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Impressum

Titel

Kleine Helfer für die Altenpflege

Ich bin nicht deine Lästerschwester!

111 Tipps zum Umgang mit Konflikten im Altenpflege-Team

Autorin

Stefanie Helsper

Lektorin

Corina Altmann

Titelbildmotive

© alison1414 – Shutterstock.com (Dame);

© Olga Kovalenko (Hintergrund Wand), © annagolant (Button),

© Elaelo (Hand), © KatyaKatya (Muster „Pinselstrich“), © raven (Sprechblase)

– alle stock.adobe.com

Illustrationen im Innenteil

Kapiteldeckblätter © Norbert Höveler

Tipp-Icon © Verlag an der Ruhr

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Verlag an der Ruhr
Mülheim an der Ruhr
www.verlagruhr.de

Urheberrechtlicher Hinweis

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© Verlag an der Ruhr 2021

E-Book ISBN 978-3-8346-4552-4

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Betreuung und Pflege – ein wohlwollender Blick aufs andere Berufsbild

Die Geschichte – back to the roots!

Die Tätigkeiten – back to the rules!

Die Initiativen – So lernen Sie einander kennen!

Die eigene Wahrnehmung schulen – mehr Wertschätzung und gemeinsames Handeln

Der Mensch ist ein soziales Wesen

Wege aus dem Scherbenhaufen

Teamgeist gefragt! – Wie ein Team miteinander funktionieren kann

Was ist überhaupt ein Team?

Potenzialentdeckung

Aktiv ins Konstruktive

Teambesprechung & Co.

Teamübungen – Bereicherung oder Ringelpiez mit Anfassen?

Umgang, Kommunikation und interdisziplinärer Austausch im Team

Schwierige Kolleg*innen

Mobbing adieu

Let’s talk about … – Methodenvariation in der Kommunikation

Konflikte mit Vorgesetzten

Keine schöne Situation

Konstruktive Tipps für den Umgang mit schwierigen Vorgesetzten

Grenzen setzen – aber wie?

Eigene Grenzen wahrnehmen

Wie können Grenzen gesetzt werden?

Streiten will gelernt sein

Work-Life-Balance

Die Kompromissfindung – bitte fair statt faul!

Kompromisse zu zweit finden

Gemeinsam Kompromisse im Team finden

Raus aus dem Hamsterrad – Self Care first!

Achtsamkeit

Stressmanagement & Co.

Zeitmanagement

Übungen für Ihre Self Care

Ein paar Worte zum Schluss

Vorwort

Wo Menschen zusammenkommen, egal ob im Arbeits- oder privaten Kontext, kann es zu Schwierigkeiten, Konflikten oder Streit kommen. Unterschiedliche Individuen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Perspektiven, Werten und Erfahrungen treffen aufeinander. Der Blickwinkel der Menschen ist oft verschieden und der Moment wird anders wahrgenommen.

Jeder Mensch kann nur mit seinen Augen sehen, mit seinen Ohren hören, mit seinen Händen fühlen und diese Informationen mit seinem Gehirn verarbeiten.

In Pflegeeinrichtungen kommen kollegiale Konflikte genauso vor wie in allen anderen beruflichen Teams, egal ob im Lehrerkollegium, in Produktionsteams in der Maschinenhalle oder zwischen den Mitarbeitenden in einer Bankfiliale.

Deshalb seien Sie sich sicher: Es läuft in keiner Einrichtung zwischen allen Kolleg*innen1 rund, es gibt immer eine Stelle, wo Konfliktfaktoren auf der Tagesordnung stehen und die Zahnräder nicht komplett aufeinander abgestimmt sind.

Sobald die Konfliktursache aber nicht bearbeitet wird, krankt das „System Team“ und es können dauerhafte Probleme entstehen. Unter diesen Bedingungen ist es möglich, dass auch die Mitarbeitenden krank werden oder die Arbeitsatmosphäre dauerhaft gestört ist. Dann besteht dringender Handlungsbedarf.

Ich komme mit vielen Altenpflegeeinrichtungen in Kontakt und darf viele Teams kennenlernen, beraten und schulen.

Immer wieder wird mir berichtet, dass es innerhalb einer Einrichtung vor allem Unstimmigkeiten zwischen den Betreuungskräften und den Pflegekräften gibt. In Gesprächen erfahre ich dann, dass die eine Berufsgruppe wenig Verständnis für die andere Berufsgruppe aufbringt.

Möglicherweise sind Sie eine Betreuungskraft und fühlen sich in Ihrer Arbeit von den Pflegekräften belächelt und bei Ihren Tätigkeiten wenig wertgeschätzt. Oder Sie sind eine Pflegekraft und haben das Gefühl, dass Sie die „Drecksarbeit“ leisten, während die Betreuungskräfte mit den Senior*innen lächelnd und tiefenentspannt Spiele spielen.

Das ist jedoch nur ein gängiges Konfliktpotenzial in den Altenpflegeeinrichtungen. Nicht zu vergessen ist der mögliche Konflikt mit den Vorgesetzten. Haben Sie vielleicht eine*n cholerische*n Chef*in, der*die selbst völlig überfordert ist, aus jeder Mücke einen Elefanten macht und die Mitarbeiter*innen kleinhält? Dann dürften Sie sich kontrolliert und wenig wertgeschätzt fühlen. Oder Sie kennen eine*n Vorgesetzte*n, der*die nichts delegieren kann? Die Mitarbeitenden holen dauernd die Kohlen aus dem Feuer und haben keine Unterstützung von der Leitungsebene.

Auch können sich zwischen gleichgestellten Mitarbeiter*innen Konflikte entwickeln, etwa wenn eine Kollegin immer zu spät zum Dienst kommt oder ein Kollege sich deutlich vor den Arbeiten drückt, die unangenehm sind. Fühlen Sie sich von Ihrem Team auch nicht integriert und abgewertet, weil eine Cliquenbildung herrscht oder es einen heimlichen Leithammel gibt? Kennen Sie diese Differenzen auch und möchten ihnen besser begegnen? Dann haben Sie genau das richtige Buch in der Hand. Eins sei vorweggesagt: Alle Berufsgruppen, Hierarchiestufen und Teammitglieder sind ungemein wichtig und können heutzutage nicht mehr ohneeinander in Altenpflegeeinrichtungen arbeiten.

Wie in den letzten Jahren deutlich erkennbar wurde, hat sich die Klientel in den Einrichtungen, egal ob stationär oder ambulant, verändert. Vor ein paar Jahren gab es noch einige „fitte“ Senior*innen mehr, die ihr Leben fast selbstständig führen konnten. Das war für Pflege- und Betreuungskräfte deutlich leichter im Umgang. „Frau Pfleging“ hatte nur wenige schwerstpflegebedürftige Menschen zu pflegen und „Frau Betreuel“ konnte ihre Alltagsbeschäftigungen sehr vielseitig, kreativ und anspruchsvoll gestalten.

Heutzutage bedürfen immer mehr ältere und schwächere Menschen sowie mehr Menschen mit Demenz der Hilfe von Altenpflegeeinrichtungen.

Wenn die Klientel also immer mehr herausforderndes Verhalten zeigt und komplexere Pflege- und Betreuungsleistungen auf der Tagesordnung stehen, sollte das Team mit seinen unterschiedlichen Herangehensweisen und seinem Know-how eigentlich miteinander statt gegeneinander arbeiten. Es wäre doch vorteilhaft, wenn alle an einem Strang ziehen würden – für das Wohl der Senior*innen.

Dieses Buch hat sich die Erörterung und Verbesserung von Konfliktsituationen in Altenpflegeeinrichtungen vorgenommen.

Es möchte Entspannung in dieses Konfliktfeld bringen und beiden Seiten zusprechen, ungemein wichtig zu sein, wenn sie zusammen und nicht gegeneinander arbeiten. Konflikte wird es jedoch weiterhin geben. Wenn plötzlich alles Friede, Freude, Eierkuchen wäre, stimmte etwas gewaltig nicht! Wenn Menschen mit Menschen arbeiten, wird die Begegnung niemals reibungs- und konfliktfrei ablaufen.

Wenn alle Verständnis und Wertschätzung für die anderen anstreben würden, könnte Ruhe in den Pflege-Betreuungs-Konflikt und in andere Konflikte kommen und alle hätten von dieser Win-win-Situation einen Nutzen: alle Pflegekräfte, Betreuungskräfte, Leitungspersonen und ganz besonders die Senior*innen in den Altenpflegeeinrichtungen.

Vergessen Sie nicht: Konflikte sind der Schlüssel zum gemeinsamen Wachstum! Ich wünsche mir, dass dieses Buch alle Mitarbeitenden anregt, gemeinsam zu wachsen und gemeinsam die schönste Arbeit der Welt zu stemmen – zum Wohle der Senior*innen. Denn die Buchstaben des Wortes „TEAM“ stehen nicht für „Toll! Ein*e andere*r macht’s!“, sondern bedeuten „Toller Einsatz aller Mitarbeitenden“!

Ihre Stefanie Helsper

1 Der Verlag an der Ruhr legt großen Wert auf eine geschlechtergerechte und inklusive Sprache. Daher nutzen wir bevorzugt das Gendersternchen, um sowohl männliche und weibliche als auch nichtbinäre Geschlechtsidentitäten einzuschließen. Alternativ verwenden wir neutrale Formulierungen.

BETREUUNG UND PFLEGE
– EIN WOHLWOLLENDER BLICK AUFS ANDERE BERUFSBILD

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Die Geschichte – back to the roots!

Was vermuten Sie? Wie lange schon gibt es das Arbeitsfeld Altenpflege? Schon lange!

Ein Blick in die Geschichte verrät uns, dass die Altenpflege ihre Geburtsstunde zu Anfang des 19. Jahrhunderts hatte. Zuvor gab es zwar schon die Krankenpflege in Hospitälern, doch die ersten Alten- und Pflegeheime wurden erst dank des Roten Kreuzes und vieler fleißiger Ordensschwestern gegründet.

Bis dahin wurden alte Menschen in den Familien gepflegt und die, die keine Familie hatten, lebten in Armenhäusern, die an die Krankenhäuser angeschlossen waren.

Nun weigerten sich die Krankenhäuser, die „alten und siechenden Menschen“ weiter in den Armenhäusern aufzunehmen, weshalb die Gesellschaft neue Unterbringungsformen für sie benötigte. So entstanden die ersten Altenpflegeeinrichtungen, in denen die alten Menschen jedoch weiterhin vor sich hin „siechten“ und auf ihren Tod warteten.

Die Altenpflegeeinrichtungen, wie wir sie heute kennen, mit dem Berufsbild der Altenpfleger*innen, das im Laufe der Zeit immer spezialisierter und professioneller wurde, entwickelte sich erst ab den 1960er-Jahren.

Und nun aber: Wie lange gibt es das Arbeitsfeld der Betreuungskräfte? Noch nicht so sehr lange!

Anfang der 2000er-Jahre machten sich schlaue Menschen Gedanken über den demografischen Wandel und entdeckten Handlungsbedarf. Sie stellten fest, dass es in Zukunft immer mehr Senior*innen geben wird, da die Menschheit immer älter wird. So wurde im Jahr 2008 das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz verabschiedet, das die Pflegeversicherung noch besser auf die Bedarfe der pflegebedürftigen Menschen und von deren Angehörigen ausrichtet. Dort sind die Betreuungsleistungen für Menschen mit Demenz niedergeschrieben, die von den gesetzlichen Pflegeversicherungen finanziert werden. Diese beziehen sich hauptsächlich auf die Entlastung, Unterstützung und Unterhaltung von Menschen mit Demenz zu Hause und in Pflegeeinrichtungen. So entstand das Berufsbild der zusätzlichen Betreuungskräfte nach § 87b.

2017 wurde eine Neuregelung des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes und des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes verabschiedet. Der GKV-Spitzenverband hat seine Richtlinien an die neuen §§ 43b und 53c SGB XI angepasst.

Die Gegenüberstellung der beiden Berufsbilder zeigt auf, dass sich deren geschichtliche Entwicklung stark unterscheidet.

Zuerst gab es die Altenpflege, die Betreuungskräfte zogen erst viel später nach. Somit arbeitet die professionelle Altenpflege wahrscheinlich schon 40–50 Jahre länger „an der Front“.

Die Tätigkeiten – back to the rules!

Lassen Sie uns einmal einen Blick auf die Zeit werfen, als es noch keine zusätzlichen Betreuungsleistungen, also noch keinen Einsatz von Betreuungskräften in der Altenpflege gab. Wie definierte sich die berufliche Betätigung der Pflegekräfte?

Klar, Pflegeleistungen wurden getätigt, die Versorgung der Grundbedürfnisse, wie Essen und Trinken, wurde gewährleistet, Gespräche wurden geführt. Hinzu kam aber auch die Tagesstrukturierung und -aktivierung. Spaziergänge standen auf der Tagesordnung oder mithilfe der älteren Menschen wurde Wäsche gefaltet, manchmal wurde auch gebastelt.

D. h., unsere Frau Pfleging hat den Job von Frau Betreuel zusätzlich ausgeführt. Ich habe noch den Satz einer erfahrenen Altenpflegerin im Ohr: „Die Betreuung hat uns die schöne Arbeit weggenommen.“

An die Pflegeleistungen der Pflegekräfte wird heute ein hoher Anspruch gestellt. Die Leistungen sind durch Pflegeforschung und Expertenstandards professionalisiert. Die Dokumentation frisst Zeit und Nerven. Hinzu kommt der Pflegenotstand aufgrund des Pflegekräftemangels. Da sind Frust sowie körperliche und seelische Belastungen häufig hoch.

Die allgemeine Ausrichtung oder Handlungsweise der Pflege ist heutzutage ergebnisorientiert und durch die Umsetzung moderner Pflegekonzepte komplex. Durch die minimalistische zeitliche Begrenzung der Pflegeleistungen ist schnelles Handeln gefragt. Hinzu kommt, dass Pflegekräfte unter harten körperlichen Bedingungen arbeiten müssen. Bei Senior*innen, die 130 kg wiegen, entlastet das Wissen über Kinästhetik bei der Lagerung oder dem Transfer auch nur bedingt den Rücken. Durch die Beschreibung werden drei Aspekte deutlich:

1)Die Pflegekräfte leisten körperlich, seelisch und kognitiv komplexe und belastende Arbeit.

2)Die Pflegeeinrichtungen sind aufgrund des Pflegekraftmangels unterbesetzt, die Mitarbeitenden müssen mehr leisten, da zu viel Arbeit auf zu wenigen Schultern getragen wird.

3)Die „schönen und entspannten“, körperlich nicht so belastenden Arbeiten sind aufgrund der eingesetzten Betreuungskräfte weggefallen.

imageDie Ausrichtung der Arbeit ist eher ergebnisorientiert und soll schnell getätigt werden.

Im Vergleich betrachten wir nun die Anforderungen an eine Betreuungskraft.

Betreuungskräfte sind verantwortlich für die Tagesstrukturierung. Sie gliedern den Tag der älteren Menschen durch Gruppen- und Einzelangebote sowie Aktivitäten. Die Inhalte dieser Angebote und Aktivierungen sind:

imagekreative und handwerkliche Tätigkeiten

imagehauswirtschaftliche Tätigkeiten

imageBewegungsangebote

imageGedächtnistraining

imageSpielrunden

imageSingen und Musizieren

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