Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet
diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet unter www.dnb.de abrufbar.

©2021 Egon W. Kreutzer

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 9783753432342

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Vorworte werden meist erst einmal einfach übersprungen. Deshalb kann ich mich an dieser Stelle kurz halten.

Ich freue mich abgrundtief, dass Sie dieses Buch erworben, geliehen oder auf andere Weise sich verschafft haben.

Möge Ihnen hin und wieder das Lachen im Halse stecken bleiben. Mir ging es beim Schreiben und beim Zusammenstellen dieser Texte auch nicht anders.

Egon W. Kreutzer

Aktuelle Texte und Kommentare zum Zeitgeschehen aus meiner Feder finden Sie im Internet unter www.egon-w-kreutzer.de

3. Oktober 2018

Tag der Bayerischen Einheit

Bayern, wiewohl im Schatten des Bundes stehend, hat etwas, worum uns die übrigen alten und neuen Bundesländer beneiden: Eine Einheit.

Eine Einheit, die in Bayern nicht nur an einem einzigen Tage gepriesen und begangen wird, sondern ganzjährig, mit einem zweiwöchigen Höhepunkt, an dem alle Welt nach Bayern strömt um unsere Einheit zu bewundern.

Die bayerische Einheit ist die Mass.

Vor der Rechtschreibreform, als es den Buchstaben „SZ“ sowohl mit kurzem als auch mit langem Vokal davor gab, war die Mass noch die Maß. Heute, wo das SZ sowohl für Süddeutsche, wie auch für Sächsische Zeitung steht und eine langes „A“ die Gefahr der Verwechslung mit der politischen Allzweckwaffe von der Saar mit sich brächte, schreibt man die Mass wieder mit SS, wie so vieles, was vorher nur mit SZ daherkommen durfte.

Die Mass darf nicht mit dem Maßkrug verwechselt werden, denn die Mass ist die Einheit, während der Krug das Messinstrument darstellt. Daher hat die Mass auch keinen Plural, obwohl eine Mass nur selten alleine daherkommt, wohl aber der Bierkrug. Das ist wie beim Zoll und den Zollstöcken, wo es auch nicht heißt, der Meter sei 39,37 Zölle lang, oder beim Strom, bei dem niemand sagt, es seien so und so viele Kilo Watte verbraucht worden.

Die Mass ist definiert als jene Menge bayerischen Bieres, die vom Schankkellner dafür gehalten und vom Verein wider das betrügerische Einschenken noch toleriert wird. Da der Verein nicht überall sein kann, einigen sich im Zweifelsfall Schankkellner und Biertrinker friedlich.

Von der Mass her lassen sich viele weitere Einheiten Bayerns erklären:

Wohlbekannt ist auch die bayerische Massarbeit, die sich dem nüchternen Betrachter niemals in ihrer vollen Schönheit erschließen kann.

(Steile Stiege, in Massarbeit ausgeführt)

Ein kleiner Blick noch nach Berlin, wo in diesem Jahr die zentrale Feier zum Tag der Deutschen Einheit stattfindet. Versucht man jedoch, die der Bayerischen Einheit adäquate Deutsche Einheit zu finden, muss man feststellen, dass die inzwischen untergegangen ist. Die Deutsche Einheit, das war die Mark. Alleine die Tatsache, dass die D-Mark, praktisch mit dem Fall des antifaschistischen Schutzwalls zur Mark aller Deutschen auch im Beitrittsgebiet ausgerufen wurde, lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass es die Mark war, die ganze Mark, die reine Mark und nichts als die Mark, was als Deutsche Einheit bezeichnet werden konnte.

Diese Einheit wurde verspielt. Mit dem Zahlungsmittelsurrogatextrakt „Euro“ ist kein Staat zu machen.

Der Euro, der Blümchen- und Malzkaffee unter den Währungen, das Spaltergeld der EU, eine Einheit, die zu feiern doch gar keinen Sinn macht und nie gemacht hat.

Die bayerische Mass gilt noch.

Der erste Versuch, sie zu demolieren, ist fehlgeschlagen. Die Kommission in Brüssel sah sich – Sie erinnern sich – im März 2017 gezwungen, zu erklären, sie habe den Bierausschank aus Steinkrügen nicht verboten. Auch der Aufdruck am Boden der steinernen Maßkrüge „Nicht für schäumenden Getränke zu verwenden!“ sei nicht auf dem Mist der Kommission gewachsen, sondern die Kommission habe richtigzustellen: „Dies ist allein durch den deutschen Gesetzgeber vorgegeben.“

Lasst uns standhaft bleiben, Bayern, und unsere Einheit verteidigen, auch und gerade gegen solche Preißn, für die sich sogar die EU-Kommission noch fremdschämen muss, damit wir diesen Tag auch in zehn Jahren noch voller Stolz darauf, Bayern zu sein, mit unserer Einheit in Maßen feiern können.

6. Oktober 2018

Gott mit dir, du Land der Bayern, deutsche Erde, Vaterland

… das braune Pack scheut nun nicht einmal mehr davor zurück, die bayerische Nationalhymne für seine Zwecke zu instrumentalisieren …

Der wahre Bayer, als Träger und Stütze einer nach allen Seiten offenen, bunten, multikulturellen Gesellschaft, betrachtet die Nationalhymne als ein kulturelles Artefakt, das – wie Martin Behaims Erdapfel – einer respektvollen Erinnerung würdig ist.

Doch so, wie sich heute niemand mehr mit diesem Urglobus ins Auto setzen würde, um auch nur von Unterhaching nach Feldmoching oder von Luckenwalde nach Treuenbrietzen zu navigieren, kann doch wohl auch niemand diese Hymne noch ernstnehmen oder gar in verzückter Inbrunst mitsingen wollen!

Erstens einmal ist ein altes Bundesland, auch wenn es „Freistaat“ genannt wird, keine Person, mit der man eine vertrauliche Unterhaltung „per Du“ führen könnte. Selbst die Kinseher Luise, die alle Jahre am Nockherberg die Bavaria mimt, wird sich außerhalb des Starkbiertempels nicht als „du Land der Bayern“ ansprechen lassen. Sollte es ihr dennoch wiederfahren, dann kennt sie die Rufnummer des psychiatrischen Fahrdienstes.

Und dann der Bezug auf Gott!

Womit zweifellos seinerzeit einzig der katholischbayerische AT+NT-Einheitsgott gemeint sein kann, was schon mit dem ersten Wort der Hymne einen abgrenzenden, ausschließenden, ja rassistischen und fremdenfeindlichen Diskriminierungsrundumschlag auslöst, der nur schwerlich noch übertroffen werden kann.

Und dann dieses Völkische, Vaterländische, die Blut und Boden Fantasie, die mit „deutsche Erde“ zum Ausdruck gebracht wird. Warum nicht gleich: Die vom Blut unseren tapferen Söhne getränkte Erde ..

Nun, die Kritik soll sich ja nicht am Text aufhängen. Der ist zwar erst entstanden als Behaim schon tot war, aber doch noch zu Lebzeiten von König Maximilian II. Joseph, welchem in der dritten Strophe dieser Hymne noch als Bayern-König und Landesvater gehuldigt wird. Dies alles geschah 85 Jahre vor der Annahme der Bayerischen Verfassung von 1946, seit der ein König als Landesvater nicht mehr vorgesehen ist.

Also: Lasst die Hymne in den Hallen der Geschichte, bestaunt sie als Zeugnis ihrer Zeit, aber,

Zeeeefixhalllllelujah! Singt nicht mit, wenn bayerische Reichsbürger, AfD’ler und andere Rückwärtsgewandte versuchen, euch mit dem Heimatgesülze auf ihre Seite zu ziehen!

Es ist doch schon geschehen! Die Populistin im Dirndl, Ebner-Steiner, das vermerkt warnend sogar die Süddeutsche Zeitung, ist Ende September in der Stadthalle von Osterhofen mit Bayernhymne und Defiliermarsch aufgetreten! Wie unappetitlich!

Von daher distanziere ich mich vollinhaltlich von Text und Melodie und von allen, die Text und/oder Melodie seit 1946 jemals öffentlich oder im privaten Raum zum Vortrag gebracht haben. Dazu gehören alle bayerische Ministerpräsidenten der Neuzeit, der Bayerische Rundfunk mit allen seinen Hörfunk- und Fernsehprogrammen, weite Teile der CSU-Mitglieder, die Heimat-, Trachten- und Schützenvereine, die Bayernpartei, weite Teile der Freien Wähler, und überhaupt alle, die glauben, den Kampf gegen rechts von der Couch aus verfolgen zu können!

Zu allem Unglück muss ich mich leider auch von Angela Merkel distanzieren – es gibt schließlich den glasklaren Videobeweis.

Da frage ich mich doch: Auf wen, bitte, kann man sich als jemand, der schon länger hier lebt, überhaupt noch verlassen?

31. Oktober 2018

Geburt des Mäusleins

Der Berg kreißte und ein Mäuslein ward geboren.

Die Wehen begannen am Abend des 24. September 2017. Das ist über ein Jahr her – und es war der Tag der Wahl zum 19. Deutschen Bundestag.

Die erste Wehe – oder war es das erste „Wehe!“? - zeichnete sich schon früh ab. Gegen den langen Trend stieg die Wahlbeteiligung um rund fünf Prozentpunkte.

Da waren sie wieder, die schon sicher sediert geglaubten Nichtwähler. Auferstanden von ihren Ruhekissen zeigten sie an, dass es vorbei war mit dem stillen Einverständnis des Souveräns.

Die zweite Wehe folgte mit elementarer Wucht dann gleich nach 18 Uhr als die Prognose und dann die ersten Hochrechnungen vorlagen.

Die GroKo schwer beschädigt, Verluste der CDU, bezogen auf das Ergebnis von 2013, 21,4 Prozent. Mehr als ein Fünftel der Wähler von 2013 haben ihr Kreuz anderswo gemacht. Bei der SPD fast das identisch gleiche Bild, auch hier hat sich jeder Fünfte verabschiedet, die CSU kam etwas besser weg, nur jeder Sechste ging von der Fahne, doch die Schmerzensschreie der GroKo im Kreissaal hallten durchs ganze Land und jedermann fragte sich, ob die große Koalition im Kreißsaal ihr Leben aushauchen würde um neuem Leben eine Chance zu geben.

Tatsächlich sah es dann über Monate so aus, als könnte sich eine neue Formation bilden, mit den Farben Jamaicas: Grün als Fundament unten und Grün als Domina auch oben, Schwarz ganz links und Schwarz ganz rechts, und darüber, trennend, statt verbindend, ein gelbes Kreuz. Doch Jamaica erwies sich als ein nicht lebensfähiges Frühchen, das nicht einmal für wert gehalten wurde, es im Brutkasten aufzupäppeln. Es landete bei all dem anderem Klinikmüll, der sich laufend so ansammelt und wurde ohne großes Aufhebens entsorgt.

Aber ohne dass es einer neuerlichen Befruchtung durch den Souverän bedurft hätte, schickte sich ein weiteres Wesen an, den Geburtskanal zu verlassen, ein Wesen, das die ganze Zeit ungeduldig hinter Jamaica gelauert hatte. Es sah der alten GroKo zum Verwechseln ähnlich, wirkte auch gar nicht jung oder neu, nur viel schlanker, und deswegen flutschte es jetzt auch nur so heraus, und Martin Schulz landete mit der Nachgeburt im Klinikmüll.

Bald stellte sich heraus, dass bei der Zeugung der neuen GroKo nicht etwa eine regierungsfähige Einheit entstanden war, es handelte sich auch nicht, wie zuvor, um ein am Kopf zusammengewachsenes siamesisches Zwillingspaar mit links roten und rechts schwarzen Haaren – nein: Etwas Neues war entstanden. Die Drillinge mit den Scherenhänden, aneinander gefesselt von der um die drei Hälse gewickelten Nabelschnur der gemeinsamen Mehrheit, versuchten sie permanent in alle Richtungen auseinander zu streben, um sich gleich darauf wieder mit den scharfen Scherenhänden blutige Verletzungen zuzufügen…

Dann kam die Bayernwahl. Erneut erschütterten schwere Wehenkrämpfe das Land. Die Vermutung, auch die GroKo sei nur eine vorauseilende Fehlgeburt gewesen, es käme nun endlich DAS NEUE machte die Runde.

Doch es vergingen noch einmal zwei Wochen.

Die Hessen wählten.

Die letzte, alles zerfetzende Presswehe ließ das Land sich aufbäumen – und dann geschah das Wunder:

In die bange Stille hinein tat ein rosiges Mädchen seinen ersten Schrei und der klang so:

Ich will noch drei Jahre die Kanzlerin

aller jener sein,

die in dem Land, das mir gehört,

gut und gerne – oder so – leben

und das mit all meiner Kraft

und neuem Schwung –

ohne die Last des Parteivorsitzes.

Leute! Ist das nicht fantastisch, wie stabil unsere Demokratie ist und jeden Sturm, jeden Erdrutsch unbeirrt, ja unbekümmert übersteht?

Selbst drei verheerende Wahlniederlagen in Folge haben unsere Qualitätsregierung nicht aus der Bahn werfen können. Ich könnte heulen vor Stolz! Ist doch wahr!

Mit Angela Merkel auf der Brücke würde die Titanic auch heute, nach über hundert Jahren noch unsinkbar über die Weltmeere fahren und jeder Eisberg, der die Vibrationen der drei Schrauben der Titanic verspürt, würde, wie die Piraten bei Asterix und Obelix, jedwede Möglichkeit ergreifen, der für ihn tödlichen Kollision zu entgehen – und sei es durch spontane Totalverdunstung.

Eine Teflon-Kanzlerin auf der Brücke, eine Drei-Wetter-Taft Kriegsministerin im War Room und das stärkste Mädchen der Welt, mit einem Pferd auf dem Balkon und Herrn Nilson im Genick als Dauerattraktion auf der Showbühne, das kann sich auf dieser Welt nicht jeder leisten, schon gar nicht in der felsenfesten Überzeugung, es handle sich um eine ganz normale Demokratie.

Bei Wilhelm Busch heißt es, in Anbetracht der tollen Streiche des unbesiegbaren Duos Max und Moritz schon im Vorwort: Aber wehe, wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe!

Am Ende war es nicht die alte Witwe Bolte, die, mit ihrem letzten Zahne knirschend, den Diebstahl ihrer Hühner hinnehmen musste, weil es ihr an Kraft und Vitalität fehlte, es war nicht der spindeldürre Schneider Böck, der ihr höhnisches „Meck, meck, meck“ unbeantwortet lassen musste, weil er sie nicht erwischen konnte, es war nicht der vergeistigte Lehrer und Orgelspieler Lämpel, der einem Sprengstoff-Attentat zum Opfer fiel, es war nicht der ewig schläfrige Onkel Fritze, es war auch nicht der Zuckerbäcker, der den beiden zwar einen ordentlichen Schrecken einjagte, sie dann aber doch wieder laufen ließ: Es war der zupackende Bauer Mecke, der sich pragmatisch mit dem Müller verbündete und dem unseligen Treiben ein Ende bereitete.

Als man dies im Dorf erfuhr,

war von Trauer keine Spur.

Kurz, im ganzen Ort herum,

ging ein freudiges Gebrumm:

„Gott sei Dank! Nun ist’s vorbei

mit der Übeltäterei!“

Ist allerdings leider nicht politisch korrekt, der Herr Busch.

Gesoffen haben soll er ja auch.

Heute gilt, dass jemand, der nicht bei den Streichen eins bis sechs, sondern nur am Ende des letzten Streiches lacht, ein Nazi ist und als sogenannter hate-laugher gelöscht werden muss.

15. November 2018

Nazis am Geruch erkennen

Satan erkennt man an Hörnern, Klumpfuß, Schwanz mit Quaste – und eben dem schwefeligen Geruch, mit dem er sich umgibt.

Vorbildliche Anhänger des Satanskultes weisen die gleichen Besonderheiten auf, verbergen die Hörner jedoch unter einer zweckmäßigen Kopfbedeckung, verstecken den Klumpfuß in vermeintlich orthopädischem Schuhwerk und halten den Schwanz – fein säuberlich aufgerollt – in der Hose. Nur der durchdringende Schwefelgestank lässt sich auch mit noch so viel Eau de Toilette oder Rosenwasser nicht übermalen.

Nun wäre es verwegen, die Nazis mit dem Satan zu vergleichen. Es wäre eine zutiefste Verunglimpfung seiner in der Hölle schmorenden Opfer, und zudem die zutiefste Verunglimpfung aller Opfer derer, die sich nach der irdisch-satanischen Qual nun im Paradiese ergehen und dort frohlocken können.

Doch schlimm sind die Nazis natürlich auch.

Früher war es einfach sie zu erkennen und sich vor ihnen zu hüten. Ein jeder (natürlich auch alle Jederinnen eingeschlossen), der dazugehörte, trug an mindestens einer gut sichtbaren Stelle das alte indische Symbol des Sonnenrades und war damit gegenüber allen Nichtnazis als Privilegierter zu erkennen.

Heute ist es den Nazis verboten, die Swastika zu zeigen, es ist ihnen auch verboten, es sei denn, sie haben sich als V-Leute dem Verfassungsschutz verdungen, ihr zweites unverkennbares Erkennungszeichen, den halbhoch ausgestreckten rechten Arm, zu zeigen. Auch den Glück- und Segensruf, mit dem sie sich begrüßten, hat man vorsorglich verboten, was dazu führte, dass die Nazis vor den Nichtnazis besser verborgen sind, als Satan vor den Christenmenschen, was wieder einmal beweist, dass auch die besten Absichten voll in die Hose gehen können.

Eine Zeitlang war es den Wissenden noch möglich, Nazis am Kfz-Kennzeichen zu erkennen, doch inzwischen werden ja in den dort angegebenen Erkennungsnummern (ein oder zwei Buchstaben und bis zu vier Ziffern) weder die Buchstabenkombination HH, noch die Ziffernkombination 88 noch vergeben. Lediglich beim Unterscheidungszeichen (ein bis drei Buchstaben) findet das HH für Hansestadt Hamburg noch Verwendung, was jedoch nur mit äußerster Unsicherheit als Hinweis auf einen Nazi als Halter interpretiert werden sollte.

Umso wichtiger die jüngsten Erkenntnisse, die zumindest für eine gewisse Zeit, bis das Chamäleon wieder die Farbe wechselt, den Nazi oder die Naziin eindeutig am Geruch erkennen lassen.

Nachdem nämlich alle bisherige Kennzeichen der verfassungsfeindlichen Organisation verboten waren und nun auch das bisher als unverdächtig angesehene Liedgut mehr und mehr durchleuchtet wird, gelang es jüngst, das vorerst letzte Nazi-Lied auf den Index zu setzen.

Nie wieder wird das Westerwaldlied erklingen, denn dahinter versteckten nicht nur Burschenschaften, Reservistenvereine und stramm rechte Bundeswehrler ihr Nazitum vor den nichtsahnenden Mitmenschen und den Gesinnungswächtern der Antifa, sondern eben auch Mitglieder der Jungen Union, die zu allem Überfluss das Westerwaldlied nicht nur sangen, sondern grölten.

Nun sind sie verstummt, doch ihr jüngstes Erkennungszeichen – an ihrem Atem sollt ihr sie erkennen, – haben sie aus dem Westerwald-Lied bezogen

(Ooooooh, du schö-hö-höner We-he-hesterwald – Eukalyptusbonbon!)

Genau: Eukalyptusbonbon.

Die Vereinigung der deutschen Süßwarenhersteller (VdDSß) berichtet bereits von Versorgungsengpässen sowohl bei zuckerhaltigen als auch bei zuckerfreien Eukalyptusbonbons aller Marken und No-Name-Produkte.

Und, seien wir doch ganz ehrlich, riecht es nicht schon in jeder Fußgängerzone, in U- und S-Bahnen, ja selbst in öffentlichen Bedürfnisanstalten nicht ganz penetrant nach Eukalyptus?

D

och. Tut es!

Was lutschen Sie da eigentlich gerade?

Dieser kleine Artikel ist nur teilweise Satire. Das Westerwald-Lied ist nämlich tatsächlich definitiv raus aus dem Liedschatz der Deutschen.

Die Sache mit dem Eukalyptusgeruch ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern. Von Seiten der Verantwortlichen will man erst das Ende der gerade beginnenden Erkältungs-Saison abwarten, um dann, wenn sich die Spreu vom Weizen, die Erkälteten von den Nazis besser scheiden lassen, mit aller Kraft des Staates und seiner professionellen und ehrenamtlichen Unterstützer zuzuschlagen.

Man könnte es einen hysterischen Blödsinn nennen, und immer noch darüber lachen, wäre es nicht längst ein politisch erwünschtes Massenphänomen, bei dem sich die Humanoiden beiderseits des trennenden Gitters jeweils selbst für überlegene Geistesgrößen und die auf der anderen Seite für alberne rotärschige Affen halten. Gäbe es Eliten, die den Namen verdienen, und einen Rest von Respekt in der Gesellschaft, der Blödsinn bliebe den Narren und Karnevalisten vorbehalten. Jene, die sich heute zu Eliten aufgeschwungen haben, machen sich jedoch den Blödsinn zu eigen und damit Politik.

Florian Stumfall hat in seinem Buch „Das Limburg Syndrom“ den Weg des brauchbaren Blödsinns in die Politik aufgezeichnet.

„Limburg-Syndrom“ heißt es, weil auch in Limburg ein Lied verboten wurde. Ein Lied, das nur vom Glockenspiel am Rathaus intoniert wurde, also nur Melodie war. Doch eine Veganerin, die sich erinnerte, dazu als Kind „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ gesungen zu haben, fühlte sich von diesem blutrünstig-fleischfressenden Lied derart in ihrem Wohlbefinden gestört, dass sie die Abschaltung dieses Liedes im Glockenspiel forderte und – das ist der noch größerer Irrsinn! – auch Recht bekam.

27. November 2018

Poschorenko und Alenga – ein Märchen

„Poschorenko und Alenga“, so heißt ein altes, ukrainisches Volksmärchen, das davon handelt, dass der sehr kluge und zudem sehr reiche Igor Abramowitsch Poschorenko sich mit etwas ganz Großem in die Geschichtsbücher einschreiben wollte und davon, wie er die längst nicht so reiche und auch längst nicht so kluge Alenga von Mergania dazu bringen wollte, mit ihren Galeeren im Asowschen Meere herumzukarriolen, damit der russische Bär aus seiner Höhle gekrochen käme und endlich wieder ein großer Krieg ausbräche. Das wollte sich Igor Abramowitsch Poschorenko dann als sein Verdienst an die Brust heften, dass ihm gelungen sei, was so viele vor ihm erfolglos versucht hatten.

Doch Alenga, die nicht zugeben will, dass sie nicht über einziges einsatzbereites Schiff verfügt, das nicht schon andere, wichtige Aufgaben wahrzunehmen hat, verlangt von Poschorenko, wenn sie ihm ihre Gunst erweisen solle, müsse er zunächst drei schwierige Aufgaben für sie lösen.

Was das denn für Aufgaben seien, fragt Poschorenko, und Alenga, der gerade nichts anderes einfällt, außer jener so schwer zu lösenden Aufgabe aus dem Märchen, in dem eine Müllerstochter Stroh zu Gold zu spinnen hatte, sagt keck: „Hier ist deine erste Aufgabe, Igor Abramowitsch. Es ist ein Rätsel. Ein Jahr hast du Zeit, herauszufinden, wie Rumpelstilzchen heißt.

Gelingt es dir, werde ich dir die zweite Aufgabe stellen, gelingt es dir nicht, soll dich der böse Tupin holen.“

Poschorenko war außer sich vor Zorn. Ein Jahr sollte er warten müssen, ein langes Jahr sinnlos vertun, wo doch jedermann weiß, wie Rumpelstilzchen heißt. „Doch halt!“, dachte Poschorenko da, „so einfach kann es nicht sein. Die Frage muss einen tieferen Sinn haben“.

Also sandte er Boten aus in alle Welt, die überall fragen und nachforschen sollten ob sich nicht jemand finde, der den Namen Rumpelstilzchens kennt. Vor Ablauf eines Jahres sollten sie zurückkehren und die Antwort mitbringen.

Alenga war derweil froh, dass der lästige Poschorenko wieder abgezogen war und hatte die Sache ganz und gar vergessen als er plötzlich wieder vor der großen Waschmaschine stand, in der sie wohnte, und von der Torwache Einlass forderte.

„Oh Gott!“, dachte sie, als sie seiner ansichtig wurde, „der schon wieder!“

Weil alle seine Boten zurückgekehrt waren und berichtet hatten, sie seien in aller Welt ausgelacht und verspottet worden, es gäbe keinen anderen Namen für Rumpelstilzchen als Rumpelstilzchen, hatte er beschlossen alles auf eine Karte zu setzen und als Antwort „Rumpelstilzchen“ zu nennen, jedoch mit einer gewissen Vor- und Umsicht.

So begann er also: „Vor Jahresfrist, hochgeehrte Alenga, gabt ihr mir die erste von drei Aufgaben, die ich zu lösen hätte, um eure Unterstützung beim Anzetteln eines wahrhaft großen Krieges zu gewinnen. Ihr erinnert euch?“

„Ja, wir erinnern uns“, antwortete Alenga.

„Es ging um ein Männlein, nicht wahr?“

„Ja, es ging um ein Männlein“, sagte Alenga und dachte bei sich: „Wenn ich mich doch nur erinnern könnte, wenn ich mich doch nur erinnern könnte!“

„Ein Männlein, dass die Kunst beherrschte, Stroh zu Gold zu spinnen?“

„Ja, genau, darum ging es.“

„Dann stimmt es also, dass dieses Männlein Rumpelstilzchen heißt?“, überrumpelte er Alenga jetzt mit der Lösung.

„Sicher! So heißt es.“

„Gut, hochgeschätzte Alenga, dann habe ich die Aufgabe gelöst und bitte euch nun um die zweite Aufgabe.“

Alenga tat wie immer, nämlich so, als würde sie die Dinge vom Ende her bedenken, und schwieg den wartenden Igor Abramowitsch Poschorenko wohl eine Stunde oder länger regungslos an. Dann räusperte sie sich leise auf die allerdamenhafteste Weise, kicherte kurz in sich hinein und sprach: „Nun denn! Deine zweite Aufgabe ist es, ein Rätsel zu ersinnen, das niemand auf der ganzen Welt lösen kann, nicht einmal du selbst. Komm‘ auf den Tag in drei Jahren wieder in meine Waschmaschine und präsentiere mir dein Rätsel.“

Igor Abramowitsch Poschorenko, von seinem Erfolg mit der ersten Frage beglückt, beschloss, auch diese drei Jahre eifrig und geduldig damit zu verbringen, dieses Rätsel zu ersinnen, sollte er mit der Lösung dieser Aufgabe seinem Traum, in die Geschichtsbücher einzugehen, wieder einen großen Schritt näher kommen.

Also ließ er sich in einer seiner Schokoladenfabriken ein geräumiges Turmzimmer als Studierzimmer einrichten, mit raumhohen Regalen an den Wänden, gefüllt mit den Büchern der Weisheit der gesamten Menschheitsgeschichte und grübelte und grübelte, während immer wieder Schwaden köstlichen Kakaogeruches durch sein Turmzimmer waberten.

Es war gar nicht so einfach, ein Rätsel zu erfinden, das niemand auf der ganzen Welt lösen konnte, vor allem wenn man danach in Büchern suchte, die voll waren mit gelösten Fragen, und so ließ er sein Turmzimmer in der Kakaofabrik eines Tages Turmzimmer sein und die Bücher darinnen ließ er Bücher sein und die Regale Regale, schwang sich auf sein Pferd und ritt geradewegs in den Wald. Unter einer hohen, hohlen Eiche fand er ein weiches moosgepolstertes Fleckchen Erde, auf dem er sich niederließ und kurz darauf in einen tiefen Schlaf fiel.

Er träumte, es sei der festgesetzte Tag. Er tritt feierlich vor Alenga und liest das unlösbare Rätsel von einem großen Bogen Pergament ab. Im Traum ist Alenga davon begeistert, lobt den klugen Igor Abramowischt Poschorenko über den grünen Klee und gibt ihm die dritte Aufgabe, doch noch bevor er die vernommen hat, fällt eine Eichel von der Eiche, ihm direkt ins Gesicht, so dass er erschrickt und darüber ganz und gar vergisst, wie das unlösbare Rätsel lautete, von dem Alenga so begeistert war.

Beim Nachhausereiten fiel ihm dann ein, welches unlösbare Rätsel er vortragen würde, wenn der große Tag, drei Jahre nach seinem zweiten Besuch in der Waschmaschine endlich gekommen sein würde.

Als es soweit war trat er strahlend vor Siegesgewissheit vor Alenga.

„Nun, ist es dir gelungen, ein Rätsel zu erfinden, das niemand auf der ganzen Welt lösen kann, nicht einmal du?“

„Ja. Es ist mir gelungen. Hier ist es: Im Sommer war ich beim Ausritt im Wald unter der großen Eiche eingeschlafen. Im Traum sah ich mich, wie ich dir das unlösbare Rätsel zeigte, wie du von diesem Rätsel begeistert warst und mir die dritte Aufgabe stelltest. Genau in dem Augenblick weckte mich eine Eichel die mir vom Eichbaum direkt ins Gesicht fiel.“

„Und, wo bleibt das Rätsel“, fragte Alenga ungeduldig.

„Ganz einfach“, antwortete Poschorenko, „das unlösbare Rätsel lautet: Sage mir, wie das unlösbare Rätsel lautet, von dem ich unter dem Eichbaum geträumt habe.“

Da rief Alenga alle ihre Berater und die Weisen des Landes in der Waschmaschine zusammen und ernannte sie alle zusammen zur „Kommission zur Lösung des unlösbaren Rätsels“, mit dem Auftrag, innerhalb eines Jahres ein Gutachten abzugeben, ob das unlösbare Rätsel lösbar sei, und wenn ja, wie, auf welchem Wege und mit welchem Ergebnis, oder ob es tatsächlich unlösbar sei. Sie betonte dabei auf eine sehr merkwürdige Weise, dass es ihr hierbei nicht darauf ankäme, wie das Ergebnis aussehen würde, es herrsche sozusagen Gewissensfreiheit, sagte sie, und konnte sich ein hämisches Grinsen und Kichern nicht verkneifen.

„Du wirst verstehen, dass ich dein Rätsel prüfen lassen muss, und du musst zugeben, dass ein Jahr für diese gigantische Aufgabe sehr knapp bemessen ist. Doch freue ich mich schon heute darauf, dich auf den Tag in einem Jahr hier wieder begrüßen zu dürfen.“ Sprachs, und ließ Poschorenko von ihren Wachen hinausbegleiten.

Die Waschmaschine war über und über mit Fahnen geschmückt, Fanfarenbläser bliesen die Fanfaren, Narren ließen ihre Schellen klingen, kurz, Poschorenko wurde mit allen verfügbaren militärischen Ehren empfangen, so dass er schon ganz sicher war, gewonnen zu haben.

„Lieber Igor Abramowitsch“, hob Alenga an, „meine Kommission zur Lösung des unlösbaren Rätsels“ hat sehr viel Pergament beschrieben, Hypothesen aufgestellt, Theorien entwickelt und Wahrscheinlichkeiten berechnet. Man ist sich nicht ganz sicher, doch es haben sich drei Lösungen herauskristallisiert, denen eine gewisse Chance eingeräumt wird, richtig zu sein, und wir hoffen, du bist Ehrenmann genug, es zuzugeben, wenn eine dieser drei Lösungen die richtige sein sollte.“

„Nur zu“, entgegnete Poschorenko, „ein Ehrenmann bin ich gewiss!“

Der Präsident der Kommission zur Lösung des unlösbaren Rätsels trat vor und fragte:

„Kann es sein, dass das Rätsel lautete: Wie hieß Rumpelstilzchens Schwiegervater?“

„Nein“, antwortete Poschorenko. Im Turmzimmer meiner Schokoladenfabrik, im dritten Regal, rechts neben der Tür, in der zweiten Reihe von oben, da steht ein Buch, in dem die Familiengeschichte Rumpelstilzchens von ihren Anfängen bis zu seinem jähen Tode beschrieben ist. Wer lesen kann, kann also auch wissen, dass Rumpelstilzchens Schwiegervater Götz hieß, Götz von Berlichingen, um genau zu sein.“

„Ja“, meinte der Kommissionspräsident, „so etwas hatten wir fast erwartet, aber wir haben ja noch zwei Ideen in petto. Also, kann es sein, dass das Rätsel lautete: Wie viele Engel finden auf einer Nadelspitze Platz?“

„Nein“, antwortete Poschorenko amüsiert. „Im Turmzimmer meiner Schokoladenfabrik, im fünften Regal, links neben der Tür, in der untersten Reihe, findet sich eine Handschrift aus dem Vatikan, in der die Zahl der Engel, die auf einer Nadelspitze Platz finden, exakt berechnet ist. Es finden dort nämlich sämtliche Erzengel und weitere sechs Millionen einhundertdreiundzwanzigtausend und vierhundertelf einfache Engel Platz. Das ist doch kein Rätsel! Das war, soweit ich weiß, sogar einmal ein Dogma!“

Der Kommissionspräsident klang nun kleinlaut, als er sagte: „Dann versuche ich es noch mit der letzten Idee, die unserer Kommission ganz zum Schluss, am Ende des letzten Tages dieser zwölf Monate gekommen ist. Lautet das gesuchte Rätsel etwa: Ist es möglich, dass eine Kommission die Lösung für ein Problem findet, bevor es zu spät ist?“

Da jubelte Igor Abramowitsch Poschorenko auf. Das wäre zwar auch eine unlösbare Frage, doch obwohl er sich nicht mehr erinnerte, von welchem Rätsel er geträumt hatte, dass es dieses nicht war, da war er ganz sicher.

„Hochwerte Alenga! Nun stellt mir schnell die dritte Aufgabe, damit wir endlich gemeinsam Zoff machen können im Asowschen Meer, und einen Krieg auslösen, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.“

„Gemach, gemach. Ihr sollt eure dritte Aufgabe bekommen. Aber freut euch nicht zu früh, ihr habt nämlich keine Chance!“

„Das wollen wir doch erst einmal sehen! Wie lautet die dritte Aufgabe? Ich brenne darauf!“

„Nun, dann. Aber du bist selbst schuld. Du wolltest es nicht anders. Die dritte Aufgabe lautet: Löse das unlösbare Rätsel, das du selbst gestellt hast!“

Poschorenko blieb vor Staunen der Mund offen stehen. „Das kann ich doch nicht. Das kann kein Mensch. Das kannst du nicht von mir verlangen!“

„Oh doch, das kann ich wohl. Das ist schon lange mein ganz persönlicher Stil!“

Poschorenko dachte kurz nach, beschloss, alles auf eine Karte zu setzen und log ohne rot zu werden munter drauflos: „Gut. Dann verrate ich Dir jetzt das Rätsel, von dem ich geträumt habe…“

„Geschenkt“, lachte Alenga. „Gib dir gar keine Mühe. Wenn du das unlösbare Rätsel lösen kannst, dann bist du ja schon an der zweiten Aufgabe gescheitert!“

Igor Abramowitsch Poschorenko schrie vor Wut auf wie ein waidwundes Tier, doch dann reihte er sich in sein Schickal ergeben in die lange Reihe derer ein, die jemals gehofft hatten, mit Alengas Hilfe und Unterstützung etwas Großes zu erreichen.

10. Dezember 2018

Nichts gegen das Streikrecht, aber

Nichts gegen das Streikrecht. Das ist ganz wichtig, dass die Beschäftigten gegenüber Ihren Arbeitgebern ein Druckmittel in der Hand haben. Nicht umsonst singen wir immer wieder das hohe Lied der Tarifpartnerschaften. Auch wenn A. Nahles, in ihrer Eigenschaft als Stimme der Vernunft sinnvollerweise dafür gesorgt hat, dass kleine Gewerkschaften die Trillerpfeife nicht mehr hochkriegen. Wenn schon Arbeitskampf, dann mit der Macht der großen Einheitsgewerkschaften. Und dann darf man es ruhig krachen lassen.

Aber: Nicht ohne das gesamtgesellschaftliche Augenmaß!