Finding Perfect

Colleen Hoover

Finding Perfect

Roman

Aus dem amerikanischen Englisch von Katarina Ganslandt

dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Über Colleen Hoover

Colleen Hoover ist nichts so wichtig wie ihre Leser. Ihr Debüt ›Weil ich Layken liebe‹, das sie zunächst als eBook im Selfpublishing veröffentlichte, sprang sofort auf die Bestsellerliste der New York Times. Mittlerweile hat sie auch in Deutschland die Bestsellerliste erobert. Mit ›Nur noch ein einziges Mal‹ stand sie mehrere Wochen auf Platz 1. Weltweit verfügt sie über eine riesige Fangemeinde. Colleen Hoover lebt mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen in Texas.

 

Katharina Ganslandt spaziert mit dem Hund Elmo durch Berlin und das Umland, surft im Netz durch die Welt und sammelt nützliches und unnützes Halbwissen zu fast allen Themengebieten an, wenn sie nicht gerade Bücher aus dem Englischen übersetzt.

Über das Buch

Daniel und Six verbindet eine große Liebe – und eine perfekte Beziehung … fast: Denn das Wissen, dass sie ihr Baby zur Adoption freigegeben hat, frisst Six beinahe auf. Ihr Leid ist so groß, dass Daniel alles auf eine Karte setzt und versucht, zu den Adoptiveltern des Kindes Kontakt aufzunehmen …

»Ihr Blick ist so unendlich traurig, und ich möchte meine Lippen auf ihre Augenlider pressen, um die Traurigkeit wegzuküssen.«

Impressum

Hinweis: Diese Erzählung verknüpft Finding Cinderella (dritter Band der Sky & Dean-Reihe) mit dem Roman Was perfekt war, weshalb es ideal wäre, wenn man diese beiden Bücher vorher schon gelesen hätte.

 

Deutsche Erstausgabe

© 2021 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Copyright © 2018 by Colleen Hoover

Titel der englischen Originalausgabe: ›Finding Perfect‹

© der deutschsprachigen Ausgabe:

2021 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München

Umschlaggestaltung: buxdesign / Lisa Höfner

 

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags zulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Die Funktionalität der Web-Links wurde zum Zeitpunkt der Drucklegung (eBook-Erstellung) geprüft. Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkungen nicht erkennbar.

 

eBook-Herstellung im Verlag (01)

 

eBook ISBN 978-3-423-43977-0 (epub)

ISBNder gedruckten Ausgabe 978-3-423-71899-8

ISBN (epub) 9783423439770

»Drei zu null für mich.« Breckin wirft den Controller der Xbox zur Seite und steht auf. »Okay, jetzt muss ich aber echt los.«

»Was? Nein!« Ich greife nach dem Gamepad und halte es ihm hin. »Nur noch eine Runde«, sage – nein, flehe ich. Aber Breckin hat sich schon seine alberne, superfette Daunenjacke angezogen und geht zur Tür. Er dreht sich noch mal zu mir um.

»Warum rufst du nicht Holder an, wenn du Gesellschaft brauchst?«

»Der ist über Thanksgiving mit seiner Mom und Sky nach Austin zu seinem Vater gefahren und kommt erst heute Abend wieder.«

»Dann frag Six, ob sie Zeit für dich hat. Ich war jetzt so lange bei dir, dass es mir bis Weihnachten erst mal reicht.

Ich lache ungläubig. »Familienscheiß

Breckin zuckt mit den Schultern. »Na ja. Es ist Thanksgiving. Da geht Familienscheiß vor.«

»Du schockst mich. Seit wann dürfen Mormonen so böse Wörter wie Scheiße sagen?«

Breckin verdreht die Augen und öffnet die Tür. »Viel Spaß noch.«

»Warte. Kommst du Samstag zu unserem Friendsgiving?« Als wir vorgestern mit den Mädels vom College nach Hause gefahren sind, hat Holder vorgeschlagen, ein Essen zu machen und Breckin dazu einzuladen. Six und Sky haben sich bereit erklärt, uns zu bekochen, weshalb ich ziemlich fest davon ausgehe, dass wir am Ende Pizza bestellen.

»Klar. Aber nur, wenn du endlich aufhörst, mich ständig auf meine religiöse Vorbelastung anzusprechen.«

»Pfadfinderehrenwort. Und wenn du jetzt noch eine Runde mit mir zockst, erkläre ich mich sogar bereit, dich nie wieder Gaylord zu nennen.«

Breckin sieht mich mitleidig an, als würde ich ihn langweilen. Ich kann es ihm nicht verdenken. Ich langweile mich ja selbst.

»Geh lieber raus und lüfte mal dein Zimmer«, sagt er. »Du sitzt jetzt nonstop seit zwölf Stunden vor der Konsole. Hier drin müffelt es schon ein bisschen nach frischer Waffel.«

»Weil ich es so meine.« Breckin zieht die Tür hinter sich zu und ich bin allein.

So unendlich allein.

Ich lasse mich nach hinten auf den Boden fallen und starre an die Zimmerdecke. Nach einer Weile taste ich nach meinem Handy und werfe einen Blick darauf. Nichts. Keine Nachricht von Six. Den ganzen Tag schon nicht. Ich habe absichtlich stillgehalten, weil ich gehofft hatte, dass sie sich als Erste meldet. Fehlanzeige. Seit ein paar Monaten zieht sie sich immer mehr in sich zurück, redet kaum noch und hat an nichts mehr Spaß. Ich habe versucht, mir einzureden, es läge daran, dass sie sich im College erst mal eingewöhnen muss, aber auf der Heimfahrt war sie total einsilbig und seitdem herrscht Funkstille. Gestern stand bei ihr zwar auch Familienscheiß auf dem Programm, aber heute hätten wir uns eigentlich sehen können.

Irgendwie kann ich das ungute Gefühl nicht abschütteln, dass sie ein Problem mit mir hat und sich trennen will. Nicht, dass ich auf dem Gebiet Erfahrung hätte. Bei Val damals war ich derjenige, der den Schlussstrich gezogen hat. Aber ich stelle mir vor, dass es so abläuft. Die Kommunikation wird nach und nach runtergeschraubt, man unternimmt immer weniger zusammen, entfernt sich immer weiter voneinander und dann … ist alles aus.

Durchaus möglich, dass sie es nur deswegen noch nicht offiziell ausgesprochen hat, weil sie Skrupel hat, unsere

Aber hey, vielleicht liegt es ja wirklich nur daran, dass sie sich erst mal an das neue Leben am College gewöhnen muss.

Die Tür wird aufgerissen. Chunk lehnt mit verschränkten Armen im Türrahmen. »Warum liegst du auf dem Boden?«

»Warum kommst du hier einfach rein?«

Meine Schwester zieht sich ein Stück in den Flur zurück. »Um dir zu sagen, dass du heute mit Abspülen dran bist.«

»Ich wohne nicht mehr zu Hause.«

»Über Thanksgiving schon«, sagt sie. »Du isst unser Essen, du benutzt unser Geschirr und du schläfst unter unserem Dach. Also musst du auch deinen Beitrag zur Hausarbeit leisten.«

»Boah, du hast dich echt kein Stück verändert.«

»Du bist erst vor drei Monaten ausgezogen, Daniel. Niemand wird in drei Monaten zu einem anderen Menschen.« Chunk lässt meine Tür offen stehen und geht davon.

Ich bin versucht, ihr hinterherzubrüllen, dass sie sich da leider irrt, weil Six sich nämlich innerhalb von drei Monaten in einen anderen Menschen verwandelt hat. Aber dann würde meine kleine Schwester neugierig nachhaken und ich rede mit ihr prinzipiell nicht über meine Beziehungen.

Ein letzter Blick aufs Handy, ob Six sich inzwischen

Ich habe noch keinen Job gefunden. Was hauptsächlich daran liegt, dass ich mir keinen gesucht habe.

Hannah sitzt mit ihrem Laptop im Bett. Wahrscheinlich lernt sie für ihr Studium oder macht sonst irgendwas Vernünftiges. »Musst du eigentlich auch abspülen, wenn du hier bist?«, frage ich.

Sie schaut nur kurz von ihrem Rechner auf. »Hm? Nein. Aber ich wohne ja auch nicht mehr zu Hause.«

Klar. Ich hatte immer schon den Verdacht, dass sie das Lieblingskind unserer Eltern ist. »Und warum muss ich dann abspülen?«

»Ich verdiene mein eigenes Geld, du wirst immer noch von Mom und Dad unterstützt. Du schuldest ihnen was.«

Na gut, das ist ein Argument. Ich bleibe in der Tür stehen, um das Unvermeidliche noch ein bisschen rauszuzögern. »Was machst du?«

»Unizeug«, sagt sie.

»Hast du Lust, ein bisschen Call of Duty mit mir zu zocken?«

Hannah schaut mich so angewidert an, als hätte ich ihr vorgeschlagen, jemanden zu ermorden. »Wann hatte ich bitte schon jemals Lust, mit dir zu zocken

Holder und Sky kommen zwar heute Abend wieder zurück, sind bis Samstag aber schon verplant. Breckin ist mit Familienscheiß beschäftigt. Und von Six kommen ganz, ganz schlechte Vibes. Aber ich werde sie garantiert nicht anrufen, weil ich ihr keine Gelegenheit geben will, mich über die Feiertage aus ihrem Leben zu schmeißen. Oder überhaupt jemals. Wenn ich mich nie wieder bei ihr melde, hat sie keine Chance, Schluss zu machen, und ich kann mich der Illusion hingeben, dass zwischen uns alles in bester Ordnung ist.

Widerstrebend stoße ich mich vom Türrahmen ab und schlurfe mit hängenden Schultern Richtung Küche, als Hannah mich zurückruft. Ich drehe um.

»Alles okay bei dir?«, fragt sie besorgt.

Ich tue mir selbst so wahnsinnig leid, dass ich es nicht schaffe, ihr etwas vorzumachen. »Bei mir ist nichts okay«, seufze ich theatralisch. »Gar nichts.«

Hannah deutet wortlos auf den Sitzsack in ihrem Zimmer. Ich gehorche und lasse mich hineinfallen. Keine Ahnung, warum ich das tue. Sie wird mir gleich nur einen Haufen Fragen stellen, die ich nicht beantworten will. Aber das ist eine kleine Ablenkung von meinem Leid und definitiv besser, als Geschirr zu spülen.

»Also, was ist los?«, fragt sie. »Ist was mit Six? Ist zwischen euch Schluss, oder was?«

»Was hast du angestellt?«

»Nichts«, verteidige ich mich. »Jedenfalls nicht, dass ich wüsste. Keine Ahnung. Schwierig zu erklären. Unsere ganze Beziehung ist schwierig.«

Hannah klappt lachend ihren Laptop zu. »Ein Medizinstudium ist schwierig, eine Beziehung ist es nicht. Man liebt sich oder man liebt sich nicht und wenn nicht, beendet man die Beziehung. Ganz einfach.«

Ich schüttle den Kopf. »Ich liebe Six und weiß, dass sie mich liebt, und trotzdem ist alles sehr, sehr schwierig.«

Manchmal tritt so ein Glitzern in Hannahs Augen – und zwar oft in den unpassendsten Momenten, so wie zum Beispiel jetzt. Dass meine Beziehung zu Six möglicherweise am Ende ist, sollte ihre Augen nicht zum Glitzern bringen.

»Vielleicht kann ich dir ja helfen«, sagt sie.

»Du kannst mir ganz bestimmt nicht helfen.«

Hannah schlägt die Decke zurück, steigt aus dem Bett, geht zur Tür, zieht sie zu und dreht sich dann mit besorgter Miene zu mir um. Das Glitzern in ihren Augen ist verschwunden. »Seit ich wieder hier bin, hast du noch kein einziges Mal versucht, mich zum Lachen zu bringen. Irgendwas macht dir richtig schwer zu schaffen und ich als deine ältere Schwester möchte wissen, was los ist. Wenn du es mir nicht sagst, sehe ich mich gezwungen, ein Wesley-Familienmeeting einzuberufen.«

»Dann lass dich mal überraschen, was ich alles tun kann«, sagt Hannah.

Ich schlage stöhnend die Hände vors Gesicht und sinke tiefer in den Sitzsack. Hannah ist – das muss ich zugeben – von allen Mitgliedern unserer Familie die Vernünftigste, vielleicht sogar die einzig Vernünftige. Chunk ist noch zu jung, um das Problem zu verstehen, Dad ist geistig genauso unreif wie ich, und Mom würde ausflippen, wenn sie von Six' und meinem Geheimnis erfahren würde.