Von den Fünf Assen sind folgende Titel erhältlich:
#Abgetaucht #Ausreißer #Doppeltreffer
#Fehltritt #Freiwurf #Kälteschock
#Pistenjagd #Schmetterball #Schulterwurf
#Spielmacher #Stromschnelle #Vollbremsung
Impressum
Verlag Akademie-der-Abenteuer
Boris Pfeiffer, Pfalzburger Straße 10, 10719 Berlin
E-Mail: info@verlag-akademie-der-abenteuer.de
Alle Rechte vorbehalten.
Nachdruck, auch auszugsweise, nicht gestattet.
©Verlag Akademie-der-Abenteuer, Berlin 2021
1. Auflage
Umschlagillustration: Irene Margil
Satz: Kris Kersting
Herstellung: Verlag Akademie-der-Abenteuer
Druck und Bindung: BoD GmbH, Norderstedt
www.verlagakademie.de
ISBN (print): 978-3-98530-036-5
ISBN (ebook): 978-3-98530-037-2
Printed in Germany
„Mmmmmh, das ist einfach mal wieder suuuuper!“, schwärmte Ilka und lutschte genüsslich an ihrem Eis.
„Na, super würde ich das nicht gerade nennen“, widersprach Michael. „Nur ein Wochenende! Viel zu kurz.“
Linh stupste ihn an. „Ilka meint, das Eis ist super“, stellte sie richtig und warf Jabali einen anerkennenden Blick zu. „Finde ich übrigens auch.“
Die Fünf Asse saßen auf dem Rasen vor der Schule und genossen einträchtig Jabalis neue Eiskreation Copa Cabana.
„Noch besser als dein Afrika-Cup letzte Woche“, lobte Linh, bevor sie sich wieder an Michael wandte. „Zwei Tage Klassenausflug sind doch besser als gar nichts, oder? Ich freue mich jedenfalls.“
„Wenn schon nur zwei Tage, dann könnten das doch wenigstens Schultage sein“, maulte Michael weiter. Schule mochte er nicht. Besonders Mathematik, Biologie, Deutsch, Sachkunde und Kunst konnte er nicht ausstehen. Denn in all diesen Fächern hatte er gehörige Probleme. Nur in Englisch stand er glatt auf Eins.
Das war auch kein Wunder, denn seine Eltern waren erst vor zwei Jahren aus den USA nach Deutschland gekommen. Mit Michael hatten sie von Anfang an sowohl Deutsch als auch Englisch gesprochen. Das einzige Fach aber, mit dem Michael wirklich etwas anfangen konnte, war Sport. Und genau deswegen hatten ihn seine Eltern an der James-Connolly-Schule angemeldet. Sport war hier für alle Schwerpunktfach.
„Haben wir dort eigentlich Strom?“, fragte Jabali. „Dann könnte ich meine Eismaschine mitnehmen.“
„Eine Eismaschine zum Campen an einem See?“, fragte Ilka und sah Jabali zweifelnd an. „Man kann’s auch übertreiben. Obwohl dein Eis himmlisch schmeckt.“ Genüsslich schob sie sich den letzten Bissen in den Mund.
„Mein Mountainbike nehme ich aber mit. Das Gelände um den See soll ganz toll sein“, verkündete Lennart. „Irgendwie muss das in den Bus passen!“
Jabali lag im Gras und schaute in den Himmel. „Vögel fliegen. Fische schwimmen. Menschen laufen. Kannst du nicht zwei Tage auf dein Rad verzichten?“
„Warum sollte ich?“, fragte Lennart zurück. „Ich dachte, du wolltest auch mal Radfahren lernen für einen Triathlon?“
Jabali wandte seinen Blick kurz vom Himmel ab und schaute Lennart an. „Aber doch nicht an einem schönen See. Da übe ich lieber mit Ilka Schwimmen.“ Lächelnd sah er zu ihr hinüber.
Ilka spitzte ihren Mund wie ein Fisch und gab Blubbblubb-Laute von sich. Linh hockte entspannt im Judositz und schaute mit zusammengekniffenen Augen zufrieden in die Sonne. „Wo wir uns der Sonne freuen, sind wir jede Sorge los.“
„Wieder so ein chinesischer Spruch?“, fragte Michael. Linh lachte auf. „Ja, von dem Chinesen Johann Wolfgang von Goethe. Hast du von dem mal was gehört in den USA?“
Michael ließ es gut sein. Zu leicht konnte es passieren, dass sie mit einem weiteren Zitat antwortete, wenn er sich auf eine Diskussion einließ. Ihr Vorrat an Sinnsprüchen, besonders an asiatischen Lebensweisheiten, war unerschöpflich.
Und der blaue Himmel versprach tatsächlich, dass das Wetter zu ihrem Ausflug an einen nahe gelegenen See bestens passen würde.
Schon am nächsten Tag ging es los. Die ganze Klasse, Frau Kick und eine männliche Begleitperson, ein junger Student, fuhren mit dem Bus zum Jugendzeltplatz am See am Rande der Stadt.
Mit einer Sondergenehmigung von Frau Kick und dem Einverständnis des Busfahrers hatte Lennart sein Mountainbike im Gang anschnallen dürfen. Nach der Ankunft war er der Erste, der, mit dem Rad auf der Schulter, den Bus verließ.
Linh folgte ihm, blieb stehen und genoss minutenlang den wunderschönen Blick auf den See. Der Platz für ihre Zelte lag nur wenige Schritte vom Ufer entfernt.
„Hilfst du mir mal?“, fragte Ilka sie in vorwurfsvollem Ton. Sie selbst hatte noch keine Zeit gehabt, sich umzuschauen, sondern focht stattdessen einen ungleichen Kampf aus: gegen kurze und lange Stangen, große und kleine Schlaufen, dicke und dünne Spannseile.
Nichts deutete darauf hin, dass das ausgebreitete Material irgendetwas mit einem gemütlichen Zelt für sie beide zu tun haben könnte. Und ausgerechnet von ihrem Zelt war die Aufbauanleitung verschwunden.
Linh reagierte nicht, sondern blickte weiter auf die friedliche, ruhige Oberfläche des Sees.
„Huhu, Linh!“ Ilka wedelte mit den Armen, um sich bei ihr Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Statt Linh kam Michael auf sie zu. „Hast du eine Sardine für mich übrig?“, fragte er.
Ilka schaute verdutzt. „Eine Sardine?“
„Ach nee, einen Hering!“, kicherte Michael über seinen eigenen Witz.
Für derlei Späße war Ilka gerade gar nicht zu haben. Trotzdem warf sie kurz einen hilflosen Blick auf ihr verstreutes Material und zuckte mit den Schultern. Sie wusste nicht, ob sie einen Hering übrig hatte, gab Michael aber trotzdem einen. Dann wandte sie sich wieder Linh zu. „Linh, hast du mich gehört?“
Linh ließ sich endlich aus ihren Gedanken reißen.
„Okay“, sagte sie. „Ich bin so weit.“
Beherzt begann sie, das Chaos um Ilka zu ordnen und den Kunststoffboden des Zeltes auszubreiten.
„Am besten, wir fangen mit diesen vier Ecken an.“ Mit einem Gummihammer schlug sie den ersten Hering in den Boden.
Kaum hatte Linh mit der Arbeit begonnen, ließ Ilka sich ablenken. Ihr Blick schweifte zur Insel, die malerisch mitten im See lag. Für Ilka gab es nichts Romantischeres und Geheimnisvolleres als eine Insel in einem ruhigen See. Sie fühlte sich magnetisch angezogen von dem Zauber, der von diesen Erdflecken mitten im Wasser ausging. „Da will ich auf jeden Fall hinschwimmen!“, stand für sie fest. „Wer kommt mit?“
„Wohin?“ Linh hatte schon vier Heringe eingeschlagen und sah jetzt auf.
Ilka zeigte zur Insel.
„Ich dachte, wir bauen hier das Zelt auf?“, beschwerte Linh sich.
Doch bevor Ilka antworten konnte, tauchte Frauke auf. „Rüberschwimmen? Ich bin dabei. Wenn du nicht wieder mal feige kneifst!“
Ilka drehte sich um. „Wo kommst du denn plötzlich her?“, stöhnte sie. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Frauke tauchte öfter wie aus dem Nichts auf und provozierte Ilka mit Vorliebe. Aber anders als das sagenumwobene Ungeheuer von Loch Ness, das immer wieder schnell im gleichnamigen See in Schottland verschwand, blieb sie.
„Oder schaffst du es nur im Oma-Tempo bis zur Insel? Dann kann ich natürlich nicht auf dich warten.“ Die Hände entschlossen in die Hüften gestützt, sagte Frauke Ilka den Kampf an.
„Mensch, Frauke! Muss es denn immer gleich ein Wettschwimmen sein?“
Die Tatsache, dass Ilka in allen direkten Vergleichen zwischen ihnen beiden mindestens einen Armzug schneller gewesen war, forderte Fraukes Ehrgeiz stets aufs Neue heraus. Sie konnte sich mit einer Niederlage einfach nicht abfinden. Ilka mochte Fraukes verbissenen Siegeswillen nicht. Deswegen hatte sie bisher immer einen Weg gefunden, um Fraukes Herausforderungen auszuweichen.
„Was ist denn nun? Hilfst du mir?“, drängelte Linh.
Allerdings sah Ilka keinen Grund dafür, weshalb sie Frauke nicht auch künftig schlagen sollte. Ihr Trainingsstand war nicht schlecht und die Vorbereitungen auf die ersten Vorkämpfe für die Schulmeisterschaft liefen planmäßig. „Gut!“, nahm sie deshalb die Herausforderung an. Allerdings ärgerte sie sich auch ein bisschen, denn eigentlich hatte sie einfach nur zum Spaß rüber zur Insel schwimmen wollen.
„Ein Wettschwimmen? Super!“, rief Jabali ihnen sofort zu, der gemeinsam mit Lennart sein Zelt aufbaute. „Ilka, ich werde dich vom Ufer aus unterstützen!“ Er sah gern zu, wenn Ilka sich geschmeidig und kraftvoll im Wasser bewegte. Das ging so weit, dass er selbst schon seit Längerem überlegte, ernsthaft mit dem Schwimmtraining zu beginnen. Dann könnte er eines Tages mit Ilka zusammen bei einem Triathlon starten. Er konnte von ihr das Schwimmen, sie von ihm das Laufen lernen.
Nur das Radfahren mussten sie sich beide noch aneignen, wozu Lennart aber schon bereitstand.
„Und ich werde mir das Geschehen hautnah heranholen“, versprach Linh. „Schon gesehen?“ Sie hatte eine Pause beim Zeltaufbauen eingelegt und ihr neues Fernrohr aus der Tasche gezogen, das sie günstig auf einem Flohmarkt erstanden hatte und jetzt stolz herumzeigte.
„Na klar!“, rief Frauke. „Die Fünf Asse halten mal wieder zusammen. Aber diesmal werde ich trotzdem gewinnen. Ihr habt auch zu fünft keine Chance.“
„Was hast du gegen Freunde, die zusammenhalten?“, wunderte sich Ilka. „Du wolltest doch den Fitnessvergleich, oder? Und schwimmen muss ich ja wohl alleine.“
„Ohne uns? Ich dachte, du nimmst uns ins Schlepptau?“, lachte Linh.
„Dann wäre Ilka wohl immer noch schneller!“, verkündete Jabali.
Und auch Michael kam dazu. Lässig warf er Ilka einen Energieriegel hin. „Hier, für dich! Falls du unterwegs schlappmachst.“
„Passt lieber auf, dass ihr nicht alle baden geht“, gab Frauke spitz zurück. „Also in einer Stunde am Steg“, bestimmte sie und zog mit großen Schritten ab.
„Na, bis dahin können wir ja noch in Ruhe unser Zelt fertig aufbauen“, bemerkte Linh. „Hältst du mal kurz?“ Sie drückte Ilka eine Zeltstange in die Hand und baute die zweite Stange am anderen Ende auf. Linh spürte, dass von Ilka jetzt nicht mehr viel Mitdenken zu erwarten war.
Ilka hielt zwar brav die Zeltstange. Im Kopf aber war sie schon beim Wettschwimmen gegen Frauke. Ihr Blick flog die Strecke ab und blieb dann an etwas haften. Ilka kniff die Augen ein wenig zusammen, die freie Hand hielt sie wie eine Schirmmütze über die Augen. „Was ist denn das Rote dort?“
Linh versenkte gerade den letzten Hering, aber ein Spannseil hing noch immer schlaff herab. „Hier fehlt ein Hering, das kann doch nicht sein.“ Sie suchte den Boden um das Zelt herum ab. Sogar zwischen den Gepäckstücken schaute sie nach. „Wie vom Erdboden verschwunden! Ich hatte sie doch gestern extra noch mal nachgezählt. Weißt du, wo der letzte Hering ist?“
„Michael hat einen gebraucht. Ich hab ihm einen gegeben“, antwortete Ilka, ohne den Blick von dem unbekannten Roten am Ufer der Insel zu lösen. „Guck doch mal. Kannst du erkennen, was das dort auf der Insel ist?“
Linh schüttelte den Kopf über Ilkas großzügige Gabe an Michael, behalf sich mit einem Stein, um das letzte Spannseil zu befestigen, und griff zu ihrem Fernrohr. Sie wollte es jetzt auch wissen. Nachdem sie das Rote angepeilt und die Schärfe entsprechend eingestellt hatte, erkannte sie es.
„Und?“, fragte Ilka neugierig.
Linh traute ihren Augen nicht. „Ein Schild. Ein rotes Stoppschild wie auf einer Straße!“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Ein Verkehrsschild auf dieser winzigen Insel? Da kommt doch gar kein Auto hin.“
„Vielleicht gilt es für Boote“, mutmaßte Ilka. „Die Insel steht vermutlich unter Naturschutz. Eine Oase für Vögel, Frösche und so. Menschen unerwünscht!“
„Das ist doch eine gute Markierung für eure Wende!“, fand Jabali.
„Stimmt!“, gab Ilka zu. Denn schließlich hatten sie keine Bojen, die die Strecke genau festlegten und den Wendepunkt markierten.
Das bevorstehende kleine Kräftemessen zwischen den beiden Mädchen sprach sich schnell in der ganzen Klasse herum. Keiner wollte es versäumen. Besser konnte so ein Wochenendausflug gar nicht beginnen.
„Danach können wir doch grillen“, schlug Michael vor. Den Sack mit Grillkohle und die Anzünder hielt er schon in Händen. „Wo ist denn die Feuerstelle?“ Fragend schaute er Lennart an.
Ursprünglich hatte er ja ganz gemütlich nur für die Fünf Asse einen kleinen Grill vor seinem Zelt aufbauen wollen. Aber Frau Kick hatte schon im Vorfeld mitgeteilt, dass nur an der offiziellen Feuerstelle gegrillt werden durfte.
Doch Lennart reagierte nicht. Er bastelte noch immer an seinem Rad herum. Beim Transport konnte sich alles Mögliche verstellt haben. So prüfte Lennart, ob die Gangschaltung noch richtig justiert war, die Hebel der Bremsen geschlossen waren und die Bremsen selbst richtig zentriert saßen.
„Dort vorne an der Ecke der Steinring, das ist unsere Feuerstelle. Kannst ruhig schon mal anfeuern“, rief Frau Kick Michael jetzt aber zu.
„Aber erst ist doch noch das Wettschwimmen“, wandte Michael ein.
Frau Kick hatte von dem bevorstehenden Ereignis noch gar nichts mitbekommen und war jetzt alles andere als begeistert. „Es wäre netter gewesen, wenn ihr mich vorher gefragt hättet“, beschwerte sie sich bei Ilka. „Ich hatte für den Beginn unseres Camps eigentlich etwas anderes geplant.“
Irgendwie hatte sie recht, räumte Ilka ein. Aber woher hätte sie wissen sollen, dass sich plötzlich die ganze Klasse mit dem Rennen befasste? Eigentlich hatte es ja nur ein kleines privates Kräftemessen zwischen ihr und Frauke werden sollen. Und warum hatte sie sich überhaupt auf den Wettkampf gegen Frauke eingelassen? Im Stillen kannte Ilka den Grund: Fraukes überheblicher Tonfall und ihr siegessicheres Gehabe hatten ihren Ehrgeiz angestachelt.