MAURITIUS, RODRIGUES UND RÉUNION SIND EINE REISE WERT!

© Rössig, Wolfgang

WOLFGANG RÖSSIG

hat seit Langem ein Faible für tropische Paradiese im Allgemeinen und kreolische Kultur im Besonderen. Wenn er nicht gerade zwischen den Korallenriffen vor Mauritius abtaucht, wandert er gern durch die Kraterlandschaften von Réunion, frischt seine kreolischen Sprachkenntnisse auf und spürt den Musiktraditionen der Inseln nach.

Schon als ich das erste Mal auf Mauritius landete, spielte die Insel gleich ihren ganzen Charme aus: mit duftenden Frangipani, strahlend roten Flamboyants, lila blühenden Jacaranda-Bäumen und purpurrot bis rosa leuchtenden Bougainvilleen. Und dazu das Meer, dass sich in 50 Shades of Türkisblau gefiel. Mindestens.

Die Blumen sind koloniale Importe, wie die Menschen. Aus Europa, Afrika, Madagaskar und sogar Melanesien sind sie gekommen, aus China und natürlich besonders Indien. Auf dem kleinen Mauritius gelang, was anderswo so schwer erscheint: eine friedfertige multikulturelle Gesellschaft mit stabiler parlamentarischer Demokratie. Und alle sprechen sie Kreol, das für mich zum wahren linguistischen Türöffner auf den Maskarenen wurde, denn ich hatte es bereits auf den Französischen Antillen gelernt. Zum fröhlichen Mitfeiern reichte es jedenfalls immer, und da sind die Mauritier höchst pragmatisch. Wenn die Christen Weihnachten feiern, beschenken sich auch Nichtchristen. Das Ende des Ramadan dient nicht nur Muslimen als Grund für einen Festschmaus. Zum chinesischen Neujahrsfest lassen auch christliche Chinesen Knallfrösche und Feuerwerk krachen, bis sich alle bösen Geister aus dem Staub gemacht haben. Auf der hinduistischen Wallfahrt Maha Shivaratree zum heiligen Kratersee im Süden der Insel pilgern auch Angehörige anderer Glaubensrichtungen mit, damit Shiva ihre schwarzen Seelen läutere.

Woher diese Toleranz kommt, erklären die Mauritier so: Da alle eingewandert sind, hatte niemand einen älteren, größeren Anspruch auf die Insel, und die Abgeschiedenheit vom Rest der Welt sorgte für Zusammenhalt. Auch beim Personal in den Luxushotels findet man alle Ethnien, die selbst die überflüssigsten Dienstleistungen mit einem nie aufgesetzt wirkenden Lächeln begleiten. Die Touristen lächeln meist zurück, denn sie sind entweder in den Flitterwochen oder auf Verwöhnurlaub und fast so handverlesen wie das Personal. Mauritius setzt nämlich recht konsequent auf betuchte Urlauber, die sich dann allerdings auch mehr für manikürte Strände und nach Ylang Ylang duftende Wellnesstempel interessieren als für kulturelle Fragen.

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Die Regatta der Fischerboote in Mahébourg auf Mauritius mit ihren bunten Segeln

Das heißt, so ganz stimmt das nicht mehr. Erfreut konnte ich feststellen, dass immer mehr kleine Privatpensionen Individualtouristen empfangen, wie das auf Réunion schon immer so war. Es lohnt sich nämlich, die Strandpaläste aus Marmor, Bambus und Teak zu verlassen, um das »echte« Mauritius kennenzulernen. Das verschlafene Hafenstädtchen Mahébourg hat seine kolonialen Holzfassaden noch nicht durch Neubauten ersetzt wie die Hauptstadt Port Louis, und abseits der Zuckerrohrfelder locken bizarre, über 800 m hoch aufragende Berge und Naturreservate mit Urwäldern, Wanderwegen und Wasserfällen für Abseiling-Fans.

Schade, dass mauritische Kultur in den Resorts nur in homöopathischen Dosen verabreicht wird, meist in Form eines verwässert wirkenden Séga-Spektakels. Die Darbietung des Nationaltanzes von Mauritius ist zwar ein Augenschmaus, doch echte Leidenschaft erlebe ich eher in kleinen Dorfdiskotheken. Kaum legt der DJ eine aktuelle Scheibe Seggae, eine Kombination aus Séga und karibischem Reggae, auf, stürzen die Einheimischen jeglicher Couleur jauchzend auf die Tanzflächen: Zum Teufel mit der Authentizität!

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Durch die hohe Luftfeuchtigkeit gedeihen die Pflanzen auf Réunion besonders gut

Auch die »Fusionsküche« der Luxusquartiere ist mir etwas zu manikürt. Glauben Sie mir, wer nicht wenigstens einmal ein echtes mauritisches Curry probiert hat, höllisch scharf und unschlagbar preiswert, der hat etwas verpasst. Auch die Rougaille der Kreolen gibt’s zum Spottpreis in jeder Garküche der Maskarenen. Auf Réunion kochen selbst einfache Lokale oft verblüffend raffiniert, und überhaupt ist hier alles etwas französischer, von der Landschaft mal abgesehen. Es gibt nicht wenige, die Réunion für das schönste tropische Fleckchen Frankreichs (und damit der EU) halten. Die Preise sind zwar leider auch französisch, doch kann man hier in einer charmanten Gîte in den Bergen absteigen, liebevoll zubereitete Küche, einen Rhum arrangé nach altem Familienrezept und wertvolle Wandertipps inbegriffen. Tagelang kann ich durch die urzeitlich wirkenden Kraterkessel Cilaos, Salazie und Mafate wandern. Am fabelhaften Panorama vom Kraterrand des Piton de Maïdo auf die Bergwelt und den Piton de Neiges werde ich mich nie sattsehen. Auch der Ausflug in die bizarre Lavawelt des Piton de la Fournaise ist ein Erlebnis, das gelegentlich sehr feurig ausfällt. 2019 waren Touristen gerade mit einem Helikopter über dem Krater unterwegs, als der ihnen plötzlich glühende Lava entgegenschleuderte. So geht Abenteuertourismus! Wann kommen Sie?