Ein Verlag in der westermann GRUPPE
1. Auflage 2021
© 2021 Arena Verlag GmbH
Rottendorfer Straße 16, 97074 Würzburg
Alle Rechte vorbehalten
Cover: zero-media.net, München;
unter Verwendung von: shutterstock_93588079
Innenillustrationen und Satz: Myriam Homberg
ISBN 978-3-401-60060-2
eISBN 978-3-401-80895-6
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VORWORT VON REZO
SOZIALE NETZWERKE
SOZIALE NETZWERKE
INFLUENCER
SELBSTDARSTELLUNG
IDENTITÄTSDIEBSTAHL
HASS IM NETZ
FAKE NEWS
SPIELSUCHT UND GAMES
KOMMUNIKATION
E-MAILS, PHISHING & SPAM
MESSENGER & WHATSAPP
CYBERMOBBING
SEXTING
CHATBOTS
DATEN
MEINE DATEN
BIG DATA
HANDYDATEN
SOCIAL SCORE
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
DATEN NACH DEM TOD
INTERNET
INTERNET UND WWW
INTERNET DER DINGE
DARKNET
SUCHMASCHINEN
FAKE SHOPS
DIGITALES GELD
SICHERHEIT
COMPUTERVIREN
ERPRESSER-E-MAILS
VERSCHLÜSSELUNG
VPN
PASSWÖRTER AM COMPUTER
HANDY-PIN
PASSWORTKNACKEN
BIOMETRIE
GLOSSAR
WEITERFÜHRENDE LINKS, HOMEPAGES TELEFONNUMMERN
WIDMUNGEN
TOBIAS SCHRÖDEL
Technik
CHRISTIAN SOLMECKE
Recht
NORA WUNDERLICH
Psychologie
Für manche mag das Internet Neuland sein, aber für die meisten von uns ist es der Mittelpunkt unserer täglichen Aktivitäten. Egal ob man mit Freunden kommuniziert, Fotos und Videos teilt, über Memes lacht oder Trends entdeckt – all das findet im Netz statt. Mit seinem schier grenzenlosen Potenzial bietet uns das Internet eine besondere Form der Freiheit, zeigt aber gleichzeitig oft genug seine hässliche Seite und konfrontiert uns so mit Cybermobbing, Shitstorms, Fake News, Online Betrug und dem Phishing privater Daten. So stehen wir immer wieder vor neuen Fragen:
Ist das legal?
Warum machen Menschen so was?
Was macht das mit mir?
Was kommt als Nächstes?
Da ein intuitiver Umgang mit diesen Fragen oft nicht ausreicht, bietet dieses Buch neben einer allgemeinen Einführung vor allem jedoch das Fachwissen eines IT-Experten, eines Juristen und einer Psychologin zu Themen von Datenverschlüsselung bis hin zu Darknet. Mit jedem Kommentar der Fachexpert*innen bekommen wir einen detaillierteren Einblick in die unterschiedlichen Bereiche und Probleme des Internets. Auch wenn dieses Buch nicht die Antwort auf alles sein kann, wird jeder von uns, egal ob Digital Native oder Digital Immigrant, besser mit den kommenden Fragen des Internets umzugehen wissen. Wir sollten diese Welt kennen, denn sie wird ein Teil unseres Lebens bleiben. Peace.
Rezo
Auch wenn es schon lange nicht mehr „in“ ist: Das 2004 gegründete Facebook ist noch immer das größte soziale Netzwerk der Welt. Das liegt auch daran, dass alle aufstrebenden Konkurrenten wie WhatsApp und Instagram kurzerhand aufgekauft wurden. Instagram hat 1 Milliarde Dollar gekostet und WhatsApp sogar 19 Milliarden.
Da die Nutzung von Instagram oder Facebook die User ja nichts kostet, fragt man sich aber schon: Welcher Dummkopf bezahlt so viel Geld für etwas, mit dem man nichts verdient? Die Antwort: Mark Zuckerberg, der Gründer von Facebook. Er zählt heute zu den reichsten Menschen der Welt. Nur wie wird man so reich, wenn die Nutzung von Facebook, Instagram, WhatsApp & Co. kostenlos ist? Das hat sich auch ein amerikanischer Senator gefragt, als er Zuckerberg wegen eines Datenskandals öffentlich befragte. Die Antwort ließ den über 80-Jährigen etwas irritiert zurück. Er kannte vermutlich nur das Prinzip Geld gegen Ware. Genau so funktionieren soziale Netzwerke aber nicht. „Senator, wir schalten Werbung“, antwortete Zuckerberg und meinte dabei Werbung, die maßgeschneidert auf die Nutzer des Online-Dienstes ist.
Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach. Klassische Werbung funktioniert so: Eine Firma, die Mountainbikes herstellt, bezahlt einen TV-Sender, damit ein Werbespot über ihr neuestes Bike ausgestrahlt wird. Niemand weiß aber, ob diejenigen, die jetzt gerade vor dem Fernseher sitzen, überhaupt Interesse an einem Mountainbike haben. Es ist ein bisschen so, als würde die Werbebotschaft mit der Gießkanne über viele verschiedene Menschen ausgegossen. Und dann hofft man, dass wenigstens ein paar dabei sind, denen das Produkt gefällt. Das ist nicht besonders effektiv.
Soziale Netzwerke machen das anders. Alle deine Likes und deine Kommentare werden ausgewertet. Sogar deine hochgeladenen Fotos werden mittels Bilderkennung analysiert. Ein soziales Netzwerk weiß deshalb ganz genau, was dir gefällt, was dich interessiert, was du suchst, was du gerne ansiehst, liest oder hörst. Sie wissen, ob es dir gerade gut geht oder nicht. Sie wissen aber auch, ob du gerade jetzt ein neues Mountainbike haben möchtest oder nicht. Und die Wahrscheinlichkeit, dass du dann genau jenes Rad kaufst, das dir „zufällig gerade jetzt“ per Werbeeinblendung angeboten wird, ist viel höher. Dieser Mountainbikehersteller verdient dadurch mehr Geld und genau deshalb zahlt er gerne für diese Information. Und zwar an das soziale Netzwerk.
Obwohl wir für Menschen außerhalb unseres persönlichen Umfelds eigentlich völlig unwichtig sind, lassen uns sekundenschnelle Reaktionen aus dem Netz genau das Gegenteil glauben. Daher posten, kommentieren und liken wir immer weiter und liefern so auch immer mehr Daten über uns. Und die braucht Facebook, um die Werbung seiner Kunden noch präziser der gewünschten Zielgruppe zu zeigen. In Wirklichkeit bist du also gar nicht der Nutzer des sozialen Netzwerkes. Du darfst daran teilnehmen. Letztlich bist du nur die Ware. Sie verkaufen deine Wünsche, deine Träume und deine Meinung an Werbetreibende. Eigentlich verkaufen sie dich.
Soziale Netzwerke funktionieren nur, wenn möglichst viele mitmachen. Das macht den Start für eine neue Social-Media-Plattform natürlich schwer. Sie muss User begeistern, ohne ihnen schon etwas bieten zu können. Die Anfang 2021 boomende Social-Media-App Clubhouse hat sich dafür eines genialen Tricks bedient. Es durfte und konnte nicht jeder mitmachen, der mitmachen wollte. Was absurd klingt, funktionierte grandios. Man nennt es „künstliche Verknappung“, wenn sich viele Kunden um wenig Ware (oder Accounts) streiten sollen.
Bald berichteten sogar Nachrichtensendungen darüber, was Clubhouse nur noch bekannter machte. Immer mehr Leute wollten nun unbedingt einer der privilegierten Clubhouse-Nutzer sein. Doch man musste von einem bestehenden Clubhouse-User eingeladen werden, um seinen Account sofort freischalten zu können. Zudem durfte jeder gerade mal zwei Freunde einladen.
Und es gab noch einen Haken: Um alle Funktionen der App zu nutzen, musste man alle Daten seines Telefonbuches an Clubhouse übermitteln. So kommt das Netzwerk an Millionen Namen und Telefonnummern. Sogar von Menschen, die gar keine Clubhouse-Kunden sind. Ein klarer Verstoß gegen die DSGVO, die Datenschutzgrundverordnung. Die Gefahr, verklagt zu werden, ist allerdings gering. Denn knapp 80 % aller Deutschen haben schon einmal ohne Konsequenzen gegen die DSGVO verstoßen, als sie eine andere App installierten, die genau das Gleiche macht: WhatsApp.
Wenn es um das Sammeln von Daten geht, so sind die sozialen Netzwerke sicherlich der absolute Spitzenreiter. Die Menge an Daten, die beispielsweise Facebook über einen durchschnittlichen 15-jährigen Teenager gespeichert hat, beträgt 14.000 DIN-A4-Seiten. Du kannst dir im Menüpunkt „Einstellungen und Privatsphäre“ deine Daten selbst bei Facebook herunterladen und wirst überrascht sein, was der Konzern alles über dich weiß. Nicht anders sieht es bei Google oder Twitter aus. Fakt ist: Um alle diese Daten sammeln zu können, benötigen die Konzerne dein Einverständnis. Dieses gibst du oft schon bei der erstmaligen Registrierung ab, indem du die allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptierst. Eine solche Einwilligung ist jedoch nur wirksam, wenn du ganz genau weißt, wie deine Daten verwendet werden. Nach Meinung vieler Juristen erfolgt genau diese Aufklärung bei den sozialen Netzwerken nicht korrekt. Entsprechend wurde Facebook auch immer wieder verboten, die Daten seiner Nutzer zu sammeln und zu vermischen. Da Facebook auch noch WhatsApp und Instagram gehören, lag es nahe, alle Nutzerdaten (heimlich) zusammenzulegen, um noch gezielter Werbung ausspielen zu können. Diesem Vorhaben wurde allerdings ein Riegel vom Bundeskartellamt vorgeschoben. Der Behörde ging die Sammelwut von Facebook zu weit. Sie ordnete an, dass Facebook seine Nutzer vorher fragen muss, wenn es die Daten aus WhatsApp, Facebook und Instagram zusammenlegen möchte. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidung im Jahr 2020.
Stell dir vor, du sitzt zu Hause an deinem Schreibtisch und dein Handy leuchtet auf. Du siehst eine junge Frau am Strand, braun glänzende Haut, perfekte Figur, einen Drink in der Hand. Freudestrahlend blickt sie in die Kamera. Dieser Augenblick, der da festgehalten ist, transportiert Freude, Glück und Freiheit. Er vermittelt: Das Leben ist traumhaft, mir geht es gut, ich bin auf der Sunny-Side-of-Life, ich bin frei. Und jeder kann es in einer Sekunde erkennen. Bilder und Videos gelten als „snackable“ Content, weil sie ohne Nachdenken sofort verstanden werden können. Wieso also nicht schnell teilen – meine Freude mit der Welt. Und dann landet sie – die Emotion – bei dir auf dem Schreibtisch, an dem du gerade eiserne Motivation für die letzten Matheaufgaben benötigst.
Vielleicht denkst du dir: „Oh wie schön, freut mich für sie“. Vielleicht wirst du aber auch traurig, weil du gerne selbst am Strand sitzen würdest. Oder du denkst, dass du diese Person eigentlich gar nicht leiden kannst. In der Regel wirst du dieses Bild jedoch trotzdem liken. Wieso? Weil du dir bei deinem nächsten Post eine Gegenleistung erwartest. Nämlich auch einen Like und einen Kommentar. Aber warum ist das so? Die Psychologie geht davon aus, dass soziale Netzwerke immer mehr die Funktion zwischenmenschlicher Aktivitäten, die früher face-to-face abliefen, übernehmen. Hier wäre es der Aspekt des Zusammenhaltens, der Gegenseitigkeit. Wie du mir, so ich dir. Es erweckt den Anschein, als wäre man nicht allein, als hätte man viele Verbündete, als wäre man Teil einer Gemeinschaft. Liken wir nicht, bekommen wir Angst, unseren „sozialen Status“ zu verlieren und dass uns niemand mehr Beachtung schenkt, wir quasi von der Bildfläche verschwinden. Denn was ist man schon ohne einen Insta-Account? Es entsteht der Druck, immer online zu sein, um jeden Post von den anderen mitzubekommen und diesen dann sofort zu kommentieren. Die Währung der modernen Jugendclubs, Marktplätze etc. sind Likes und Kommentare. Erhalten wir diese, zielen sie nämlich direkt in unser Belohnungszentrum. Ein Like löst ein „kleines“ Feuerwerk bei uns im Gehirn aus. Studien zeigen, dass Bestärkung und Interaktion in sozialen Netzwerken zu einer stärkeren Durchblutung der Gehirnregionen führen, die mit dem Botenstoff Dopamin in Verbindung gebracht werden. Und Dopamin spielt auch bei der Entwicklung von Suchterkrankungen eine große Rolle. Klingt bedrohlich und in der Tat ist es das auch, wenn man nicht darauf achtet, stets einen Ausgleich zum Digitalen zu haben. Netflix berichtet in seiner Doku „Das Dilemma mit den sozialen Medien“ (2020) über die Kehrseite der Social-Media-Welt. Darin kommen auch die zu Wort, die diese erschaffen haben.
Echt jetzt?
Social Media ohne Internet? Schon vor knapp 100 Jahren unterhielt Margaret Thaw die New Yorker Society mit selbst inszenierten Filmchen über Hotelbewertungen und die Wahl ihres Urlaubsortes in Europa. Die schwere Kamera und Hunderte Meter Filmmaterial mussten Bedienstete schleppen, ehe die Filmrollen zur Vorführung per Schiff nach Amerika zurückgeschickt wurden.
Eigentlich gab es sie schon immer. Menschen, die wir als Vorbild sehen. Jemanden, den wir toll finden, der irgendwie immer das Richtige macht und sagt, nie schlecht aussieht und auf alles eine Antwort hat. Das kann ein Klassenkamerad sein, eine Sportlerin, ein Politiker oder eine Sängerin. Manche Menschen schaffen es einfach, dass sie uns in ihren Bann ziehen. Früher nannte man diese Menschen Meinungsmacher. Heute heißen sie Influencer.
Die Wissenschaft erklärt die Rolle eines Influencers wie folgt: Manche Leute sind eher bereit, neue Dinge auszuprobieren und sie anzunehmen. Sie werden von ihren Mitmenschen teils kritisch, teils bewundernd beobachtet. So verbreiten sie neue Ideen und Erfindungen über ihr vorhandenes soziales Netzwerk. Ist dieses Netzwerk groß genug, um eine „kritische Masse“ zu erreichen, dann trendet ein Produkt praktisch von ganz allein. Das erreichen insbesondere die Influencer, deren Popularität im Netz, also bei Twitch, Instagram, Twitter oder YouTube, besonders groß ist.
Die Werbewirtschaft hat das mittlerweile auch erkannt, weshalb Influencer heiß begehrte Ansprechpartner im Marketing geworden sind. Sie stärken eine Marke und verhelfen einem Produkt zum schnellen Durchbruch. Sie sind zudem günstiger als TV-Werbung und es gibt noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Fast die Hälfte ihrer Follower gehört zur begehrten Zielgruppe von Menschen zwischen 14 und 29 Jahren. Das ist der Teil der Bevölkerung, der besonders gerne Geld ausgibt und noch nicht völlig festgefahren auf ein bestimmtes Produkt ist. Das Kaufverhalten dieser Zielgruppe lässt sich also noch beeinflussen.
Der englische Begriff für „jemanden beeinflussen“ lautet „to influence somebody“. Influencer begeistern nicht nur für ein Produkt, sie beeinflussen dich auch in deiner Meinung, in deinem Klamottengeschmack und sogar in deiner politischen Ansicht. Manchmal merkt man das gar nicht, weil man Vorbilder seltener hinterfragt. Viele Influencer, die ein großes Vertrauensverhältnis aufbauen und zu Leitfiguren für ein Massenpublikum werden, sind einfach so geboren. Eine Ausbildung dafür gibt es jedenfalls nicht. Die meisten Influencer sind aber selbst gebildet und kommen aus den oberen sozialen Schichten.
Aber Influencer sein ist gar nicht so einfach und wer krampfhaft Influencer werden will, wird es garantiert nicht. Für ein locker wirkendes Drei-Minuten-Video dreht man auch schon mal mehrere Stunden. Und wenn man das dann auch noch alle paar Tage hinkriegen muss, dann kann das schon nervig werden. Bei Lifestyle- und Mode-Bloggern wird auch oft moniert, dass die gestellten Bilder ja gar nicht das echte Leben zeigen, obwohl viele so tun. Oder dass manche bei Produktbeschreibungen zwar nicht lügen, aber ein paar „unpassende“ Nachteile in der Argumentation einfach weglassen.
Auch wenn viele Eltern mit den Influencern ihrer Kinder nichts anfangen können und diese vielleicht sogar für Spinner halten, auch sie hatten selbst Vorbilder: Thomas Gottschalk, Ozzy Osbourne oder David Bowie. Heute heißen sie halt Bibi, MontanaBlack88 oder Rezo.
Influencer in sozialen Netzwerken wie Instagram, YouTube oder Facebook, die ihre Kanäle dazu nutzen, Werbung für Fitnessdrinks, Diättees oder Designerklamotten zu machen, müssen einige rechtliche Spielregeln beachten. Insbesondere die sogenannte Kennzeichnungspflicht. Also die Pflicht, Werbung auch als solche zu bezeichnen. Denn der Gesetzgeber befürchtet, dass gerade junge Menschen auf Empfehlung von Influencern etwas kaufen, ohne zu wissen, dass die Influencer für diese Empfehlung bezahlt worden sind.
Der ein oder andere versteht vielleicht jetzt erst, warum manche Influencer ihre Bilder mit dem Hinweis „bezahlte Partnerschaft mit …“ oder „Werbung“ kennzeichnen. Freiwillig machen sie das eher nicht. Mit dieser Kennzeichnungspflicht müssen sich manchmal auch Promis herumschlagen.
Ein Beispiel dafür ist die Influencerin Cathy Hummels. Sie musste sich vor Gericht mit der Frage beschäftigen, welche ihrer Posts sie nun als Werbung kennzeichnen muss und welche nicht. Denn ihr wurde Schleichwerbung vorgeworfen. Darunter versteht man Werbung, die man nicht sofort und eindeutig als solche erkennt. Der Grund dafür waren Bilder auf Instagram, auf denen sich teils Verlinkungen auf die Hersteller der von ihr getragenen Kleidung oder anderer Gegenstände befanden. Die Frage des Gerichts war, warum sie diese Posts nicht als Werbung gekennzeichnet hatte. Sie antwortete, dass sie die abgebildeten Sachen in der Regel selbst gekauft habe und nicht von den Herstellern für Werbung bezahlt werde. Daher war sie der Meinung, dass sie keine Kennzeichnungspflicht treffe. Das Gericht gab ihr recht: So entschieden die Richter, dass bei Prominenten wie Cathy Hummels der Betrachter wisse, dass es sich um Werbung handeln könnte. Folglich gingen die Follower auch nicht blauäugig davon aus, sie empfehle diese Produkte privat ernsthaft weiter. Und das auch dann nicht, wenn sie, wie in diesem Fall, wirklich nicht dafür bezahlt wurde.
Doch daraus kann nicht geschlossen werden, dass keiner mehr Beiträge als Werbung kennzeichnen muss. Vielmehr muss man jeden Einzelfall untersuchen. Dies wird bei reichweitenstarken Influencern regelmäßig der Fall sein.
Für dich heißt das nun in der Regel, dass du Werbung, für die du Geld bekommst, auch als solche kennzeichnen solltest. Sagst du aber nur deine Meinung über ein Produkt und hast keine geschäftlichen Absichten dahinter, musst du dein Posting auch nicht als Werbung kennzeichnen. Wie man Werbung kennzeichnen muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B. ob es in einem Video oder einem Text vorkommt und ob es darin hauptsächlich um das Produkt geht oder nicht. Du solltest auf jeden Fall davon ausgehen, dass bei einem Influencer nichts „zufällig“ im Bild zu sehen ist oder erwähnt wird.
Echt jetzt?
Diverse Fernsehsender wollten mit Influencern TV-Formate produzieren. Dies ist jämmerlich gescheitert, da die Web-Stars für das klassische TV völlig ungeeignet waren – und die typischen Fernsehzuschauer die Influencer gar nicht kannten.
Was bewegt dich dazu, einem Influencer in den sozialen Medien zu folgen und wann kaufst du seine Produkte? Mit solchen Fragen und dem Phänomen des Influencer-Booms allgemein beschäftigt sich auch die Psychologie. Wie wir ja bereits gelesen haben, ist „Influencer-Werden“ nicht so leicht. Es gibt jedoch einige Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die versucht haben nachzuvollziehen, wie es diejenigen, die erfolgreich sind, geschafft haben. Als Geheimrezept gilt es, authentisch, also echt und ehrlich, zu wirken, immer da zu sein, seinen Followern Orientierung und das Gefühl zu geben, dazuzugehören. Wie sie da in die Kamera hineinlächeln und sprechen, uns ganz private Dinge über ihr Leben erzählen, könnten sie auch unsere Freunde sein.
Damit holen sie uns Menschen als soziale Wesen in unseren grundlegenden Bedürfnissen ab. Denn wir alle möchten Teil einer Gruppe sein. Der Trend in unserer Gesellschaft ist dagegen ein anderer – weg von der Gemeinschaft hin zum Individuum. Familien bestehen aus immer weniger Mitgliedern, immer mehr Menschen entscheiden sich dafür, als Single zu leben. Aber unser Bedürfnis nach Zugehörigkeit ist dabei nicht geringer geworden. Die Anziehung, die Influencer als quasi Teil eines lebensnahen Freundeskreises haben, erscheint mit dieser Begründung dann gar nicht mehr so ungewöhnlich. Außerdem überfordert und verunsichert die Flut an Informationen, der wir täglich durch die Medien ausgeliefert sind. Die vielen Möglichkeiten in Sachen Ausbildung, Beruf, Hobbys, Wohnort, Lebensplanung usw. helfen da auch nicht. Woher sollen wir da noch wissen, was richtig ist und zu uns passt? Influencer, mit denen wir uns identifizieren, sagen uns, was „in“ ist und was man „braucht“, um glücklich zu sein.
Wir richten uns in unseren Entscheidungen nach Influencern, um dazuzugehören und uns sicherer zu fühlen. Das erklärt, warum Influencer so gute Werbeträger sind, warum wir alles wollen, was sie haben. Es erklärt aber auch das Gefühl von Neid und Angst, das uns manchmal überkommt, wenn wir uns mit Influencern vergleichen. Hier hilft es, sich bewusst zu machen, dass all die Echtheit häufig gespielt ist. Erfolgreiche Influencer sind selten lebensnah. Sie betreiben ihren Online-Auftritt, um Geld zu verdienen. So frei, wie es scheint, sind sie also nicht (mehr) in ihren Entscheidungen. Sie analysieren unser Online-Verhalten, um die Posts noch besser auf uns abstimmen zu können. Es gibt unter den Influencern auch schon einige, die in das wahre Leben hinter diese wundervolle Fassade blicken lassen. Der Druck wird auch für sie manchmal zu viel. Sie verabschieden sich dann für einige Zeit von ihren Followern oder zeigen Bilder von ihrem „echten Leben“. Viele Follower sind dann enttäuscht, fühlt es sich doch an, als wäre man von einem Freund belogen worden. Wahre Freundschaften fangen vielleicht im Internet an, jedoch lohnt sich ein RL-Check – ein Treffen im echten Leben –, um die Freundschaft zu vertiefen.
Echt jetzt?
Eine New Yorker Agentur kümmert sich um ganz spezielle Influencer. Sie betreut Hunderte Tiere mit eigenen Seiten auf Instagram, Twitter, Facebook & Co., die sogenannten Petfluencer.
Viele Eltern finden es peinlich, wie sich ihre Kinder auf Instagram oder Snapchat präsentieren. Selfie hier, Selfie da. Bauch einziehen, Muskeln anspannen, Filter hier, Photoshop da. Doch sogar die verfälschte Darstellung von sich selbst trägt letztlich dazu bei, dass man so wird, wie man später mal ist. Also alles halb so wild?
In den westlichen Ländern ist Instagram in den letzten Jahren zu einer der wichtigsten sozialen Plattformen für junge Menschen geworden. Über 100 Millionen Fotos und Videos werden täglich dort hochgeladen und eines sieht toller aus als das andere. Ein Geheimnis hinter dem Erfolg von Instagram ist die einfache Nutzung der Fotofilter. Fotofilter verändern das Bild. Mit einem Klick reinere Haut? Kein Problem. Und vor einem Sonnenuntergang mit satten Farben wirkt doch alles fantastischer. Klick. Fertig. Verwischte Kanten bringen Bewegung in ein Bild und lassen die Party somit noch lebhafter wirken, als sie in Wirklichkeit war. Auch kein Problem. Klick.
Fotofilter gaukeln uns eine Realität vor, die noch schöner, aufregender und lebhafter ist als das echte Leben. Das lässt uns selbst und unseren Alltag grau aussehen. Und das ist gefährlich. Denn derart realitätsfremde Schönheitsideale und die vermeintlich so perfekten Leben der Stars erhöhen den Druck, auch so fehlerfrei zu sein. Doch das ist niemand. Nur die manipulierten Bilder in den sozialen Netzwerken.
Der Druck, volle Lippen, eine schlanke Nase oder dünne Beine haben zu müssen, bringt viele junge Menschen in eine schwierige Situation. Denn was ein Filter mit einem Klick erledigt, lässt sich in der Realität gar nicht oder nur mit einer Operation erreichen. Nicht gerade gut für das eigene Körperbild und Selbstwertgefühl. Vorwiegend Mädchen können dadurch sogar eine Essstörung entwickeln. Im Extremfall kann so etwas lebensgefährlich werden. Und dabei kommen sie ihrem Ziel nicht unbedingt näher. Eine Thigh Gap, also eine Lücke zwischen den Schenkeln, können 30 bis 40 % der Menschen schon allein aufgrund ihres Knochenbaus gar nicht erreichen. Sie hungern daher umsonst.
Dass falsche Vorbilder und unrealistische Ideale ein Problem sind, hat auch Instagram längst verstanden. Im November 2019 hat das soziale Netzwerk daher einen Filter verbannt. Holymariia sorgte mit einem Klick für volle Lippen, eine schmale Nase, Sommersprossen und einen Blush im Gesicht. Man sah aus wie nach einer Schönheits-OP. Instagram begründete die Entfernung des Holymariia-Filters mit einem Verstoß gegen seine „Wohlfühl-Policy“.
Tatsächlich sollten wir alle versuchen, uns mit dem Körper wohlzufühlen, in dem wir leben. Denn machen wir uns doch nichts vor. Hübsche Fotos sind zwar nett. Viel netter sind doch aber die Menschen, die uns zum Lachen bringen. Die Freude ausstrahlen und glücklich sind. Und das sind die, die wenig darauf geben, was andere über sie denken. Das sind die, die frei von jedem Druck einfach nur ihr Leben genießen.
Schon das erste Selfie der Welt war kein schöner Anblick. Ein User namens Hopey verwendete den Begriff erstmals 2002 in einem Forum, als er nach einem Sturz ein unscharfes Foto seiner aufgeplatzten Lippe postete. Heute fluten wir das Netz mit Bildern von uns. Und weil wir mitkriegen, wie oft ein Bild angesehen wird, glauben wir, dass sich andere dafür interessieren. Doch der Counter steigt oftmals nur durch automatische Einblendungen in beliebigen Timelines an. Unsere vermeintliche Wichtigkeit täuscht daher. Unser Bild wird dutzendfach sekundenschnell zur Seite geswiped. Bei unserer Suche nach Anerkennung und Wichtigkeit im Netz vergessen wir nur zu oft, dass wir eigentlich nur ein einzelner Ball im Bällebad sind.
Auch wenn die Fotofilter uns vermeintlich besser aussehen lassen, sind hochmoderne Algorithmen und digitale Tricks technisch gesehen eigentlich ein Rückschritt. Moderne Smartphones nehmen jedes Detail gestochen scharf auf und dank kontrastreicher Bildschirme fallen uns gerade deshalb unschöne Feinheiten stärker auf. Viele Filter setzen daher auf Unschärfe. Die einzelnen Nuancen verschwimmen so zu Brei, der störende Makel ist weg und wir finden uns hübscher. Eigentlich absurd, denn wir machen das Bild damit schlechter.
Viele Stars und Sternchen helfen nicht nur mit Filtern, sondern auch mal mit Bildbearbeitungsprogrammen nach. Manchmal merkt man das, wenn die Beine verdächtig schlank aussehen, dafür aber das Geländer hinter der Person „verbogen“ ist. Seltsame Biegungen an eigentlich geraden Kanten sind ein häufiges Indiz dafür, dass gemogelt wurde. Unter „Photoshop Fail“ findet man dazu viele Beispiele im Netz. Wurde ein Bild hingegen von einem Profi bearbeitet, dann muss man schon genau hinsehen, um zu erkennen, dass geschummelt wurde.
Besonders schwer sind Fälschungen zu erkennen, wenn sich die Bilder bewegen. Unser Gehirn verarbeitet bereits 14 bis 16 Bilder pro Sekunde so, dass sie wie ein Film wahrgenommen werden. Natürlich bleibt da keine Zeit, jedes Bild einzeln unter die Lupe zu nehmen. Leistungsfähige Computer sind deshalb heute schon in der Lage, Filme in Echtzeit zu manipulieren. Als Deepfake werden Videos bezeichnet, in denen das Gesicht einer Person in einem Film von einem Computer so täuschend echt hineinprojiziert wird, dass man glaubt, die Person würde wirklich mitspielen. Das kann einerseits lustig sein, andererseits auch Gefahren bergen. Zum Beispiel dann, wenn von Politikern Deepfakes verbreitet werden, in denen sie Dinge sagen, die sie niemals sagen würden. So könnten Wahlen manipuliert oder wütende Proteste provoziert werden. Viele Menschen glauben nämlich, was sie sehen. Früher bürgten Fotos und Filme noch für die Wahrheit. Heute darf man nichts mehr glauben, nur weil man es sieht. Fazit: Die ehrlichsten Bilder sind die mit den Pickelchen und dem Leberfleck am Hals.
Echt jetzt?
Ein Foto von einem Ei ist das Bild mit den meisten Likes bei Instagram. Der Unternehmer Chris Godfrey wollte Kylie Jenner (18 Millionen Likes) überholen. Das Experiment gelang. world_record_egg hat über 55 Millionen Likes.
Was bringt mehr Likes und Kommentare als ein Foto? Mir fällt nicht viel ein … Nicht umsonst sagt man „Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte“. Ob es Fotos vom letzten Urlaub, von einer Party oder auch von leckerem Essen sind: Das Hochladen von Bildern ist für die meisten immer noch die interessanteste Kommunikation in sozialen Netzwerken. Das zeigt auch der Erfolg von Instagram, welches anfangs nur aus Bildern bestand.
Nun könntest du ja gerade im Zeitalter von Influencern und der steigenden Bedeutung von Followern und Likes auf die Idee kommen, besonders beliebte Bilder von fremden Profilen auf deinem eigenen Profil zu veröffentlichen. Doch Achtung: Das ist verboten und kann sogar zu Abmahnungen und Gerichtsverfahren führen. Grund hierfür sind die Bildrechte. Die Rechte an einem Bild hat der sogenannte Urheber, also derjenige, der das Foto gemacht hat. Das gilt aber nicht nur für Fotos. Tausende Nutzer, die über Tauschbörsen wie Bit Torrent Filme oder Musik geladen hatten, wurden abgemahnt und sollten mehrere Hundert Euro zahlen.
Doch warum geht das eigentlich? Warum ist es illegal, sich an etwas zu bedienen, das im Internet für jeden frei zugänglich ist? Ganz einfach: Das Urheberrecht schützt die Rechte des Urhebers an seinem Werk. Es versucht zu verhindern, dass ein Werk von anderen Personen verunstaltet, missbraucht oder als eigenes ausgegeben wird. Denn der Urheber soll von seiner Arbeit wirtschaftlich profitieren können und gleichzeitig für seine Mühen Anerkennung bekommen – offline genauso wie online. Daraus folgt, dass diejenigen, die nicht selbst künstlerisch tätig werden wollen, sondern Bilder von anderen nutzen möchten, beim Urheber um Erlaubnis fragen müssen. Nur wenn der Fotograf eines Bildes die Nutzung erlaubt, dann darfst du seine Bilder in sozialen Netzwerken mit deinen Followern teilen.
Doch ein Urheberrecht haben nicht nur Profis. Jeder hat ein Urheberrecht an seinen Bildern – völlig unabhängig davon, was darauf zu sehen ist, wie aufwendig das Bild war oder wie schön es ist. Sollte sich jemand also an deinen Bildern bedienen, dann kannst auch du dagegen vorgehen. Du kannst denjenigen abmahnen, von ihm Schadensersatz in Form von Geld verlangen und fordern, dass er nicht noch einmal deine Bilder auf seinem Profil online stellt.
Echt jetzt?
In deutschen Büros wandern innerhalb von einer Minute 740.027 Blicke auf das Smartphone.
Auch wenn der Trend vermehrt in Richtung Body Positivity geht, zeigen einige Studien, dass viel Zeit auf sozialen Medien insbesondere bei jungen Mädchen zu negativen Gefühlen führen kann. Dabei ist immer wieder die Rede von unserem Selbstwertgefühl. Aber was genau ist das eigentlich und wieso haben soziale Medien einen Einfluss darauf?