3. Ausgabe

Erschienen im JOY-Edition Verlag für Wort und Bild

www.joyedition.ch

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Doris Richter, CH - 6330 Cham, Schweiz

Lektorat, Graphik und Gestaltung: Eva Pant

ISBN 978-3-7460-3930-5

Herstellung: Books on Demand GmbH, D-Norderstedt
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche
Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Wenn wir denken geschieht es in Bildern.

Wenn wir sehen, erfahren wir die Welt in Licht, Farben und den in allen Formen und Gestalten inneliegenden Botschaften.

Je mehr wir alle, die Bewusstsein tragen, in Bildern verbunden sind, desto eher haben wir gemeinsam den Mut, unseren Geist mit seiner Fähigkeit der Phantasie zu einer grenzenlosen Weite hin experimentieren zu lassen.

Im inneren Raum unseres Bewusstseins gibt es keine Grenze. Es gibt keine Mauer, die verhindern kann, sich auszuweiten. Wer übt, um in den inneren Räumen bewusst zu sein, lebt intensiver und wahrhaftiger. Denn das wahre Leben beginnt im Inneren und wird über den äußeren Raum wieder in das Zentrum des Geistes zurückkehren dürfen.

Lassen wir dies zu, begreift der Mensch etwas, was er immer schon ahnte. Geist ist überall und ganz besonders entfaltungsfreudig in unserem Inneren vorhanden.

Das Buch der verborgenen Räume lädt ein zu einer transzendenten Gedankenreise weit über das Alltägliche hinaus.

Doris Richter

Kapitel 1

DAS GEHEIMNIS VOM
FEUERFLUSS UND DRACHENSCHLUND

Wer von uns weiss schon, was Feuer ist. Wir alle kennen es als Lichtbringer auf einer Kerze. Oder als leuchtende, verzehrende Kraft des Lagerfeuers in einer dunklen Nacht.

Wir glauben zu wissen, woher und wie es in die Welt kam. Wir wissen scheinbar auch wie die Flamme, die letzte von vielen, wieder entkam. Doch vielmehr, das werden wir irgendwann einmal erkennen dürfen, wissen wir nicht.

„Ich weiss, dass ich nichts weiss.“

Sokrates

Wenn der Mensch einen Vulkan besteigt, dann muss er sich während er aufsteigt, allmählich an die neuen Gegebenheiten anpassen. Die Hitze nimmt zu und es verwandelt sich sein Kleid. Ganz oben, am Rande des Kraters, am Ende der Ersteigung, ist ein Anfang gemacht, um in die tiefsten Tiefen hinabzutauchen. Auch hier verwandelt er durch die Hitze seine Hüllen. Und dies geschieht auf eine Art, die ihn zu dem werden lässt, was das Feuer in seinem ureigensten Kern zu sein hat. Und weil es vorher ein Aufstieg war, bist zur Spitze des Vulkans, ist es nun ein Abstieg, bis in den Grund des Feuers hinein. Da, wo für viele Menschen vielleicht die Hölle eine Vorstellung und ein Bild wie einen Mantel bekommt, ist für das Feuer selbst, welches gewandelt als Forscher hinabsteigt, nicht wirklich eine Hölle zu erwarten. Das Feuer fällt und fällt, bis in den Urgrund seiner Kraft, und findet sich im Zentrum wieder. Dort bleibt es still in seinem Grunde versunken und weiss von dem Aufstieg, von der Verwandlung der Formen bis an die Grenze, und erinnert sich an jeden Schritt im Fallen, bis zum Zentrum, hinein in den Urgrund der Dinge.

Durch die Erinnerung schließt sich ein Kreis und gleich einem Radius bildet sich eine scheinbare äußere Grenze. Das Geheimnis des Radius ist gleichzeitig das Geheimnis des Zentrums. Wenn der Radius sich als Geist erkennt und versteht, dass er gleichsam im Kern ist, dann versteht sich der Kern auch im Radius seiner selbst.

Doch was liegt zwischen den beiden? Es ist ein Raum, welcher unendlich ist und keine Begrenzung kennt. Ein Raum, der gleichzeitig sich in eine bestimmte Form verschenkt und, je nach Betrachtung des Wesens, erscheint eine Welt, die etwas durch sich selbst erschafft, Gestalt bekommt, Farben verschenkt und Strukturen erschaffen darf. Diese jedoch, so schnell wie sie gekommen sind, werden schon wieder versinken. Die Wellen der Zeit in ihren Strukturen flimmern, wie die Hitzewellen einer Wüste über dem heissen Sand. Wenn all die Formen und Bilder, die in sich wandelnden Strukturen, Fata Morgana sind, was macht es dann für einen Sinn, in die scheinbaren Bilder hineinzutauchen, um einen Halt zu finden, der wiederum auch nur ein fadenscheiniges Ergebnis in einer unglücklichen Betrachtung sind?

Wie ein Verdurstender in der Öde läuft der Mensch den Erscheinungen einer Welt hinterher, die wie die Wüste sind. Dabei verdorrt sein Geist und ermüdet seine Kraft, bis er so unsagbar hinfällig wirkt und mehr und mehr so wertlos erscheint. Dann glaubt der das elende Bild Betrachtende von Hoffnungslosigkeit befallen zu sein. Und auch seine Kraft gerinnt in der Hitze jener trügerischen Bilder. Versucht er, seine Schritte zu verfolgen, anstatt in die Weite zu sehen, heraus aus den flimmernden Bildern, fühlt er sich sodann als durch die Wüste Wandernde den sich stets unter seinen Füßen nachgebenden Sand. Die Füße versinken, der Boden gibt nach und wird wie jene Trugbilder keinen Halt verschenken, auf dem der Mensch Stabilität und Begründung erwirken kann. Was bleibt ihm übrig unter der gnadenlosen Macht als zu verdorren und in ein Nichts zu versinken? Die Antwort ist: Der Weg, egal wie immer auch gelebt, führt den Verlierer in den Kern seiner Selbst!

Alle Bilder und Begründungen sind für ewig dahin. Es gibt nur den Kern, den leeren Raum und die scheinbare Membran einer Grenze, die den Radius bestimmt.

Es ist der Punkt im Kreis als Zeichen einer Unendlichkeit. Im Kern des Vulkans führt das Leben nirgendwo hin. Es ist einfach in seinen Formen, sich bildenden Strukturen und Zwängen in den Wandlungsphasen, ein für alle Mal dahin. Der Geist hat sich zu besinnen. Und in dieser Konzentration hat er sein Leben zu verbringen. Einsam ist es, doch auch, weil elementar, sehr klar.

Kohlenstoff wird auf diese Weise im Grunde des Feuers geboren, als wäre es des Geistes Kind, steigt durch hohen Druck nach oben auf, vereinigt sich mit dem Stein und weiss von sich selbst, wie seine Strukturen sind. Einst wird der Stein sich schleifen lassen, damit sein Adamos sich bilden kann. Noch schlafen tausende von Farben ganz unerkannt im Stein.

Die Zeit wird geboren mitten im Geist der Ewigkeit und alles führt irgendwo hin. Es dauert, doch in Wahrheit wandelt es sich, damit das Licht durch den Stoff hindurch dringen kann und die Kinder des Lichts ein Spiel im Scheinbaren einer Welt der Gegensätze treiben können.

Den Kern bis an seine Grenze treiben, heisst nicht, dass er sich aus seiner Mitte verlieren kann. Wenn der Mensch ein Stück Kohle, schwarz wie der dunkelste Stein, in seinen Händen hält, dann ahnt er von der Tiefe und Undurchdringlichkeit der Erde unter seinen Füßen. Doch nicht immer ist er bereit den Weg zu gehen, der dort über den Aufstieg bis zur Grenze hinüber in die tiefsten feurigen Abgründe hinab fällt.

Vielleicht würde jener erleben, dass das Stück Kohle, welches er hält, die Widerspiegelung seiner eigenen Natur im Kern die Grenzen zusammenhält. Und legt er es in das Feuer, hat sich die Welt erhellt, und eine Zeit darf sich die irdische Flamme nähren, ihre temperierte Wärme und ihr strahlendes Licht verschenken, damit sich die Erde den Gedanken an die Schöpfung und an das Feuer erhält. Dann atmet sie auf und alles findet seine Grenzen. Nichts ufert aus. Alle Vielseitigkeit mäßigt sich. Zusammen erschaffen sie im Kern neue Grenzen. Im leeren Raum spiegeln Farben, Formen und Gestalten ein neues kreatives Spiel mit sich selbst. Alles bewegt sich, nichts wird starr und fällt. Und wenn es auf diese besondere Weise geschehen darf, hat selbst die Schwerkraft eine neue schöpferische Form gestaltet. Wenn sie den Forschergeist erhellt, wird ein Same in eine Welt ohne schmerzhafte Trauer verursachende Grenzen gesetzt.

Kohlenstoff erhellt die Welt und niemand versteht wahrhaft, was den Stoff zusammenhält. Altes Denken schreit im Schmerz nach Veränderung und ruft nach neuen Grenzen.

Anmerkung: Die chemischen Elemente sind Sternenstaub, wenn wir uns mit ihrem Geheimnis befassen, verstehen wir etwas besser, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Kohlenstoff (von altgerm. kolo = „Kohle“), Symbol C (von lat. carbo „Holzkohle“) ist ein chemisches Element der 4. Hauptgruppe im Periodensystem. Es kommt in der Natur sowohl in reiner oder gediegener Form, als auch chemisch gebunden vor.

Aufgrund seiner besonderen Elektronenkonfiguration (halbgefüllte L-Schale) besitzt es die Fähigkeit zur Bildung von komplexen Molekülen und weist von allen chemischen Elementen die größte Vielfalt an chemischen Verbindungen auf. Kohlenstoffverbindungen bilden die molekulare Grundlage allen irdischen Lebens.

Kapitel 2

DAS GEHEIMNIS VON DER EINSAMKEIT

Wer von uns weiss schon, was ein bedeutendes Ziel wäre. Wir alle kennen kleine und größere Ziele. Das große und uns alle verbindende Ziel kennen wir oft noch nicht.

Wir glauben zu wissen was Einsamkeit ist und wie sie in die Welt kam. Wir wissen scheinbar auch wie die Einsamkeit, immer eine von vielen, wieder verschwinden kann. Doch vielmehr, das werden wir irgendwann einmal erkennen dürfen, wissen wir nicht.

„Es gibt nur ein einziges Gut für den Menschen:
Die Wissenschaft. Und nur ein einziges Übel: die Unwissenheit.“
Sokrates

Ein alter rostiger Anker am Grunde des Meeres hatte einst, als er noch jung war, die Aufgabe erhalten, einem Schiff zu dienen. Es wurde vereinbart, dass er, an einer langen Kette aufgezogen, immer dann ins Wasser bis zum Grund des Meeres versenkt wurde, wenn der Kapitän den Entschluss fasste, das Schiff mit dem Meeresgrund fest und sicher zu verbinden. Da der Kapitän sehr alt und sehr, sehr erfahren war, geschah es eines Tages dem Anker, dass er ein letztes Mal das Rasseln der Ketten durch seinen Fall bis auf den Meeresboden veranlassen konnte. Das Eisen, aus dem er einst geschmiedet, war schwer und fiel wie unzählige Male schon in die Wellen hinein und versank in die Tiefe bis auf den Grund.

Der Kapitän saß an Deck. Das Gesicht mit den unzähligen Furchen und Falten war von Wind und Wetter gegerbt und gezeichnet wie uraltes Leder. Der alte Mann sprach zu den Sternen und durch das Schweigen ihrer seltsamen und so unberührbaren Kraft sprachen sie zu ihm. Es war seine letzte Nacht, in der die Balken, bestehend aus uraltem Holz der Eichen, gereist auf den Wassern der Meere, auf altbekannte Weise nochmals mit ihm durch die Töne der Bewegung in Verbindung traten.