Bad Castro

Kevin Brooks

Bad Castro

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Über Kevin Brooks

Kevin Brooks, geboren 1959, wuchs in einem kleinen Ort namens Pinhoe in der Nähe von Exeter/Südengland auf. Nach seinem Studium verdiente er sein Geld lange Zeit mit Gelegenheitsjobs. Seit dem überwältigenden Erfolg seines Debütromans ›Martyn Pig‹ widmet er sich ganz dem Schreiben. Für seine Arbeiten wurde er mit renommierten Preisen ausgezeichnet, u. a. mehrfach mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis sowie der Carnegie Medal für ›Bunker Diary‹. Er schreibt auch Thriller für Erwachsene.

 

Von Kevin Brooks sind bei dtv außerdem lieferbar:
Martin Pig
Lucas
Candy
Kissing the Rain
The Road of the Dead
Being
Black Rabbit Summer
Killing God
iBoy
Live fast, play dirty, get naked
Bunker Diary
Travis Delaney – Was geschah um 16:08?
Travis Delaney – Wem kannst du trauen?
Travis Delaney – Um Leben und Tod
Johnny Delgado – Im freien Fall
Johnny Delgado – Der Mörder meines Vaters
I See You Baby (zusammen mit Catherine Forde)
Finn Black – Warten auf den Schuss
Born Scared
Deathland Dogs

Über das Buch

Gangs, Straßengewalt und Polizeikorruption – und zwei junge Menschen, die eigentlich auf gegnerischen Seiten stehen Eine Nacht voller Straßenunruhen, in der jeder gegen jeden kämpft: Ausgerechnet in dieser aufgeheizten Situation nimmt die Polizei einen berüchtigten jugendlichen Gang-Leader fest, der unter dem Namen ›Bad Castro‹ bekannt und berüchtigt ist. Als das Polizeiauto überfallen wird, gelingt es der jungen Polizistin Judy und Castro, sich unerkannt aus dem Wagen zu retten. Gemeinsam fliehen sie vor dem entfesselten Mob, der für beide gleichermaßen gefährlich ist. Denn längst ist nicht mehr klar, wo die Grenzen zwischen Freund und Feind sind. Und immer deutlicher wird, dass Judy und Castro in Wahrheit mehr verbindet, als sie zu trennen scheint …

Impressum

© 2020 Kevin Brooks

© der deutschsprachigen Ausgabe: 2021 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co KG, München

 

Lektorat: Beate Schäfer

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur GmbH

Umschlagmotiv: plainpicture/Jean Marmeisse

 

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eBook-Herstellung: Fotosatz Amann, Memmingen (01)

 

eBook ISBN 978-3-423-43976-3 (epub)

ISBN der gedruckten Ausgabe 978-3-423-74074-6

ISBN (epub) 9783423439763

 

Roberto Saviano, Gomorrha

Wir waren zu viert im Wagen, als es passierte. Mark Gillard fuhr, Jason Dunn saß auf dem Beifahrersitz und ich mit Castro hinten. Es war gegen 9 Uhr abends, so gut wie kein Tageslicht mehr, und wir fuhren am Südrand der Clapham Common vorbei Richtung Osten, zurück zum Polizeirevier in Stock Hill. Es war nicht mehr weit – höchstens ein paar Kilometer –, doch die Chancen, heil dort anzukommen, standen schlecht. Die Ausschreitungen, die erst ein paar Stunden zuvor in Stoke Newington anfingen, hatten sich so schnell ausgebreitet, dass es inzwischen überall in der Stadt brannte. Dichter schwarzer Rauch hing in der Luft, Sirenen heulten in der Ferne, und die Straßen im Süden von London, durch die wir fuhren, wirkten wie ein Kriegsgebiet. An manchen Stellen waren die Zerstörungen so schlimm, dass es beinah unmöglich schien, sich einen Weg hindurchzubahnen. Autos brannten – manche schon nur noch schwelende schwarze Gerippe, andere standen noch lodernd in Flammen. Geschäfte waren verwüstet – Eisenrollos herausgerissen, Schaufenster zertrümmert und Türen eingetreten. Und überall lagen Trümmer – zerbrochenes Glas, Ziegel, Pflastersteine.

Ich hatte ihn vorher noch nie gesehen – soweit ich wusste, hatte das keiner von uns. Am meisten wunderte

Die Situation war nicht gut. Und wenn Gillard und Dunn auf mich gehört hätten, wären wir niemals dort reingeraten.

Ich hatte ihnen gesagt, dass es gefährlich sei, das Polizeirevier zu verlassen. Der Protest in Stoke Newington mochte ja halbwegs friedlich begonnen haben, aber er brauchte nicht viel, um sich hochzuschaukeln und außer Kontrolle zu geraten. Die Bedingungen waren perfekt für einen Aufstand: Es war ein heißer Samstagabend, die Sommerhitze lag immer noch schwer über der Stadt … die Emotionen kochten hoch. Wenn es irgendwann in den Straßen losgehen würde, dann jetzt. Genau das hatte ich zu Gillard und Dunn gesagt. Es gab keinen Anlass, ausgerechnet jetzt loszupreschen und Castro festzunehmen. War es nicht besser, wenn wir uns Zeit nahmen und erst einmal abwarteten, was in Stoke Newington abging? Doch sie wollten nicht auf mich hören. Warum auch? Sie waren erfahrene Detective

»Mach, was du willst«, hatte DS Gillard zu mir gesagt. »Wenn du die ganze Nacht lang hier rumsitzen und warten willst, was passiert, okay. Aber bild dir nicht ein, dass wir das auch tun.«

· · ·

 

Es gab an diesem Abend jede Menge Trug und Schein unter der Oberfläche, und das lag nicht allein an Gillard und Dunn. Wir hatten alle unsere verdeckten Motive, und es war uns auch allen klar, dass wir etwas voreinander verbargen, aber nicht, was und warum. Wir wussten nicht genug über die gegenseitigen Geheimnisse, um zu begreifen, was sie auslösen würden. Deshalb konnten wir drei fürs Erste nur weitermachen mit der Heuchelei und hoffen, dass wir das Ganze durchschauten, bevor es zu spät war.

· · ·

 

Wir beschleunigten wieder. Das schlimmste Teilstück der Straße lag hinter uns – ein scheinbar endloser Hindernisparcours aus brennenden Autos und Schuttbergen – und die Erleichterung, durchgekommen zu sein, war deutlich zu spüren. Es war, als hätten wir alle die Luft angehalten – uns bewusst, wie angreifbar wir

Dann zerbarst alles in einem ohrenbetäubenden blechernen Lärm.

Ich wusste nicht, was geschah. Ich erinnere mich nur noch, wie ich quer über den Rücksitz geschleudert wurde und mit dem Kopf gegen etwas prallte, danach wirbelte, kugelte und stürzte alles wild durcheinander und warf mich unter dem knirschenden Taumeln von Blech durch die Gegend, ohne dass ich irgendetwas dagegen tun konnte. Als es endlich aufhörte und alles still wurde, lag ich zusammengesackt im Fußraum hinter dem Fahrersitz.

Ich hatte keine Schmerzen von dem Schlag gegen meinen Kopf, aber ich fühlte mich auch nicht gut. Und als ich so völlig verkrümmt und verdreht dalag, mit dem Gesicht am Boden, spürte ich, wie mir ein dichter roter Nebel in den Kopf stieg, und wusste, wenn ich nicht schnell etwas dagegen tat, würde ich das Bewusstsein verlieren. Ich wollte mich aufrichten, umdrehen und mich mit dem Ellenbogen vom Boden abdrücken, doch ich hatte kaum angefangen, mich zu rühren, als mich eine Hand an der Schulter wieder nach unten drückte.

»Bleib da«, sagte eine Stimme. »Halt still.«

Ich begriff, es war Castro. Ich hatte ihn völlig vergessen gehabt. Auch Gillard und Dunn hatte ich vergessen.

»Duck dich!«

Ein plötzlicher lauter Knall zerschnitt die Luft, das unverkennbare Geräusch eines Schusses, und als Nächstes warf sich Castro neben mich und drückte mich nach unten. Im nächsten Moment folgte ein weiterer Schuss und diesmal glaubte ich ganz in der Nähe einen dumpfen Einschlag zu hören.

Dann wieder Stille …

»Nicht rühren«, flüsterte Castro.

Der Nebel in meinem Kopf wirbelte so wild, dass mir ganz übel und schwindelig wurde.

»Scheiße«, murmelte Castro.

Ich hörte Schritte … zuerst nur leise, dann kamen sie näher, wurden lauter, deutlicher … vorsichtig, langsam … kurze Pause … eine gedämpfte Stimme …

In dem Moment wusste ich, das war’s. Das war das Ende. Es war die einzige Gewissheit in meinem vernebelten Kopf, so klar und deutlich, als wenn es bereits passiert wäre. Ich konnte ihn hören, ihn spüren – den Schuss, diesen dumpfen Knall …

Doch dann hörte ich etwas anderes – ein lautes Rennen und Rufen –, und ich wusste, das passierte nicht bloß in meinem Kopf. Das war real. Hier und jetzt. Der Lärm von mindestens einem Dutzend Leuten, die wegrannten und brüllten – DA! DA HINTEN! HIER LANG! BEEILT EUCH–, das Geräusch, wie sie an uns vorbeiliefen, an dem Wagen, und wie sich ihre Schritte schnell die Straße hinunter entfernten …

Dann spürte ich, wie sich Castro bewegte, sich

»Kannst du aufstehen?«, fragte er mich.

Ich versuchte, Ja zu sagen, doch es kam als ein Juuh heraus.

Ich hörte ein Klicken, ein leises metallisches Schnappen und im nächsten Moment zogen mich Castros Hände vom Boden und halfen mir wieder auf den Sitz. In meinem Schädel drehte sich alles – mein Kopf war vernebelt und schwer, er pochte wie wild, ich konnte nicht richtig gucken. Was ich sah, war völlig verruckelt und verschwommen. Außerdem war alles dunkel – eine tiefgraue Düsternis hing in der Luft – und ich konnte nur so eben die Gestalten von Gillard und Dunn auf den Vordersitzen erkennen. Sie wirkten vollkommen reglos. In dem flackernden Halblicht war es schwer zu erkennen, doch es schien, als ob sie bloß dasäßen, ganz still und völlig gefasst.

Dann gab es links von mir einen harten Schlag. Ich drehte mich um und sah, wie Castro versuchte, mit der Schulter die Seitentür aufzustemmen. Die Tür war verbogen und klemmte, doch als er noch einmal mit der Schulter dagegenstieß, knirschte es metallisch und die Tür ruckte ächzend auf. Er schaute sich um, überprüfte die Straße und stieg dann aus.

Ich glaube, ich fühlte überhaupt nichts.

Er war weg, das war alles. Wir hatten unseren

»Gib mir deine Hand.«

Das war Castro. Er stand an der Tür, beugte sich in den Wagen und streckte mir die Hand hin.

Ich starrte sie an.

»Wir müssen weg«, sagte er. »Wenn wir hierbleiben, bringen sie uns um.«

· · ·

 

Ich weiß nicht, wie weit wir kamen, ehe ich endgültig ohnmächtig wurde, doch wir mussten schon in der Nähe der Bäume gewesen sein. Als ich aus dem Auto stieg, war ich jedenfalls eindeutig noch bei Bewusstsein gewesen. Ich erinnere mich, wie meine Beine nachgaben und Castro mich auffing … und ich weiß auch noch vage, wie ich über das Straßenpflaster taumelte … dann wich der harte Belag einer Wiese … und alles wurde dunkler und stiller … die warme Nachtluft hüllte mich ein, machte mich schläfrig, schloss mir die Augen und zog mich nieder …

Dann nichts mehr.

Das Erste, was ich sah, als ich die Augen aufschlug, war Castro, wie er mich anstarrte. Während ich auf der Erde saß – die Beine ausgestreckt, mit dem Rücken an einem Baum –, hockte er direkt vor mir und blickte mir mit der stillen Eindringlichkeit eines neugierigen Kindes in die Augen. Die Unterarme hatte er leicht auf die Knie gestützt und ich sah, dass die Handschellen fehlten.

»Wieder okay?«, fragte er.

Ich nickte, was ich sofort bereute, weil mir ein sengender Schmerz durch den Kopf fuhr. Es war, als ob man mir einen Schraubstock um den Schädel gelegt und die Backen fast bis zum Anschlag gespannt hätte. Solange ich mich nicht bewegte, war der Schmerz weniger schlimm, ich spürte dann nur ein Pochen in der linken Kopfhälfte. Also saß ich fürs Erste einfach bloß da und hielt mich so still wie nur möglich.

Trotz des Schmerzes schien mein Verstand jetzt wieder klarer. Im grauen Licht der Dämmerung konnte ich nichts Genaues erkennen, doch offenbar befanden wir uns in einer kleinen Baumgruppe irgendwo in den Grünanlagen der Clapham Common. Ich wusste nicht exakt,

Roter Nebel …

Stille.

Schritte.

Schüsse.

Gillard und Dunn.

Ich starrte Castro an. Seine Augen fixierten ein paar Sekunden lang meine – ruhig und konzentriert, ohne jede Emotion – und dann verschob sich sein Fokus und er sah nicht mehr mich an, sondern an mir vorbei in das Dunkel. Ich spürte keinen Schmerz, als ich den Kopf drehte und seinem Blick folgte, und ich hatte auch gar keine Zeit, drüber nachzudenken. Was Castro sah, war so offensichtlich, dass ich es sofort erkannte. Es nicht zu sehen, war völlig unmöglich. Die zwei brennenden

»Sind sie da drin?«, fragte ich Castro, unfähig, den Blick von dem brennenden Fahrzeug zu lösen.

»Ja.«

Und da begriff ich. Die Schüsse …

Die Stille.

Die Schritte.

Die Schüsse.

Die verschwommenen Gestalten von Gillard und Dunn auf den Vordersitzen … die nichts machten … nur dasaßen … ganz still und ruhig …

Sie waren schon tot, als wir den Wagen verließen.

· · ·

 

Als ich mein Handy herauszog, um das Revier anzurufen, kam die Anzeige Kein Netz. Ich hielt das Handy hoch und schwenkte es ein bisschen umher, und als das nicht half – außer den Schmerz im Kopf auszulösen –, probierte ich es mit Aus- und Wiedereinschalten. Doch es kam immer die gleiche Info: Kein Netz.

Ich dachte, egal. Den Tod von Gillard und Dunn zu

Aber was machte das schon, wenn es nicht gleich passierte? Kein Grund zur Sorge. Es gab ein Handy-Problem, das war alles.

Kein Netz.

Ich musste es eben später noch mal probieren.

· · ·

 

Der Wagen, der uns gerammt hatte, war ein Range Rover, erklärte mir Castro. Und es war eindeutig kein Unfall gewesen.

»Sie sind aus einer Seitenstraße gekommen und voll in uns rein«, sagte er.

»Und du bist sicher, es waren nur zwei in dem Wagen?«

»Sonst hab ich keinen gesehen.«

»Konntest du sie erkennen?«

Er schüttelte den Kopf. »Sie hatten Kapuzen auf und ein Tuch vor dem Mund.«

Ich schwieg einen Moment, betrachtete seine Augen und versuchte herauszufinden, ob er die Wahrheit sagte. Nach allem, was ich noch wusste, hatte er in den

»Und was war, als die beiden ausstiegen?«, fragte ich. »Hast du sie da besser sehen können?«

»Na ja, glaub schon. Aber –«

»Erzähl mir, was du gesehen hast.«

»Um ehrlich zu sein, wirklich viel hab ich nicht mitbekommen. Ging alles ein bisschen –«

»Was hatten sie an?«

Er zuckte mit den Schultern. »Kapuze, Jogginghose und -jacke, Turnschuhe … das Übliche eben.«

»Groß, klein?«

»Einer der beiden war etwa eins achtzig, der andere ein bisschen kleiner.«

»Wer von ihnen hatte die Waffe?«

»Der Größere.«

»Was für eine?«

»Pistole. Halbautomatik.«

»Haben sie irgendwas gesagt?«

Er schüttelte wieder den Kopf. »Die wussten genau, was sie tun. Sie sind auf uns zugekommen, ein paar Meter vor dem Wagen stehen geblieben, dann hat der Größere die Pistole hochgenommen und Gillard und Dunn durch die Windschutzscheibe erschossen.«

Er nickte. »Gillard hat er in den Kopf geschossen. Dunn traf die Kugel in die Brust, schien mir ein Herzschuss.«

In diesem Moment wurde mir plötzlich die Nüchternheit von Castros Stimme bewusst und ich begriff, dass ich ihn nicht mehr als Kind sah. Das überraschte mich nicht besonders. In unseren täglichen Auseinandersetzungen mit Jungen wie Castro konnten wir es uns nicht leisten, sie als Kinder zu sehen. Doch das rechtfertigte nichts. Was immer Castro sein mochte – ein Gangster, ein Krimineller, ein eiskalter Killer –, er blieb trotzdem noch immer ein Junge. Er sollte nicht im Detail beschreiben müssen, wie zwei Polizisten ermordet wurden. Das war einfach nicht richtig.

Aber nichts von dem allen war richtig. Gillard und Dunn, Castro, der Zusammenstoß, die Ausschreitungen … alles hatte sich von Anfang an falsch angefühlt.

»Was ist danach passiert, als Gillard und Dunn tot waren?«, fragte ich.

»Die zwei Typen sind um den Wagen rumgelaufen, jeder auf einer Seite.«

»Glaubst du, sie wussten, dass wir da drin waren?«

Er nickte. »Sie müssen uns gesehen haben, als sie uns rammten.«

Das hatte ich nicht gemeint und vermutlich war ihm das klar. Es ging mir darum, ob sie schon vor dem Zusammenstoß gewusst hatten, dass wir im Auto saßen. Oder präziser gesagt, ob sie wussten, dass er drinsitzen

Ich schloss die Augen und dachte darüber nach, schickte mich zurück zu dem Moment der Stille, als für mich nur noch eines klar war: dass ich gleich erschossen würde … doch dann hatte ich den plötzlichen Lärm von Leuten gehört, die wegrannten und brüllten – DA! DA HINTEN! HIER LANG! BEEILT EUCH–, das Geräusch, wie sie an uns vorbeiliefen, an dem Wagen, und wie sich ihre Schritte schnell entfernten …

»Hast du sie gesehen?«, fragte ich und öffnete wieder die Augen.

»Ja, hab ich doch gerade gesagt –«

»Nein, ich meine die andern, die die beiden von dem Range Rover wegtrieben. Ob du die gesehen hast.«

Castro nickte. »Waren so ungefähr fünfzehn, vielleicht auch mehr.«

»Gang-Kids?«

»Ja.«

»Von welcher Gang?«

»Weiß nicht.«

»Was soll das heißen? Das musst du doch wissen.«

Er schüttelte den Kopf. »Hab von denen noch nie einen gesehen.«

»Und das soll ich dir glauben?«

nicht