Night Soul 3

Night Soul 3

Rayhan

Kajsa Arnold

Kajsa Arnold Edition

Inhalt

Zitat

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Danksagung

Zitat

Du kannst deine Augen schließen, wenn du etwas nicht sehen willst, aber du kannst nicht dein Herz verschließen, wenn du etwas nicht fühlen willst.


(Johnny Depp)

Prolog

Schneeweiße Federn stoben wirr durch die Luft, dass man glauben mochte, es würde mitten im August schneien. Erst der laute Flügelschlag, der die Stille durchschnitt, ließ erkennen, woher diese stammten.

Der Erzengel kam mit verschränkten Armen neben der Frau zum Stehen und stemmte sich breitbeinig auf den Boden. Kopfschüttelnd betrachtete er sie. Sie war so ein wunderschöner Engel und doch dumm wie ein kleines Kind. Hatte er nicht all seine Engel gewarnt? Sie hätte seinen Rat befolgen sollen, es hätte sie vor diesem Unglück bewahrt. Nun klaffte eine große Wunde an ihrem Hals, das Erdreich war getränkt von ihrem Blut. Ihre wundervollen Flügel hingen leblos herab, wie das gebrochene Gefieder eines verletzten Vogels. Viele der früher mal weißen Federn waren dunkelrot mit ihrem Blut beschmiert. Der Gestank des Vampirs haftete immer noch an ihr, obwohl er sich wohl schon vor Stunden aus dem Staub gemacht hatte.

Ungläubig schüttelte der Erzengel den Kopf. Wie hatte die Frau sich nur mit einem Vampir einlassen können? Hatte er nicht eindringlich vor den Vampiren gewarnt? Diese Kreaturen, die gierig nach Engelsblut waren, das so rein und köstlich war, dass keiner von ihnen widerstehen konnte, davon zu kosten. Kaum einer dieser Blutsauger hatte sich so gut im Griff, dass er ein Himmelswesen am Leben ließ, nachdem er von dessen köstlichem Saft getrunken hatte. Wie eine Droge machte es sie süchtig, nach mehr und immer mehr.

Mit stolzen Schritten umrundete der Erzengel den leblosen Körper. Sie stand an der Schwelle zum Tode, doch noch war ein Hauch Leben in ihr. Er hockte sich hin, beugte sich tief über sie und horchte auf ihren Herzschlag.

Der Atem ging flach, noch nicht alles Blut war aus ihrem Körper gewichen. Er sollte sie töten, um ihr Leiden zu verkürzen, doch etwas hielt ihn zurück. Sie war schön, so schön, wie es nur ein Engel war. Es wäre eine Schande, den Menschen diese Schönheit zu rauben.

Trotzdem rang der Erzengel mit sich. Wer seinen Anweisungen nicht Folge leistete, gehörte bestraft, so wollte es das Gesetz, doch ihre Anmut und Schönheit rührte etwas in ihm, das nur mit einem Wort zu beschreiben war: Gnade.

Er berührte ihren Hals mit seinen Fingerspitzen, was ein Licht aufflammen ließ, heller als ein Sonnenstrahl, und pure Energie begann zu fließen. Die Blutung stoppte und die Wunde heilte, schnell, wie durch ein Wunder. Bald würde sie nicht mehr sichtbar sein. Doch dass sie sich mit einem Vampir eingelassen hatte, konnte er ihr nicht durchgehen lassen, soweit ging sein Mitleid dann doch nicht.

Er richtete sich zu seiner vollen imposanten Größe auf und mit unermesslicher Kraft riss er ihr die Flügel aus dem Rücken. Federn stoben durcheinander, landeten in den blutigen Pfützen auf der Erde. Ihr Gesicht verzog sich trotz ihrer Bewusstlosigkeit zu einem lautlosen Schmerzensschrei.

Der Erzengel stoppte zwar die Blutung an ihren Schultern, doch zwei tiefe Narben würden sie für den Rest ihres Lebens daran erinnern, welchen Verrat sie begangen hatte – dass sie ein gefallener Engel war. Dass sie den Himmel und ihre Flügel für einen Vampir geopfert hatte. Und es würde ein langes Leben sein, denn er nahm ihr nicht ihre Unsterblichkeit und ihre Gabe, nein, er nahm ihr nur das Privileg, weiterhin ein Engel auf Erden zu sein.