt sich ein Sinnbild für Macht, Geld und Einfluss.

Der Unterton im Begriff Karriere prägt die Schattenseite. Besonders die eingeleitete friedliche Wiedervereinigung beider deutscher Staaten präsentierte sich als Plattform für die zunehmende Verbreitung des Begriffs der Ellenbogenfreiheit und bezeichnete damit Zustände beispielgebender Rücksichtslosigkeit im Erklimmen der nächsten Sprossen auf der Leiter nach oben. Der Karrierebegriff erzeugt negativ betrachtet Missgunst oder Verachtung, häufig als Strebertum auf Kosten Anderer bezeichnet.

Dabei visualisiert der Begriff Karriere vorrangig Geschwindigkeit, die in bestimmten Bahnen verläuft. Die Franzosen bezeichnen ihre Rennbahn als carriète. Wir Deutschen bezeichneten in der Vergangenheit die Reiterattacken unserer Kavallerie gewöhnlich als Karriere.

Heute benutzen wir den Karrierebegriff gern aus den Sichtweisen des einzelnen Individuums, der jeweiligen Unternehmen und natürlich bezogen auf die Gesellschaft. Dabei verstehen sich Karrieresprünge nicht nur vertikal, sondern oft ausschließlich oder zusätzlich horizontal. Letzteres beschreiben die Bestsellerautoren Laurence J. Peter & Raymond Hull als Seitliche Arabeske oder heute gern als das Peter-Prinzip verstanden4.

Doch ein Blick zurück zu den einzelnen Sichtweisen heutiger Betrachtung beweist die Diversifikation des Begriffs Karriere. Das einzelne Individuum versteht unter Karriere..

Das jeweilige Unternehmen versteht unter Karriere..

Die jeweilige Gesellschaft versteht unter Karriere..

Damit zeigt sich eigenständig, dass der klassische Begriff Karriere in der heutigen Zeit ausgedient hat. Neue Sichtweisen führen zu veränderten Standpunkten. Riskieren wir einen Blick, quasi als belegbarer Beweis für die veränderten Sichtweisen, auf die aktuellen Untersuchungen des DIHK zum Thema Berufliche Karriere bringt voran.5 Die folgenden Ergebnisse überraschen keinesfalls, weil längst überfällig und bezugnehmend auf die Untersuchungen zu Aufstiegsfortbildungen:

Das sind ausreichend belegbare Zahlen um die hochgradige Wertigkeit der Aus- und Weiterbildung im Verhältnis zur Karriere zu verifizieren.

Neue Formen der Aus- und Weiterbildung erblicken zunehmend die unsere Weiterbildungswelt und keiner sollte sich solchen und ähnlichen Entwicklungen entgegenstellen. Beispielgebend für diese These. Eine dieser neuen Formen nennt sich Sabbatical. Geboren in den USA, wo denn sonst, wenn nicht im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Versehen mit dem sprachlichen Ursprung des Hebräischen, was so viel wie ruhen bedeutet. Das wiederkehrende Sabbatjahr Sabbatical