Für meine Schwester Bettina
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Wie alles beginnt
Das Erkennen der eigenen Kreativität
Die Dynamik der inneren Einstellung
Wie erkenne ich, ob ich mein eigenes Leben lebe?
Die Werkzeuge
Das erste Werkzeug heißt ‚NLP‘
Das zweite Werkzeug heißt ‚Hypnose‘
Werkzeug Nummer 3: Kreatives Visualisieren
Das vierte Werkzeug: Die mentale Klärung
Die 12 Schritte zur Selbstbestimmung
I. Schritt: Wie bin ich konstruiert?
2. Schritt: Wie finde ich heraus, was ich wirklich will?
3. Schritt: „Hin zu“ oder „weg von“? - Wie werde ich motiviert?
4. Schritt: Das Fluchtprogramm der Angst
5. Schritt: Auf die Sprache kommt es an
6. Schritt: Fähigkeiten erweitern
7. Schritt: Das Bild der Erfüllung
8. Schritt: Die Struktur der Gefühle
9. Schritt: Der Nutzen eines Vorbilds oder Abgucken erlaubt!
10. Schritt: Aufheben von Blockaden
11. Schritt: Nun geht es los!
12. Schritt: Zu guter Letzt
Anhang
Glück
So lang du um Verlor‘nes klagst
und Ziele hast und rastlos bist,
weißt du noch nicht, was Friede ist.
Erst wenn Du jedem Wunsch entsagst,
nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
das Glück nicht mehr beim Namen nennst,
dann reicht dir des Geschehens Flut
nicht mehr ans Herz
und deine Seele ruht.
Hermann Hesse
Vorwort
Was ist Glück? Wie finde ich Glück?
Diese Frage stellen sich meine Patienten sehr oft und erzählen mir, wie viel Mühe sie sich in ihrem bisherigen Leben gegeben haben, um dieses Glück irgendwie zu bekommen – es sich zu verdienen.
Wahrscheinlich haben auch Sie sich schon gefragt, warum nicht alles in Ihrem Leben so ist, wie Sie es eigentlich gerne hätten. Warum üben Sie einen Beruf aus, der Ihnen keinen Spaß macht? Warum leben Sie mit einem Menschen zusammen, den Sie nicht lieben? Warum erkennt niemand Ihre Anstrengungen an?
Ich freue mich, dass Sie dieses Buch zur Hand genommen haben – oder hat das Buch Sie an die Hand genommen?
Ich habe in meinem Leben die Erfahrung gemacht, dass mir Menschen, Ereignisse oder Bücher „begegneten“, wenn die richtige Zeit dafür gekommen war. Jedes Mal brachten diese „Begegnungen“ mich weiter.
Doch, was ist der „richtige Zeitpunkt“? Nun, Sie stehen vielleicht gerade in einem Buchladen und haben dieses Buch in die Hand genommen, weil es irgendwie Ihre Aufmerksamkeit erweckt hat. Sie sind unbewusst darauf eingestellt, eine Lösungsmöglichkeit oder einen Richtungshinweis anzunehmen. Ihre Intuition hat Sie in genau diese Situation geführt: Sie stehen da, mit dem Buch in der Hand. Vielleicht haben Sie auch schon ein oder zweimal vorher überlegt, ob Sie es kaufen und es dann wieder weggestellt. Mag sein, dass Sie genau dies auch heute wieder tun. Vielleicht ist aber gerade heute der Tag, an dem Sie offen und bereit genug sind, sich für eine neue Richtung in Ihrem Leben zu entscheiden. Offen, zu erfahren, wer Sie sind und wohin Sie eigentlich gehen wollen.
Es ist nie zu spät eine alte Gewohnheit oder Sichtweise zu ändern. Sie müssen es nur einfach tun. Davon zu sprechen, was sie gerne ändern möchten und sich dann in „Wenn” und „aber” zurückziehen, lässt Sie in Ihrem alten unbefriedigenden Zustand verharren. Vergessen Sie sofort alle Ausflüchte und vergessen Sie die „wohlwollenden” Ratschläge und Meinungen Ihrer Verwandten, Kollegen und Freunde. Wenn der von Ihnen erwünschten Veränderung eine positive Absicht zu Grunde liegt und Ihr Leben innerlich bereichert, Sie aus alten Zwängen befreit, dann ist es völlig gleichgültig, was andere dazu sagen. Sein Sie Sie selbst! Bleiben Sie standfest bei Ihrem Streben nach Veränderung. Jede positive Veränderung zieht automatisch eine weitere nach sich, so dass auch Ihre Mitmenschen in den Genuss des Guten kommen, das Sie bewirken.
Kritiker des positiven Denkens sind der Ansicht, es würde sich nur um „Schönreden” und zeitweiliges Überblenden von negativen Zuständen handeln. Doch das stimmt nicht. Natürlich sollen Sie Situationen und Ereignisse, die für Sie negativ sind, nicht schön reden. Wenn Sie anerkennen, dass mal etwas nicht ganz so funktioniert hat, wie Sie es sich wünschen, wird es leichter, aus diesem Tief wieder heraus zu kommen. Lassen Sie sich davon nicht herunterziehen und deprimieren. Grollen Sie nicht Ihren Mitmenschen, den Umständen oder Ihrem Schicksal. Übernehmen Sie für sich selbst die Verantwortung. Es nützt Ihnen nichts zu sagen: „Das ist mir nur passiert, weil….”. Ihnen kann nur geschehen, was Sie zulassen oder durch Ihre Gedanken herbeiziehen. Oft gehen wir sehr unvorsichtig mit der Kraft unserer Gedanken um. Wir bemerken dabei nicht, wie wir uns Situationen erschaffen, die wir gar nicht haben wollen.
Einer meiner Patienten jammert ständig über wirklich alles: zu wenig Aufträge in seiner Firma, zu wenig Interesse seiner Frau an sexuellen Dingen, zu wenig Erfolg bei anderen Frauen, zu wenig Geld und seine Freunde lassen auch nichts mehr von sich hören. Mit seinen negativen Gedanken und Erwartungshaltungen erschafft er sich eine höchst unbefriedigende Welt. Seine Freunde konnten und wollten sein ewiges Gejammer nicht mehr hören und zogen sich zurück. Seine Frau bedauerte sein mangelndes Einfühlungsvermögen Ihr gegenüber, wusste jedoch nicht, was sie dagegen tun sollte. Sie wäre ihm gerne wieder näher gekommen, hatte aber das Gefühl, er wollte es gar nicht. So hielt sie sich zurück. Seine Haltung nach außen ließ seine negativen Erwartungen und Gedanken wahr werden.
Doch sagen Sie selbst: ist es nicht viel schöner, von innen heraus zu strahlen, freundlich und aufmerksam zu sein und somit positive Beachtung zu finden? All das können Sie erreichen und noch viel mehr.
Der richtige Zeitpunkt ist JETZT!
Es kommt nicht auf das Leben an,
sondern auf den Mut, mit dem du es lebst.
Yogi Bhajan
Die Prägungen für unser späteres Leben, winzige Momente, die über Glück und Erfolg oder Trauer und Armut entscheiden, beginnen schon vor unserer Geburt. Ja, Sie haben richtig gelesen. Das heißt jedoch nicht, unsere Mutter ist verantwortlich für das, was wir in unserem Leben erfahren. Es besagt, dass die Gefühle, die ein Embryo während der vierzig Wochen im Leib seiner Mutter entwickelt, schon der Grundstein für späteres Verhalten sein können. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass das Baby ab dem fünften Schwangerschaftsmonat, also nach der Entwicklung der „Sozialhirn“ genannten Hirnregionen, Sinneseindrücke erinnert und Emotionen wahrnimmt. Diese haben schon jetzt deutliche Auswirkungen auf seine Entwicklung. Dabei stehen die Gefühle des Babys in direkter Verbindung zu den Gefühlen der Mutter.
Stress schädigt schon früh das ungeborene Leben. |
Dr. med. Thomas Verny berichtet dazu in seinem Buch „Das Seelenleben des Ungeborenen“, dass das Ungeborene hören, schmecken und erleben kann und durch diese Erfahrungen seine Beziehung zu sich selbst zu formen beginnt. Ob es später ein aufgeschlossener, fröhlicher Mensch oder ängstlich und angriffslustig sein wird, hängt zu einem Teil von diesen Erfahrungen ab. Chronische Ängste und eine Ablehnung der Mutterschaft hinterlassen negative Spuren in der kleinen Seele, während Freude und Glück die emotionale Entwicklung des Kindes stärken.
Andauernder Stress der Mutter hat in einigen Fällen dazu geführt, dass das Baby mit einer akuten Gastritis (Magenschleimhautentzündung) geboren wurde.
Franz, 46, war als Kind unsicher und schüchtern, wirkte eher ruhig und genügsam. „Was ist er doch für ein umgänglicher Junge. Er stellt nie Ansprüche und ist mit allem zufrieden, was er bekommt “- so hörte seine Mutter oft und war ganz froh darüber. In der Schule war Franz eher mittelmäßig und zeigte kaum Ehrgeiz. Auch im Beruf tat er, was ihm aufgetragen wurde. Eigeninitiative lag ihm fern. Persönliche Kontakte beschränkten sich auf Kollegen und ehrenamtliche Tätigkeiten im Sportverein. Seine Ehe war schwierig und scheiterte letztlich.
Franz ist ein typisches Beispiel für die Entwicklung eines Kindes, das unerwünscht von einer minderjährigen Mutter geboren wurde. Sein erstes Lebensjahr verbrachte er in einem Kinderheim, 600km von seiner Mutter entfernt, zu welcher er in dieser Zeit keinen Kontakt hatte.
Lange Zeit herrschte die Meinung, alle Bedürfnisse eines Kindes werden befriedigt, wenn es regelmäßig mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt und sauber gehalten wird. Dank der Untersuchungen verschiedener Entwicklungspsychologen weiß man heute, dass die Mutterbindung die Voraussetzung ist für die Fähigkeit soziale Kontakte einzugehen.
Zwischen dem fünften und achten Lebensmonat hat der kleine Franz die Fähigkeit entwickelt, Einzelpersonen zu unterscheiden. Sein Lächeln gilt von nun an einer bestimmten Bezugsperson. Im Allgemeinen ist dies die Mutter. Alle anderen Personen lehnt er ab. Er fremdelt. Durch den ständigen Wechsel des Personals im Kinderheim ist Franz erst einmal verwirrt. Er versucht, eine Beziehung zu einer bestimmten Kinderschwester herzustellen, die jedoch plötzlich wieder weg ist. Dafür ist eine andere da. Die keimende Beziehung wird schon in ihren Anfängen erstickt. Die Erkennungsreize wie Kopfform, Geruch und Stimme sind völlig verschieden. Bald gibt Franz jeden Versuch auf, eine Mutterbindung herzustellen. Er fühlt sich isoliert.
In der Therapie findet er heraus, dass seine Erfahrungen ihn zu folgender Schlussfolgerung veranlasst haben, die sein Leben entscheidend prägt: „Keiner will mich haben. Am sichersten bin ich, wenn ich nicht auffalle und tue, was man von mir verlangt. Ich bin immer allein.“
Die psychische Entwicklung des Menschen ist ein langer Prozess, dessen prägende Phase die ersten drei Lebensjahre sind. Wird in dieser Zeit die Entwicklung der sozialen Kontaktfähigkeit und der Selbsterfahrung gestört, hat dies lebenslange Folgen. Hat das Kind in seinem zweiten Lebensjahr erkannt, dass es eine eigenständige, von der Mutter gelöste Person ist, kommt es zu widersprüchlichem Verhalten: zum einen möchte das Kind sich von der Mutter weiter entfernen, um sein Getrenntsein tiefer erleben zu können, zum anderen sehnt es sich zurück nach der Einheit, die Sicherheit und Liebe schenkt. Wenn die Mutter das Kind in dieser Lebensphase in seinen Bedürfnissen annimmt und unterstützt, wird es ein stabiles Gefühl für seine Selbstgrenze entwickeln und sich in sich selbst sicher fühlen. Es weiß, die Liebe seiner Mutter geht ihm nicht verloren, auch wenn es sich von ihr entfernt.
Die Liebe ist es, um die sich alles dreht. |
Handlungsweisen von Kindern und Erwachsen haben stets den manchmal tief im Inneren versteckten Wunsch, geliebt zu werden. Viele Erwachsene verhalten sich in bestimmten Situationen so, wie sie es als Kind getan haben, wenn ihnen etwas verwehrt wurde, das sie sich sehr gewünscht haben. Die einen sind bockig oder schmollen, die anderen versuchen, das Ziel durch Schmeichelei oder Tausch zu erreichen. Jede dieser Ausdrucksformen soll sagen: „Schenk mir Deine Aufmerksamkeit und hab mich lieb“.
Strategien und Charakterzüge bilden sich im Laufe der Kindheit in dem Maße heraus, wie die Erfahrungen des Kindes von Erfolg oder Misserfolg geprägt wurden.
Verhaltensweisen, die in der Kindheit erfolgreich waren, werden später im Erwachsenenalter fortgeführt. |
Petra kam zu mir, weil sie nicht wusste, wie sie es mit ihrem Mann aushalten sollte. Eine Ehe, die im Himmel geschlossen wurde und sich langsam zur Hölle entwickelte, war nicht das, was sie sich vorgestellt hatte. Sie erzählte mir, dass ihr Mann Frank jedes Mal, wenn sie etwas tun wollte, was ihm nicht gefiel, seine Zeitung oder ein Buch nahm und sie völlig ignorierte. Mit den Worten „Tu was du nicht lassen kannst“ setzte er sich in seinen Schmollwinkel. Petra hatte stets ein schlechtes Gewissen und sagte Verabredungen mit Freundinnen ab um mit Frank über „das Problem“ zu sprechen. Frank wollte aber gar nicht sprechen. Er benutze genau das gleiche Verhalten, dass er schon als kleiner Junge bei seiner Mutter erfolgreich ausprobiert hatte, um sich Petras ständiger Anwesenheit in seiner Nähe zu versichern. Da die Ehe ernsthaft gefährdet war und Frank auf gar keinen Fall eine Trennung wollte, stimmte er einer Paartherapie zu. Während seiner Hypnoanalyse fand er Zugang zu Erinnerungen seiner frühsten Kindheit. Er entdeckte, dass eine traumatische Erfahrung zum Zeitpunkt seiner Geburt große Verlustsängste in ihm geweckt hatte. Die Geburt war schwierig verlaufen, seine Mutter wurde nach einem Blutsturz auf die Intensivstation verlegt. Er fühlte sich völlig verlassen. Die Säuglingsschwestern hatten nicht die nötige Zeit, sich intensiv mit ihm zu beschäftigen und zu trösten. Sein Vater war nicht da. Als Kind lernte er schnell, dass seine Mutter sich sofort wieder ihm zuwendet, wenn er sich schmollend zurückzieht. Sie hatte sich nach der traumatischen Geburt vorgenommen, ihr Kind nie wieder im Stich zu lassen. Frank erreichte bei ihr also immer, was er wollte. In der Therapie löste Frank bald seine Ängste und fand zu Sicherheit und Vertrauen. Er erkannte, dass er seine Ängste auf seine Frau übertragen hatte und sie mit seinem Verhalten in unerträglicher Weise einengte. Petra lernte, dass sie nicht für Franks Ängste verantwortlich ist und somit auch kein schlechtes Gewissen zu haben braucht, wenn sie ohne ihn ausgehen will. Gemeinsam fanden sie Wege zu einem neuen vertrauensvollen Umgang miteinander.
Schon bei Kindern erleben wir das Bestreben, sich Liebe zu kaufen. „Wenn Du mit mir spielst, schenke ich Dir das rote Rennauto“. Wer mit mir spielt, hat mich lieb, also ist das Maß des miteinander Spielens (die Menge der Aufmerksamkeit, die wir bekommen) auch das Maß der Liebe.
Ängste und Mangelgefühle sind ein negativer Treibstoff. |
In der Klasse meines jüngsten Sohnes ging das soweit, dass ein Mädchen einem anderen Geld dafür bot, wenn diese nur mit ihr allein spielt und den Kontakt zu ihrer anderen Freundin abbricht. Dieses Verhalten zeigt ganz deutlich das Muster in der Familie. Die Eltern, die wenig Zeit für ihr Kind haben (die Gründe hierfür sind vielfältig und sollen an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden) versuchen sich der Liebe des Kindes durch materielle Werte zu versichern. Sie kaufen dem Kind, was es sich wünscht. Zum einen beschwichtigen sie damit ihr schlechtes Gewissen über die mangelnde persönliche Zuwendung, die sie dem Kind entgegenbringen, zum anderen zwingen sie das Kind in eine Position, die permanente Dankbarkeit und Liebe von ihm fordert. „Ich hab doch immer alles für Dich getan. Du hast doch immer alles von mir bekommen, was du wolltest.“ Materielle Fülle kann jedoch persönliche Zuwendung nicht ersetzen. Das Kind, das ein inneres Bedürfnis nach nichtmaterieller Liebe hat, kennt jedoch nur das Kaufen von Aufmerksamkeit und Zuwendung und wird dieses Verhalten in seiner Welt anwenden. Es erkauft sich auf verschiedenen Wegen die Spielbereitschaft der anderen Kinder. Kinder, die in intakten emotionalen Verhältnissen aufwachsen, lassen sich jedoch sehr viel schwerer ködern. Diese Kinder geben ihre Freundschaft frei, offen und ohne Gegenleistung. Sie wissen aus Erfahrung, dass derjenige Liebe bekommt, der auch Liebe gibt. Liebe ist kostenlos und hat nichts mit Geld oder Geschenken zu tun, was nicht bedeutet, dass sie Geschenke verachten. Sie durchschauen aber die Motivation dahinter. Kinder, die für eine Verabredung ein Geschenk anbieten, sind ihnen suspekt. Sie spielen lieber mit jemandem, der nichts dafür anbietet und nichts dafür haben will.
Ein Kind das gelernt hat, dass Liebe nur durch Gegenleistung zu erhalten ist, wird dies auch als Erwachsener so halten.
Es wird jede Beziehung daran messen, was der andere an materiellen Werten einbringt. Der innere Mangel wird dadurch jedoch in keiner Weise aufgehoben, wodurch häufig ein Scheitern der Beziehung vorprogrammiert ist.
„Liebe muss man sich verdienen“ – ist ein weit verbreiteter behindernder Glaubenssatz. |
Ein Beispiel dazu sind Thomas und Sabine. Beide stammen aus Familien, in welchen beide Elternteile arbeiten mussten, als die Kinder klein waren. Thomas lernte früh, dass er sich für Liebe und Aufmerksamkeit anstrengen muss, denn nur gute Leistungen und viel Arbeit werden damit belohnt. Da die Familie wenig Geld hatte, standen Geschenke nicht im Vordergrund, sondern waren eher selten und wurden als Zeichen der Liebe und Anerkennung für gute Arbeit vergeben. In dieser Familie kam also der Aspekt „Liebe für Leistung“ zum Tragen. Sabines Vater war der Meinung, dass gute Leistungen für ein Mädchen nicht so wichtig sind, da sie sowieso irgendwann heiratet. Der Mann ist schließlich für den Hauptverdienst zuständig. Sabines Eltern kompensierten den Mangel an Zuwendung mit Geld und großen Freiheiten. So durfte Sabine schon früh in die Disco gehen oder Rockkonzerte besuchen und bei Freunden übernachten. In ihrer Ehe erwartete Sabine das gleiche Maß an Freiheit in Zeit und Geld, wie in ihrem Elternhaus. Gleichzeitig saß in ihr der Mangel an Liebe tief verwurzelt fest. Sie hoffte auf Erfüllung ihrer Bedürfnisse in der Ehe mit Thomas.
Die Wahrnehmung von „Liebe“ kann sehr unterschiedlich sein. |
Thomas jedoch arbeitet von früh bis spät. Er wollte natürlich Sabine seine Liebe beweisen, indem er ihre Forderungen nach Freiheit und Geld erfüllte und hoffte gleichzeitig auf Belohnung seiner Mühen in Form von liebevoller Zuwendung von Sabine. Da Sabine als Kind oft sich selbst überlassen war, hatte sie nie gelernt, zu geben. Sie war zum Nehmen erzogen worden und verstand gar nicht, was Thomas von ihr erwartete. Gleichzeitig fühlte sie sich von ihm vernachlässigt, da er ja nie Zeit für sie hatte. Waren die beiden zusammen, kam es häufig zu Spannungen. Thomas wünschte sich Aufmerksamkeit als Belohnung für seine Mühen, Sabine wusste aber nicht, wie Aufmerksamkeit gegeben wird und erwartete gleichzeitig von Thomas Aufmerksamkeit. Der wurde dadurch wieder in die Rolle „Liebe durch Leistung“ (hier ist die Leistung der Verzicht auf Aufmerksamkeit von Sabine und rückhaltloses Geben von Aufmerksamkeit) gedrängt. Beide waren nicht in der Lage sich wirklich für einander zu öffnen. Ihre inneren Bedürfnisse blieben unerfüllt. Die Beziehung scheiterte.
Bin ich es wert, geliebt zu werden? |
Der Glaubenssatz: „Ich bekomme Liebe nur, wenn ich etwas leiste“ ist bei Männern und Frauen heute gleichermaßen der Motor für all ihre Anstrengungen.
Nur der perfekte Mann, nur die perfekte Frau sind es wert, geliebt zu werden. So rackern sie sich ab, verbringen ihre Zeit fern von ihren Lieben und ernten am Ende genau die Leere, gegen die sie so angestrengt angearbeitet haben. Die Sehnsucht nach Liebe bleibt unerfüllt.
Und dies wird sich auch in einer neuen Beziehung nicht ändern, wenn der Betroffene nicht lernt, sich selbst zu lieben. Dies ist nun erst einmal gar nicht so einfach zu erreichen. Hat er als Kind doch gelernt, dass seine Person nicht liebenswert ist, sondern entweder nur die Leistung zählt oder nicht einmal diese ausreichend ist und das ungeliebte Kind mit Geschenken beschwichtigt werden muss. Die unbewussten Glaubenssätze zum Wert der eigenen Person sind generell negativ. „Ich bin nicht wert, geliebt zu werden“, „Ich muss zufrieden sein mit dem, was ich bekomme“, „Das Leben ist immer Anstrengung und nur diese wird belohnt“ sind Beispiele für Glaubenssätze, die sich in der Hypnosetherapie häufig finden lassen.
Ich selbst habe am Tag meiner Geburt (ich bin zusammen mit einer Zwillingsschwester geboren worden) die Schlussfolgerung gefasst, ich müsste alles tun, was meine Eltern von mir erwarten, damit sie mich genauso lieben, wie meine hübsche Schwester. Der Auslöser dafür war, dass ich mit einem zerknautschten und schiefen Gesicht geboren wurde, während von meiner Schwester als „zauberhafte Porzellanpuppe“ gesprochen wurde. Mein Anblick sorgte für mitleidige Sprüche wie: „Na ja, dass verwächst sich noch“. Ich tat also 23 Jahre lang, was von mir erwartet wurde und strengte mich mächtig an. Ich war gut in der Schule und versuchte stets ein „gutes Mädchen“ zu sein, was auch bedeutete, dass ich Kontakte zu Jungs nur oberflächlich hielt. Die Reden meines Vaters ließen mich glauben, dass gute Mädchen keine Jungs-Geschichten haben. Nur gute Mädchen bekommen Liebe. Als ich meinen ersten festen Freund hatte war ich 18 Jahre alt. Der innere Konflikt zwischen meinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen und den Erwartungen meiner Eltern – oder was ich glaubte, dass sie von mir erwarteten - führte nach wenigen Monaten zu einem Nervenzusammenbruch. Erst Jahre später, als ich schon verheiratet war, konnte ich durch eine Hypnosetherapie die alten Glaubenssätze und Verhaltensmuster auflösen und zu einer Frau mit einem gesunden Selbstwertgefühl werden.
Der innigste Wunsch eines jeden Menschen ist also, geliebt zu werden. Doch wie erkennen wir, ob wir geliebt werden? |
Der Sohn einer Patientin warf kürzlich seinen Eltern vor, von diesen nie geliebt worden zu sein. Er könne sich kaum erinnern, die Worte: „Ich liebe Dich“ von ihnen gehört zu haben. Nun, seinen Eltern fällt es schwer, diese Worte zu sprechen, da beide die Erfahrung gemacht haben, dass Worte hohl und leer sein können und das Gesagte gar nicht so gemeint war. Sie sparten also an Worten und zeigten ihre Liebe durch Taten. Sie waren stets da, wenn er sie brauchte, selbst wenn es darum ging, ihn nachts vom Bahnhof abzuholen, wenn er von einer Feier nach Hause wollte. Nie wurde er gedrängt etwas zu tun, was er nicht wollte. Er maß jedoch die Liebe seiner Eltern nicht an ihren Taten. Er war ja von klein auf gewöhnt daran, in seinen Eltern verlässliche Partner zu haben. Das dies ein Zeichen der Liebe ist, war ihm nicht bewusst. Er glaubte, es müsse andere Zeichen geben, welche die Liebe seiner Eltern zu ihm beweisen. So geschieht es, dass wir uns nach Liebe sehnen und sie nicht annehmen können, weil wir sie nicht erkennen!!! Wir quälen uns tagtäglich in unnötigen Mühen und fühlen uns dennoch ungeliebt. Wir versuchen nach den Vorstellungen und Wünschen der Menschen zu leben, von denen wir geliebt werden wollen und vergessen dabei unser eigenes Leben zu leben.
Es sind nicht die Umstände, die den
Menschen schaffen.
Es ist der Mensch, der die Umstände schafft.
Benjamin Disraeli