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Originaltitel: Living Buddhism by Venerable Myokyo-ni
Copyright © The Zen Centre, London 2000
Übersetzung aus dem Englischen von Ulrich Beck
und Michelle Bromley, ursprünglich erschienen im Angkor Verlag 2011
Nachdruck 2021, BoD – Books on Demand GmbH
Umschlaggestaltung von Matthew Peter Jones
© 2021 Michelle Bromley
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7557-8728-0
Der Hokun Trust ist erfreut, die Übersetzung dieses Buches,
erstmalig in die deutsche Sprache, unterstützen zu können,
zumal Deutsch die Muttersprache der Ehrwürdigen Myokyo-ni war.
Diese klare und praktische Darlegung vom Leben des Buddha und
seiner Lehre wird von noch unerfahrenen Suchenden, aber auch von
schon jahrelang Übenden als bedeutsam empfunden werden.
Wenn diese Lehren nur wenige Herzen ansprechen und Frieden und
Freude bringen, wird die Herausgabe des Buches von großem Wert sein.
Mögen alle Wesen Buddhaschaft erlangen!
Der Buddhismus ist eine der großen Weltreligionen; er ist universell, da er von Rasse und Kultur unabhängig ist. Man kann ihn auch für altehrwürdig halten – beträgt doch sein Alter zweitausendfünfhundert Jahre. Als räumlich weit verbreitete Religion hat er bewiesen, auf jedem Boden Wurzeln schlagen zu können, vorausgesetzt, dass eher sein Geist als die äußere Form verpflanzt wurde. Und sein nachfolgendes Wachstum hat stets die jeweilige einheimische Kultur bereichert.
Aus westlicher Sicht ist es schwierig, den Buddhismus als Religion anzusehen. Wie wenig religiös unser gegenwärtiges intellektuelles Klima auch sein mag, so basieren dennoch unsere Art zu reden und unsere Gedankenabläufe auf der Annahme eines allmächtigen Schöpfergottes. Dieser ist zugleich erste Ursache, Herrscher, Handelnder und Planer, ist größer als seine Schöpfung und besitzt die Macht zu belohnen und zu strafen. Man wendet sich deshalb in religiösen Handlungen durch Gebete, Lobpreisungen und Verehrung an ihn.
In allen traditionell buddhistischen Ländern begegnen uns wie auch im Westen Verehrung und Frömmigkeit, aber es gibt keine herrschende Gottheit, keinen Schöpfergott. Stattdessen geht man von einem sich selbst regulierenden GESETZ aus, welches als Ursache und Wirkung neutral handelt. Der Buddha wird ganz eindeutig als Mensch angesehen, allerdings als ein ganz besonderer, der „erwacht“ oder von unserer menschlichen Bürde des immerwährenden Unglückes und der Unzufriedenheit erlöst ist. So erwachte er nicht nur wie aus einem bedrückenden Traum und erkannte die Ursachen unserer gemeinsamen menschlichen Schwierigkeiten, sondern er beschrieb und lehrte auch deren Heilung, wobei er einen Weg aufzeigte, der aus dem Leiden herausführt, wenn man ihm zu folgen bereit ist.
In buddhistischen Ländern werden dem großen Befreier Dank und Lobpreisungen dargebracht, dem großen Weisen, der während seiner Lebenszeit diesen Weg gewiesen hat, so dass andere ihm folgen konnten. Dankbarkeit, Liebe, Freundlichkeit, Lobpreisungen und Aufschauen zu dem, was mehr als nur Ich ist, was viel versprechend aber noch nicht verwirklicht ist – dies alles sind natürliche Eigenschaften des menschlichen Herzens. Wenn wir diese aus den Augen verlieren, werden wir engherzig, kleinlich und streitsüchtig und verlieren dadurch unser Geburtsrecht als Menschen.
Der Buddha wird weder als göttlich angesehen, noch werden Gebete in der Hoffnung auf irgendeine Fürsprache an ihn gerichtet. Blumen werden ihm dargebracht, Dank und Lobpreisung werden ausgesprochen und rezitiert, und es gibt eine große Anzahl ritueller Bräuche für Laien und Geistliche. An diesen kann man sich freiwillig beteiligen, denn sie sind ja wirklich Ausdruck eines frommen Herzens und erfüllen ein grundlegendes menschliches Bedürfnis, das wir zu unserem eigenen Schaden vernachlässigen. Der Buddhismus kennt keine Gebote, die man einhalten müsste; es liegt nicht in der Macht irgendeines Buddhas zu belohnen oder zu strafen, zu vermitteln oder einzugreifen.
Wenn Verehrung das Wesentliche einer Religion darstellt, ist der Buddhismus auch ohne einen Allmächtigen Gott oder Schöpfer eine Religion. Für uns westliche Menschen ist es schwierig, eine Religion als nicht-theistisch anzusehen. An dieser Stelle mag es hilfreich sein, das Wort „Religion“ selbst zu betrachten, das aus dem lateinischen Wort „re-ligio“ herzuleiten ist, welches Wiederverbinden bedeutet. Dieses Wiederverbinden kann einmal als zu Gott hin gesehen werden, aber ebenso auch zum eigenen innersten Herzens- oder Daseinsgrund – und in diesem Sinne ist Buddhismus als Religion anzusehen. Nur allzu oft wurde er als „Lebensweise“ oder „Philosophie“ deklariert und hat so die wesentlichen Merkmale der Verehrung eingebüßt – die gefalteten Hände, das verneigte Haupt und Herz in Ehrfurcht und Erschauern vor dem Geheimnis des Daseins. Aber gerade diese Haltung kann in unserem menschlichen Herzen eine Wärme und ein Streben erneut ins Leben rufen, die den Einzelnen über ein nur auf sich selbst zentriertes Ich in seine wirkliche Natur als menschliches Wesen emporhebt, und die auch der Ursprung jeglicher Art von Güte, Kreativität und Schönheit ist.
Als nicht-theistische Religion besitzt der Buddhismus keine fest niedergeschriebenen Dogmen, an die man als göttliche Offenbarung zu glauben hätte, und kennt auch keine göttlich verkündeten Gebote, die befolgt werden müssten. Vielmehr wurde sein Begründer, der Prinz Siddharta Gautama, nach vielen Jahren spirituellen Ringens zum Buddha, dem Erleuchteten. Seine Lehren versuchen nicht, den Zustand der Erleuchtung zu beschreiben, denn dieser ist nicht mitteilbar, aber sie zeigen den Weg zu seiner eigenen Einsicht auf. Als solche sind sie kein System des Glaubens oder eines intellektuellen Studiums, sondern ein Weg für eine Übung, die man auf sich nimmt.
Weiterhin wird kein Wert auf historische Einzelheiten gelegt. Die beschriebenen Ereignisse sind offenkundig allegorisch als Metaphern für das gedacht, was in sich selbst unaussprechlich ist.
Jegliche Verantwortung liegt somit beim Einzelindividuum. Das Dharma, der Lauf aller Dinge, ist ein sich selbst regulierendes Gesetz oder ein Vorgang, der sich von selbst fortbewegt und sich auch selbst reinigt. ES ist – jenseits von Raum und Zeit, ohne Anfang oder Ende und frei von allen Attributen. ES lässt sich nicht in Worte fassen, Es ist auch kein Ding, ist überhaupt nichts. Man könnte vielleicht das Leben als Vergleich heranziehen; es ist kein „Ding“, existiert auch nicht als solches, ist bloß ein Begriff, und dennoch ist es die Essenz aller Lebewesen. Obwohl ein individuelles Lebewesen eine bestimmte Lebensdauer besitzt, ist das Leben selbst dadurch nicht beschränkt, sondern geht als Leben weiter – ES ist eben.
In diesen Vorgang mit seinen Einzelheiten, der eigentlich kein Vorgang ist, erlangte der Buddha bei seinem Erwachen vollständige Einsicht. So wurden seine Lehren als „Buddha-Dharma“ bezeichnet, was auch irreführend sein kann, denn sie beschrieben nicht seine Einsicht, sondern nur den Weg, der dorthin führt.
Dieser Weg ist ein innerlicher oder spiritueller Weg, dessen Beschreiten Mut und Hingabe erfordert und zunehmende Gewandtheit und Stärke verlangt, die auf dem Weg erworben werden. Wie weit man ihm folgt, bleibt dem einzelnen Wanderer überlassen, aber über die Jahrtausende hinweg scheint sich die übereinstimmende Meinung entwickelt zu haben, dass schon wenige Schritte auf ihm lohnend sind. Wir, d.h. jeder von uns, sind durch unsere Handlungen Ursache und Empfänger der entstehenden Folgen, so dass jeder Schritt seine unausweichlichen Konsequenzen mit sich bringt. Dies ist jedoch nicht als gerade Linie von Ursache und Wirkung, sondern in einem viel umfassenderen Zusammenhang eines komplizierten, in sich verschlungenen Musters zu sehen, in dem jede Bewegung alles andere beeinflusst, ähnlich wie sich Wellen in einem Teich ausbreiten. Demnach kann es keine Primärursache dieser Bewegung geben, sondern nur eine Vielfalt von „bedingten“ Ursachen, die weitere Konsequenzen hervorrufen. Dies wird im Buddhismus „Karma“ genannt.
So ist Dharma, der Lauf aller Dinge, der grundlegende fundamentale Zustand, welcher als „Ding“ nicht existiert und daher nicht greifbar ist. Vielleicht kann es mit dem „Körper“ eines Weines verglichen werden – schwer fassbar, kein „Ding“, aber wahrnehmbar als die Blume oder die Essenz des Weines. Dies ist nur ein Vergleich, lediglich ein Hinweis, der in sich keinerlei Bedeutung hat, weil Dharma unaussprechlich ist, es IST eben. Wie das allen Dingen innewohnende Gesetz, „in-formiert“ es alle Formen; ähnlich wie das natürliche Gesetz, nach dem alle Dinge in Erscheinung treten, wachsen, fortbestehen, verfallen und wieder vergehen.
Seine aktive Funktion ist Karma, das als zusammenhängendes Netz von Ursache und Wirkung aufgefasst wird, welches sich durch die Zeiten hindurch erstreckt gemäß den erzeugten Ursachen, die selbst wiederum durch das bedingt sind, was sich zuvor ereignet hat und künftige Ereignisse bestimmen wird. Das Wirken von Karma ist neutral, bedarf keiner Führung und mahlt, wie die sprichwörtlichen Mühlen Gottes, langsam aber außerordentlich fein.
Wir tragen also selbst die Verantwortung für unsere Handlungen, und zwangsläufig ernten wir die Folgen davon. Hierin liegt jedoch nichts Fatalistisches, denn obwohl wir ernten, was wir gesät haben, können wir beim Säen auf verschiedene Weise Acht geben – so bei der Vorbereitung des Bodens, bei der Auswahl von gutem Samen, durch sorgsame Pflege der wachsenden Pflanze und durch das Ausmerzen von dem, was nicht heilsam ist. Hierbei sind wir wirklich die Schöpfer unseres eigenen Schicksals, und wir sollten uns nicht über das beklagen, was uns zustößt, sondern uns aufraffen, achtsam zu sein und die Saat für bessere Umstände zu legen. Ausschlaggebend dabei ist auch die Einsicht, dass durch die Verwobenheit des karmischen Netzes Handlungen sich sowohl auf mich als auch auf andere auswirken. Der Buddhismus legt daher großes Gewicht auf Gewaltlosigkeit und guten Willen – nicht nur in der Handlung, sondern auch in Rede und Gedanken.
Historisch kann das gewaltige Lehrgebäude des Buddhismus, welches nach und nach heranwuchs, am besten als ein mächtiger Baum angesehen werden, dessen große Zweige sich weithin verästeln. So wie alle Zweige einen gemeinsamen Stamm besitzen, so vereinigt auch eine grundlegende Übereinstimmung die drei Hauptzweige des Buddhismus, wobei jeder ihn auf seine eigene charakteristische Weise variiert. Diese drei Zweige entwickelten sich infolge der Ausbreitung des Buddhismus nach geographischen Gesichtspunkten. Die allen Zweigen zugrunde liegende Hauptrichtung, die jetzt in ihrem Heimatland fast ausgelöscht ist, ist in ganz Südostasien in Form des Theravada-Buddhismus anzutreffen. Die große Nördliche Schule teilt sich: ein Zweig breitet sich im Fernen Osten aus, und der andere ist als Tibetischer Buddhismus bekannt.
Bemerkenswert ist die zunehmende Popularität des Buddhismus im Westen innerhalb der letzten vierzig Jahre. Hier kann er bestenfalls das spirituelle Vakuum ausfüllen, unter dem die westliche Kultur akut leidet, und er tut dies auch. Schlimmstenfalls wird der Buddhismus nur zu einer Modeerscheinung, die man aber vernachlässigen kann.
Laut Überlieferung wurde der Buddha als Sohn und Erbe des Königs eines kleinen Fürstentums im Himalaya geboren. Seine Geburt und seine Empfängnis waren wie ein Wunder. Ein berühmter Weiser wurde beauftragt, sein Horoskop zu stellen und Aussagen über seine Zukunft zu machen. Dieser Weise warf sich tief gerührt vor dem Kind zu Boden und berichtete dem Vater, dass sein kleiner Sohn dazu auserkoren war, entweder ein mächtiger Weltherrscher oder ein großer Weiser zu werden.
Seine wundersame Empfängnis und die Geburt aus der Seite der Mutter heraus könnten metaphorisch auf die spirituelle Kraft hindeuten, die der Materie innewohnt, wobei der menschliche Zustand nur eine ihrer Manifestationen darstellt. Der Name Maya, den die Mutter trug, ist die Bezeichnung für jene Täuschung, unter welcher wir alle zu leiden haben. Das neugeborene Kind soll sogleich nach der Geburt sieben Schritte gemacht haben, einen in jede Richtung, wobei es mit einer Hand zum Himmel wies und mit der anderen zur Erde deutete und dabei sprach: „Zwischen Himmel und Erde bin ich allein der Welterhabene.“
Was könnte das bedeuten, und wie könnte es für uns wichtig sein? Wie kann ein neugeborenes Kind nur solche Dinge von sich geben! Bevor wir uns immer tiefer in intellektuellen Erwägungen verstricken, sollten wir lieber darüber nachdenken, dass auch Jesus im Hinblick auf seine Christus-Natur gesagt hat: „Ich bin, bevor Abraham war.“ Hier haben wir es doch mit einer vergleichbaren Äußerung aus dem Munde eines neugeborenen Kindes zu tun. Auf was könnte dies in einem buddhistischen Zusammenhang hindeuten? Es ist ein seltenes und glückliches Ereignis, in den menschlichen Zustand hineingeboren zu werden. Viel gutes Karma ist dafür erforderlich, anstatt in irgendeinen anderen Bereich der Lebewesen hineingeboren zu werden, denn vollständige Erlösung kann nur aus dem menschlichen Zustand heraus erfolgen. Eine solche Geburt ist nur die erste von vier günstigen Voraussetzungen, die für eine solche Befreiung erforderlich sind. Es ist auch nicht hilfreich, als menschliches Wesen in einer Zeit geboren zu werden, in der das Buddha-Dharma nicht besteht – und derartige Zeiten gibt es. Wenn man vor etwa zweihundert Jahren hier im Westen zur Welt kam, kannte niemand das Buddha-Dharma, obwohl es zu dieser Zeit im Osten existierte. Und die vierte günstige karmische Verbindung besteht darin, nicht nur zur Zeit und an einem Ort geboren zu werden, wo das Buddha-Dharma bekannt ist, sondern auch mit ihm in Berührung zu kommen und davon so bewegt zu sein, dass sich das Herz öffnet und danach strebt, ihm zu folgen.
Aber zurück zum Buddha-Kind. Ein kleines Baby hat noch keine bewusste Empfindung von „Ich“, daher empfindet es sich auch nicht von allem Sonstigen getrennt. Kleine Kinder leben im jeweiligen Augenblick und sind eins mit dem, was gerade ist; sie sind noch „ganz da“. Weist die Äußerung des Buddha-Kindes darauf hin? Auch wir haben uns ähnlich geäußert; bis zur Geburt waren wir nämlich Teil einer anderen, „der Mutter“, aber mit dem ersten Schrei tritt das Leben ein, wir sind zu Individuen, zu uns „selbst“ geworden. Schon bald werden wir bewusst „Ich“. Und damit schränkt die Welt uns ein; ich werde von dir getrennt, von dem Stuhl, von dem Baum und von allem anderen. So schrumpft alles zusammen, aber irgendwie verbleibt im Herzen ein Gefühl der Erinnerung an diesen ersten Schrei: „Zwischen Himmel und Erde bin nur ich der Welterhabene“ – bin LEBEN. Das menschliche Herz sehnt sich nach dieser Vollständigkeit als seinem wahren Zustand oder seiner wahren Natur. Wir können dieses Sehnen falsch auslegen oder missverstehen, aber solange wir leben, wird es uns zu schaffen machen und auf irgendein „Ding“ hinstreben lassen, wobei häufige Enttäuschungen unbeachtet bleiben. Ob ich es nun gerne möchte oder nicht, ich werde einfach dazu gezwungen, mich an etwas zu klammern – nur um herauszufinden, dass nach Erreichen des Ziels die Anziehungskraft verloren geht, wobei ich aber immer noch nicht zufriedengestellt bin. Wenn ich achtsam bin, werde ich unausweichlich herausfinden, dass ein heiß begehrter Gegenstand schnell seinen Reiz verliert, wenn ich ihn erst einmal in Händen halte, und so beginne ich mir allmählich darüber klar zu werden, dass kein äußeres Objekt diese Sehnsucht stillen kann. Sie ist vielmehr das Sehnen des Herzens nach seiner Heimat, nach Wiedervereinigung mit dem, was ist, um wieder damit verbunden zu sein. Dies kann man vielleicht intellektuell verstehen, aber es ist eine ganz andere Sache, sich dessen bewusst zu sein und danach leben zu können! Was ich mir auch immer ausdenken mag oder was sogar meinem Denken zuwider läuft, in diesem abgetrennten Zustand bin ich mein eigener Gefangener, bin Ich-bewusst, Ich-gebunden und deshalb nicht frei. Aber diese Knechtschaft ist selbst gemacht und deshalb trügerisch. Die buddhistischen Lehren versichern uns, dass diese Auffassung von einem „Ich“ als getrennte und dauerhafte Einheit die Quelle meiner Befangenheit und meiner Angst ist, und dass diese durch eine entsprechende Übung behoben werden kann.
Ich kann einfach nicht umhin, parteiisch zu sein und alles in Bezug auf das zu sehen, was mir zusagt oder bei mir auf Ablehnung stößt. Derartig gefesselt handele ich entweder unter Zwang (also unfrei) oder fühle mich abgetrennt (allein). Ich bin also verlegen und verängstigt über das, was ich nicht mag und reagiere entweder mit Aggression oder Rückzug.
Die Begebenheiten, welche sich der Tradition zufolge in der Zeit um die Geburt des Buddha-Kindes herum ereigneten, eröffnen bereits den Blick auf eine Landschaft, wo die Anfänge eines Weges schon in Andeutung zu erkennen sind. Dieser gut markierte Weg bewahrt uns davor, in die Irre zu gehen, und bietet uns den Zugang zu einer Wiedervereinigung oder Wiederverbindung mit dem, was ist, mit dem „Ungeborenen“. Dieses Vorwärtsstreben zu einer Wiederbegegnung ist wichtig – denn obwohl es von einem Gesichtspunkt her auch als eine Rückkehr zur Wiedervereinigung betrachtet werden könnte, hat der Buddha es als einen „Weg von alters her“ beschrieben, der „zu einer alten Stadt“ führt. Dies deutet auf ein aktives, vorwärts gerichtetes Streben hin und nicht auf ein Zurücksinken in etwas, was nicht mehr ist. Daher bewacht auch nach christlicher Vorstellung der Engel mit dem Flammenschwert den Weg zurück zum Paradies. Eine volle Menschlichkeit kann nur durch Vorwärtsgehen und durch Reifen erlangt werden.
Nun zurück zum Leben des Buddha. Der König freute sich über eine so günstige Prophezeiung und wünschte sich natürlich, dass aus seinem Sohn ein mächtiger Eroberer und Weltherrscher würde; daher war er fest entschlossen, die andere Möglichkeit zu verhindern, nämlich dass er ein großer Weiser würde. Er ließ den Knaben in all den fürstlichen Arten der Kriegsführung, der Künste und Gelehrsamkeit unterrichten, und es wird berichtet, dass der junge Mann auf allen Gebieten hervorragend war. Sein Vater verheiratete ihn dann und schuf so ein weiteres Band, das ihn fest an ein gewöhnliches menschliches Leben binden und damit auf den Weg eines Eroberers bringen sollte. Weiterhin wurde der Prinz sorgfältig von der Außenwelt abgeschirmt und durfte nicht die Palastmauern verlassen, womit eine Begegnung mit dem Leiden unterbunden wurde, welches das normale Leben in der Welt beinhaltet, denn dies hätte ihn ja auf den Weg eines Weisen bringen können. Bald bekam das junge Paar einen Sohn, was könnte noch bei jeder erdenklichen Art von Luxus zu wünschen übrig bleiben?