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Für meine Tochter Lilly,

die zwar (noch) kein Golf spielt, aber durch die Golfleidenschaft ihrer
Mutter genötigt wurde,
sich öfter mal ein Mittagessen selbst zu kochen
.

 

Hinweise

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen die männliche Sprachform verwendet. Gemeint ist sowohl die männliche als auch die weibliche und die diverse Form.

Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder die Autorin noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung übernehmen.

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DR. ALEXA IWAN

ERNÄHRUNG

für Golfer

CLEVER ESSEN FÜR EIN RESSERES HANDICAP

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Ernährung für Golfer
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image Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA)

eISBN 978-3-84033-772-7

E-Mail: verlag@m-m-sports.com

www.dersportverlag.de

Inhalt

Vorwort: Golf ist doch kein richtiger Sport

1Ohne stabile Basis wackelt die Krone

1.1Mit der richtigen Menge Eiweiß zum Bogey

Gut gelaunt und rhythmisch schwingen

Wie viel Eiweiß braucht ein Golfer?

Lassen Sie uns über Shakes reden

Timing der Eiweißaufnahme

Muskelaufbau für Golfer

1.2Kohlenhydrate, die das Par ermöglichen

Finde die Kohlenhydrate im Essen

Die Sache mit dem Blutzucker

Fruktose, die natürliche Süße?

Ein gesunder Umgang mit Kohlenhydraten

Volle Speicher, volle Leistung?

1.3Birdie-Chance: Die Macht der gesunden Fette

Das größte Menschenexperiment der Welt

Fett ist nicht gleich Fett

Wie viel und welches Fett ist okay?

Warum Cholesterin nicht per se böse ist

Was Sie über Omega-3-Fettsäuren wissen sollten

1.4Investieren Sie in Ihren Körper

Überernährt, aber unterversorgt

Ein gutes Bauchgefühl

1.5Ernährungstipps für Vegetarier und Veganer

Interview mit Torsten Giedeon, Team-Weltmeister 1990

2Trinken wie ein Golf Pro

2.1Wie viel Flüssigkeit auf dem Course?

2.2Ohne Stress zum Hole-in-One

2.3Woran erkennt man ein gutes Sportwasser?

2.4Selbstgemischte Golfgetränke

2.5Kaffee, Cola, Energiedrinks

Interview mit Ben Parker, Tour Pro bis 2018

2.6Was taugt der „Golfer“?

2.7Alkohol und alkoholfreies Bier

3Essen wie ein Golf Pro

3.1Drei Tage vor dem Turnier

3.2Am Vorabend des Turniers

Interview mit Carolin Kauffmann, Tour Proette auf der Ladies European Tour

3.3Am Morgen vor dem Turnier

Normales Frühstück

Frühstarterfrühstück

Wenn der Start in der Mittagszeit liegt

Nachmittagsstarter

3.4Auf der Runde

Die ersten Neun

Halfway-Verpflegung

Konzentrationstief an Loch 12

Endspurt

Interview mit Bettina Hauert, Solheim-Cup-Spielerin 2007

3.5Tipps für Neun-Loch-Turniere

3.6Nach dem Turnier

Muskelfasern reparieren

Muskelenergiespeicher auffüllen

Muskelkater abmildern

3.7Die besten Lebensmittel für Golfspieler

4Nahrungsergänzung gezielt einsetzen

4.1Mineralstoffe unter der Lupe

Natrium – der Wasserversorger

Kalium – der Regenerationsförderer

Kalzium – das Knochenmineral

Magnesium – der Energleaktivator

Elsen – der Konditionsverbesserer

4.2Vitamine unter der Lupe

ACE-Vitamine – die Immunbooster

Folsäure – die Blutbilderin

Vitamin D – das Sonnen- und Leistungshormon

Interview mit Sophie Hausmann, Tour Proette auf der Ladies European Tour

4.3Leistungssteigernde Substanzen

Nitrat

Kreatin

Beta-Alanin

Natriumhydrogencarbonat/Natrlumbicarbonat

HMB

CBD-ÖI

4.4Glukosamin und Kollagen

Glukosamin für Knorpel und Bandscheiben

Kollagen für Gelenke, Sehnen und Bänder

4.5Probiotika und Präbiotika

Problotika

Präbiotika

5Golfen gegen die Pfunde

5.1Wie anstrengend ist Golf?

5.2Die Sache mit dem Grundumsatz

5.3Kalorienzählen – ja oder nein?

Interview mit Florian Fritsch, Tour Pro bis 2020

5.4Sleep low and train low

6Rezepte

6.1Frühstücksideen

6.2Brainfood oder „Light Lunch“

6.3Eiweißbasierte Hauptmahlzeiten

6.4Kohlenhydratbasierte Hauptmahlzeiten

6.5Schlummer-Mahlzeiten mit Melatonin

6.6Mahlzeiten für eine optimale Regeneration

6.7Powerdrinks

6.8Rundensnacks

7Die 10 ultimativen Ernährungs-Quick-Tipps für Golfer

8#goodfood4golf

9Danke!

Anhang

Glossar

Informationsquellen und weiterführende Literatur

Wissenschaftliche Studien und internationale Literatur

Bildnachweis

Die Ernährung ist nicht das Höchste im Leben – sie ist der Nährboden, auf dem das Höchste gedeihen und verderben kann.

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Dr. Maximilian Oskar Bircher-Benner

 

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Vorwort

Golf ist doch kein richtiger Sport …

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denken Menschen, die noch nie Golf gespielt haben. Und genau das habe ich auch viele Jahre lang gedacht. Ich spielte relativ ambitioniert Tennis, mein Mann war bereits zum Golf gewechselt und versuchte regelmäßig, mich zum Mitmachen zu animieren. Keine Chance.

Fünf Jahre lang bin ich nicht ein einziges Mal mit ihm auf den Golfplatz gefahren, um mir das Ganze auch nur anzuschauen. Golf war für mich kein Sport. Ich konnte mir partout nicht vorstellen, worin die Faszination beim Golfspiel liegen und inwiefern eine Golfrunde eine sportliche Herausforderung sein sollte.

Doch dann bekam ich von meinem Gatten einen Platzreifekurs zum Geburtstag geschenkt. Meine Freude war… sagen wir mal: überschaubar. Aber da der Kurs bezahlt war, habe ich ihn schlussendlich auch besucht. Wir waren eine nette Gruppe und die Golflehrerin gab sich viel Mühe mit uns.

Einer der Teilnehmer schloss den Kurs mit Handicap 36 ab. Ich erhielt nach der Prüfung eine Urkunde über eine bestandene Platzreife – mit dem Hinweis, dass ich Handicap 54 leider um einen Punkt verfehlt hätte. Man kann also nicht wirklich sagen, dass ich auffallend talentiert gewesen wäre. Doch ich hatte Blut geleckt.

Und vor allem war mein Ehrgeiz geweckt: Ich wollte wissen, wie dieses Spiel funktioniert und ich wollte es unbedingt besser spielen können. Im darauffolgenden Jahr bin ich aus dem Tennisclub ausgetreten, spiele seitdem leidenschaftlich (und so oft es geht!) Golf. Und da ich ein leistungsorientierter Mensch bin, der gerne weiß, wo er im Vergleich steht, mag ich das Wettkampfgeschehen.

Bei diesen Leistungsvergleichen im Rahmen von Turnierrunden fällt mir eines immer wieder auf: Viele meiner Flightpartner (es spielt keine Rolle, welches Handicap) scoren auf den letzten Löchern einer 18-Loch-Runde tendenziell schlechter als zu Rundenbeginn. Dies ist natürlich zunächst einmal nur eine individuelle Beobachtung, ich kann dazu keine Statistik aus dem Hut zaubern, die meine Aussage wasserfest belegen würde.

Aber beobachten Sie doch einmal Ihr eigenes Spiel. Können Sie Ihr Leistungsniveau auf einer Golfrunde regelmäßig nach hinten halten oder sogar noch steigern? Oder ist an den letzten Löchern doch häufiger mal „die Luft raus“?

Wenn Sie die zweite Frage für sich selbst mit einem (zerknirschten) Ja beantworten, dann halten Sie das richtige Buch in den Händen! Denn genau in dieser Situation kann Ihnen eine clevere Ernährungs- und Verpflegungsstrategie enorm helfen. Was mein eigenes Spiel angeht, so bin ich überzeugt: Es ist mein Essen im Alltag sowie das, was ich auf einer Runde bzw. vor und während eines Turniers zu mir nehme, weshalb ich relativ konstant auch an Loch 18 noch die gleiche Leistung abrufen kann wie an Loch 4. (Gemeint ist dabei eine für mich persönlich gute Leistung, keine objektive Spitzenleistung.)

Denn Fakt ist: Kondition, golferisches Können, taktisches Vermögen, Mindset, Motivationsstrategien – das alles nützt Ihnen nicht mehr so wahnsinnig viel, wenn Ihr Blutzucker an Loch 16 im Keller ist oder ein Flüssigkeitsverlust Ihre Gehirnzellen trockenlegt.

Spitzensportler wissen es längst: Für konstante und überdurchschnittliche sportliche Erfolge kommt es auf jedes Detail an. Und die Ernährungsweise eines Sportlers ist eines dieser Details. Und zwar ein extrem Wichtiges. Ich bin Ernährungswissenschaftlerin und ich habe noch keinen Sportler erlebt, der seine Leistung durch besseres Essen nicht noch steigern oder zumindest dauerhaft stabilisieren konnte.

Dass auch Golfer auf der Tour heutzutage immer mehr auf ihre Ernährung achten und wie sich die Wahrnehmung des Themas in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat, erzählen einige Topspieler in diesem Buch. Natürlich gibt es, je nach Sportart, große Unterschiede bezüglich der Lebensmittelauswahl. Eine Marathonläuferin braucht etwas ganz anderes als eine Golfspielerin. Ein Fußballer sollte anderes essen als ein Triathlet. Aber am Ende profitieren sie alle von einer cleveren Ernährungsstrategie.

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Selbstverständlich ist Golf ein richtiger Sport!

Und das gilt genauso auch für ambitionierte Freizeitgolfer! Eine 18-Loch-Golfrunde dauert zwischen vier und fünf Stunden. Die Konzentration über so eine lange Zeitspanne gleichmäßig hoch zu halten, ist nicht einfach. Die Leistungsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit der Muskulatur über so eine lange Strecke aufrechtzuerhalten, obwohl (bzw. weil) zwischen den einzelnen Schlägen/Schwüngen immer wieder Pausen liegen, ist ebenfalls nicht einfach. Sich von nervigen Flightpartnern nicht stressen zu lassen, ist nicht einfach. Aufregung, Nervosität und Herzklopfen vor dem Abschlag oder während eines Turniers im Griff zu behalten, ist nicht einfach.

In all diesen Situationen kann Ihnen richtiges Essen helfen. Plus: Sie können mit bestimmten Nährstoffen die Regenerationsfähigkeit Ihrer Muskulatur so verbessern, dass Sie nach einem anstrengenden Turnier rasch und ohne Ermüdungssymptome auf die nächste Runde gehen können.

Ich habe es schon oft gesagt und an anderen Stellen geschrieben – und mein Credo gehört natürlich auch in dieses Buch: Eine gesunde Ernährung ist die beste Investition in sich selbst!

Auf den folgenden Seiten möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie die Power natürlicher Lebensmittel nutzen können, um Ihre Performance auf dem Golfplatz (aber auch in anderen Bereichen Ihres Lebens!) zu verbessern – und so auch noch am letzten Loch einen guten Score spielen.

Denn selbstverständlich ist Golf ein richtiger Sport image.

In diesem Sinne: Ein schönes Spiel, viel Erfolg und … guten Appetit!

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Kapitel 1

Ohne stabile Basis wackelt die Krone

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Kein Sportler, und es spielt dabei keine Rolle, ob Profi oder Amateur, würde ernsthaft bestreiten, dass regelmäßiges Training sehr wichtig ist für sportliche Erfolge im Wettkampf. Im Training wird geübt, wird die Grundlage für korrekte Bewegungsabläufe gelegt, wird der Körper an Belastungen und der Geist an Herausforderungen gewöhnt.

Im Golfsport sagt man gerne: Meister werden im Winter gemacht. Im Training. Während der winterlichen Übungseinheiten auf der Driving Range, wenn über mehrere Wochen kein Turnier „stört“. Genau hier und in dieser Zeit wird die Basis für spätere Bestrunden geschaffen.

Mit der Ernährung verhält es sich nicht anders. Wenn Sie das Potenzial von Nahrungsmitteln für Ihren Erfolg nutzen möchten, dann sollten Sie damit nicht erst auf der Runde anfangen.

Die Basis muss bereits vorher gelegt worden sein – Wochen bzw. am besten sogar Monate im Vorfeld. Sprich: in Ihrem Alltag. Denn die Basis ist Ihre Alltagsernährung. Das, was Sie tagtäglich essen und trinken. Eine ausgewogene Alltagsernährung steigert Ihre Leistungsfähigkeit körperlich und mental.

Sie ist der Nährboden, auf dem

Fitness,

Kraft,

Schnellkraft,

Stärke,

Ausdauer,

Belastbarkeit,

Konzentrationsfähigkeit,

ein stabiles Immunsystem sowie

eine gute Regenerationsfähigkeit

gedeihen können.

Und wenn Sie anschließend im Wettkampf clever agieren und zum richtigen Zeitpunkt das Richtige essen bzw. trinken, dann ist es möglich, die entscheidenden Schläge einzusparen, um gegebenenfalls ein Handicap zu verbessern. Ist Ihr Körper hingegen nur unzureichend oder unausgewogen mit Nährstoffen versorgt, wird auch das teuerste Sportgetränk und der vielversprechendste Müsliriegel während einer Turnierrunde nicht mehr sein als eine Krücke. Oder anders ausgedrückt: Es sind Placebos, die Sie glauben machen, einen positiven Effekt auf Ihre Leistung zu haben – die aber in Wirklichkeit nur wenig ausrichten können, weil die Grundlage fehlt.

Unser Essen bzw. unsere Lebensmittel machen uns nicht nur satt, sondern versorgen unseren Körper mit lebenswichtigen Substanzen. Den meisten Menschen ist in diesem Zusammenhang (zumindest theoretisch) klar, dass eine schlechte und ungesunde Ernährungsweise auf Dauer zu körperlichen Beeinträchtigungen führt. Trotzdem ist der Absatz an industriellem Fast Food und künstlichen Fertiglebensmitteln ungebrochen hoch.

Selbstkochen macht ja (angeblich) sehr viel Arbeit. Umgedacht wird oft erst, wenn die Gelenke wehtun, der Rücken streikt oder ein Arzt streng schaut. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, sage ich es an dieser Stelle gerne noch einmal: Gesunde Ernährung ist die beste Investition in sich selbst!

Um gut, besser oder sogar hervorragend Golf zu spielen, brauchen Sie Ihren Körper. Und der braucht anständiges Futter. Ansonsten wird das nix mit den sportlichen Highlights. Zumindest nicht auf Dauer.

Stellen Sie sich Ihren Körper als Auto vor. Ein Auto braucht eine stabile Karosserie. Wenn Sie diese nicht pflegen, wird die Karosserie irgendwann an allen Ecken und Enden rosten. Dann fahren Sie nur noch eine Klapperkiste. Ein Auto braucht außerdem ein gutes Motoröl. Füllen Sie stattdessen Salatöl in den Öltank Ihres Wagens, wird Ihnen der Motor was husten.

Wenn Sie’s genau wissen möchten

Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate heißen Makronährstoffe, weil die Mengen, die wir davon täglich benötigen, im Grammbereich liegen. Von Mineralstoffen (z. B. Kalzium, Magnesium) oder Vitaminen brauchen wir dagegen nur einige Milligramm bzw. zum Teil sogar nur einige Mikrogramm täglich. Deshalb nennen wir sie Mikronährstoffe.

Und: Ein Auto fährt nur mit dem richtigen Benzin. Betanken Sie einen rassigen Zwölfzylinder mit Diesel, so wird er nicht anspringen bzw. kaputtgehen. Ähnlich reagiert auch Ihr Körper, wenn Sie ihm dauerhaft wesentliche Nährstoffe vorenthalten oder mit den falschen Nährstoffen (über-)betanken.

Die „Karosserie“ unseres menschlichen Körpers sind unsere Knochen und unsere Muskeln. Der Muskelbaustoff schlechthin ist Eiweiß. Knochen hingegen brauchen, damit sie stabil bleiben, vor allem Kalzium und Vitamin D. Das Motoröl für unseren Körper besteht aus einem guten Mix aus verschiedenen pflanzlichen Ölen und gegebenenfalls tierischen Fetten. Und das Benzin, also der Treibstoff, sind für uns Menschen die Kohlenhydrate.

In den folgenden Kapiteln möchte ich Ihnen zeigen, wie sich aus den drei Makronährstoffen Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate sowie ausgewählten (sprich: für Sportler relevanten) Mikronährstoffen eine ausgewogene und leistungssteigernde Basisernährung zusammenstellen lässt.

Möglicherweise werden Sie an dieser Stelle einwenden, dass wir hier in Europa aber doch in einem Schlaraffenland leben, sodass ein Nährstoffmangel eigentlich eher unwahrscheinlich sein sollte. Das ist im Prinzip richtig. Echte Unterernährung und echte Nährstoffmangelzustände sehen wir in Deutschland sehr selten.

Eine Ausnahme bildet z. B. die Vitamin-B12-Versorgung bei Menschen (vor allem bei Kindern), die sich jahrelang vegan ernährt haben oder wurden und keine Ergänzungspräparate verwenden. Hier kommt es zu schweren Nervenschädigungen als Symptom eines echten Nährstoffmangels.

In den meisten anderen Fällen handelt es sich dagegen um eine Nährstoffunterversorgung. Diese kann durch einen temporär erhöhten Bedarf (Schwangerschaft, Stillzeit, Leistungssport, Krankheit) entstehen oder aber durch eine generell unausgewogene und einseitige Ernährung sowie häufige Diäten.

In beiden Fällen nützt es übrigens nichts, einfach irgendwelche Multivitamin-/ Multimineralpräparate einzuwerfen, denn hoch dosiert blockieren sich diese Mikronährstoffe zum Teil gegenseitig in der Aufnahme. Außerdem beeinflussen sie die Wirkung bestimmter Arzneimittel (vgl. Tabelle der Verbraucherzentrale NRW: Was Nahrungsergänzungsmittel verschweigen dürfen. Link im Anhang). Es ist also alle Male besser, sicherer und vor allem leckerer, seinen Nährstoffbedarf über natürliche Lebensmittel zu decken.

Neben einer Unterversorgung mit einzelnen Mikronährstoffen gibt es in unserem Schlaraffenland aber auch das gegenläufige Problem: nämlich die Überversorgung mit Makronährstoffen, allen voran den Kohlenhydraten. Dies führt nicht nur zu ungeliebten Polstern an Bauch, Beinen und Po, sondern beeinträchtigt auch die Leistungsfähigkeit. Und zwar insbesondere im Sport.

Natürlich muss ein Golfer während einer 18-Loch-Runde nicht die gleiche körperliche Anstrengung vollbringen wie ein Marathonläufer oder ein Tennisspieler. Aber Sie haben sicher bemerkt, dass sowohl die Topspieler auf der PGA Tour als auch die Spielerinnen auf der Ladies Tour seit Jahren auf Fitness setzen und neben Golftrainern auch Athletiktrainer im Team haben, um ihre Körper bestmöglich in Form zu halten.

FORE!

Ich spreche in diesem Buch bewusst von ausgewogener und nicht von gesunder Ernährung. Denn eine ausgewogene Ernährung ist am Ende des Tages eine gesunde Ernährung. Der Begriff „gesunde Ernährung“ ist mir persönlich inzwischen zu dogmatisch besetzt. Die meisten Menschen wissen sehr gut, welche Lebensmittel als eher gesund und welche als eher ungesund einzustufen sind. Darf man die Ungesunden deswegen nicht essen?

Ich finde, das kommt immer darauf an, wie man sich grundsätzlich ernährt. Wer 80 Prozent seiner Mahlzeiten frisch und vitalstoffreich gestaltet, der kann bei den restlichen 20 Prozent auch mal fünfe gerade sein lassen. Die Menschheit hätte nicht so lange überlebt, wenn unser Körper nicht in der Lage wäre, Ernährungsfehler auszugleichen. Wichtig ist nur, dass man sich bei der Einschätzung des 80:20-Verhältnisses nicht ständig selbst beschummelt.

Wenn Sie also Ihre Ernährung nicht nur im Sinne eines besseren Golfscores optimieren, sondern auf diese Weise auch gleichzeitig Körpergewicht reduzieren möchten, so gebe ich Ihnen in Kap. 5 hierzu einige konkrete Tipps. An den Empfehlungen für eine ausgewogene Basisernährung ändert das nichts – diese werde ich Ihnen im ersten Teil des Buchs erläutern.

In Kap. 3 gebe ich Ihnen dann konkrete Ernährungsempfehlungen für die Phasen vor, während und nach einer Golfrunde bzw. eines Turniers. Wenn Sie ungeduldig sind, können Sie jetzt natürlich direkt dorthin vorblättern. Allerdings bildet Kap. 1 die Grundlage für das Verständnis der konkreten Golf-Ernährungsempfehlungen.

1.1Mit der richtigen Menge Eiweiß zum Bogey

Die meisten Sportler sind zunächst einmal sehr am Thema Eiweiß interessiert. Eiweiß verspricht Muskeln und Muskeln versprechen sportliche Erfolge. Schön wär’s, wenn es so einfach wäre…

Um es gleich vorneweg zu sagen: Eiweiß alleine baut keine Muskeln auf. Dafür ist zwingend auch körperliche Anstrengung nötig. Aber ohne eine gute Eiweißversorgung wäre umgekehrt auch ein Workout einfach nur anstrengend und hätte keine sichtbaren Auswirkungen auf den Körperbau.

Tatsächlich ist Eiweiß (Protein) einer der wichtigsten Nährstoffe für den menschlichen Körper. Denn jede einzelne unserer Billionen von Körperzellen besteht aus Eiweiß.

Wir haben mehr als 300 verschiedene Zelltypen, die alle ganz unterschiedliche Aufgaben haben. Es gibt Leberzellen, Muskelzellen, Hautzellen, Darmzellen, Nervenzeilen, Blutzellen usw. Alle diese verschiedenen Körperzellen haben eine spezifische Lebensdauer. So werden Muskelzellen ungefähr 15 Jahre alt, Hautzellen hingegen nur etwa 4-5 Wochen. In jeder Minute unseres Lebens sterben also unzählige Zellen ab und müssen erneuert werden. Dafür braucht der Körper ausreichend Eiweiß.

Wenn Sie’s genau wissen möchten

Der Begriff Protein wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von dem schwedischen Chemiker Jöns Jakob Berzelius eingeführt. Er hatte es von dem griechischen Wort „protos“ abgeleitet, was so viel bedeutet wie „das Erste“ oder „das Wichtigste“. Damit wollte Berzelius die Bedeutung der Proteine für das Leben deutlich machen.

Das Gleiche gilt für Kinder im Wachstum und für Erwachsene, die Körpermasse (sprich: Muskeln) aufbauen möchten: Ohne eine ausreichende Eiweißzufuhr läuft hier nichts.

Eiweiße bilden aber nicht nur unsere Körpergrundmasse, sondern auch andere lebenswichtige Substanzen – wie z. B. Hormone, Enzyme, Antikörper, Blutgerinnungsfaktoren und Neurotransmitter. Das heißt, dass auch unser Stoffwechsel nur dann reibungslos funktioniert, wenn die Eiweißversorgung gesichert ist. Für Sie als Golfer sind dabei einige Neurotransmitter von besonderer Bedeutung.

Gut gelaunt und rhythmisch schwingen

Haben Sie schon einmal einen Schläger an einem Loch liegen gelassen? Oder sich nach einem taktisch unklugen Schlag gefragt: Mein Gott, wieso habe ich so eine blöde Entscheidung getroffen?

Solche Patzer können unter anderem passieren, wenn Sie Ihren gewohnten Kaffee vor der Runde nicht bekommen haben und Ihr Hirn aufgrund des Koffeinentzugs etwas träge ist. Aber kennen Sie auch die Situation, dass an manchen Tagen Ihr eigentlich recht runder Schwung komplett aus dem Rhythmus ist? Und dass Sie das so richtig doll nervt?

Koordinationsschwierigkeiten dieser Art, Stimmungstiefs und die oben beschriebenen situativen Konzentrationslücken können auch damit Zusammenhängen, dass Ihre Neurotransmitter gerade nicht ganz auf der Höhe sind. Denn es ist erwiesen, dass Wachheit, Aufmerksamkeit, Laune sowie die Auslösung und Kontrolle von Bewegungen von der Konzentration bestimmter Neurotransmitter im Gehirn und Gewebe abhängen.

Neurotransmitter (teilweise auch Neurohormone genannt) sind nichts anderes als Botenstoffe. Und zwar die Botenstoffe unseres Nervensystems. Über sie werden Signale von einer Nervenzelle an die andere geleitet. Neurotransmitter werden von sämtlichen Nervenzellen unseres Körpers gebildet, im kleinen Zeh genauso wie in der Nasenspitze – aber eben auch im Gehirn und in den Muskeln.

Man kann im Sport schneller oder besser werden, indem man seine Muskeln trainiert. Aber man kann seine Leistung auch über den neuronalen Bereich steigern. Für Sportler relevant sind dabei vor allem die Neurotransmitter Noradrenalin, Dopamin, Acetylcholin und Serotonin.

Noradrenalin steuert Wachheit, Fokus und Konzentrationsfähigkeit. Dieser Neurotransmitter wird in besonders anspruchsvollen Situationen ausgeschüttet, die ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit erfordern. Sobald Noradrenalin das Spielfeld betritt, ist man wach und voll da. Für mich persönlich ist zum Beispiel der Abschlag an Tee 1 eine Situation, in der ich genau das sein möchte. Noradrenalin kann allerdings auch Stresshormone anlocken – nämlich immer dann, wenn Sie die Situation nicht mehr als positiv herausfordernd, sondern als negativ überfordernd und stressig empfinden (s. Kap. 2.2).

Dopamin ist einerseits der Zündstoff für Bewegungen und sorgt andererseits für gute Stimmung und Glücksgefühle. In unserem Gehirn gibt es zwei große, sogenannte dopaminerge Systeme. Über das eine System werden willkürliche Bewegungen gesteuert. Es gibt Krankheiten, wie zum Beispiel Morbus Parkinson, bei denen die dopaminergen Nervenzellen im Gehirn absterben. Dann können Bewegungsimpulse nicht mehr richtig weitergeleitet werden. Die Betroffenen bewegen sich deshalb nur mehr schleppend und haben zum Teil keine Kontrolle über ihre Motorik. Für koordinierte Bewegungen, wie einen gut gekoppelten (runden) und rhythmischen Golfschwung, brauchen Sie also unbedingt ausreichend Dopamin. Das zweite dopaminerge System ist unser Belohnungssystem im Gehirn. Wird es angeregt, fühlen wir uns motiviert. Die Stimmung und das Selbstbewusstsein steigen. Genau diesen Effekt lösen z. B. Drogen wie Kokain im Übermaß aus, denn sie verhindern den Abbau von Dopamin. Auf dem Golfplatz führt eine ausreichende Menge an Dopamin dazu, dass Sie sich gut fühlen und mit Selbstvertrauen spielen können.

Acetylcholin ist der Botenstoff, mit dem die Nervenzellen den Muskel dazu bringen, sich zu kontrahieren. Vielleicht haben Sie in diesem Zusammenhang schon einmal von dem Pfeilgift Curare gehört: dieses blockiert die Acetylcholinwirkung, sodass sich die Muskeln nicht mehr zusammenziehen können. Da mit dem Gift auch die Lungenmuskulatur gelähmt wird, führt eine Vergiftung mit Curare zum Ersticken. Wenn Sie mit einem Golfschläger hohe Schlägerkopfgeschwindigkeiten erzielen möchten, dann darf Acetylcholin auf keinen Fall fehlen.

Serotonin wird bekanntlich als DER Glücksbotenstoff bezeichnet. Serotonin sorgt aber nicht nur für ein gutes seelisches Gleichgewicht, sondern auch für eine reibungslose Informationsverarbeitung im Gehirn. Das ist auf dem Golfplatz wichtig – insbesondere, wenn Entscheidungen in kurzer Zeit getroffen werden müssen und ungewöhnliche Balllagen kreative Lösungen verlangen.

Um alle diese Neurotransmitter, Hormone, Enzyme, Muskel- und Körperzellen zu bilden, braucht unser Körper also Proteine. Über die Nahrung stehen uns dafür zwei verschiedene Quellen zur Verfügung: das Eiweiß aus pflanzlichen Lebensmitteln sowie das Eiweiß aus tierischen Lebensmitteln.

Fleisch, Schinken, Wurst

Fisch

Eier

Milch, Joghurt, Quark, Käse

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Nüsse, Mandeln

Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne

Erbsen, Linsen, Soja

Hafer, Kamut®, Quinoa, Amaranth

Keime (z. B. Weizen, Roggen)

Hanf

Abb. 1: Eiweißreiche Lebensmittel

Für jede Sorte Eiweiß, die Sie essen, gilt: Proteine sind ziemlich komplexe Moleküle, die unser Körper während des Verdauungsprozesses im Magen und Dünndarm in Einzelteile zerlegt. Diese Einzelteile nennt man Aminosäure. Insgesamt gibt es 20 verschiedene Aminosäuren, aus denen sämtliche Proteine, die es in unserem Körper gibt, gebildet werden können.

Nach einem eiweißhaltigen Essen steht dem Organismus also ein Pool an einzelnen Aminosäuren zur Verfügung, aus denen er neue Proteine – und damit Zellen – aufbauen kann. Dies passiert in der Leber. Das System ist ein Meisterwerk der Natur, denn jedes Protein hat einen ganz spezifischen Bauplan.

Stellen Sie sich die Aminosäuren als Dreiecke vor. Je nachdem, wie Sie die einzelnen Dreiecke zusammensetzen, können Sie ganz unterschiedliche Figuren (= unterschiedliche Proteine) daraus bilden. So entsteht zum Beispiel das Kollagen in der Haut, das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen oder Myosin und Actin in der Muskulatur.

Alle diese verschiedenen Proteine unterscheiden sich sowohl in der Sorte von Aminosäuren, aus denen sie zusammengesetzt sind, als auch in der Menge. Proteine enthalten zwischen 50 und 2.000 Aminosäuren! Man schätzt, dass es im menschlichen Körper mehr als eine Million verschiedene Proteine gibt.

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Abb. 2: Aus 20 Aminosäuren lassen sich x-tausende, völlig unterschiedliche Proteine bilden. Abb. modifiziert nach www.workshopernaehrung.de

Die meisten Aminosäuren sind von ihrer Molekülstruktur so aufgebaut, dass sie ineinander umgewandelt werden können. Ein Beispiel: Ein bestimmtes Protein in der Darmwand wird aus den Aminosäuren A, B, C, D und E gebildet. Aufgrund einseitiger Ernährung stehen aber nicht genügend Aminosäuren der Sorte E zur Verfügung. In diesem Fall kann unser Körper z. B. die Aminosäure A in die Aminosäure E umbauen. Problem gelöst? Für diesen speziellen Fall ja, aber nicht generell…

Denn leider funktioniert dieses „Ineinanderumbauen“ nur mit 11 der insgesamt 20 Aminosäuren. Bei den restlichen neun geht das nicht. Diese neun Aminosäuren bezeichnet man als essentielle, also lebenswichtige Aminosäuren. Wir müssen sie zwingend mit der Nahrung aufnehmen, weil der Körper sie nicht aus anderen Aminosäuren selbst herstellen kann. Und genau deshalb ist es so wichtig, sich ausgewogen und abwechslungsreich zu ernähren und möglichst unterschiedliche Eiweißquellen für die Versorgung zu nutzen.

An dieser Stelle kommt das Thema Eiweißqualität ins Spiel. Denn es gibt Eiweiße, die sind unserem menschlichen Eiweiß ähnlicher als andere. Dies gilt (mit wenigen Ausnahmen, s. Tab. 2) für alle Eiweiße aus tierischen Quellen – also für Eier, Fleisch, Fisch und Milchprodukte.

Um einen theoretischen Vergleich zu schaffen, wurde die Klassifizierung der biologischen Wertigkeit eingeführt. Hierbei gilt: Die biologische Wertigkeit einer Eiweißsorte ist umso höher, je mehr menschliches Eiweiß daraus gebildet werden kann. Um das Ganze anschaulich zu machen, hat man das Eiweiß des Hühnereis (Volleiprotein) mit dem Wert 100 belegt.

Denn das Protein aus Hühnereiern galt lange Zeit als das hochwertigste Eiweiß, das wir kennen. Der Grund dafür ist, dass Hühnereiprotein sämtliche neun essentiellen Aminosäuren enthält. Aufgrund der Zahl 100 könnte man sich jetzt also theoretisch vorstellen, dass aus 100 Gramm Hühnereieiweiß in unserem Körper 100 Gramm menschliches Eiweiß gebildet werden … was natürlich Quatsch ist – denn, wenn das so wäre, wären die beiden Proteinsorten ja identisch und das sind sie nicht. Der Wert 100 wurde einfach willkürlich gewählt. Aber über dieses theoretische Zahlensystem lassen sich die verschiedenen Nahrungseiweiße bezüglich ihrer Qualität miteinander vergleichen. Heute weiß man übrigens, dass isoliertes Molkenprotein noch hochwertiger ist als Hühnerei-Eiweiß, weshalb Molkenprotein (Whey) mit einer biologischen Wertigkeit von 104 gelistet wird.

Tab. 1: Übersicht über essentielle und nicht-essentielle Aminosäuren

Wenn Sie’s genau wissen möchten

Essentielle Aminosäuen (lebenswichtig, unentbehrlich)

Nicht-essentielle Aminosäuren

Histidin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan, Valin

Alanin, Arginin, Asparagin, Asparaginsäure, Cystein, Glutamin, Glutaminsäure, Glycin, Prolin, Serin, Tyrosin

Tab. 2: Biologische Wertigkeit verschiedener Eiweiße

Lebensmittel

Biologische Wertigkeit

Hühnerei

100

Rindfleisch

90+

Soja, Weizenkeime, Leinsamen

85

Fettarme Milch

84

Quinoa, Amaranth, Hanf

80+

Käse, Quark

80+

Kochschinken

76

Lachs

75

Hühnchen

70

Mandeln, Sonnenblumenkerne

65+

Haferflocken

60

Nudeln

57

Erbsen

43

Linsen

33

In der obigen Tabelle können Sie sehen, dass die meisten pflanzlichen Eiweiße eine niedrigere biologische Wertigkeit haben als tierische Eiweiße. Das liegt daran, dass Pflanzenprotein generell weniger essentielle Aminosäuren enthält. Was aber nicht heißt, dass Sie Ihren Eiweißbedarf nicht auch ausschließlich über pflanzliche Lebensmittel decken können. Sie müssen einfach nur mengenmäßig mehr Linsen oder Haferflocken essen, um auf die gleichen Eiweißwerte zu kommen wie bei einem Stück Hühnchen.

Alternativ können Sie aber auch clever kombinieren. Denn bei einigen veganen Lebensmitteln lässt sich die Eiweißwertigkeit erhöhen, wenn man sie gemeinsam verzehrt. Beispiele dafür sind: Soja mit Reis (z. B. als Tofu-Reis-Pfanne), Soja mit Kartoffeln (z. B. als Bratkartoffeln mit Sojaschnitzel), Bohnen mit Mais (z. B. in einem mexikanischen Salat).

FORE!

Über eine gute Eiweißversorgung können Sie sicherstellen, dass Ihr Körper die nötigen Bausubstanzen für sämtliche Körper- und Stoffwechselproteine zur Verfügung hat. Je abwechslungsreicher Sie essen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass keine essentielle Aminosäure fehlt. Die Eiweiße aus verschiedenen Lebensmitteln ergänzen sich in ihrer Aminosäurenzusammensetzung und gleichen auf diese Weise Defizite aus. Als Veganer sollten Sie mengenmäßig mehr essen oder günstige Lebensmittelkombinationen nutzen, um auf die gleichen Eiweißmengen und -qualitäten zu kommen wie Gemischtköstler.

So, und an dieser Stelle kommen wir dann jetzt zu der Frage, die Sie wahrscheinlich am meisten interessiert:

Wie viel Eiweiß braucht ein Golfer?

Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wie viel Sie wiegen. Denn der Eiweißbedarf eines Menschen wird pro Kilogramm seines Körpergewichts angegeben. In der Wissenschaft gehen wir davon aus, dass grundsätzlich bei einem ausgewogen und ausreichend ernährten Erwachsenen die Eiweißbilanz mit 0,4-0,6 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht (KG) und Tag ausgeglichen ist.

„Wie bitte?!“, werden Sie jetzt wahrscheinlich denken, da Sie möglicherweise ganz andere Zahlen gelesen und gehört haben. Tatsächlich sind 0,4-0,6 Gramm pro Kilogramm KG das „physiologische Eiweißminimum“. Also die Menge an Proteinen, mit der gerade so das Gleichgewicht zwischen Eiweißaufnahme und Eiweißabbau im Körper gehalten werden kann.

Die Ernährungsfachgesellschaften Deutschlands, Österreichs und der Schweiz (D-A-CH) beziffern deshalb den durchschnittlichen Grundbedarf eines Erwachsenen mit überwiegend sitzendem Lebensstil auf 0,6 Gramm tierisches Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.

Für eine 65 Kilogramm schwere Frau wären das also 65 × 0,6 = 39 Gramm Eiweiß täglich. Für einen 85 Kilogramm schweren Mann entsprechend 51 Gramm Eiweiß pro Tag. Wie gesagt: Diese Mengen sind das absolute Minimum! Weniger Eiweiß sollten Sie als gesunder Mensch (bezogen auf Ihr Körpergewicht) auf keinen Fall essen.

Nun sollen mit den offiziellen Empfehlungen zur Nährstoffaufnahme jedoch nicht nur einzelne Individuen ausreichend versorgt werden, sondern die Bevölkerung allgemein. Deshalb werden Sicherheitszuschläge hinzugerechnet. Unter Berücksichtigung individueller Schwankungen und einer verminderten Eiweißverfügbarkeit in einer gemischten Kost (die meisten Menschen essen ja pflanzliches und tierisches Eiweiß), wurde der Bedarfswert auf 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag angehoben. Dieser Wert gilt für Erwachsene im Alter von 19-65 Jahren und ist in allen offiziellen D-A-CH-Nährwerttabellen zu finden.

Menschen ab 65 Jahren rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE), die Menge auf täglich 1,0 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu steigern, um die vorhandene Muskelmasse und die körperliche Funktionalität bestmöglich zu erhalten. Kinder und Jugendliche sollten aufgrund ihres Wachstums 0,9 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag aufnehmen.

Zugegebenermaßen führen diese krummen Zahlen zu einer etwas blöden Rechnerei, die man im Kopf nicht so einfach hinbekommt. Als Faustformel empfehle ich deshalb: Rechnen Sie als „Normalo“ (sitzende Tätigkeit, ab und zu Sport), auch wenn Sie noch nicht im Seniorenalter sind, mit einem Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Auf diese Weise entspricht Ihr Körpergewicht Ihrem Proteinbedarf in Gramm und Sie müssen überhaupt nichts ausrechnen:

65 kg Körpergewicht image 65 g Eiweiß

85 kg Körpergewicht image 85 g Eiweiß.

Um zu überprüfen, ob Sie Ihren Eiweißbedarf im Alltag decken, lohnt es sich durchaus mal, für fünf Tage ein Ernährungstagebuch zu führen. Schreiben Sie alles auf, was Sie an diesen Tagen essen und trinken und ermitteln Sie im Anschluss den durchschnittlichen Eiweißgehalt Ihrer Nahrung pro Tag. Das können Sie mit einer Handy-App tun oder mit einer Nährwerttabelle (siehe Anhang).

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Gewicht 65 kg

Allgem. Zufuhrempfehlung/Tag: 65 × 0,8 = 52 g Eiweiß

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Gewicht 85 kg

Allgem. Zufuhrempfehlung/Tag: 85 × 0,8 = 68 g Eiweiß

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Zufuhrempfehlung Frau: 65 × 1,2/1,4 = 78/91 g Eiweiß

Zufuhrempfehlung Mann: 85 × 1,2/1,4 = 102/119 g Eiweiß

Abb. 3: Allgemeine Eiweißzufuhrempfehlungen pro Tag nach DGE

Als Amateurgolfer mit Trainings- und Spielzeiten von 10-20 Stunden pro Woche haben Sie einen mäßig erhöhten Proteinbedarf. Wenn Sie mit 1,2-1,4 Gramm Eiweiß rechnen, wie in Abb. 3 gezeigt, dann sind Sie alle Male auf der sicheren Seite. Mehr brauchen Sie nicht. Diese Eiweißmengen lassen sich übrigens problemlos über natürliche Nahrungsmittel aufnehmen, spezielle Proteindrinks oder -riegel sind vollkommen unnötig.

Zur Veranschaulichung habe ich Ihnen einmal drei beispielhafte Tagesmahlzeienpläne zusammengestellt (Tab. 3, 4, 5) und die enthaltenen Eiweißmengen der einzelnen Lebensmittel dazugeschrieben. Sie werden sehen, dass Sie als Golfspieler, selbst wenn Sie vegetarisch oder vegan leben, sich mit ganz normalem Essen bestens mit Proteinen versorgen können – inklusive eines Sicherheitspuffers.

Tab. 3: Beispielhafter Tagesmahlzeitenplan für eine Frau inklusive der enthaltenen Eiweißmenge

 

Menge Lebensmittel

Menge Protein (g)

Frühstück

200 g Naturjoghurt

30 g Müsli

1 EL Leinsamen/Kürbiskerne

1 Banane

100 g Himbeeren

7

4

3

1

1

Zwischendurch

1 Latte macchiato

2 Kekse

1

2

Mittagessen

150 g Hähnchen/Schnitzel

1 Port. Vollkornnudeln

100 g Brokkoli

50 g Erbsen

1 Port. Sauce (Sahne/Schmand)

30

7

3

2,5

1,5

Zwischendurch

30 g Mandeln

6

Abendessen

2 Scheiben Brot

30 g Hartkäse

30 g Schinken

1 Tomate

1 hart gekochtes Ei

8

8

7

1

6

99

Tab. 4: Beispielhafter Tagesmahlzeitenplan für einen Mann inklusive der enthaltenen Eiweißmenge

 

Menge Lebensmittel

Menge Protein (g)

Frühstück

250 g Naturjoghurt

50 g Müsli

1 EL Leinsamen/Kürbiskerne

1 Banane

1 Apfel

100 g Himbeeren

8

6

3

1

0,5

1

Zwischendurch

1 Latte macchiato

1 Käsebrötchen

1,5

13

Mittagessen

1 Port. Nudeln

100 g Lachs

100 g Möhren

1. Port. Sauce mit Sahne

17

20

1

2

Abendessen

150 g Steak

1 Ofenkartoffel

80 g Sour Cream

1 Tomate

32

5

2

3

TV-Snack

50 g Erdnüsse

13

129

Tab. 5: Beispielhafter Tagesmahlzeitenplan für eine Veganerin inklusive der enthaltenen Eiweißmenge

 

Menge Lebensmittel

Menge Protein (g)

Frühstück

250 ml Sojamilch

30 g Sojaflocken

1 EL Leinsamen/Kürbiskerne

1 Banane

100 g Himbeeren

8.5

13

3

1

1

Zwischendurch

1 Latte mit Sojamilch

2 Energy-Hanfbällchen

3,5

4

Mittagessen

100 g Tofu

50 g Kichererbsen

50 g Kidneybohnen

50 g Mais

1 Port. Tomatensauce

10

10

3

4

1

Zwischendurch

200 ml Smoothie mit Mandelmilch

7

Abendessen

1 Port. Vollkornnudeln

200 g Pilzgemüse mit Sprossen

100 g Avocadosalat

7

8

2

TV-Snack

50 g Erdnüsse

13

99

Woher aber kommen nun die zum Teil mehr als doppelt so hohen Eiweißzufuhrempfehlungen, die man in der Presse und im Internet immer wieder liest? In der Regel beziehen sich diese auf Leistungssportler im Kraftsportbereich. Leistungssportler sollten mehr Eiweiß zu sich nehmen, weil ihr Körper aufgrund der Belastung einerseits einen höheren Eiweißumsatz hat (Auf- und Abbau) und Proteine die sportartspezifischen Anpassungsvorgänge in der Muskulatur triggern.

Das American College of Sports Medicine empfiehlt Leistungssportlern generell eine Proteinzufuhr von 1,2-1,7 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag (Thomas et al., 2016). Für Kraftsportler lautet die Empfehlung 1,2-2,0 Gramm. Je besser trainiert ein Sportler ist, desto eher kann er sich allerdings an den niedrigeren Zahlenbereichen orientieren. Denn ein gut trainierter Körper geht ökonomischer mit Protein um und braucht nicht so viel Nachschub.

Aber selbst im Leistungssportbereich sind im Alltag keine zusätzlichen Proteinpräparate vonnöten, denn der gesteigerte Bedarf wird über die größere Nahrungsmenge gedeckt. Triathleten, Gewichtheber oder Tennisprofis essen nämlich deutlich mehr als 150 Gramm Hühnchen oder 150 Gramm Lachs zum Mittagessen. Tab. 6 zeigt Ihnen die Eiweißgehalte einiger ausgewählter tierischer und pflanzlicher Lebensmittel pro gängiger Portionsgröße.

FORE!

Proteine liefern auch Energie, d. h., sie haben einen Kaloriengehalt. Dieser liegt bei rund vier Kilokalorien pro Gramm. Allerdings nutzt unser Körper die Proteine nur im Notfall für seine Energieversorgung – nämlich immer dann, wenn zu wenig Kohlenhydrate oder Fette zur Verfügung stehen. Das ist unter anderem bei längerem Fasten der Fall. In dieser Situation baut der Organismus dann Muskeln ab.

Tab. 6: Eiweißgehalte ausgewählter Lebensmittel

Lebensmittel

Biologische Wertigkeit

150 g Steak/Rinderhack

33 g

150 g Hühnchen

30 g

150 g Lachs

30 g

200 g Magerquark

27 g

30 g Emmentaler (45 % Fett i. Tr.)

9 g

30 g Camembert (45 % Fett i. Tr.)

7 g

200 g Naturjoghurt (3,5 % Fett)

7,8 g

200 ml Milch (3,5 %/1,5 % Fett)

6,8 g

30 g Sojaflocken

12 g*

50 g Tofu

7,7 g

50 g reife Sojabohnen (Edamame)

7,6 g

50 g Amaranth

7,2 g

30 g Mandeln

7,2 g

200 ml Sojamilch

7 g

25 g Hanfsamen

6,5 g*

50 g Quinoa

6,1g

30 g Haferflocken

4 g

50 g Erbsen

3,4 g

Quelle: Bundeslebensmittelschlüssel (BLS), *Herstellerangaben

Ich hoffe sehr, dass ich Sie mit meinen Erläuterungen und Beispielen davon überzeugen konnte, dass man sich über eine abwechslungsreiche Ernährung relativ easy mit ausreichend Eiweiß versorgen kann. Nichtsdestotrotz sind die meisten Sportler – und Golfer machen da keine Ausnahme – versucht, beim Thema Eiweiß ein bisschen nachzuhelfen.

Lassen Sie uns über Shakes reden

Bei Eiweiß gilt (und das wissen viele Menschen offenbar nicht): Viel hilft nicht viel! Wenn Sie deutlich mehr Eiweiß essen bzw. aufnehmen, als Sie benötigen, dann nimmt dadurch nicht automatisch Ihre Menge an fettfreier Körpermasse (sprich: Muskelmasse) zu. Bei einer deutlich über dem Eiweißbedarf liegenden Zufuhr werden die überschüssigen Aminosäuren zunächst einmal in den körpereigenen Aminosäurepool eingeschleust. Dieser hat eine Speicherkapazität von circa 100 Gramm. Das ist nicht wenig, aber auch nicht bombig viel. Es wäre eine Reserve für etwa zwei Tage, wenn man gar nichts mehr äße.

Ist der Speicher gefüllt, werden die darüber hinaus aufgenommenen Aminosäuren abgebaut und müssen rasch ausgeschieden werden. Der Grund dafür ist, dass Aminosäuren das Element Stickstoff (chemisch: N) enthalten. Aus diesem Stickstoff entstehen während der Verstoffwechslung der Aminosäuren sogenannte Ammonium-Ionen, welche für unsere Körperzellen giftig sind.