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H. K. Anger

Odenwaldglut

Kriminalroman

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Zum Buch

Mit Humor und Apfelwein Die Juristin Charlie Knapp hat in Hamburg alles hinter sich gelassen. Mit dem, was in ihr kleines Wohnmobil passt, kehrt sie in ihre Heimat, den hessischen Odenwald zurück. Dort kommt sie bei ihrem Schulfreund Reiner Haase und dessen Patchworkfamilie auf dem Atzeldoalhof unter. Um Charlie aufzumuntern, schlägt Reiner den Besuch eines traditionellen Lärmfeuers vor. Im Feuer entdeckt sie prompt eine Leiche und muss sich im Anschluss um den Dackel des Toten kümmern. Für Charlie Grund genug, um auf eigene Faust Ermittlungen anzustellen. Dann überschlagen sich die Ereignisse: Ein zweites Opfer ist zu beklagen, bei einem Campingausflug wird ein Brandanschlag auf Charlies Wohnmobil verübt und der Apfelwein einer Odenwälder Kelterei wird vergiftet. Kriminalhauptkommissar Gunter Haase und sein Team vom K 11 in Heppenheim tun sich mit den Ermittlungen schwer. Beim Keltereifest zum Odenwälder Apfelherbst stößt Charlie auf eine brandheiße Spur. Ihre Impulsivität muss Charlie jedoch büßen. Im herbstlichen Odenwald lodern erneut die Flammen und Charlie gerät in tödliche Gefahr.

H. K. Anger wurde im Ruhrgebiet geboren und ist nach Lebensstationen in Bielefeld, Freiburg und Leipzig in einem Odenwälder Dorf heimisch geworden. Die studierte Pädagogin hat in der Erwachsenenbildung gearbeitet, bevor sie 2006 aus Liebe zum Kochen mit dem Kochbuchschreiben begann. In ihrer Freizeit erkundet H. K. Anger in Begleitung ihres Mannes und ihrer Hunde mit dem Wohnmobil Ziele in nah und fern. Ihre Liebe zum Odenwald bringt die Autorin in ihrem ersten Regionalkrimi zum Ausdruck, in dem sie die idyllische Mittelgebirgslandschaft und die Menschen, die ihre Herzen auf dem rechten Fleck tragen, spannend in Szene setzt.

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Alle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2019

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von: © Michael Tewes / stock.adobe.com

Druck: CPI books GmbH, Leck

Printed in Germany

ISBN 978-3-8392-6054-8

Haftungsausschluss

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Prolog – Sommer 1992

»Komm! Komm schon, Papa!«, riefen die beiden blonden Mädchen in den identischen rot-getupften Bikinis.

Ein in allen Regenbogenfarben schillernder, prall aufgeblasener Strandball landete auf der sich leicht in der Sommerbrise kräuselnden Wasseroberfläche. Wassertropfen spritzten auf, die das Sonnenlicht wie Diamanten funkeln ließen. Das ältere der Mädchen nahm Anlauf und sprang mit einem eleganten Kopfsprung in das durch die Wand- und Bodenfliesen azurblau schimmernde Wasser des Pools.

»Papa!«, wiederholte das jüngere Mädchen und zog einen Schmollmund.

Er stand vom Schreibtisch, den er sich in der Ecke des Wohnzimmers eingerichtet hatte, auf und schritt durch die Terrassentür nach draußen.

Das blonde Mädchen schoss auf ihn zu, sprang an ihm hoch und verschränkte Beine und Arme wie ein Äffchen hinter seinem Rücken. Er schloss seine Tochter fest in die Arme und vergrub seine Nase in ihrem seidigen Haar. Es roch nach kindlicher Unschuld, Apfelshampoo und Chlor. Dann löste er die Umarmung und das Mädchen rutschte auf die Füße.

»Du hast versprochen, mir das Tauchen beizubringen!«

»Papa muss noch arbeiten«, sagte er und strich seiner Tochter eine der von der Sonne weißblond gebleichten Strähnen hinter das Ohr. Seine Jasmin sah in diesem heißen, nicht enden wollenden Sommer wie eine kleine Schwedin aus. Er hatte sie nie so glücklich und ausgelassen wie in diesen Sommerferien gesehen. Die sie, vor allem wegen der Angst vor den Folgen der blutigen Auseinandersetzungen in Jugoslawien, ausnahmsweise nicht im Geburtsort seiner Frau, sondern zu Hause verbrachten.

All dies belastete seine beiden Mädchen nicht. Denn was für ein Zuhause hatte er ihnen mit dem Geld, von dessen Existenz lediglich er und zwei andere wussten, geschaffen! Der Blick seiner grauen, müden und in den letzten Wochen besorgt dreinblickenden Augen streifte über den Pool, der in eine makellos gepflegte und dank der Wassersprinkler sattgrüne Rasenfläche eingebettet war. Eine zwischen die beiden Kirschbäume gespannte Makramee-Hängematte lud zum Träumen ein. Im hinteren Teil des Gartens fiel die Rasenfläche zu einem sich durch die liebliche Odenwälder Landschaft windenden Bächlein hinab. Dahinter grasten braun-weiß gefleckte Kühe auf saftigen Wiesen, bis das Gelände zum Höhenzug der Tromm anstieg und Fichten, Kiefern, Buchen sowie Eichen die grünen Hügel bewaldeten.

Die Entscheidung, die laute, dreckige und giftige Chemiewolken ausdünstende Stadt hinter sich zu lassen, hatte er noch keinen Augenblick bereut. Er war dankbar, dass der unverhoffte Nebenerwerb, der sich für ihn und seinen Partner aufgetan hatte, seiner Familie ein Leben im Paradies ermöglichte. Dass er anderen damit ihr Leben in genau diesem Paradies zur Hölle machte, daran wollte er nicht denken. Er würde den Goldesel, den er durch Zufall aufgetan hatte und der durch das Nichtstun der verantwortlichen Stellen groß und stark geworden war, weiter hegen und pflegen. Damit dieser nicht aufhörte, vorne und hinten seine Golddukaten auszuspeien. Er konnte sich kein Mitgefühl leisten, musste zuerst an sich und seine Familie denken.

Lächelnd wandte er sich seiner jüngsten Tochter zu: »Ich komme, wenn ich die Rechnungen fertig geschrieben habe.«

»Meinetwegen«, erwiderte das Mädchen und hüpfte zu der tomatenroten Plastikliege am Poolrand, auf dem der brandneue Grundig Radiorekorder lag.

»Nothin’ lasts forever, even cold November rain«, trällerte Axl Rose von Guns N’Roses, der in diesen Ferien erklärten Lieblingsband seiner Töchter, in die Hitze des Spätsommertages.

Nachdenklich, mit gebeugten Schultern kehrte er zu seinem Schreibtisch und dem darauf wartenden Papierkram zurück. Nothin’ lasts forever, nichts ist für die Ewigkeit. War das etwa ein Zeichen, eine Warnung?

Nein, dachte er und schüttelte energisch den Kopf. Sie hatten alles getan, damit niemand ihnen auf die Schliche kam. Es gab nichts, was ihnen Sorgen bereiten müsste. Die Ängste, die ihn manchmal heimsuchten, waren grundlos.

1. Kapitel

Im ersten Augenblick wusste Charlotte Knapp, die alle seit ihrer Kindheit Charlie nannten, nicht, wo sie sich befand. Die munter schallenden Trompetentöne gehörten nicht zu ihrem Alltag.

Charlie blies sich eine rotblonde Haarsträhne, die ihre Nasenspitze kitzelte, aus dem Gesicht und richtete sich im Bett auf. Sie hatte am Vorabend wieder ewig gebraucht, um einzuschlafen, weil die knapp zehn Zentimeter lange Narbe am linken Oberarm schmerzte. In der Reha hatte man sie gewarnt, dass sie die Narbe täglich dehnen und massieren müsste. Die letzten Tage waren zu hektisch gewesen, als dass Charlie den Ratschlag hätte beherzigen können.

Der Klang der Trompete erstarb und Charlie begriff endlich, woher die musikalische Untermalung stammte. Sie schlug die Bettdecke zur Seite und ging zum Fenster des Gästezimmers ihrer besten Freundin und ging zum Fenster, von wo aus sie einen Blick auf den gut 130 Meter hohen Turm des Hamburger Michels hatte. Der Michel-Türmer hatte gerade vom Türmerboden auf dem siebten Boden des Turms seinen morgendlichen Choral, den er in alle vier Himmelsrichtungen blies, beendet. Charlies Blick fiel auf ihr Handy. Fünf nach zehn! Die Zimmertür knarzte klagend, als sie über die Schwelle trat und in die Küche eilte.

»Warum, um Himmels willen, hast du mich nicht geweckt?« Der Vorwurf in Charlies Stimme war nicht zu überhören.

Frieda Olsen drückte hastig ihre Zigarette auf der Untertasse ihrer Teetasse aus. »Ich habe dich gestern Nacht lange herumrumoren hören. Da habe ich mir gedacht, dass du gut noch eine Mütze Schlaf gebrauchen könntest.«

Charlie ließ sich auf den zweiten Küchenstuhl plumpsen. »Ich muss diese blöden Ängste langsam wirklich in den Griff bekommen.«

Frieda Olsen stand auf, holte eine Tasse aus dem Küchenoberschrank und goss von der dunkelgoldenen Flüssigkeit ein. Wortlos schob sie die Dose mit dem braunen Krustenkandis zur Freundin hinüber. Charlie bediente sich und rührte gedankenverloren in ihrer Tasse.

»Der Ortswechsel ist genau das, was ich jetzt brauche«, meinte sie.

»Warum muss es ausgerechnet der Odenwald sein?« Auf Friedas zarten Gesichtszügen spiegelte sich eine Mischung aus Kummer und Tadel.

»Weil es meine Heimat ist«, erwiderte Charlie und fügte mit einem Grinsen hinzu: »Im Herzen bin ich noch immer ein Ourewäller Mädsche.«

Frieda schüttelte den Kopf, sodass die weizenblonden Locken um ihr herzförmiges Gesicht tanzten. »›Mädsche‹ ist ein bisschen zu optimistisch ausgedrückt«, schnaubte sie.

»Ich habe die 40 noch vor mir«, erwiderte Charlie mit Würde.

»Meine paar Monate Vorsprung musst du mir nicht dauernd unter die Nase reiben«, gab Frieda spitz zurück. Dann eilte sie zur Freundin und schloss sie seufzend in die Arme.

»Ach, Charlie! Der Odenwald ist so weit weg von Hamburg.«

Charlie drückte die Freundin fest an sich. »Nur gut 550 Kilometer«, erwiderte sie mit belegter Stimme. »Die schaffst du mit deinem flotten Flitzer in gut sechs Stunden. Mit meinem alten Camper bin ich dagegen fast einen ganzen Tag unterwegs.«

Frieda löste sich aus der Umarmung und schaute Charlie fragend an. »Bleibt es dabei? Willst du wirklich noch losfahren?«

Charlie rieb sich mit der rechten Hand die unter dem Schlafanzug verborgene Narbe. »Es noch länger hinauszuschieben, macht die Sache nicht einfacher.«

»Bitte, bitte! Lass uns heute noch einen richtigen Mädchenabend machen«, bettelte Frieda. »So wie früher. Wir bestellen uns eine Pizza …«

»Mit Oliven, aber ohne Artischocken«, warf Charlie grinsend ein.

»Und dann schauen wir uns noch mal ›Schlaflos in Seattle‹ an.« Frieda strahlte.

Charlie war anzusehen, dass sie mit sich rang. Dann ließ sie die Hand sinken und straffte die Schultern. »Du kannst mich zu Pfingsten im Odenwald besuchen. Dann holen wir unseren Mädchenabend nach. Versprochen.«

Das Lachen wich aus Friedas Augen. Sie wusste, wann sie sich geschlagen geben musste. Charlie hatte so einen verdammten Dickkopf. Dem kaum eine Wand standhielt. Wenn Charlie sich etwas vornahm, dann setzte sie es in die Tat um. Koste es, was es wolle.

»Soll ich dir eine Kanne frischen Tee für unterwegs aufbrühen?« Frieda bemühte sich, das Zittern ihrer Stimme auf ein Mindestmaß zu begrenzen.

»Das wäre lieb.« Charlie hauchte der Freundin einen Kuss auf die Wange. »Ich spring schnell unter die Dusche.«

20 Minuten später tastete sich der rote Ford Ranger Pick-up mit der weißen Aufsatzkabine aus der engen Parklücke. Charlie drückte zum Abschied dreimal kurz auf die Hupe, dann bog sie in die nächste Querstraße ein. Ihr Brustkorb krampfte sich schmerzhaft zusammen. Der Tränenschleier vor den Augen machte das Manövrieren in der beidseitig mit parkenden Autos vollgestopften Straße knifflig. Charlie fuhr sich mit dem rechten Unterarm über die Augen und schniefte. Dann hatte sie sich wieder im Griff. Auch wenn ihr Herz schmerzte und der Abschied von Hamburg ihr schwerer fiel, als sie nach außen zugeben wollte, war sie sich sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Vorsichtig manövrierte sie ihren Camper durch die Straßen der Großstadt und fädelte sich auf der A7 zwischen einen Lastwagen aus Polen und einen Reisebus aus Schleswig-Holstein ein. Dort positionierte sie den Tempomat auf 80 Stundenkilometer und achtete darauf, zu ihrem Vordermann genügend Abstand zu halten. In dem rot-weißen Camper befand sich alles, was sie noch besaß.

Reiner Haase gab der letzten braun-weiß gefleckten Kuh, die das Melkkarussell verließ, einen zärtlichen Klaps auf die Kruppe und schnappte sich den Schlauch des Hochdruckreinigers. In knapp 20 Minuten waren das von den Kühen eingekotete Karussell und der Innenraum mit den technischen Apparaten wieder blitzblank und hygienisch. Als Reiner Haase sich im angrenzenden Umkleideraum aus dem wasserdichten Overall und den Gummischuhen schälte, kam seine Mutter, Gertie Haase, durch die Tür.

»Frieschdick iss ferddisch«, verkündete sie und reichte ihrem Sohn, der sich die Arme bis zum Ellbogen eingeseift und abgespült hatte, ein Handtuch.

»Ist Emelie aus ihrem Zimmer aufgetaucht?«, wollte Reiner wissen und hängte das Handtuch an den Metallhaken.

»Noch nedd goanz«, musste seine Mutter zugeben. »Äwwer isch häbb geheerd, dess de Dosch owwe im Bad geloafe hodd.«

»Dann besteht zumindest Hoffnung.« Reiner Haase legte seinen Arm um die schmalen Schultern seiner Mutter. Trotz ihrer grauen Naturlocken, die sie knapp schulterlang trug und mit zwei Spangen aus dem Gesicht hielt, hatte sie etwas Mädchenhaftes an sich. Ihre kornblumenblauen, von feinen Fältchen wie Sonnenstrahlen eingerahmten Augen strahlten vor Energie und Optimismus. Dabei war sie früh Witwe geworden und hatte den Hof von einem Tag auf den anderen übernehmen müssen. Ihre Söhne, Gunter und Reiner, waren ihr eine große Stütze gewesen, doch sie steckten beide beim Tod ihres Vaters mitten in der Ausbildung. Gunter studierte an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung in Wiesbaden und Reiner wollte nach dem Studium der Agrarwissenschaften in Gießen seinem Vater zur Seite stehen. Jetzt lag die ganze Last der Verantwortung für den malerisch in ein kleines Seitental des Trommer Höhenzuges gebetteten Atzeldoalhof auf seinen Schultern. Reiner Haase wandte sich mit breitem Grinsen an seine Mutter:

»Bereit für den morgendlichen Wahnsinn?«

Gertie Haase nickte. »Alla guud! Isch bin do mol neigierisch, woas dess Buberdier heid fer uns barad hodd.«

In der großen Wohnküche goss sich Theo Sauer eine Tasse von dem Kaffee ein, den Gertie vor ihrem Gang in den Stall aufgesetzt hatte, und breitete die Odenwälder Zeitung auf dem Küchentisch aus. Er hatte gerade die Seite mit den aktuellen Todesanzeigen aufgeschlagen, als er ein Poltern auf der Treppe zum ersten Obergeschoss vernahm und die Tür aus geöltem Kiefernholz so heftig aufgerissen wurde, dass sie gegen die weiß verputzte Wand donnerte.

»Warum hat mich niemand geweckt?« Emelies haselnussbraune Augen funkelten wütend.

»Weil du uns mindestens hundertmal erklärt hast, dass du nicht mehr von uns geweckt werden willst«, antwortete Theo Sauer ungerührt. Mit Erleichterung stellte er fest, dass niemand, den er kannte, heute im Überwald zu Grabe getragen wurde. So konnte er sich in aller Ruhe dem Lokalteil widmen. Als er nach seiner Kaffeetasse griff, musste er feststellen, dass diese in Emelies Hand gelandet war. Emelie öffnete den Kühlschrank und zog den Tetrapak mit der Hafermilch aus dem Flaschenfach der Kühlschranktür. Theo Sauer seufzte, erhob sich mit steifen Beinen, holte eine frische Tasse aus dem Schrank und goss sich noch mal vom Kaffee nach. Dann schnitt er sich ein Stück von dem Odenwälder Frühstückskäse ab, der knapp 15 Kilometer nordöstlich in einer kleinen Käserei im Mossautal produziert worden war.

Emelie verdrehte genervt die Augen. »Mann, wie oft habe ich dir erklärt, …?«

»… dass ich wegen des bösen, bösen Cholesterins mit einem Bein im Grab stehe«, vervollständigte Theo Sauer kauend den Satz.

Emelie war seit den letzten Sommerferien bekennende Veganerin und ließ keine Gelegenheit aus, ihr Umfeld mit gut gemeinten Ratschlägen zu traktieren. Theo sorgte sich jedoch mehr um seinen Rücken als um Cholesterin, Laktose, gesättigte Fettsäuren und was Emelie sonst noch verteufelte. Immer wenn ein Wetterwechsel nahte, zwickte ihn sein Ischias. Vielleicht, dachte Theo und rieb sich die schmerzende Rückenpartie, sollte ich es mir überlegen und zu Suzanne nach Florida ziehen. Seine Tochter hatte vor acht Jahren, von einem Tag auf den anderen, Weinheim und die Bergstraße verlassen, um einen gut dotierten Job als Hotelmanagerin in Miami anzunehmen. Diese für Suzanne untypische Knall-auf-Fall-Entscheidung hatte Theo gewaltig zugesetzt. Ihn dazu gezwungen, seine eigenen Zukunftspläne zu revidieren. Bis dahin war er fest davon ausgegangen, dass Gunter Haase sein Schwiegersohn werden und Suzanne das Familienrestaurant auf dem Weinheimer Marktplatz übernehmen würde. Doch Suzanne hatte sich für Florida entschieden. Schweren Herzens musste Theo das Restaurant, das bereits sein Großvater geführt hatte, verkaufen. Statt Pfälzer Saumagen, Odenwälder Kartoffelsuppe, Kochkäse-Schnitzel mit Bratkartoffeln sowie hausgemachtem Schobbekäs’ auf rustikalem Sauerteigbrot servierte man dort inzwischen Pizza und Pasta. Theo spürte, wie ein bitterer Geschmack sich auf seiner Zunge breitmachte. Er spülte die Erinnerung mit einem Schluck Kaffee hinunter. Es gab keinen Grund, sich zu beklagen. Schließlich war er nicht in einer dieser Menschenverwahranstalten, die man auf Neudeutsch Seniorenresidenzen nannte, sondern bei Gertie und Reiner auf dem Atzeldoalhof gelandet. Hätte schlimmer kommen können, Alter, wies er sich zurecht. Viel schlimmer.

»Sollte gestern nicht diese Dingsda, diese Bekannte von Paps kommen?«, unterbrach Emelie Theos Gedanken, während sie ihre Kaffeetasse bis zum Rand mit Hafermilch auffüllte. Weil die Flüssigkeit bei der kleinsten Bewegung überzuschwappen drohte, spitzte sie die Lippen und nahm schlürfend ein paar kleine Schlucke.

»Ist wohl was dazwischengekommen«, brummte Theo und widmete sich wieder der Zeitung.

»Wem is woas dozwischekumme?«, wollte Gertie wissen, die ihre dicke graue Strickjacke über die Stuhllehne hängte und ebenfalls nach der Kaffeekanne griff.

Emelie wischte sich den Kaffee-Hafermilch-Bart mit dem Unterarm ihrer lila Tunika, die sich wunderbar mit ihrem durch Henna karottenrot gefärbtem Haar biss, von der Oberlippe. »Na, diese Anwalts-Schickimicki aus Hamburg.«

Reiner Haase ließ sich müde auf einen der mit Korbgeflecht bezogenen Küchenstühle fallen. »Das ist keine Schickimicki, sondern meine Schulfreundin Charlie.«

Emelie zog die hellbraunen, zu zwei dünnen Strichen gezupften Augenbrauen in die Höhe. »Du und eine Freundin? In der Schule? Hätte ich dir gar nicht zugetraut. Krass!«

»Ist aber so«, erwiderte Reiner ungerührt, während er sich ein Brötchen aufschnitt und die untere Hälfte üppig mit Butter und hausgemachter Brombeermarmelade bestrich.

»Das ist mit Sicherheit so eine Superpeinliche. So mit dunkelgrauem Kostüm, Hochsteckfrisur und intellektueller Hornbrille. Die den ganzen Tag auf Pfennigabsätzen herumtackert und aus Prinzip alles besser weiß.« Emelie kam gerade richtig in Fahrt. Mürrisch schüttelte sie die ihr weit über die Schultern reichenden karottenroten Rastalocken, wodurch die vielen kleinen Dreadlockperlen und -ringe wie Kastagnetten klapperten.

»Du guggschd zu veel Fernseen«, erwiderte Gertie kopfschüttelnd.

»Hast du deine Matheaufgaben gemacht?«, versuchte Reiner das Thema zu wechseln.

»Nicht alle, aber ziemlich viele.« Emelie schnappte sich ein Mohnbrötchen und biss herzhaft hinein. »Den Rest mache ich mit Luka im Bus. Alles easy.«

Reiner seufzte. Theo verkniff sich ein Schmunzeln. Hinter Emelies heftig pubertierender Schale steckte ein patenter Kern. Sowie ein flinkes Hirn. Die Kleine würde ihren Weg im Leben machen, da war Theo sich ganz sicher.

Gertie Haase sprang auf, um nochmals Kaffee aufzusetzen. »Ehrlisch gsoad, koann isch misch gar nedd mehr sou rischdisch an de Scharlodde endsinne«, meinte sie nachdenklich.

»War sie mit dir auf deinem Zimmer? Ich meine, so ganz allein, wenn Oma im Stall oder mal weg war?« Emelie schaute ihren Vater interessiert an.

»Charlie war meine Freundin«, erwiderte Reiner mit Würde.

»Eben!«, konterte Emelie.

»Freundin im Sinne von bester Kumpel. So einer, mit dem man Pferde stehlen kann«, fühlte Reiner sich bemüßigt zu präzisieren.

»Äwe fällt’s mer wedder ein!« Gertie ließ den Löffel, mit dem sie Kaffeepulver in den Filter hatte geben wollen, sinken. »Hodd dir de Scharlodde nedd korz vor dem Abitur noch Nachhilfeschdunde gäwwe? In Maddematik unn Fysik?«

Reiners Ohrspitzen nahmen beinahe die gleiche Färbung wie die Rastalocken seiner Tochter an.

»Ich hab ihr dafür beigebracht, wie man bei ihrem Huddl die Zündkerzen wechselt und einen Ölwechsel macht«, versuchte er sich zu rechtfertigen.

»Olieweleid, woas fer enn Sauerei hoschde do gemoachd!« Bei der Erinnerung an die ölverschmierten T-Shirts und Hosen ihres jüngsten Sprösslings verzog Gertie Haase den Mund zu einer Grimasse.

»Hör auf zu knoddern, Modder!« Reiner legte seine rechte Hand kurz auf den Unterarm seiner Mutter.

»Du Simbel!«, neckte Gertie Haase ihren Sohn liebevoll. Sie wusste natürlich, dass er alles andere als ein Blödmann war. Das bewies er jeden Tag aufs Neue bei der Führung des Atzeldoalhofes.

Emelie verdrehte erneut die Augen zur weiß verputzten Küchendecke. »Manno! Merkt ihr nicht, wie peinlich ihr seid?«

»Musst du nicht zum Bus?« Reiner Haase schaute demonstrativ auf die über der Anrichte hängende Uhr.

»Uff jedz, alla hopp!«, drängte Gertie ihre Enkelin.

Emelie schnappte sich ihren mit einem großen gelben V bemalten Rucksack und spurtete los.

Als sie ihren Rucksack vor der Haustür schulterte, bog ein roter Pick-up mit weißer Aufsatzkabine in die Hofeinfahrt ein.

»Paps!«, schrie Emelie. Der Schulbus war fürs Erste vergessen.

Als Charlie endlich die mit Titanzink eingedeckten Dächer der Stallungen von der schmalen Straße, die kaum Begegnungsverkehr zuließ, ausmachen konnte, atmete sie erleichtert auf.

Weil sie nach 15-jähriger Abwesenheit nicht mehr sicher gewesen war, den Atzeldoalhof ohne Hilfe auf Anhieb zu finden, hatte sie sich auf ihr Navi verlassen. Das hatte sie prompt auf den kürzesten, aber auch abenteuerlichsten Weg geleitet. Von der Autobahn hatte das Navi Charlie zuerst über die schmalen, sich an die grünen Hügel der Juhöhe schmiegenden Windungen geführt, ihr bei der Auffahrt auf die Kreidacher Höhe einen Blick auf die neu entstandene Sommerrodelbahn gegönnt, um sie dann kurz vor der Polizeistation in Wald-Michelbach links auf eine schmale Straße zu führen, wo sie wegen des morgendlichen Gegenverkehrs gleich zweimal die Ausweichbuchten hatte aufsuchen müssen. Nachdem Charlie ihren Camper durch eine kleine, landwirtschaftlich geprägte Ortschaft gelenkt hatte, landete sie auf einer noch schmaleren Straße, die sich zwischen Wiesen und Feldern durchschlängelte. Der durch die Regenfälle der vergangenen Tage angeschwollene Kocherbach plätscherte munter an der gleichnamigen Ortschaft entlang, wo Charlie aufgrund der eng stehenden Häuser Sorge hatte, mit der Aufsatzkabine ihres Campers an einer Dachrinne oder einem Mauervorsprung anzuecken. Als ihr dann noch ein froschgrünes Monster von Traktor entgegenkam, wurden Charlies Hände, die das Lenkrad umklammerten, feucht. Der Traktorfahrer hatte ein Einsehen mit ihr, bugsierte sein riesiges Gefährt mit einer Leichtigkeit, um die Charlie ihn beneidete, in eine Einfahrt und ließ sie passieren. An der nächsten Straßengabelung bog Charlie rechts ab und stellte mit Erleichterung fest, dass ihr Ziel nur wenige Meter vor ihr lag.

Während sie den Camper im Schritttempo die hufeisenförmige Hofeinfahrt hochlenkte, musste sie feststellen, dass sie kaum etwas wiedererkannte. Der alte, mit blassroten Ziegeln eingedeckte Stall war zwei hochmodernen Stallungen sowie mehreren Fahrsilos gewichen. Dort, wo früher die Hühner auf dem stattlichen Misthaufen gekratzt hatten, stand jetzt ein mit rauen Holzbohlen eingefasster Round-Pen für die Pensionspferde. Nur am Wohnhaus hatte sich, wie Charlie mit Erleichterung feststellte, nicht viel verändert. Auf den weiß verputzten Fensternischen standen Blumenkästen mit bunten Primeln. Unter dem weit vorgezogenen Vordach stand die alte gusseiserne Bank, auf der Reiner und sie unzählige Stunden gesessen und Zukunftspläne geschmiedet hatten. Nur eine Handvoll davon war in Erfüllung gegangen. Charlie seufzte.

Dann ging plötzlich alles ganz schnell. Durch die Haustür quoll eine kleine, dicht gedrängte Traube von Menschen. Ein Kopf mit karottenroten Rastalocken tauchte vor Charlies Seitenfenster auf und ließ eine Kaugummiblase platzen. Die Fahrertür wurde aufgerissen und Reiner, ihr Reiner und bester Kumpel, steckte den Kopf in den Fahrerraum.

»Liewer Himmel, wo hast du bloß gesteckt? Ich hab schon gedenkt, ich müsste loslaafe und dich suche!«

Charlie zuckte kurz zurück. »Hast du meine WhatsApp nicht gelesen? Die Autobahn war am Kasseler Kreuz total dicht. Als sie die Vollsperrung endlich aufgehoben hatten, war ich so fertig, dass ich mich auf einem Parkplatz im Camper hingelegt habe.«

Ein weiterer Kopf, und zwar der mit den erstaunlich roten Rastalocken, drängte sich ins Fahrzeuginnere. »Paps guckt nie auf sein Handy.«

»Jedz loss des Mädsche doch erschd emol aussteige!«, fuhr Gertie Haases energische Stimme dazwischen.

Charlie schälte sich aus dem Sicherheitsgurt und stieg mit steifen Beinen aus.

»Schön, dass du wieder hier bist!« Reiner schloss Charlie in seine Arme und drückte sie fest an sich. Für einen Moment ließ Charlie ihre Stirn auf den grauen, ein wenig kratzigen und dezent nach Kuh riechenden Wollpullover sinken. Dann löste sie sich aus der Umarmung und schaute den Schulfreund mit verräterisch glänzenden Augen an.

»Danke, dass ich fürs Erste bei euch unterkommen darf.«

»Ist doch selbstverständlich.« Reiner machte eine Handbewegung, so als wollte er Charlies Bedenken wegwischen.

»Nein«, erwiderte Charlie und wischte sich mit dem Unterarm über die feuchten Augen. »Das ist es nicht.«

In den vergangenen schweren Monaten hatte sie erfahren müssen, dass sich viele, die sie in Hamburg zu ihren Freunden gezählt hatte, von ihr abwandten. Hinter ihrem Rücken über sie tuschelten. Obwohl sie persönlich an den Geschehnissen nicht die geringste Schuld traf. Sie hatte sich nur selbst verteidigt.

»Cool! Kann man in dem Ding da echt pennen? So mit Bett und Klo und allem?« Emelie hatte für den Anflug von Rührseligkeit bei den Erwachsenen kein Verständnis. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte durch das Heckfenster des Campers zu schauen.

»Wenn du Lust hast, zeig ich dir nachher alles«, bot Charlie an.

»Aber vorher verschwindest du flugs in die Schule!«, mischte sich ihr Vater ein. »Wenn du dich beeilst, schaffst du den Bus gerade noch.«

Emelie warf einen Blick auf ihr Handy. »Nee, zu spät«, stellte sie lakonisch fest.

Theo zog sie sanft am Oberarm vorwärts. »Komm, ich fahr dich!«

»Unn isch, isch mach in de Kisch frische Kaffee.« Gertie vermutete, dass ihr Sohn und seine Jugendfreundin einen Moment für sich allein haben wollten.

Reiner sah seiner Mutter hinterher, wie sie leichten Fußes die vier Stufen zum Haus erklomm und hinter der schokobraun lackierten Flügeltür verschwand.

»Wie geht es dir wirklich?«, wollte er leise von Charlie wissen. »Ich hab mir Sorgen gemacht. Nach der Trennung hättest du schon viel eher in Hamburg einen Schlussstrich ziehen sollen.«

Charlie strich sich eine rotblonde Strähne, die ihr die leichte Frühlingsbrise in die Stirn geweht hatte, zurück hinter das Ohr.

»Ich wollte mir selbst beweisen, dass ich es trotz allem schaffe«, sagte sie und seufzte. »Aber weißt du, eines Morgens lag ich im Bett und dachte: So kann es nicht weitergehen. Dieses ständige Hinundhergerissen-Sein macht mich fertig. Je länger ich zögerte und zauderte, desto weniger brachte ich auf die Reihe. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass mir mein ganzes Leben aus den Händen gleitet.« Charlie schaute ihren Schulfreund mit tränennassen Augen an. »Ich kam mir vor wie ein Zombie. War überhaupt nicht mehr ich. Himmel! Ich komme mir wie ein verdammter Versager vor«, flüsterte sie.

»Komm!« Reiner zog sie zurück in seine Arme. »Du bist kein Versager! Du hast eine schwierige Lebensphase hinter dir. Musstest in letzter Zeit viel durchmachen. Das zu verarbeiten braucht Zeit. Und Geduld. Am meisten von dir selbst.«

»Wo gerade Geduld eine meiner Kernkompetenzen ist«, versuchte sich Charlie mit einem wässrigen Lächeln in Selbstironie.

»Wir packen das! Der Atzeldoalhof und der Ourewoald werden dir guttun.« Reiner gab Charlie einen aufmunternden Klaps auf das Schulterblatt. »Aber zuerst trinken wir Modders Kaffee.«

Charlie schluckte, um den dicken Kloß im Hals loszuwerden. »Kaffee mit Milch frisch von der Kuh? So wie früher?«

»Ganz so wie früher!«, versicherte ihr Reiner. »Nur dass unsere Milch inzwischen viel cremiger ist.«

»Cremiger als die im Norden?«, zog Charlie ihn auf.

»Die Schnellschwätzer von der Küste haben nicht den blassesten Schimmer, wie enn guude Milisch überhaupt buchstabiert wird.«

»Immer noch so bescheiden wie früher«, frotzelte Charlie, die spürte, wie die schwere Last auf ihren Schultern ein Stück leichter wurde. Sie streckte die Arme über dem Kopf aus. Sog begierig die frische, klare Waldluft, die mit einem Hauch von Kuh, Pferd, Heu, und was sonst noch zum Landleben dazugehörte, erfüllt war, ein.

»Dehoam«, murmelte sie und folgte Reiner ins Haus.

2. Kapitel

In den letzten Wochen kam er regelmäßig hierher.

Der dunkle, dichte Mischwald war für ihn zur zweiten Heimat geworden. Zog ihn magisch an. Obwohl er eigentlich an die offenen, sanft geschwungenen und nur mit Buschwerk und Obstbäumen besetzten Flächen der Ebene gewöhnt war. Sich nicht als passionierten Wanderer, Jäger oder Naturfreak bezeichnete. Dennoch hielt der Wald ihn in seinem Bann.

Der Schotter unter seinen Füßen knirschte, als er auf dem kleinen, beinahe herzförmig wie ein Lindenblatt angelegten Parkplatz aus dem Wagen stieg. Besorgt zuckte er zusammen und zog den Kopf zwischen die Schultern. Ein Eichelhäher krähte wie zum Spott von der spitzen Krone einer mehr als zehn Meter hohen Fichte. Mit gebeugtem Kopf hastete er vom Parkplatz und der großen Hinweistafel weg. Als er in den mit einer dicken humosen Schicht von verrottenden Nadeln und Blättern bedeckten Waldweg einbog, wurden seine Schritte laut- und mühelos. Beinahe schien es ihm, als ob er schwebte. Seltsam leicht fühlte er sich. Für einen Moment von aller Last befreit. Trotz allem.

Er bückte sich unter einem tief hängenden Ast einer Eiche hindurch und ging den kleinen Abhang bis zur Senke hinunter, wo er sich rechts hielt. Den Weg kannte er mittlerweile im Schlaf. Natürlich hätte er sein Ziel auch auf dem breiten und geebneten Forstweg erreichen können, aber er wollte niemandem begegnen. Ganz für sich sein. Mit seinen Gefühlen und Gedanken, die jetzt jeden Tag wie ein aufgescheuchter Wespenschwarm in seinem Kopf herumsummten. Unbewusst rieb er sich mit dem rechten Handballen die hohe Stirn. Er konnte die Gedanken nicht abstellen. Fast war es so, als wären sie aus den Tiefen seines Bauches, von dort, wo die lodernde Wut saß, in seinen Kopf gestiegen und hätten dort ein Eigenleben entwickelt. Er lehnte seine Stirn gegen die raue, von einer dünnen Moosschicht überzogene Rinde einer Kiefer. Streckte die Arme aus und umarmte den Stamm. Hielt ihn, wie man einen Freund, der traurig und verzweifelt ist, tröstend hält.

Schließlich löste er die Arme und stapfte weiter. Er musste sich sputen, denn er wurde bereits erwartet. Sie hatten zu klären, wie es weitergehen sollte. Sie mussten entscheiden, ob sie es wagen könnten, den Plan in die Tat umzusetzen, den er in den dunklen, schlaflosen Nächten geschmiedet hatte. Die Zeit wurde knapp.

Kriminalhauptkommissar Gunter Haase nestelte ein Papiertaschentuch aus der Hosentasche und tat, als ob er sich damit lautlos die Nase putzen würde. In Wahrheit verbarg er ein herzhaftes Gähnen hinter dem Taschentuch. Die Luft im Besprechungsraum des Kommissariats K 11 in Heppenheim war nach anderthalb Stunden zum Schneiden. Auch seine beiden Kollegen und die Kollegin zeigten bereits deutliche Abnutzungserscheinungen. Kriminalkommissarin Martina Lohse starrte seit zehn Minuten unentwegt aus dem Fenster, wo die an- und abfahrenden Pkws auf dem Parkplatz des TÜV Service-Centers Heppenheim eine willkommene Abwechslung zum monotonen Vortrag ihres Vorgesetzten darstellten. Kriminalrat Dr. Kuno Wölfelschneider hatte es sich an diesem trüben und nassen Märznachmittag zur Aufgabe gemacht, seine Mitarbeiter in einem epischen Vortrag zur Gleichstellung der Geschlechter im Höheren Polizeidienst auf den neuesten Stand zu bringen. »Frauen in Führungspositionen sollten spätestens nach der Organisationsanpassung FOKB, und da finden Sie, verehrte Kollegin und verehrte Kollegen, mich in völliger Übereinstimmung mit den behördlichen Vorgaben, auch hier bei der RKI Heppenheim nicht die Ausnahme, sondern den absoluten Regelfall darstellen.«

Dr. Kuno Wölfelschneider ließ das DIN-A4-Blatt, von dem er abgelesen hatte, auf die hellgraue Tischplatte sinken. Dann blickte er Beifall heischend in die Runde und zupfte seine azurblaue Krawatte, die er wie all seine Krawatten stets überlang trug, zurecht.

Martina Lohse warf Gunter Haase ein verstohlenes Grinsen zu. In Heppenheim war es ein offenes Geheimnis, dass es mit der Gleichstellung im Privathaushalt von Dr. Kuno Wölfelschneider nicht weit her war. Hier hatte eindeutig Inge Wölfelschneider, eine geborene Löw von Reichenbach, die Hosen an.

Die Mitarbeiter des K 11 lösten sich schwerfällig aus der Starre, die sie mangels Sauerstoff sowie Begeisterung für das vorgetragene Thema befallen hatte. Dr. Kuno Wölfelschneider ordnete sein Redemanuskript und verstaute die Lesebrille in der Brusttasche seines anthrazitfarbenen Sakkos. Er konnte mit seinem Vortrag zufrieden sein. Damit hatte er einerseits die bürokratischen Vorgaben aus Wiesbaden erfüllt, sich andererseits schon für die heutige Abendveranstaltung des Lions Club warm geredet. Dort würde die Prävention des Tabakmissbrauchs bei Kindern und Jugendlichen im heutigen Fokus ihrer Aktivitäten liegen und damit ein Thema berühren, das Dr. Kuno Wölfelschneider ganz besonders am Herzen lag. Mens sana in corpore sano, nur in einem gesunden Körper steckt ein gesunder Geist, so dozierte er hingebungsvoll bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Selbstverständlich gehörte er nicht zu denen, die Wasser predigten und Wein tranken. Dr. Kuno Wölfelschneider war sogar in seiner Kindheit nicht der Versuchung erlegen, an einer Schokozigarette zu nuckeln. Außerdem war er der festen Überzeugung, dass der Kaffeeautomat des K 11, der neben dem Kopierer im Flur stand, nur koffeinfreien Kaffee ausgab.

»Kommst du mit, eine rauchen?«, fragte Martina Lohse ihren Kollegen, als der Kriminalrat den Raum verlassen hatte.

Gunter Haase unterdrückte nur mit Mühe ein Seufzen. »Ich bin jetzt bei Tag 43«, murmelte er.

»Nur die Harten kommen in den Garten?« Martina Lohse schlüpfte in ihre schwarze Lederjacke. Der kantige Schnitt und die im Schulter- und Brustbereich eingearbeiteten Nieten verliehen der jungen Kommissarin das Image einer toughen Rockerbraut. Der Eindruck wurde durch die fast kniehohen dunklen Stiefel und den punkigen Kurzhaarschnitt verstärkt. Dabei war Martina Lohse mit ihrer Sandkastenliebe verheiratet und spielte in der Stadtkapelle Heppenheim Klarinette.

Gunter Haase schob sich ein Nikotinkaugummi in den Mund. »Ich komm trotzdem mit runter. Ein bisschen frische Luft kann nicht schaden.«

»Noch jemand bereit für eine bezahlte Pause?« Martina Lohse blickte fragend in die Runde. Die Kollegen verneinten durch Kopfschütteln.

»Also los dann!« Martina Lohse stieß die Tür zum Flur auf und hastete die Treppe hinunter. Obwohl Gunter Haase anderthalb Kopf größer war, hatte er Mühe, mit der Kollegin Schritt zu halten.

Draußen hatte der Wind aufgefrischt und die grauen Nieselwolken vertrieben. Die hessische Flagge wehte munter vom Südwestturm der Starkenburg, die hoch auf dem Schlossberg über die Stadt wachte. Gunter Haase schlug den Kragen seiner kakaobraunen, an den Rändern und Nähten verwaschenen Jacke hoch. Obwohl Martina Lohse sich in den Windschatten des verglasten Eingangsbereichs stellte, benötigte sie drei Versuche, bis ihre Zigarette endlich glomm.

»Nicht viel los in letzter Zeit«, bemerkte sie, während sie den Rauch des ersten Zuges genüsslich gegen den Himmel blies.

»Die Identität der Toten im Bruchsee ist geklärt und an dem Exhibitionisten vom Stadion sind wir dran«, erwiderte Gunter Haase. Um den Zigarettenrauch nicht einzuatmen, drehte er den Kopf zur Seite. Selbst ein Hauch von Nikotin schien ihn in den letzten Tagen in Versuchung zu bringen. Dabei hatte er sich fest vorgenommen, mit dem Laster, das ihn seit der Trennung von Suzanne nicht mehr losgelassen hatte, zu brechen.

Martina Lohse zuckte mit den schmalen Schultern. »Ich hätte ja nichts dagegen, wenn noch ein paar freie Wochenenden mit der Familie rausspringen würden.«

»Wahrscheinlich werden wir uns nach den Osterferien wieder überschlagen müssen.«

Gunter Haase wusste aus Erfahrung, dass der ungewöhnliche Frieden, den sie gerade erlebten, trügerisch war. Eher früher als später würden sie erneut in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele vordringen müssen. Mit Schaudern dachte Gunter Haase an den grässlichen Mord an dem jungen Liebespaar, dessen sterbliche Überreste sie am Valentinstag unterhalb der Freilichtbühne entdeckt hatten.

»Schon was vor am kommenden Wochenende?«, unterbrach Martina Lohse seine trüben Gedanken.

»Wahrscheinlich werd ich zum Hof rausfahren«, erwiderte Gunter Haase.

»Wie geht es Theo?«, wollte Martina Lohse wissen. Sie hatte früher gern und regelmäßig in Theos Restaurant in Weinheim gegessen. Sie vermisste nicht nur die gute, bodenständige Küche, sondern auch Theos trockenen Humor. Aber wahrscheinlich hatte Theo derweil nicht mehr viel zu lachen. Ohne seine Frau und seine Tochter musste er sich verloren vorkommen.

»Er hat sich ganz gut auf dem Atzeldoalhof eingelebt.«

»Hat er eigentlich jetzt dein Zimmer?« Martina Lohse drückte ihre Zigarette mit der Stiefelspitze aus und bückte sich, um die Kippe aufzusammeln.

»Daiwel naa, natürlich nicht!« Gunter Haase schaute seine Kollegin mit zusammengekniffenen Augen an. »Warum sollte er? Auf dem Hof ist schließlich genug Platz.«

Martina Lohse berührte kurz mit den Fingerspitzen seine Schulter. »Versteh mich nicht falsch! Ich meine ja nur, dass es vielleicht an der Zeit ist, dass du dein eigenes Leben lebst.«

Gunter Haase richtete sich kerzengerade zu seinen schlaksigen knapp zwei Meter Körpergröße auf. »Aber ich lebe mein eigenes Leben!«

»Indem du bei jeder Gelegenheit auf dem Hof bist?«

»Auf dem Hof ist meine Mutter. Mein Bruder. Meine Nichte. Meine Familie!«

Martina Lohse unterdrückte mit Mühe ein Seufzen. Ihr Kollege war Polizist mit Leib und Seele, hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, war loyal und dazu noch mit einer Spürnase ausgestattet, um die sie ihn beneidete. Was sein Privatleben betraf, da schien er allerdings kurz nach der Pubertät stecken geblieben zu sein. Oder warum lebte er trotz seiner knapp 43 Jahre allein in einer spartanisch eingerichteten Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung? Warum konnte er nicht endlich seine Fast-Verlobte vergessen und sich der Zukunft stellen?

»Manchmal tut ein bisschen Abstand ganz gut. Vielleicht solltest du mal einen Ortswechsel beantragen«, schlug sie vor. »Ich hab gehört, dass sie in Berlin und Nordrhein-Westfalen dringend gut ausgebildete Beamte suchen. Wäre das nichts für dich?«

Gunter Haase schaute sie misstrauisch an. »Willst du mich loswerden?«

»Quatsch!« Martina Lohse schüttelte den Kopf. »Ich mach mir nur so meine Gedanken.«

»Mach dir lieber mal Gedanken, wie du die letzten fälligen Berichte in den Computer kriegst!«, brummte Gunter Haase.

»Stimmt!« Martina Lohse drehte sich abrupt um und schritt zügigen Schrittes auf die Eingangstür zu. »Wir sollten uns besser wieder an die Arbeit machen.«

Gunter Haase vergrub die kalten Hände in den Taschen seiner Jacke. »Geh schon mal vor!«, erwiderte er. »Ich komme gleich nach.«

Ein paar Augenblicke gab er sich der verlockenden Vorstellung hin, die paar Schritte zu Aldi zurückzulegen und sich eine Packung Zigaretten zu kaufen. »Hör uff!«, ermahnte er sich streng. Dann packte er ein zweites Nikotinkaugummi aus, hüllte das alte in das leere Verpackungspapier und steckte das frische in den Mund. Kauend machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Schreibtisch.

Sie hatten absichtlich nicht die Hauptstraße genommen, sondern einen weiten, nach Nord-Osten gerichteten Haken geschlagen, wodurch sie für eine Strecke, die man normalerweise in 20 Minuten bewältigt, beinahe eine Dreiviertelstunde benötigt hatten. Auch der Nebel, der sich klamm über die Senken legte und die Bäume im Wald einhüllte, hatte dazu geführt, dass sie die Geschwindigkeit hatten drosseln müssen. Jetzt tastete sich der alte Jeep mit dem zerschlissenen Verdeck, durch das die kalte Morgenluft in die hochgeschlagenen Kragen der beiden jungen Männer und des Mädchens kroch, durch das letzte Waldstück, bevor sie auf den Trommer Höhenweg stießen. Dort hielten sie sich links und fuhren zwischen zwei frisch gepflügten Feldern den schmalen Schotterweg entlang, bis sie eine gut mannshohe Kunstskulptur erreichten. Zwischen zwei wie Menhire aufragenden roten Buntsandsteinen war eine von Flugrost überzogene Stahlplatte eingelassen, in die man das geschwungene Abbild einer menschlichen Gestalt geschnitten hatte.

Sobald der Jeep zum Stehen gekommen war, sprang das Mädchen aus dem Auto und positionierte sich so, dass ihr Kopf durch die Öffnung der Skulptur lugte.

»Lass den Mist!«, fuhr der hochgewachsene und ganz in Schwarz gekleidete Fahrer des Jeeps sie an. »Wir müssen uns beeilen.«

»Mach dich mal locker!«, erwiderte das Mädchen und zog sich die dunkle Mütze, die seine langen hochgesteckten Locken verbarg, tiefer in die Stirn. »Um die Zeit ist hier eh tote Hose.«

»Was ist mit dem Hochsitz da hinten?«, fragte der schmächtige Teenager, der auf dem Beifahrersitz gesessen hatte, und wies mit der Hand auf den an einer kleinen Baumgruppe angebrachten hölzernen Hochsitz.

Der Fahrer des alten Jeeps kratzte sich ausgiebig am rechten Unterarm und grinste. »Da kann keiner hocken. Ich hab gestern Abend alle Stufen durchgesägt.«

»Geilo! Das sollten wir demnächst mit allen Hochsitzen machen!«, rief das Mädchen aus und warf dem Objekt des Anstoßes einen hasserfüllten Blick zu. »Damit diese Fuck Jägerscheiße endlich mal ein Ende hat.«

»Alles zu seiner Zeit«, erwiderte der Fahrer und wuchtete einen Kanister mit roter Flüssigkeit aus dem Kofferraum. »Heute sind wir wegen dem hier da.«

Er stapfte auf den gut drei Meter hohen Reisig- und Holzstapel zu, der ein paar Meter hinter der Skulptur aufgeschichtet worden war.

Der Beifahrer folgte ihm mit einem weiteren Kanister, den er mehr hinter sich her schleifte als trug. »War doch klar, dass die Deppen aus dem Dorf den Haufen nicht umgeschichtet haben«, brummte er, als er den Holzstapel erreicht hatte. »Obwohl die Lara vom NABU sie mindestens dreimal deswegen angemailt hat.«

Das Mädchen wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Ich könnt heulen, wenn ich daran denke, wie viele unschuldige Tiere hier heute Abend wieder verbrennen werden. Der Haufen für dieses Schizo Lärmfeuer liegt bestimmt schon zwei Wochen so rum. Wer weiß, wie viele Igel, Marder, Mäuse, Hasen und Vögel darin Unterschlupf gesucht haben.« Sie zog einen dicken Knüppel aus dem Reisigstapel und begann, damit auf das aufgeschichtete Brennmaterial einzuschlagen.

»Lass das, das bringt nichts!«, fuhr der Fahrer des Jeeps sie nervös an. »Sieh zu, dass du die Plakate aufgehängt bekommst. Wir müssen verschwunden sein, bevor die Sonne aufgegangen ist.« Er schaute besorgt nach Osten, wo sich ein rötlicher Schimmer über dem Spessartskopf abzeichnete. »Vielleicht hätten wir doch den Schlepper von meinem Alten nehmen und den Stapel auseinanderziehen sollen«, meinte der schmächtige Teenager bedauernd.

»Das hier wird mehr Wirkung haben!«, verkündete der Fahrer grinsend und begann, den Boden vor dem Holzstapel wie auch den Stapel mit klebriger, blutroter Farbe zu bespritzen. Innerhalb von fünf Minuten sah es auf der Anhöhe aus, als wäre dort ein Blutbad gigantischen Ausmaßes veranstaltet worden.

Das Mädchen betrachtete zufrieden die Plakate, die es an der Skulptur und am Holzstapel angebracht hatte. »Lärmfeuer = Mord« und »Stoppt Tierleid, stoppt Lärmfeuer!« prangte darauf in ebenfalls blutroten Lettern.

Aus dem Tal drangen das Krähen eines Hahnes und das Brummen der ersten Pendlerautos, die sich in Richtung Bergstraße oder Michelstadt und Bad König aufmachten, zu ihnen auf die Gaderner Höhe.

Der hochgewachsene überschlanke junge Mann, dem der Jeep gehörte, schraubte die Kanister zu. »Geht ihr damit schon mal zurück zum Wagen!«, befahl er und fischte ein Paar Chemikalienschutzhandschuhe und einen Mundschutz aus seiner Jackentasche. »Ich sorge noch schnell dafür, dass ihnen nachher das letzte bisschen Lust auf ihr beschissenes Lärmfeuer vergeht.«

»Was hast du vor?«, fragte der schmächtige Teenager alarmiert.

Der Fahrer des Jeeps hob triumphierend ein braunes Plastikfläschchen mit weißem Etikett und Schraubverschluss in die Höhe. »Buttersäure.«

Sein Kumpel wurde sichtbar blass um die Nase. »Nee, das ist jetzt aber echt too much! Das Zeug stinkt wie die Pest.«

»Noch schlimmer«, erwiderte der Fahrer mit Genugtuung.

Es knackte leise, als das perforierte Frischesiegel des Plastikschraubverschlusses aufsprang.

»Also ich finde das nur voll gerecht«, bemerkte das Mädchen. »Die im Feuer eingeschlossenen Tiere leiden schließlich auch.«

Der Fahrer des Jeeps beugte sich nach vorn und streckte den Arm so weit aus, wie er nur konnte.

»Scheiße! Da kommt einer!«, rief der schmächtige Teenager alarmiert aus.

»Wo?« Das Mädchen schaute sich fragend um. »Ich seh nichts.«

Der schmale, pickelige Junge mit der dunkelblauen Strickmütze, die auf dem Überschlag ein Logo der Adler Mannheim zierte, streckte die Hand aus. »Da im Wäldchen, kurz vor der Schutzhütte.«

Tatsächlich näherte sich ein flackerndes Licht den wie versteinert dastehenden Teenagern.

»Ein Mountainbiker!«, zischte der Fahrer des Jeeps.

»Weg! Wir müssen weg hier!« Dem Mädchen war die Panik anzusehen. Es stolperte über ein paar Kiefernäste, die aus dem Holzstoß herausragten, und fiel hart auf die Knie. Mit Mühe rappelte es sich hoch.

»Schraub die verdammte Flasche zu und komm!« Der schmächtige Teenager wuchs im Angesicht der nahenden Gefahr über sich hinaus. Er schmiss die beiden Kanister in den Kofferraum und drückte das zitternde Mädchen auf die Rückbank.

Der Besitzer des Jeeps hechtete auf den Fahrersitz und drehte den Zündschlüssel nach rechts. Schlamm spritzte auf, als die Räder auf dem frisch gepflügten und vom Regen des Vortages nassen Acker durchdrehten. Der Fahrer lenkte hektisch, bis er das Fahrzeug unter Kontrolle und auf den Schotterweg bugsiert hatte. Ohne das Abblendlicht einzuschalten, fuhren sie auf dem Waldweg Richtung Ireneturm. Erst als sie die geteerte Straße auf der Tromm erreicht hatten und nach ein paar Hundert Metern in Richtung Scharbach abbogen, atmeten die drei jungen Leute erleichtert auf. Der erste Teil ihres Plans war einigermaßen reibungslos vonstattengegangen.