TIEDT
DELIUS KLASING VERLAG
Folgende Bücher von Christian Tiedt sind bislang im Delius Klasing Verlag erschienen:
Motorboote – Typen • Technik • Fahrspaß
Hafenmanöver Schritt für Schritt – mit dem Motorboot
Für Lenny, Dav und Leif
1. Auflage 2020
© Delius Klasing & Co. KG, Bielefeld
Folgende Ausgaben dieses Werkes sind verfügbar:
ISBN 978-3-667-11826-4 (Print)
ISBN 978-3-667-11991-9 (Epub)
Lektorat: Felix Wagner
Layout und Illustrationen: Christian Tiedt
Umschlaggestaltung: Felix Kempf
Lithografie: Mohn Media, Gütersloh
Datenkonvertierung E-Book: Bookwire - Gesellschaft zum Vertrieb digitaler Medien mbH
Alle in diesem Buch enthaltenen Angaben und Daten wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt und von ihm sowie vom Verlag mit der gebotenen Sorgfalt überprüft. Gleichwohl können wir keinerlei Gewähr oder Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Informationen übernehmen.
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www.delius-klasing.de
OB | 1 | ORIENTIERUNG AN BORD: BEGRIFFE |
VO | 2 | VORSCHRIFTEN UND FAHRREGELN |
AF | 3 | ANDERE FAHRZEUGE |
LS | 4 | LICHTER UND SIGNALE |
SZ | 5 | SEE- UND SCHIFFFAHRTSZEICHEN |
SI | 6 | SICHERHEIT AN BORD |
TÖ | 7 | TÖRNVORBEREITUNG |
M | 8 | MANÖVER |
WE | 9 | WETTER |
NV | 10 | NAVIGATION |
N | 11 | NOTSITUATIONEN |
S | 12 | NOTMASSNAHMEN |
DK | 13 | DOKUMENTE |
CH | 14 | CHARTER |
BT | 15 | BILDTAFELN |
W | 16 | INTERNET |
ST | 17 | STICHWORTVERZEICHNIS |
Sportbootfahren ist eine fantastische Freizeitbeschäftigung! Die Vielseitigkeit ist nahezu endlos, vom Tagesausflug mit Badestopp bis hin zum mehrwöchigen Urlaubstörn, auf eigenem Kiel oder mit dem Charterboot. Und auch bei den Revieren hat man die freie Auswahl, auf See oder im Binnenbereich, zuhause und darüber hinaus – das Wasserstraßennetz kennt praktisch keine Grenzen. Das führt zu unterschiedlichen Anforderungen, von der Sicherheit der Crew bis zur eigenen Seemannschaft. Oft kommt es dabei auf Details an – und davon gibt es im Bordalltag jede Menge. Genug jedenfalls, um nicht immer alles sofort im Kopf haben zu können.
Hier kommt dieses Buch ins Spiel: ein Bordbuch, klein und robust, das in jede Tasche und vor allem auch in jede Cockpitablage passt. Auf knapp 300 Seiten ist Platz für alle Themen, die auf dem Wasser eine Rolle spielen. Das Buch soll vor allem dabei helfen, Situationen und Sachen zu erkennen und einzuordnen, um entsprechend handeln zu können. Dabei helfen Übersichtstafeln, Illustrationen und Beschreibungen. Listen sorgen außerdem dafür, dass nichts Entscheidendes vergessen wird. Ein praktischer Begleiter zum schnellen Nachschlagen an Bord – oder zum gemütlichen Durchblättern an Land.
EINDEUTIGE KOMMUNIKATION/EINHEITLICHE BEGRIFFE
ORIENTIERUNG AN BORD
BEWEGUNG DES EIGENEN BOOTES
BEWEGUNGEN ANDERER FAHRZEUGE
ORIENTIERUNG AUF SEE
METHODEN ZUR ORIENTIERUNG
WEITERE UNTERSCHEIDUNGEN
An Bord ist man aufeinander angewiesen. Das bezieht sich sowohl auf das Zusammenwirken aller Crewmitglieder bei Manövern als auch auf die kleineren Dinge, die unterwegs anfallen und erledigt werden müssen. Unverzichtbar dafür ist eine deutliche und möglichst eindeutige Kommunikation untereinander. Soll heißen: Alle Personen müssen im wahrsten Sinne die gleiche „Sprache“ sprechen (oder sie zumindest verstehen), egal ob es sich dabei um Besprechungen vor dem Törnstart handelt oder unmittelbare und schnell auszuführende Anweisungen während der Fahrt.
Dazu gehören auch nautische Begriffe: Korrekt benutzt sind sie in der Regel nicht nur präziser und zweckmäßiger, sondern auch zeitsparender als „Übersetzungen“ ins Alltagsdeutsch. Skipper und erfahrene Besatzungsmitglieder sollten Neulingen und Fremdsprachlern beim Erlernen der wichtigsten Begriffe helfen. Im Folgenden werden jene Methoden aufgeführt, die zur nautischen Orientierung an Bord und auf See genutzt werden – eine wichtige Grundlage für den sicheren Umgang mit Verkehrssituationen (s. Seite 44) und bei der Ansprache anderer Fahrzeuge (s. Seite 49). Mehr zum Thema Kommunikation im Hinblick auf die generelle Sicherheit an Bord folgt in Kapitel 6 (s. Seite 149).
WICHTIG Es liegt in der Verantwortung des Skippers sicherzustellen, dass seine Anweisungen von den betreffenden Crewmitgliedern nicht nur verstanden, sondern auch tatsächlich vollständig umgesetzt werden können.
Damit jedes Crewmitglied jederzeit einen bestimmten Platz an Bord finden kann, gibt es eine Aufteilung, die unten schematisch abgebildet ist. Der Vorteil dieses „Systems“ besteht darin, dass es auf Wasserfahrzeuge jeder Größe und Art angewendet werden kann und unabhängig von vielen Faktoren funktioniert, wie etwa der Anzahl an Decks oder der Nutzung und Funktion eines Bootes oder Schiffes.
Zweifache Aufteilung: Der Bereich „mittschiffs“ existiert sowohl in Quer- als auch in Längsaufteilung. Dort ist seine Begrenzung allerdings nicht klar definiert und bezieht sich eher auf einzelne bauliche Elemente als auf eine Fläche.
Die gewöhnliche Bewegungsrichtung eines Bootes entspricht – wie beim Auto auch – der Fahrt voraus, also in gerader Linie nach vorn führend. Steuer und Ruder befinden sich dabei ohne Lage mittschiffs. Soll die Fahrtrichtung geändert werden, wird das Steuer nach Backbord oder Steuerbord gelegt. Die Stärke des Einschlags bestimmt dabei über die Größe des Drehkreises und über die Geschwindigkeit der Drehbewegung bis hin zur Hartruderlage mit der stärksten Wirkung. Zum schnellen Abfangen oder Beenden der Drehung kann das Ruder vorübergehend in die Gegenrichtung gelegt werden. Man spricht dann vom Stützen oder Stützruder.
Das Steuerrad: Wie viele Umdrehungen nötig sind, bis ein Ruder „am Anschlag“ ist, hängt von der Technik der Steueranlage ab. Dabei ist es besonders bei Manövern auf engem Raum wichtig, die genaue Position des Ruders zu jeder Zeit zu kennen. Praktisches Hilfsmittel: Ein Ruderlagenanzeiger am Fahrstand liefert diese Information auf einen Blick.
Bewegungsrichtungen: Ein Boot, das sich in Fahrt durchs Wasser befindet, also nicht festgemacht ist oder ankert, kann sich frei in alle Richtungen bewegen. Das geschieht entweder durch eigene Kraft oder durch die natürliche Einwirkung von Wind oder Strom. Je nach Ruderlage erfolgt die Fortbewegung unter Maschine dabei voraus, achteraus oder außerdem zu einer der beiden Seiten, beispielsweise „nach Steuerbord voraus“ oder „nach Backbord achteraus“. Einige moderne Antriebsanlagen oder auch der Einsatz von Bug- und Heckstrahlruder ermöglichen sogar eine gezielte seitliche Bewegung, also in Dwarsrichtung.
Die Bestimmung der Bewegungsrichtungen anderer Fahrzeuge ist für die sichere Navigation mindestens ebenso bedeutend wie die eigene. Man unterscheidet hier zwei Fälle, zum einen den Gegenkommer, der sich auf einem annähernd entgegengesetzten oder genauen
Der Überholsektor: Nach Regel 13 der Kollisionsverhütungsregeln (KVR) gilt ein Fahrzeug nur dann als Überholer, wenn es sich „aus einer Richtung von mehr als 22,5 Grad achterlicher als querab nähert“. Das entspricht dem Sektor des Hecklichts des vorausfahrenden Fahrzeuges.
Gegenkurs dem Kurs des eigenen Fahrzeugs nähert und dabei voraussichtlich in einem Abstand passieren wird, der bei guter Sicht besondere navigatorische Sorgfalt erfordert. Der zweite Fall ist der Aufkommer. Er nähert sich aus achterlichem Winkel mit einer so hohen Geschwindigkeit an, dass es zu einem Überholvorgang in Fahrt kommen wird. Weitere Informationen zum Thema Begegnen und Überholen folgen in Kapitel 2 (s. Seite 19).
KOMPAKT Ein Fahrzeug auf Gegenkurs wird Gegenkommer genannt. Eines, das von achtern aufschließt, ist dagegen Aufkommer, beim Passiervorgang dann Überholer.
Auf den folgenden Seiten werden vier verschiedene Methoden genannt, um die Positionen anderer Fahrzeuge, Seezeichen und aller weiteren schwimmenden und landfesten Objekte im Verhältnis zum eigenen Standort zu beschreiben. Sie reichen von der eigentlich aus der Luftfahrt stammenden Ziffernblatt-Methode bis zur traditionellen Kompasspeilung. Welche Methode an Bord benutzt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Fordern ein anspruchsvolles Revier oder viel Verkehr eine ganz besonders exakte Navigation, wird eine präzisere (und komplexere) Methode zur Anwendung kommen. In weniger herausfordernden Umständen genügt dagegen auch eine simplere Variante. In jedem Fall muss allerdings klargestellt sein, dass neben dem Skipper zumindest alle mit der Navigation befassten Besatzungsmitglieder die Funktionsweise der jeweiligen Methode kennen und auch selbst korrekt anwenden können.
Methode 1 (Ziffernblatt): Die einfachste Art, um die Richtung (oder Peilung) anzugeben, funktioniert so: Man stellt sich das eigene Boot auf dem Ziffernblatt einer analogen Uhr vor, wobei der Bug immer in Richtung 12 Uhr weist. Im Uhrzeigersinn bilden nun die Stunden zwölf Sektoren. Zwar gibt es genauere Methoden, doch dafür ist die Angabe knapp und auch ohne nautische Vorkenntnisse verständlich. Ursprünglich stammt sie aus der Luftfahrt. Beispiel: „Leuchtfeuer in zwei Uhr“.
Methode 2 (Standard): Diese Methode ist in der Regel Standard an Bord. Die Begriffe entsprechen dem bereits geschilderten System zur Bezeichnung der Bewegungsrichtung eines Bootes (s. Seite 10). Beispiel: „Leuchtfeuer steuerbord voraus“ oder „Leuchtfeuer voraus an Steuerbord“. Wenn die recht grobe Einteilung zum Auffassen eines weniger gut sichtbaren Objektes nicht ausreicht, kann auch ein präzisierender Zusatz gemacht werden: „Leuchtfeuer 20 Grad an Steuerbord voraus“.
Methode 3 (Halbkreispeilung): Bei diesem etwas genaueren, aber nur selten angewendeten, ursprünglich militärischen Verfahren wird der Sichtkreis auf beiden Seiten des Schiffes von recht voraus (000°) bis achteraus (180°) in zwei Halbkreise von jeweils 180° eingeteilt. Bei einer Meldung werden die jeweilige Seite und die aus drei Ziffern bestehende Gradzahl angegeben. Beispiel: „Leuchtfeuer gesichtet. Backbord eins-drei-fünf Grad.“ Der Zusatz „Grad“ wird jedoch meist weggelassen, um Verwechslungen mit Kursangaben zu vermeiden.
Methode 4 (Kompasspeilung): Sie ist das klassische nautische Verfahren, um die präzise Richtung zu anderen Fahrzeugen oder Objekten anzugeben. Die jeweilige Angabe ist unabhängig von der Ausrichtung des eigenen Bootes, setzt allerdings das Vorhandensein eines Kompasses voraus. Sie erfolgt dann mündlich durch die Nennung der Abfolge der drei Ziffern der betreffenden Gradzahl. Beispiel: „Leuchtfeuer peilt in zwo-zwo-fünf Grad“ (225°). Oder vereinfacht durch Nennung der Himmelsrichtung: „Leuchtfeuer peilt in Richtung Südwest“ (SW).
Je nachdem, in welchem Revier man unterwegs ist und welche Verhältnisse herrschen, können unter Umständen auch andere, zum Verständnis der Situation wichtige Begriffe zur Bezeichnung einer Bewegungsrichtung oder Position genutzt werden. Hier die häufigsten Paare:
LUVWÄRTS / LEEWÄRTS
Bei Wind: gegen die Windrichtung / in Windrichtung. Auch: in den Wind / mit dem Wind. Beispiel: „In Lee Land in Sicht“, „Wir steuern nach Luv“.
LANDWÄRTS / SEEWÄRTS
Vor Küsten: in Richtung Land / in Richtung See. Bei Wind auch: auflandig / ablandig. Beispiel: „Der Frachter steuert seewärts “, „Der Wind weht jetzt auflandig“.
BERGWÄRTS / TALWÄRTS
Auf Fließgewässern: gegen die Fließ- oder Strömungsrichtung / mit der Fließ- oder Strömungsrichtung. Auch: zu Berg / zu Tal; stromaufwärts / stromabwärts. Beispiel: „Bergwärts in zwei Kilometern kommt die nächste Schleuse“, „Das Binnenschiff fährt zu Tal“. Wichtig: Bei künstlichen Wasserstraßen ist die Richtung definiert und entspricht nicht immer dem Gefälle.
GEGEN DIE TIDE / MIT DER TIDE
Auf Gezeitengewässern: gegen die jeweilige Strömungsrichtung / mit der Strömungsrichtung. Auch: gegen den Strom / mit dem Strom. Beispiel: „Mit der Tide überqueren wir das Wattenhoch“, „Gegen den Strom baut der Wind eine steile Welle auf“.
GRUNDLAGEN UND GELTUNG
VORSCHRIFTEN AUF SEEREVIEREN
SEESCHIFFFAHRTSSTRASSEN
FAHRREGELN AUF SEEREVIEREN
VORSCHRIFTEN AUF BINNENREVIEREN
BINNENSCHIFFFAHRTSSTRASSEN
FAHRREGELN AUF BINNENREVIEREN
Die Verkehrsregeln auf dem Wasser sind keineswegs überall einheitlich. Unterschiede bestehen sowohl zwischen Binnen- und Seerevieren als auch auf internationaler und sogar nationaler Ebene. Meist sind sie durch besondere Revierverhältnisse begründet und haben somit einen durchaus pragmatischen Hintergrund. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der weitaus größte Teil der Regeln inzwischen einem internationalen Standard folgt. Dafür sprechen neben dem gesunden Menschenverstand und der Gewährleistung der allgemeinen Sicherheit natürlich auch wirtschaftliche Bedürfnisse, besonders im Hinblick auf einen reibungslosen Warenverkehr auf den vielerorts stark frequentierten Wasserstraßen. Dennoch ist es wichtig, die verschiedenen Regelungen und ihre Geltungsbereiche zu kennen – und sich vor einem Törn in ein neues Revier mit den jeweils vor Ort gültigen Vorschriften vertraut zu machen.
Bevor es in diesem Kapitel um die wichtigsten Fahrregeln auf See- und Binnenschifffahrtsstraßen geht, folgt deshalb zunächst ein Überblick über die rechtliche Aufteilung in Deutschland.
SEEREVIERE Zu ihnen zählen in Deutschland das gesamte Küstenmeer (also die Hoheitsgewässer, die sich bis zu maximal zwölf Seemeilen seewärts der Basislinie erstrecken) und die Seeschifffahrtsstraßen. Sie umfassen zum einen die sogenannten Seewasserstraßen: Dazu gehören alle betonnten Fahrwasser innerhalb des Küstenmeeres und zusätzlich die gesamte Wasserfläche der Drei-Meilen-Zone. Zum anderen gehören auch Binnenwasserstraßen dazu, also Flüsse und Kanäle, die in erster Linie vom Seeverkehr genutzt werden. Auf den deutschen Seeschifffahrtsstraßen gelten folgende Vorschriften:
Kollisionsverhütungsregeln (KVR); International gültig für den Verkehr auf Hoher See, aber von vielen Staaten auch ganz oder teilweise übernommen. Gilt durch die Verordnung zu den Kollisionsverhütungsregeln (VOKVR) auf dem deutschen Küstenmeer, ergänzt durch einige Regelungen der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung. Gleichzeitig sind sie Grundlage für viele Bereiche der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung und der Schifffahrtsordnung Emsmündung.
Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung (SeeSchStrO); gilt auf den Seeschifffahrtsstraßen (See- und Binnenwasserstraßen) und eingeschränkt im Küstenmeer.
Schifffahrtsordnung Emsmündung (EmsSchO); nach deutsch-niederländischem Abkommen eingeführt für die Unterems ab Papenburg (Binnenwasserstraße) und die Außenems (Seewasserstraße) bis zur seewärtigen Grenze des Küstenmeeres.
Weitere Vorschriften, oft mit regionalem Bezug, können ergänzend hinzukommen; besonders im Bereich von Nationalparks und Naturschutzgebieten existieren eine Reihe detaillierter Verordnungen des Bundes.
KOMPAKT Die deutschen Seeschifffahrtsstraßen umfassen Fahrwasser im Küstenmeer, die Wasserfläche der Drei-Meilen-Zone und Binnenwasserstraßen. Es gelten die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung, die Schifffahrtsordnung Emsmündung und die Kollisionsverhütungsregeln.
Kollisionsverhütungsregeln (mit SeeSchStrO) |
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Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung Seewasserstraßen Binnenwasserstraßen |
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Schifffahrtsordnung Emsmündung Seewasserstraßen Binnenwasserstraßen |
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Hamburger Hafengesetz |
BinSchStrO oder vergleichbare Vorschrift (s. Seite 24)
SEESCHIFFFAHRTSSTRASSEN (Auswahl). Auf den Seewasserstraßen des Küstenmeeres und diesen Binnenwasserstraßen ist der Sportbootführerschein mit dem Geltungsbereich „See“ (s. Seite 238) vorgeschrieben.
Ems (62 km, 1 SW)
Hunte (25 km, 1 SW)
Weser (81 km)
Oste (74 km, 1 SW)
Elbe (127 km)
Stör (49 km, 1 SW)
Nord-Ostsee-Kanal (99 km, 2 S)
Gieselaukanal (3 km, 1 S)
Eider (110 km, 3 S)
Trave (22 km)
Warnow (14 km, 1 S)
Ryck (6 km)
Uecker (3 km)
SW = Sperrwerk
S = Schleuse
Die Internationalen Kollisionsverhütungsregeln (KVR) gelten (ergänzt durch einzelne Elemente der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung; SeeSchStrO) auch im Bereich des deutschen Küstenmeeres – allerdings nur außerhalb der Fahrwasser. Auch im direkten Geltungsbereich der SeeSchStrO, den See- und Binnenwasserstraßen, behalten ihre Fahrregeln Gültigkeit. Innerhalb der Fahrwasser kommen dagegen die besonderen Fahrregeln der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung zur Anwendung.
WICHTIG Wasserflächen gelten nach SeeSchStrO im Bereich der Seewasserstraßen nur dann als Fahrwasser, wenn sie lateral bezeichnet sind. Auf Binnenwasserstraßen zählen auch unbetonnte Flächen dazu, sofern sie für die durchgehende Schifffahrt bestimmt sind.
KOLLISIONSVERHÜTUNGSREGELN Die Ausweich- und Fahrregeln bilden Teil B des Regelwerkes der KVR und umfassen die Regeln 4 bis 19. Im Folgenden sind die jeweils wichtigsten Inhalte daraus zusammengefasst.
Ausguck (nach Regel 5): Jedes Fahrzeug muss jederzeit durch Sehen, Hören und alle anderen verfügbaren Mittel einen vollständigen Überblick über die Lage und die mögliche Gefahr eines Zusammenstoßes haben.
Sichere Geschwindigkeit (nach Regel 6): Jedes Fahrzeug muss jederzeit mit sicherer Geschwindigkeit fahren, sodass es rechtzeitig zum Stehen gebracht und ein Zusammenstoß vermieden werden kann.
Gefahr eines Zusammenstoßes (nach Regel 7): Jedes Fahrzeug muss mit allen Mitteln entsprechend den gegebenen Umständen und Bedingungen feststellen, ob die Möglichkeit der Gefahr eines Zusammenstoßes besteht. Im Zweifelsfall ist diese Möglichkeit anzunehmen.
Vermeidung von Zusammenstößen (nach Regel 8): Jedes Manöver zur Vermeidung eines Zusammenstoßes muss entschlossen und rechtzeitig so ausgeführt werden, wie gute Seemannschaft es erfordert.
Deutliche Kursänderung Jede Änderung des Kurses und/oder der Geschwindigkeit muss so groß sein, dass ein anderes Fahrzeug sie schnell erkennen kann; aufeinander folgende kleine Änderungen sind zu vermeiden.
Rechtzeitige Kursänderung Bei genügend Seeraum kann eine rechtzeitige Kursänderung allein die wirksamste Maßnahme zum Meiden des Nahbereichs sein.
Sicherer Abstand Ein Manöver zur Vermeidung eines Zusammenstoßes muss zu einem sicheren Passierabstand führen. Die Wirksamkeit muss laufend überprüft werden, bis das andere Fahrzeug vollständig passiert hat.
Fahrt mindern Um einen Zusammenstoß zu vermeiden oder besseren Überblick zu bekommen, muss, wenn nötig, die Fahrt gemindert oder aufgestoppt werden.
WICHTIG Begegnungen im Nahbereich sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Der Begriff ist relativ und bezeichnet einen räumlichen Abstand, bei dem aufgrund verschiedener denkbarer Faktoren erhöhte Gefahr eines Zusammenstoßes besteht. Häufig haben sich die betroffenen Fahrzeuge dann bereits in Sicht.
Enge Fahrwasser (nach Regel 9): Ein Fahrzeug, das einem engen Fahrwasser oder einer Fahrrinne folgt, muss sich so nahe am äußeren Rand an seiner Steuerbordseite halten, wie es sicher möglich ist (Rechtsfahrgebot). Fahrzeuge unter 20 Meter Länge und Segelfahrzeuge dürfen die Durchfahrt eines Fahrzeugs nicht behindern, das nur im Fahrwasser sicher fahren kann.
Verkehrstrennungsgebiete (nach Regel 10): Bei Verkehrstrennungsgebieten (VTG) handelt es sich um fest definierte Einbahnwege mit entgegengesetzten Fahrtrichtungen, um die Gefahr von Zusammenstößen an gefährlichen oder besonders stark befahrenen Stellen außerhalb des Küstenmeeres. Fahrzeuge von weniger als 20 Metern Länge, Segelfahrzeuge und fischende Fahrzeuge sind von der Nutzungspflicht befreit, die für die sonstige Schifffahrt gilt, wenn ein VTG ausgewiesen ist.
Einbahnwegen folgen Ein Fahrzeug, das ein Verkehrstrennungsgebiet benutzt, muss auf dem entsprechenden Einbahnweg in der allgemeinen Verkehrsrichtung dieses Weges fahren und sich, soweit möglich, von der Trennzone klar halten.
Ein- und auslaufen Es sollte an den Enden des Einbahnwegs ein- oder auslaufen; wenn es jedoch von der Seite ein- oder ausläuft, dann in einem möglichst kleinen Winkel zur allgemeinen Verkehrsrichtung.
Queren Das Queren sollte vermieden werden; muss es jedoch erfolgen, dann möglichst mit der Kielrichtung im rechten Winkel zur allgemeinen Verkehrsrichtung.
Eine Abbildung zum Befahren eines VTG befindet sich im Überblick zu den Fahr- und Ausweichregeln am Ende dieses Kapitels (s. Seite 46).
Segelfahrzeuge (nach Regel 12): Wenn zwei Segelfahrzeuge sich gefährlich nähern, muss das eine dem anderen wie folgt ausweichen:
Wind von unterschiedlichen Seiten Wenn sie den Wind nicht von derselben Seite haben, muss das Fahrzeug, das den Wind von Backbord hat, ausweichen.
Wind von derselben Seite Wenn sie den Wind von derselben Seite haben, muss das luvwärtige Fahrzeug dem leewärtigen ausweichen.
Unklare Lage Wenn ein Fahrzeug mit Wind von Backbord ein Fahrzeug in Luv sichtet und nicht mit Sicherheit feststellen kann, ob das andere Fahrzeug den Wind von Backbord oder von Steuerbord hat, muss es ausweichen.
Überholen (nach Regel 13): Beim Überholen muss jedes Fahrzeug dem anderen ausweichen.
Überholsektor Ein Fahrzeug gilt als überholendes Fahrzeug, wenn es sich einem anderen aus einer Richtung von mehr als 22,5 Grad achterlicher als querab nähert und daher gegenüber dem zu überholenden Fahrzeug so steht, dass es bei Nacht nur dessen Hecklicht, aber keines der Seitenlichter sehen könnte.
Unklare Lage Kann ein Fahrzeug nicht sicher erkennen, ob es ein anderes überholt, so muss es dies annehmen und entsprechend handeln.
Ändernde Peilung Durch eine spätere Änderung der Peilung wird das überholende Fahrzeug weder zu einem kreuzenden noch wird es von der Verpflichtung entbunden, dem anderen Fahrzeug auszuweichen, bis es dieses klar passiert hat.
Eine Abbildung zum Überholen und zum Überholsektor befindet sich in Kapitel 1 (s. Seite 12).
Entgegengesetzte Kurse (nach Regel 14): Wenn sich zwei Maschinenfahrzeuge auf entgegengesetzten oder fast entgegengesetzten Kursen gefährlich nähern, muss jedes seinen Kurs nach Steuerbord so ändern, dass sie einander an Backbordseite passieren.
Lage recht voraus Eine solche Lage muss angenommen werden, wenn ein Fahrzeug das andere recht voraus oder fast recht voraus sieht, bei Nacht die Topplichter des anderen in Linie oder fast in Linie und/oder beide Seitenlichter sieht und am Tage das andere Fahrzeug dementsprechend ausmacht.
Unklare Lage Kann ein Fahrzeug nicht sicher erkennen, ob eine solche Lage besteht, so muss es von dieser ausgehen und entsprechend handeln.
Eine Abbildung zur Annäherung auf entgegengesetzten Kursen befindet sich im Überblick zu den Fahr- und Ausweichregeln am Ende dieses Kapitels (s. Seite 44).
Kreuzende Kurse (nach Regel 15): Wenn sich die Kurse zweier Maschinenfahrzeuge so kreuzen, dass die Möglichkeit der Kollisionsgefahr besteht, muss jenes ausweichen, welches das andere an seiner Steuerbordseite hat; wenn die Umstände es zulassen, muss es vermeiden, den Bug des anderen Fahrzeugs zu kreuzen.
Eine Abbildung zur Annäherung auf kreuzenden Kursen befindet sich im Überblick zu den Fahr- und Ausweichregeln am Ende dieses Kapitels (s. Seite 44).
Maßnahmen des Ausweichpflichtigen (nach Regel 16): Jedes ausweichpflichtige Fahrzeug muss möglichst früh und deutlich handeln, um sich gut klar zu halten.
Schallsignale Regel 34 der KVR schreibt zudem Schallsignale vor, um die Manöver anzuzeigen. Eine Übersicht befindet sich in Kapitel 4 (s. Seite 116).
Maßnahmen des Kurshalters (nach Regel 17): Muss von zwei Fahrzeugen eines ausweichen, so muss das andere Kurs und Geschwindigkeit beibehalten. Der Kurshalter darf jedoch zur Abwendung eines Zusammenstoßes selbst manövrieren, sobald klar wird, dass der Ausweichpflichtige nicht angemessen handelt.
Manöver des Kurshalters Ist der Kurshalter dem Ausweichpflichtigen aus irgendeinem Grund so nahe gekommen, dass ein Zusammenstoß durch Manöver des letzteren allein nicht vermieden werden kann, so muss der Kurshalter so manövrieren, wie es zur Vermeidung eines Zusammenstoßes am dienlichsten ist.
WICHTIG Regel 17 der KVR bildet die Grundlage für das sogenannte „Manöver des letztes Augenblicks“ (wobei diese Formulierung dort nicht vorkommt). Dabei wird der Kurshalter von seiner Kurshalterpflicht zunächst entbunden, wenn es die Umstände erfordern: Sollte der Ausweichpflichtige nicht angemessen handeln, darf er selbst zur Vermeidung einer Kollision manövrieren (Diese noch nicht ganz so dramatische Vorstufe ist als „Manöver des vorletzten Augenblicks“ bekannt). Wenn sich der drohende Zusammenstoß aber schließlich nur noch durch eigenes Handeln vermeiden lässt, muss der Kurshalter versuchen selbst auszuweichen. Ein Ausnahmerecht wird im „letzten Augenblick“ also zur Pflicht. Die Manöver dafür sind jedoch nicht vorgeschrieben. Sie hängen von der Lage und deren Einschätzung durch den Kurshalter ab.
Ausweichpflicht untereinander (nach Regel 18): Ein Maschinenfahrzeug in Fahrt muss generell ausweichen:
einem manövrierunfähigen Fahrzeug;
einem manövrierbehinderten Fahrzeug;
einem fischenden Fahrzeug;
einem Segelfahrzeug.
Durchfahrt nicht behindern Jedes Fahrzeug, das nicht selbst manövrierunfähig oder manövrierbehindert ist, muss, wenn möglich, vermeiden, die sichere Durchfahrt eines Tiefgang behinderten Fahrzeugs zu behindern, das die entsprechenden Signale zeigt (s. Seite 91).
Verminderte Sicht