Image

Glück ist zu realisieren,

was man sich vorgenommen hat.

Peter Ludwig

 

Man muss es so einrichten,

dass einem das Ziel entgegenkommt.

Theodor Fontane

 

Der Körper ist der Übersetzer

der Seele ins Sichtbare.

Christian Morgenstern

image

Vorwort

Wie kam es zu diesem Buch?

Begonnen hat es mit einer Patientengeschichte, die als Hausaufgabe, während meiner Ausbildung zur Heilpraktikerin, aufgegeben wurde. Ich musste nicht lange überlegen. Fridas Sorgen um ihren Fritz. Sein Gejammer auf Grund seiner Rückenschmerzen. Wie im richtigen Leben, was sprach dagegen, es mit Humor zu beschreiben? Die Vorstellung der Dialoge und Bilder von Fritz und Frieda fand ich lustig. Das Schreiben von Geschichten erwies sich für mich als entspannende, kreative und abwechslungsreiche Möglichkeit des Lernens.

Die Ausbildung zur Heilpraktikerin habe ich beim Topas Seminar absolviert. Dort wird kreativ und anschaulich gelehrt. Interessierte Zuhörer und die Freude am Schreiben veranlassten mich weitere Geschichten zu erfinden. Themen und Ideen gab es und gibt es genug. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Sie brachte den Kommissar Heilhaha und seinen Assistenten hervor, das Demenz-Kaufhaus usw.

Humor und Phantasie sind eine hervorragende Mischung entspannt zu lernen. Bereits Albert Einstein vertrat die Weisheit: „Phantasie ist viel wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“

Mal anders drauf schauen, dabei entspannen, schmunzeln und dennoch etwas lernen. Vielleicht sogar als gute Nacht Geschichte. Dieses Buch habe ich geschrieben für Heilpraktiker-Anwärter(innen), für Heilpraktiker(innen), für Menschen in Pflegeberufen, für alle die sich für ihren Körper und ihre Gesundheit interessieren. Für Menschen mit Humor.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Edla Pinnow.

P.S. Besuchen Sie mich doch mal im Internet unter www.systeme-ordnen.net.

Inhalt

Vorwort

Ne, ne, ne, was hab ich bloß

Es war einmal ein Juckreiz

Drei Verwandte lernen sich kennen

Kommissar Heilhaha und der fragwürdige Tod des Herzens

Das war`s dann ja wohl

Ausflug dreier Freunde in ein Demenz-Kaufhaus

Alle Jahre wieder

Kommissar Heilhaha und der Tote in der Küche

Denn tot werde ich noch lange genug sein

Die Abenteuer eines Urinkapitäns

Influenza – auch Virusgrippe

Typhus abdominales

Scharlach

Cholera

Windpocken

Wortverzeichnis

Danksagung

Heilpraktiker/in werden…

Zur Heilpraktikerin gehen…

Image

Ne, ne, ne, was hab ich bloß?

Bevor ich meine Geschichte erzähle, möchte ich mich kurz vorstellen. Mein Name ist Fritz, ich bin 68 Jahre alt und mit meiner Frieda verheiratet. Seit ein paar wenigen Jahren genieße ich das Rentnerdasein. Was heißt genießen, die letzten Monate waren doch etwas anstrengend, und da ist es schon gut, so eine liebe Person wie die Frieda an der Seite zu haben. Unter uns – manchmal ist sie auch ein bisschen zu fürsorglich.

Anfangs hatte ich mir nichts dabei gedacht. Es begann vor ein paar Monaten. Immer diese Schmerzen im Kreuz. Na ja, schließlich bin ich nicht mehr der Jüngste und dachte mir nichts dabei.

Ich behielt diese Beschwerden für mich, sagte kein Wort zur Frieda. Doch eines Tages musste ich mir Luft machen, hielt es nicht mehr aus und jammerte meiner Frieda vor: „Immer diese Rückenschmerzen im Kreuz. Als wenn die Nierensteine nicht schon reichen würden mit den Beschwerden beim Wasser lassen. Ist doch nichts, wenn man alt wird.“ und immer so weiter.

Dabei habe ich stets versucht mich fit zu halten. Ich bin alleine weite Strecken gejoggt. Und im Urlaub und an den Wochenenden sind meine Frieda und ich viel gewandert. Ich hab’ nie Beschwerden gehabt.

Na ja, in den letzten Jahren ist das mit dem Wandern auch weniger geworden. Meine Frieda hat ja auch ihre Wehwehchen. So wollte sie mir gleich ihr Leiden aufschwatzen.

Von wegen, ich und Osteoporose. Das haben doch hauptsächlich Frauen. O.k. – Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber ich habe weder ein Tannenbaumphänomen noch bin ich kleiner geworden und meine Haltung ist hervorragend, nix mit Witwenbuckel.

Die Frieda lag mir lange in den Ohren; ihr zuliebe bin ich dann zum Arzt und hab’ mal meine Knochendichte messen lassen. Alles o.k. also keine Osteoporose. Hab’ ich doch gewusst.

Und – seit meine Frieda Osteoporose hat, werde auch ich 1a ernährt – unter uns, manchmal gönne ich mir heimlich was ganz Ungesundes. Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß.

Dennoch haben mich meine Rückenschmerzen geplagt und beunruhigt. Zum Arzt habe ich nichts gesagt, vor lauter Angst, es könnte was Schlimmes sein.

Zwischendurch kam ja auch noch der Knochenbruch dazu. Ich weiß gar nicht, wie das passiert ist, aber plötzlich hatte ich den Arm im Gips.

Ich kam immer mehr ins Grübeln. Ich dachte an meinen Freund, Gott hab’ ihn selig. Auch er hatte plötzlich ’nen spontanen Knochenbruch und es dauerte nicht lange, da lag er unter der Erde. Tja, Knochentumor, Metanase oder Metastasen oder so.

Dann fiel mir mein 16-jähriger Enkel ein, der ebenfalls unter Rückenschmerzen leidet. Hat wohl was mit dem Wachstum zu tun. Bei dem scheuert irgendwas, Wachstumsstörung der Wirbel mit Keilbildung – wenn er Pech hat, dann kommt der noch in ein Korsett, der Arme. Doch aus dem Alter bin ich raus, ich wachse nicht mehr.

Ich dachte an Friedas Mutter. Sie hatte keine O-Beine, so wie ich, sondern X-Beine, aber auch chronische Rückenschmerzen und mal einen gebrochenen Knochen. Einfach so. Sie lebte sehr zurückgezogen und ging kaum vor die Tür, sah kaum die Sonne. Vielleicht habe ich ja Osteomalasie. Wäre leicht zu beheben – bisschen mehr Urlaub im sonnigen Süden, die Vitamin-D-Produktion ankurbeln.

Grübel. Grübel. Ne, ne, ne, was mach ich nur, was hab’ ich bloß?

Wenn ich doch nur nicht solche Angst hätte. Vor vielen Jahren die Rückenschmerzen, die Angst vorm Arzt – was hatte ich für ein Glück. Man hört ja so viel von Bandscheibenoperationen; nachher geht noch was schief und es geht gar nichts mehr.

Damals hatte ich auch diese Schmerzen – ne, die waren anders, viel heftiger, zack! – und nichts ging mehr. Ich konnte mich kaum bewegen. Alles war verspannt. Und schief war ich. Ich weiß noch, ich hab so‘n Mehlsack getragen und – autsch, ich kam nicht wieder hoch. Da blieb nur der Arzt und letztendlich war’s eine Lumbago, die Hexe hatte geschossen. Glück gehabt, kein Prolaps.

Vielleicht habe ich ja auch nur Rheuma oder Verschleiß. In meinem Alter, ich hab’ viel körperlich gearbeitet. Da verformt sich ja auch schon mal ein Gelenk oder Knochen.

Wie gut, dass ich meine fürsorgliche Frieda habe, wenn sie manchmal auch übertreibt. Sie war es letztendlich, die ganz diplomatisch gesagt hat: „So, mein lieber Fritz, jetzt ist Schluss. Deine Leidensmiene ist nicht mehr zu ertragen. Morgen gehen wir zum Heilpraktiker, und damit es einen Anreiz für Dich hat, schenke ich Dir einen neuen Hut! Der ist sowieso lange fällig.“

Gesagt, getan, meine Frieda fackelt da nicht lange. Der Termin beim Heilpraktiker stand und los ging’s. Aber wozu einen neuen Hut? Frieda bestand darauf, einen neuen Hut zu kaufen. Schließlich gab ich nach, der Alte ist bereits 25 Jahre alt und inzwischen etwas eng. Etwas eng sind zwei Größen größer!

Mein Heilpraktiker schickte mich nach einer ausführlichen Untersuchung mit Bücken, Hüpfen, an der Wand stehen, auf einem Bein balancieren usw. – war fast wie ’ne Sportstunde – mit einer Verdachtsdiagnose zum Arzt. Es folgte eine Blutuntersuchung: AP (Alkalische Phosphatase) war erhöht (ein Enzym beim Knochenzerfall). Ich wurde geröntgt.

Meine Nierenwerte und nicht zuletzt die Nierensteine waren Begleiterscheinungen.

Heute bin ich froh, dass meine Frieda so resolut war. Die Schmerzen sind, wenn ich die Stütze trage, viel erträglicher geworden und die Medikamente helfen mir auch. Wenn alles so bleibt, dann brauche ich in diesem Leben auch keinen neuen Hut mehr.

Tja, so war das. Ich schlaf nun auch wieder besser und die Frieda ist beruhigt. Ich weiß, was ich habe und kann damit umgehen. Zugegeben, ohne Frieda und meinen Heilpraktiker wäre es schwerer, aber man wird ja nicht jünger.

Diagnose? Ach ja, ich leide an Morbus Paget, eine Knochenumbaustörung.

Wie ich dazu komme, warum und wieso? Das weiß mal wieder niemand.

Image

Es war einmal ein Juckreiz…..

Es war einmal ein kleiner Juckreiz namens Pruritus. Er saß in der Nase und brachte diese ab und zu zum Nießen, Schnäuzen, manchmal auch nur zum Rümpfen.

Eigentlich konnte er zufrieden sein. Während er verträumt auf die sich wie Wellen bewegenden Flimmerhärchen starrte, fragte er sich, was der Grund für die in ihm aufsteigende Unzufriedenheit sein könnte. Es herrschte ein angenehmes, feuchtes und warmes Klima in der Nase. Dafür sorgten schleimige Becherzellen und das venöse Heizgeflecht.

Ab und zu tropfte etwas Schleim von der Nasenwand, dieser reizte ihn dann zum Jucken. Oder, wenn die Flimmerhärchen mit Staubpartikel überhäuft waren, dann konnte er so richtig er sein und aus voller Leidenschaft jucken und alles Fremde wurde mit hoher Geschwindigkeit herausgeschleudert. Hatte der Nasenbesitzer kein Taschentuch zur Hand, flogen Schleim und Fremdkörper unkontrolliert irgendwo hin, oder in dessen Hand.

An Bewegung mangelte es ihm ebenfalls nicht. War der Pruritus müde, so kuschelte er sich in die verdreckten Nasenhaare und plauderte mit dem einen oder anderen Staubkorn. Er fand Abwechslung in der oberen, unteren oder mittleren Nasenmuschel. Anatomische Nachbarstrukturen, wie z.B. die Nebenhöhlen, boten genügend Abwechslung.

Die Nasenscheidewand stellte keinerlei Hindernis für ihn dar. Er konnte die Seite wechseln so oft es ihm beliebte.

Als Pruritus so da lag, erinnerte er sich an einen kleinen spannenden Ausflug zum Auge. Es war im Frühjahr. Der Juckreiz kannte viele Pollen, deren Zuhause Gräser, Bäume und Pflanzen waren. Im Frühjahr oder Sommer nutzten sie die Pollenflugairline, um bei ihm in der Nase zu landen. Heuschnupfen nannten sie ihr Urlaubsziel. Manchmal waren sie so ausgelassen, dass Augen und Lunge ‚all inclusive‘ waren.

Pruritus hatte stets viel Freude und Abwechslung, wenn die Urlauber ausgelassen feierten. Gerne hörte er ihre spannenden Geschichten über Allergien auf Körperteilen, die ihm bisher völlig fremd waren. Angeblich ein Paradies von Möglichkeiten, seine Jucktalente abwechslungsreich auszuleben.

Gedankenverloren, gelangweilt, traurig und grübelnd saß er im Schnotter, winkte einer Graspolle zu, die gerade von Flimmerhaaren getragen vorbeiglitt und fragte sich immer wieder, warum er sich so unglücklich fühlte. Auch wollte er nicht mehr alleine sein. Es musste mehr geben für einen Juckreiz, als ausschließlich in der Nase zu wirken. Ein Körper bestand nicht nur aus einer Nase, dessen war er sich sicher.

Kurzentschlossen schnürte er sein Bündel, um sich auf den Weg zu machen. Sein Ziel war es herauszufinden, welche Möglichkeiten für ihn in Frage kamen, den Menschen zum Kratzen zu animieren. Pruritus wollte der Langeweile ein Ende setzten und an Bedeutung gewinnen.

Im Geheimen hoffte er auf eine Partnerin fürs Leben. Es musste ja nicht gleich die erste, auch die beste sein. So handelte es sich bei dem heilenden, verkrusteten Herpesbläschen, welches ihm den Weg ans Tageslicht ebnete, um einen ‚One-night-stand‘.

Die Tatsache, dass auf der Oberlippe Haare wuchsen entspannte ihn ein wenig. Sie vermittelten ihm Vertrautheit in der befremdenden Umgebung, waren sie auch viel dicker und dichter angesiedelt. Erinnerte hier doch nichts an das Höhlendasein in der Nase und deren Schutz. Das raue Klima zwang ihn zum mehrmaligen tiefen Durchatmen. Er brauchte etwas Zeit, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen, bevor er in der Lage war, seinen Weg fortzusetzen.

Pruritus reizte ein wenig hier, ein wenig dort. Die Hautoberfläche zeigte sich einladend trocken und rau. Ab und zu alberte er mit einer Hautschuppe herum, bis sie fortgekratzt wurde und er über die Nächste stolperte.

Aber was war das? Ein großes bedrohlich laut summendes Wesen steuerte im Sturzflug auf den Arm zu, auf dem er sich gerade befand. Die zur Extremität gehörende Person begann wild und unkontrolliert herumzufuchteln, um das Monster abzuwehren, vergeblich. Es bohrte einen dicken Stachel in die Haut und gab eine für den Juckreiz durchaus interessante Flüssigkeit ab.

Der Armbesitzer schrie: „Aua!“ und versuchte den Stachel vorsichtig zu ziehen. Das Monster lag, ohne seinen Anhang, keuchend am Boden. Neugierig näherte Pruritus sich der Einstichstelle. Ungehemmt und mutig vereinte er sich mit dem leckeren Gift und dem dadurch freigewordenen Histamin. Es war Abenteuer und Wellness pur.

Ins Histamin hätte er sich verlieben können. Es wusste von vielen anderen Auslösern zu berichten, die Pruritus unbedingt kennenlernen wollte. Es klang so aufregend, weil die Ursachen zum Teil aus dem tiefsten Körper kamen und die Menschen oft lange brauchten diese herauszufinden, wenn sie es überhaupt schafften.

Der Gedanke sich von der Hautoberfläche nach und nach in die Tiefe des Körpers durchzukämpfen verursachte ein angenehmes Kribbeln. Vorerst noch voller Zufriedenheit breitete er sich ein paar Tage auf dem Arm aus. Der Mensch kratzte, salbte, kratzte und fluchte. Er hinterließ immer mehr Spuren auf der Haut. Zum Teil waren diese sogar blutig.

Ein neugieriger Schmerz machte sich langsam aber sicher breit. Pruritus vermischte sich vorübergehend mit ihm und zog nach kurzem Vergnügen weiter. Es gefiel ihm. Nach einem Sonnenbrand war er es, der den Schmerz verscheuchte. Wen würde er wohl als nächstes kennenlernen?

Viele abwechslungsreiche Bekanntschaften, die Menschen sich so einfingen, drängten sein großes Ziel vorerst in den Hintergrund. Sie ließen seine Existenz allerdings nicht verleugnen. Guter Dinge forderte er immer wieder, mal mehr, mal weniger zum Kratzen heraus. Nach Lust und Laune tobte er sich auch in Begleitung anderer Symptome aus.

Jucken als Nebenwirkung eines Medikamentes, warum nicht? Er ließ nichts aus. Witzige Begegnungen mit Läusen unterschiedlicher Rassen, oder Flöhe. Candidosen nicht nur in Hosen, Schätze wie Krätze durch die wilde Milbe. Er war Verkoster von Varizella Zoster. Aufgekratzte Windpocken dienten als Spaßbad, sie verkrusteten, verheilten und es kamen immer wieder neue Bläschen hinzu.

War er müde, entspannte er im Sternenhimmel. Parasiten konnten sein Dasein nicht verbieten. Selbst die eklige honiggelbe Impetigo contactiosa schreckte ihn nicht ab. Im Gegenteil, Pruritus suhlte sich regelrecht in ihr.

So verging die Zeit wie im Fluge. Bald hatte er die Ursachen der Hautoberfläche ausgereizt. Übertriebene Hygiene gehörte genauso dazu, wie das wundreiben in Hautfalten. Er machte Bekanntschaft mit vielen allergieauslösenden Substanzen. Trockene Haut auf Grund einer Hypothyreose oder die alter Menschen war abwechslungsreich, weil sie zusätzlich zu Exanthemen neigte. Neurodermitis als Erlebnispark auf zarter Babyhaut, aber auch bei Erwachsenen.

Die Menschen versuchten stets ihn zu besiegen. Manchmal glaubten sie, es geschafft zu haben, aber dann kam er doch wieder. Ab und zu, anfangs kaum merklich, um sich dann langsam zu steigern. Wenn er Lust hatte, überfiel er sein Opfer plötzlich und unerwartet, tags so wie auch nachts.

Die Psychosomatik bot ein großes Angebot und viel Abwechslung in Bezug auf seinen Einsatzort. Von der Kopfhaut, Arme, Beine, Rücken, bis hin zum Anus war alles geboten. Ähnliches galt für die Begleiterscheinungen. Pickel, Pustel, Quaddel, leichte bis starke Rötungen konnten anwesend sein. Es belustigte ihn zu beobachten, was die Menschen alles unternahmen, um heraus zu finden, woher er kam und wie sie ihn wieder los wurden.

So verging Tag für Tag und Langeweile schlich sich in sein Dasein. Pruritus erinnerte sich an sein Ziel. Der Wunsch Verbündete im Inneren des Körpers ausfindig zu machen, um dann mit diesen Ursachen neue Herausforderungen zu jucken, verstärkte sich zusehends. So sehr er auch darüber nachgrübelte, er hatte keine Idee seinem Ziel näher zu kommen. Diese Situation war sehr unbefriedigend, er spürte Wut aufkommen.

So geschah es, dass er eines Tages juckte. Erst gelangweilt, später immer heftiger und voller Eifer durch einen Mangel an Vitaminen und Mineralien getrieben, alles um sich herum vergessend. Immer stärker werdend, für den Menschen bis hin ins Unerträgliche. Ja, es schien als würden sie sich gegenseitig anfeuern. Das Kratzen spornte ihn regelrecht an. Er wurde immer ausgelassener.

Und dann geschah etwas, was ihm die Erfüllung seines Wunsches näher bringen sollte. Aus der Haut quoll ein Blutstropfen, ähnlich wie damals bei der Psoriasis. Also nicht der erste Tropfen, dem er bisher begegnete. Dennoch fiel es ihm erst jetzt wie Schuppen von den Augen und ihm wurde klar, dass das Blut aus dem Körperinneren kam.

Er nahm sich etwas zurück und ohne zu überlegen erkundigte er sich beim Blut, ob es für einen Juckreiz etwas Interessantes im Körper zu entdecken gäbe. Völlig verdutzt und ungläubig musterte der rote Tropfen, der langsam in die Breite ging, sein Gegenüber. Er fühlte sich veräppelt bis er begriff, dass es dem Juckreiz ernst war. Er hatte bisher in der Nase und direkt auf der Haut gewirkt und kannte keine der vielseitigen Ursachen aus dem tiefsten Inneren des Menschen, die er von dort steuern konnte.

Das durch Lufteinwirkung langsam angetrocknete Blut und Pruritus freundeten sich an. So erfuhr er von den unendlich scheinenden Möglichkeiten einer Macht als Juckreiz vom Körperinneren.

Ein kurzer Freudentanz lockte den Fingernagel, welcher unbewusst den angetrockneten, zur Kruste gewordenen Blutstropfen abstreifte und erneut Zugang in eine Vene ermöglichte.

Er nahm all seinen Mut zusammen und fügte sich in den Blutstrom ein. Rote mit CO2 beladene Blutkörperchen keuchten ihm entgegen. Ab und zu mal ein Leukozyt der ihn freundlich grüßte.