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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über < http://dnb.d-nb.de > abrufbar.

2. Auflage 2011

©2007 Martin Mohrmann
Satz, Umschlagsgestaltung, Herstellung und Verlag:
Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-8423-2193-9

Inhaltsverzeichnis

1   EINLEITUNG

2   FACILITY MANAGEMENT-METHODIK

2.1   Operatives Facility Management

2.2   Strategisches Facility Management

2.2.1   Organisatorische Positionierung

2.2.1.1   Dienstleistungsorientierung

2.2.1.2   Kostenorientierung

2.2.1.3   Wettbewerbsorientierung

2.2.1.4   Kooperationsorientierung

2.2.1.5   Marktorientierung

2.2.1.6   Umweltorientierung

2.2.2   Politische Grundsätze

3   DAS KONZEPT DER BALANCED SCORECARD

3.1.1   Finanzperspektive

3.1.2   Kundenperspektive

3.1.3   Prozessperspektive

3.1.4   Potenzialperspektive

3.1.5   Ursache-Wirkungs-Beziehungen

3.1.6   Integration mit bestehenden Managementsystemen

3.2   Die 6-Schritt-Methodik zur Etablierung

3.2.1   Schritt 1: Vision und Strategie klären

3.2.2   Schritt 2: Strategische Ziele festlegen und verknüpfen

3.2.2.1   Strategisches Zielsystem im Facility Management

3.2.2.2   Die Strategiekarte

3.2.3   Schritt 3: Messgrößen und Kennzahlen bestimmen

3.2.3.1   Entwicklung von Kennzahlen

3.2.3.2   Auswahl und Konkretisierung

3.2.3.3   Messgrößen und Kennzahlen im Facility Management

3.2.3.3.1   Praktikable Kennzahlen im Facility Management

3.2.3.4   Final Check der Messgrößen

3.2.4   Schritt 4: Zielwerte abstimmen

3.2.5   Schritt 5: Maßnahmen selektieren

3.2.5.1   Auswahl der Maßnahmen

3.2.6   Schritt 6: Roll-Out, Implementierungs- und Etablierungsphase

3.2.6.1   Verknüpfung mit dem Anreizsystem

3.2.6.2   Zielvereinbarung auf Mitarbeiterebene

3.2.6.3   Strategischer Feedback-Prozess

3.2.6.4   Balanced Scorecard-EDV-Softwarelösung

4   SCHLUSSBETRACHTUNG

5   ANHANG

5.1   Abbildungsverzeichnis

5.2   Kennzahlen im Facility Management

5.3   Merksatzverzeichnis

5.4   Indexliste

5.5   Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der immer größer werdende Kostendruck auf Unternehmen veranlasst sie, stetig ihre Verbesserungs- und Kostensenkungspotenziale zu ermitteln und diese auch nachhaltig umzusetzen. Deshalb wird ist es notwendig auch das Facility Management eines Unternehmens strategisch neu zu betrachten, da die Liegenschaftskosten nach den Personalkosten den größten Kostenblock innerhalb eines Unternehmens darstellen. Liegenschaftskosten sind dabei die Werte aller in einer Abrechnungsperiode für die Bereitstellung von Immobilien verbrauchten Güter und Dienstleistungen, einschließlich der auf dem Grundstück lastenden Objektsteuern.

Facility Management ist ein ganzheitlicher, strategischer und lebenszyklusbezogener Managementansatz um Gebäude, ihre Systeme, Prozesse und Inhalte kontinuierlich bereitzustellen, funktionsfähig zu halten und an die wechselnden organisatorischen und marktgerechten Bedürfnisse anzupassen.

Es optimiert so den Betrieb, die Wirtschaftlichkeit, die Nutzung, die Vermarktung und die Werterhaltung der gesamten Liegenschaften und Einrichtungen einschl. aller hierfür notwendigen Prozesse und erreicht dadurch eine ganzheitliche und umfassende Immobilien-, Einrichtungs- und Infrastruktur -erstellung, -bereitstellung und -bewirtschaftung mit der Zielsetzung einer langfristigen Ertragssteigerung, Qualitätssicherung und Werterhaltung für Besitzer, Nutzer und Kunden.

Um dieses sicherstellen zu können, muss hierfür durch das Top-Management sowohl das gesamte Facility Management (FM) als auch Teilbereiche des Corporate Real Estate Management (CREM)1 berücksichtigt werden. Diese Methodik wird dann als Real Estate Facility Management (REFM) bezeichnet.

Im Branchenvergleich liegt das Facility Management mit mehr als 176 Milliarden Euro Bewirtschaftungsvolumen dabei mittlerweile vor der Baubranche (4,5%), dem Maschinenbau (3,3%) oder der Automobilindustrie (3,1%) und nur knapp hinter dem Wirtschaftszweig „Luft-, Wasser- u. Land- Verkehr und Nachrichtenübermittlung“ (5,7%) und dem gesamten „Gesundheits- und Sozialwesen“ (7,1%) und ist damit eine Schlüsselbranche in Deutschland geworden.2

Im Rahmen der Maßnahmen zu Produktivitätssteigerungen im Facility Management der vergangenen Jahre wurde eine Anzahl neuer Managementtechniken eingeführt. Verfahren wie TQM, Process Reengineering oder Outsourcing, um nur einige zu nennen, haben zu deutlich effizienteren Geschäftsprozessen geführt.

Erstaunlicherweise konnten diese Verbesserungen oftmals nicht in dauerhafte Steigerungen der Profitabilität umgesetzt werden. Der Strategieexperte Michael Porter kommt zu dem Schluss, dass viele Unternehmen die Optimierung operativer Geschäftsprozesse mit strategischem Verhalten gleich setzen3. Aber erst durch die Verbindung der operativen mit der strategischen Unternehmensführung können kurzund mittelfristige Entscheidungen mit langfristigen Zielen abgestimmt werden. Seiner Meinung nach differenzieren sich Wettbewerber untereinander durch die Art und Weise wie sie die Vielzahl ineinandergreifender Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette managen. Eine strategische Positionierung erfolgt erst, wenn ein Unternehmen bewusst andere Aktivitäten wählt als die Wettbewerber oder die gleichen Aktivitäten mit anderen Verfahren oder Techniken durchgeführt werden.

FM-Unternehmen können sich deshalb nur dann einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil sichern, wenn sie eine von Wettbewerbern differenzierende Marktpositionierung haben, ihre Geschäftsprozesse auf die Strategie abgestimmt haben und dabei eine klare Festlegung zugunsten einer strategischen Ausrichtung in Kauf genommen werden. Für die Durchsetzung der dafür notwendigen komplexen Strategien verwenden viele FM-Unternehmen Management Systeme.

Das von Robert Kaplan und David Norton vorgestellte Konzept der Balanced Scorecard4 ist ein dafür geeignetes Instrument, da es die Unternehmensstrategie in operative Geschäftsprozesse zerlegt und dadurch für die handelnden Personen ausführbar macht.

Die Balanced Scorecard bildet den Rahmen für die Verteilung der Ressourcen des Unternehmens entsprechend der Strategie

Merksatz 1-1: Die BSC bildet den Rahmen für die Verteilung

Über die Zuordnung von Verantwortlichen zu allen Strategie-Elementen werden regelmäßig die Expertenmeinungen zum Erfolg der Strategieumsetzung eingeholt. Kaskadierende Scorecards tragen dazu bei, Strategien tief in der Organisation bei den operativen Abteilungen transparent zu machen, so dass die Geschäftsprozesse eine strategische Ausrichtung erfahren.

In diesem Buch wird deshalb versucht eine Real Estate Facility Management-Strategie auf Grundlage der Unternehmensstrategie zu entwickeln und den Umsetzungsgrad der Strategie mithilfe des Führungsinstrumentes Balanced Scorecard für das Top-Management objektiv messbar zu machen. So soll das Blickfeld des Managements von einer auf nur finanzielle Aspekte gekennzeichneten Unternehmenssicht auf alle relevanten Teile gelenkt werden, um ein ausgewogenes („Balanced“) Bild zu erhalten.

______________________

1 Corporate Real Estate Management (CREM) bezeichnet die erfolgsorientierte Verwaltung und Vermarktung von betrieblichen Immobilien (engl. corporate real estates).

2 Vgl. GEFMA Pressemitteilung vom 21. Januar 2010 - Bochum

3 Vgl. Porter, Michael, “What is Strategy”, Harvard Business Review, Nov-Dec 1996, S.96

4 Vgl. Kaplan, Robert und Norton, David, “Translating Strategy Into Action - The Balanced Scorecard”, Harvard Business School Press, Boston, Massachusetts, 1996

2 Facility Management-Methodik

Der englische Begriff „Facility“ bezeichnet zusammenfassend alle Grundstücke, Gebäude, Anlagen, Maschinen, Versorgungseinrichtungen und -installationen, die für die Produktion, Erstellung von Leistungen und Sicherstellung aller Prozesse innerhalb von Immobilien oder ganzen Liegenschaften erforderlich sind. Das Management dieser „Facilities“ umfasst den ganzheitlichen Ansatz für die Planung, den Bau, den Betrieb, die Kontrolle, die Prozesssicherstellung, deren ständige Optimierung, die erfolgsorientierte Verwaltung und Vermarktung.

Betriebswirtschaftlich gesehen handelt es sich um Anlagevermögen und die zur Leistungserstellung benötigten Sachmittel, jedoch auch um Dienste und Prozesse innerhalb des Unternehmens.

Nach der GEFMA5-Richtlinie 100 ist Facility Management eine Managementdisziplin, die durch ergebnisorientierte Handhabung von Facilities und Services im Rahmen geplanter, gesteuerter und beherrschter Facility-Prozesse eine Befriedigung der Grundbedürfnisse von Menschen am Arbeitsplatz, Unterstützung der Unternehmens-Kernprozesse und Erhöhung der Kapitalrentabilität bewirkt.

Die International Facility Management Association IFMA Deutschland e.V. (IFMA)6 definiert Facility Management als den ganzheitlichen strategischen Rahmen für koordinierte Maßnahmen und Programme, um Gebäude, ihre Systeme und Inhalte einschließlich Personal (People, Place, Process) kontinuierlich bereitzustellen, funktionsfähig zu halten und den wechselnden organisatorischen Bedürfnissen anzupassen. 7

Ziel ist stets die Schaffung und Erhaltung einer funktionalen und flexiblen Immobilie, wobei die Nebenkosten unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus optimiert werden müssen. Die Grundlage für ein erfolgreiches Facility Management wird dabei bereits in der Planungs- und Erstellungsphase einer gewerblichen Großimmobilie durch

• Markt- und Standortanalysen,

• eine ganzheitliche konzeptionelle Planung,

• eine maßgeschneiderte Raum- und Funktionalplanung,

• detaillierte Wirtschaftlichkeitsberechnungen und

• umfassende Vermietungskonzepte sowie Marketing- und PR-Aktivitäten

geschaffen.

Intelligente Informationssysteme, ein effizientes Gebäudemanagement und eine umfassende kaufmännische Verwaltung sorgen im Rahmen einer langfristigen Betreuung für die Wertsicherung und systematische Wertsteigerung einer Immobilie.

Um dieses sicherzustellen, sind hierfür neun Facility Management-Kompetenzbereiche definiert worden (s. Abbildung 2-1).

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Abbildung 2-1 Kompetenzbereiche Facility Management

2.1 Operatives Facility Management

Es kennzeichnet Maßnahmen aus allen Bewirtschaftungskernaufgaben einer Liegenschaft und beinhaltet Hauptteile des klassischen Gebäudemanagements8, sieht das Gebäude jedoch aus ganzheitlicher Sicht über deren gesamte Lebensdauer und Nutzungsbestimmung in Abstimmung mit der strategischen Unternehmensausrichtung. Es werden die Inhalte, die im strategischen Entwicklungsprozess erarbeitet wurden, umgesetzt. Die Strategie hilft dabei bei der Annahme und Ablehnung von Opportunitäten – sie bildet sozusagen die Leitplanken, innerhalb der Entscheidungen auf operativer Ebene gefällt werden.

Auf der operativen Managementebene erfolgen die Führung der Mitarbeiter und/oder der Nachunternehmen, die Bereitstellung der Mittel (Ressourcen) sowie die Planung, Steuerung und Überwachung der Prozesse.

Hierfür werden verschiedene Bereiche, Aufgaben und Programme unterschieden. (s. Abbildung 2-2).

Das Kaufmännische Facility Managements stellt die Wirtschaftlichkeit des Gebäudebetriebes sicher und umfasst alle kaufmännischen Leistungen unter Beachtung der Immobilienökonomie.

Das Technische Facility Management umfasst Leistungen, die zum Betreiben und Bewirtschaften der baulichen und technischen Anlagen eines Gebäudes und deren Prozesse erforderlich sind.

Das Infrastrukturelle Facility Management erbringt und überwacht gebäudebezogene Dienstleistungen.

Querschnittsaufgaben stellen ihre Aktivitäten allen Kernbereichen zur Verfügung wie z.B. das Flächenmanagement welches so die Verwaltung und Nutzung von Flächen organisiert und eine ständige Flächenoptimierung bei Belegschafts-, Nutzungsänderungen, Neu- bzw. Umbaumaßnahmen durchführt.

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Abbildung 2-2 Operatives Facility Management

2.2 Strategisches Facility Management

Die Ausrichtung des strategischen Facility Managements leitet sich direkt aus der jeweiligen Unternehmensstrategie ab.

Die Strategie bestimmt, in welchen Geschäftsfeldern ein Unternehmen tätig sein soll, wie der Wettbewerb in diesen Geschäftsfeldern zu bestreiten ist und was die langfristige Erfolgsbasis oder Kernkompetenz des Unternehmens darstellt.9

Während in fast allen Unternehmensbereichen schon seit vielen Jahren Maßnahmen zur Strategieumsetzung getroffen werden, erfolgt dieses im Facility Management meistens nur unzureichend.

Dies zeigt, dass das Facility Management erst in geringem Maße als strategische Ressource von den meisten Unternehmen erkannt wird, obwohl dadurch ein zunehmend erfolgskritischer Wettbewerbsfaktor latent vorhanden ist.10 Auch wird im Instrument der Wertkettenanalyse von Porter11 die Bedeutung der Liegenschaftsaktivitäten zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen nur unzureichend berücksichtigt.

Diese Vernachlässigung einer wertorientierten Betrachtung des Immobilienvermögens gerade in non-property-companies12 basiert auf der Unterschätzung seiner Relevanz auf den Gesamtunternehmenserfolg durch das Top-Management.

Die nachfolgenden Zahlen verdeutlichen jedoch den Stellenwert der Immobilien für den Unternehmenserfolg, welcher sich aus der enormen Kapitalbindung ergibt:

1.   Das Anlagevermögen von Industrieunternehmen besteht zu 30 bis 40% aus Eigentum an Grund und Boden sowie Immobilien.

2.   In der Bilanzsumme entfallen ca. 10% auf immobilienbezogene Kosten.

3.   Nach den Personalkosten nehmen die Immobilienkosten den zweiten Platz der bilanzierten Ausgaben ein.

4.   Bei Industrieunternehmen betragen die Immobilienkosten ca. 5% des Umsatzes, bei Dienstleistungsunternehmen sogar 7 bis 9%.13