Charles W. Leadbeater
Das Jenseits
Charles W. Leadbeater
DAS JENSEITS
Hellsichtige Beobachtungen
Aquamarin Verlag
1. eBook-Auflage 2020
© Aquamarin Verlag GmbH
Voglherd 1
85567 Grafing
www.aquamarin-verlag.de
Umschlaggestaltung: Annette Wagner unter Verwendung von tor © Ssogras #14099128 - Fotolia.com
ISBN 978-3-96861-198-3
Inhalt
Teil I ♦ Die Bedeutung des Todes
Einführung
Der Beweis für ein immerwährendes Leben
Religionsirrtümer
Unsere Einstellung zum Tod
Gewissheit
Wie Hellsehen entwickelt werden kann
Teil II ♦ Das Leben nach dem Tod
Die Fakten
Einige Beispiele astralen Daseins
Astrales Umfeld
Das Wunsch-Elemental
Bewusstseinserweiterung
Unsichtbare Helfer
Die Himmelswelt
Der Tod von Kindern
Teil III ♦ Beweisführung anhand von Erscheinungen
Astralbesuche
Besuche kurz vor dem Tod
Gedankenkörper
Erscheinungen, die den Tod vorhersagen
Jene, die zurückkehren, um zu helfen
Diejenigen, die Hilfe benötigen
Sühne
Erdgebunden
Geisterscheinungen
Geisterscheinungen ohne ersichtlichen Grund
Seltene Phänomene
Astrale Impressionen
Begegnung mit einem Geist
Teil IV ♦ Spiritismus und parapsychologische Forschng
Spiritistische Phänomene
Persönliche Erfahrungen
Der physische Körper des Mediums
Hellsehen und Spiritismus
Neuere Untersuchungen
Teilweise Materialisation
Messungen
Verschiedene Phänomene
Sichtbare Materialisationen
Materialisationsphänomene
Spiritismus und Theosophie
Schluss
TEIL I
DIE BEDEUTUNG DES TODES
KAPITEL 1
Einführung
Missverständnisse
Das Thema Tod dürfte für jeden Menschen von größtem Interesse sein, da er selbst eines Tages sterben wird. Hinzu kommt, dass nahezu jeder – die Jüngeren vielleicht ausgenommen – die Erfahrung gemacht hat, dass ihm ein geliebter Mensch entrissen wurde. Andererseits gibt es wohl kaum ein Thema, das mit so vielen Missverständnissen belastet ist. Unwissenheit und Aberglauben ließen die Menschen bislang unsäglich und völlig unnötig unter Furcht, Schmerz und Trauer leiden. Falsche und törichte Ansichten haben gewaltigen Schaden angerichtet und zu unbeschreiblichem Leid geführt. Diese Irrtümer auszumerzen, wäre ein Segen für die Menschheit.
Für diejenigen, die sich mit der theosophischen Lehre von vergangenen Leben befassen und sie akzeptieren können, verliert der Tod seinen Schrecken. Es bleibt ihnen viel Leid erspart. Sie erkennen und verstehen den Stellenwert des Todes im Hinblick auf unseren Evolutionsweg.
Wir werden uns den Hauptmissverständnissen zuwenden und versuchen, sie zu ergründen. Einige mag man als religiöse Irrtümer bezeichnen, deren Verbreitung sich oft unmittelbar auf die Verfälschung der ursprünglichen Christenlehre zurückführen lässt, die sich in unsere Kirchen eingeschlichen und ihre Lebendigkeit und ihren Wert weitgehend zerstört hat. Betrachten wir zunächst den weit verbreiteten Irrglauben, was den Tod selbst betrifft.
Mitunter neigt der Mensch dazu anzunehmen, dass es im Grunde genommen keine Rolle spielt, was er über den Tod denkt. Wenn er stirbt, wird er die Wahrheit selbst herausfinden. Hat er sich geirrt, wird er dies bald erkennen. Ein solches Argument ist in doppelter Hinsicht unzulänglich. Es zieht weder die Furcht vor dem Tode in Betracht, die das Leben vieler überschattet, noch die unnötige Trauer und Unruhe der Hinterbliebenen. Außerdem ignoriert es die Tatsache, dass der Verstorbene seine Fehler nicht unmittelbar nach seinem Dahinscheiden erkennt und sie im Lichte der Wahrheit zu berichtigen vermag, woraus sich häufig gewaltige Schwierigkeiten ergeben.
Was bedeutet Tod?
Auf Anhieb mag man denken, diese Frage sei recht einfach zu beantworten. „Der Tod ist das Ende des Lebens – die Trennung von Seele und Körper.“ Bei näherer Betrachtung wird man erkennen, dass es sich um einen weitaus komplizierteren Prozess handelt. Selbst vom rein physiologischen Standpunkt aus gesehen, gibt es die unterschiedlichsten Auffassungen, was den Tod als solchen ausmacht. Carrington und Meader, die sich um eine eindeutige Definition bemühten, veröffentlichten die Ergebnisse ihrer gründlichen Nachforschungen in der Schrift Death, its Causes and Phenomena. Trotz der Informationsfülle des sorgfältig zusammengestellten Materials blieb die Frage ungeklärt.
Die Autoren stellten einer Reihe von maßgeblichen Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Lebensbereichen die Frage: „Was ist ihrer Meinung nach das Wesen des Todes?“ Sie erhielten zahlreiche interessante Antworten, aber kaum eine definitive Auskunft. Die ungewöhnliche Gleichgültigkeit vieler Wissenschaftler überraschte und verärgerte sie, was sie zu der sarkastischen Bemerkung verleitete: „Wirklich wichtige Dinge, wie das Mentalleben der Ameise oder der Krabbe, füllen die psychologischwissenschaftliche Literatur. Ein Thema wie der Tod, der den Menschen näher steht als alles andere – da jeder sterben muss – scheint es kaum wert zu sein, ernsthaft diskutiert zu werden.“ Als Beispiel zitieren sie den Brief eines bekannten Arztes: „Die physiologischen oder psychologischen Aspekte des Todes interessieren mich nicht im Geringsten. Was die Ursache des natürlichen Todes betrifft, vertrete ich keine Meinung.“ Ein Doktor der Philosophie schrieb: „In Beantwortung ihrer Frage muss ich gestehen, dass ich keinerlei Vorstellung vom Wesen des Todes besitze. Mit diesem Gedanken habe ich mich noch keine fünf Minuten lang beschäftigt. Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal. Für mich bedeutet der Tod das Ende des Lebens.“
Andere Antworten waren zwar weniger enttäuschend, aber ebenfalls kaum zufriedenstellend. Eine Ansicht lautete, dass die Reproduktionskraft der Körperzellen begrenzt sei. Eine andere hob die Tatsache hervor, dass nach einer gewissen Zeit die Indurations- und Ossifikationsprozesse einsetzen. Ein Dritter vertrat die Meinung, dass das Leben ein Impuls sei, der eine bestimmte Energiemenge enthalte. Erschöpft sich diese, tritt der Tod ein. Eine weitere Vorstellung ging davon aus, dass es sich beim Leben um eine grenzenlose Kraft handelt, die sich durch den Körper zum Ausdruck bringe. Dieser nutze sich, wie jede andere Maschine, mit der Zeit ab und vermöge die Energie nicht mehr weiterzuleiten.
Carrington selbst definierte das Leben als eine spezifische Schwingung und den Tod als die Unfähigkeit der Lebenskraft, das Nervengewebe, durch das sie wirkt, auf die notwendige Schwingungsrate zu heben, so dass sie sich nicht länger zu manifestieren vermag. Meader vertrat die Auffassung, dass der Tod unnötig sei. Er betrachtete ihn als eine „schlechte Angewohnheit“.
Der Mensch hat sich in die Vorstellung versenkt, dass das Leben innerhalb eines gewissen Zeitraumes enden muss. Die Gedankenform hat sich in einem Maße verstärkt, dass sie sich auf die gesamte Menschheit auswirkt. Mit anderen Worten, der Mensch stirbt, weil er denkt, er muss sterben.
Ist der Tod das Ende?
Der verhängnisvollste Irrtum ist die Annahme, dass der Tod das Ende aller Dinge bedeutet und es nichts im Menschen gibt, das ihn überlebt. Viele Leute scheinen unter dem Eindruck zu stehen, dass diese rein materielle Sichtweise gänzlich der Vergangenheit angehört, was durchaus wünschenswert wäre. Leider ist dies nicht der Fall. Obwohl die Menschen inzwischen dazugelernt haben, verblüfft die allgemein herrschende Unwissenheit. Besonders bedenklich erweist sich jene Form von Ignoranz, die sich, geschmückt mit einigen übernommenen wissenschaftlichen Schlagwörtern, in aggressiver Selbstgefälligkeit aufbläht und glaubt, die Weisheit der Zeitalter zu besitzen. Die unglücklichen Wesen, die dieser mentalen Knechtschaft anheimgefallen sind, denken rein materialistisch.
Andererseits dürfen wir hoffen, dass sich eine solche Haltung mit der Zeit verliert, was eine andere, weniger offenkundige, dafür heimtückischere Art dieser Krankheit wohl kaum erwarten lässt. Tausende von Männern und Frauen, die sich zu irgendeiner Religionsform bekennen und das Ansinnen, sie seien Materialisten, entrüstet zurückweisen, gestalten ihr Leben aus praktischen Überlegungen so, als gäbe es nur diese Welt, über die es sich lohnt, nachzudenken. Mitunter mögen sie sich bestimmter Ausdrücke und Redewendungen bedienen, die auf die Existenz einer anderen Welt schließen lassen, was sich aber in ihrer Verhaltensweise nicht im Geringsten bemerkbar macht. Dieser praktische Materialismus, obwohl offensichtlich weniger stupide und für den Mitmenschen weniger anstößig, wirkt sich auf den Zustand des Menschen nach seinem Tod fast genauso aus.
Ein ebenso verbreiteter Irrtum besteht in der Annahme, dass der Tod einen Sturz ins Ungewisse bedeutet und man nichts Genaues über die Gegebenheiten in Erfahrung bringen kann, die den Menschen erwarten, nachdem er die physische Ebene verlassen hat. Verschiedene Religionsgemeinschaften beteuern zwar, jene Zustände präzise beschreiben zu können, was die Mehrzahl ihrer Anhänger aber als weitgehend unrealistisch zu erachten scheint, da sie weder entsprechend handeln noch reden. In den meisten Fällen sind jene Informationen derartig falsch, dass sie wahrscheinlich mehr Schaden anrichteten als Nutzen, falls man ihnen Glauben schenkte.
Die katholische Lehre
Im westlichen Kulturkreis sprachen die römisch-katholische Kirche und der liberal-katholische Zweig der Kirche von England bislang als einzige Glaubensformen über die Gegebenheiten jenseits des Grabes. Obwohl symbolisch ausgedrückt, was zu Missverständnissen führte, wurden die Fakten ausreichend dargelegt, so dass diejenigen, die bereit waren, sie zu akzeptieren, begriffen, was sie nach Verlassen des physischen Körpers erwartete. Leider wird die Wahrheit von der frevlerischen Lehre ewiger Qual überschattet und durch den lächerlichen Ablasshandel weitgehend ihrer Würde beraubt. In groben Zügen lehrt die katholische Kirche zu diesem Thema folgende Aspekte: Während der hoffnungslos verdorbene Mensch in die Hölle stürzt und der Heilige unmittelbar in den Himmel aufgenommen wird, wie im Falle der Jungfrau Maria, vermag der durchschnittlich gute Mensch aufgrund verbleibender Fehler und Unvollkommenheiten nicht direkt in die Gegenwart Gottes zu gelangen. Er bedarf eines kürzeren oder längeren Aufenthaltes in einem Zwischenreich, dem sogenannten Fegefeuer, in dem seine Verfehlungen in einem kurzen, aber leidvollen Prozess ausgemerzt werden. Erst nach dieser schmerzlichen Vervollkommnung kann er in die Freuden der himmlischen Welt einkehren.
Der Theosoph wird sofort erkennen, dass diese Theorie den Tatsachen recht nahekommt. Seit einigen Jahren spricht die liberal-katholische Kirche offen über das Leben nach dem Tod. Ihre Lehre basiert nicht auf Tradition, sondern auf Beobachtung. Häufig stellt sich heraus, dass sorgfältige Beobachtungen und Untersuchungen neues Licht auf die alten Überlieferungen werfen und sie uns in einer sinnvollen und glaubwürdigen Form präsentieren.
Die theosophische Erklärung
Wir stimmen zwar der Theorie zu, dass die Seele den Körper verlässt, definieren aber den Begriff Seele präziser als allgemein üblich. Der Mensch besitzt nicht eine Seele, sondern er ist Seele. Sein Körper dient nur als Gewand, dessen er sich entledigt, sobald dieses abgetragen ist. Manchen mag eine solche Behauptung verblüffen. Für andere handelt es sich dabei nicht um Glauben, sondern um unmittelbares Wissen. Um zu erklären, wie man dieses Wissen erlangt, müssen wir eine möglichst klare Vorstellung von dem erhalten, was das Wort „Seele“ bedeutet.
Der Mensch ist ein weitaus komplexeres Wesen, als das physische Auge wahrzunehmen vermag. Die einzige Möglichkeit, ihn wirklich zu erfassen, besteht darin, sich auf eine höhere Bewusstseinsebene zu erheben, um mehr von ihm zu sehen. Für jemanden, der sich bislang mit diesem Thema nicht auseinandergesetzt hat, bedürfen die zu verwendenden Begriffe einer näheren Erklärung.
Untersuchungen haben gezeigt, dass außer den Materieformen, die wir sehen können, andere feinstoffliche Ebenen existieren. Neben dem Äther, den die moderne Wissenschaft als eine alle bekannten Stoffe durchdringende Substanz anerkennt, gibt es Materiearten, die ihrerseits den Äther durchdringen. Der Leser mag sich fragen, wie sich der Mensch der Existenz solch unsagbar zarter und vielfach unterteilter Materiearten bewusst werden kann. Indem er ihre Schwingungen aufnimmt, wird er sich ihrer in der gleichen Weise bewusst, in der er die niedrige Materie wahrnimmt. Die Tatsache, dass er die Substanz dieser feinstofflichen Ebenen als Teil seiner selbst in sich trägt, ermöglicht es ihm, ihre Schwingungen aufzufangen. Ebenso wie ihm der grobstoffliche Körper dazu dient, die grobmaterielle Welt wahrzunehmen und mit ihr zu kommunizieren, bildet die feinstoffliche Materie in ihm ein Vehikel, mittels dessen er in der Lage ist, die feinstoffliche Welt, die den physischen Sinnen verschlossen bleibt, wahrzunehmen und sich mit ihr in Verbindung zu setzen.
Es hat sich gezeigt, dass es viele Abstufungen dieser feinstofflichen Materie gibt, von denen jede einzelne als eine Art in sich abgeschlossene Welt betrachtet werden kann. Da der Mensch die unterschiedlichen Stoffebenen in sich trägt, gilt es zu lernen, sich dieser feinstofflichen Materie zu bedienen, um die jeweiligen Schwingungen aufzunehmen, die es ihm ermöglichen, in jene höheren Welten ebenso hinein zu schauen und zu hören wie in die irdische Welt. Das Öffnen dieser höheren Sinne, also zu lernen, auf jene feineren Schwingungen zu reagieren, wird gewöhnlich als Hellsichtigkeit bezeichnet.
Der Durchschnittsmensch erkennt nicht – da ihm die Mittel fehlen – wie wenig er sich der Welt, die ihn umgibt, tatsächlich bewusst ist. Alle Informationen von der Außenwelt werden uns durch Schwingungen übermittelt. Die Bewegung der Luft trägt den Klang an unser Ohr und ermöglicht es uns, einander sprechen zu hören. Die Ätherwellen senden Licht in unsere Augen, weshalb wir uns gegenseitig zu sehen vermögen, ebenso das Buch, das wir lesen, oder die Objekte, die an uns vorüberziehen. Alles, was wir wissen, haben wir auf diese Weise über Wellen irgendeiner Art gelernt. Um andere Materieformen, die unsere physischen Sinne aufgrund ihrer Feinheit nicht ansprechen, kennenzulernen, müssen wir Sinne entwickeln, die auf die höheren Frequenzen reagieren. Die Vorstellung von verschiedenen Körpern oder Trägern ist nicht neu. Paulus sprach bereits von einem irdischen und einem geistigen Leib, von der Seele und dem Geist. Die beiden letzten Begriffe betrachtete er keineswegs als gleichbedeutend, so wie dies heutzutage häufig geschieht.
Da nähere Einzelheiten in der theosophischen Literatur zu finden sind, erübrigt es sich, sie an dieser Stelle zu wiederholen. Es mag der Hinweis genügen, dass es sieben Hauptmateriestufen gibt, die gewöhnlich als Ebenen bezeichnet werden. Falls man sich nicht dazu hinreißen lässt, sie als räumlich voneinander getrennt zu betrachten, kann man auch von Welten sprechen. Sie durchdringen sich gegenseitig in ein und demselben Raum, obgleich man sich jeweils nur einer Ebene bewusst wird.
In seiner Essenz ist der Mensch ein Funke des göttlichen Feuers – ein Splitter göttlichen Lebens, will man ein ausdrucksstarkes Bild verwenden, obwohl nicht philosophisch und in gewisser Weise irreführend, da dieses wunderbare Leben unteilbar ist. Diesen Funken, der auf einer Ebene jenseits unserer gegenwärtigen Erkenntnis liegt, nennen wir Monade. Im Rahmen der menschlichen Evolution manifestiert sich die Monade in den grobstofflichen Welten. Soweit bislang feststellbar, erscheint sie auf der höchsten Ebene als der dreifache Geist mit seinen drei Aspekten, da Gott den Menschen nach Seinem Bilde erschaffen hat – eine Dreiheit in der Einheit. Eine der drei Facetten oder Manifestationen verweilt stets auf dieser hohen Ebene. Man bezeichnet sie als den Geist im Menschen. Der zweite Aspekt steigt auf eine etwas niedrigere Ebene hinab. Wir nennen ihn Intuition. Der dritte Aspekt, die sogenannte Intelligenz, wirkt in der höheren Mentalwelt. Gemeinsam bilden die drei Aspekte des Geistes das sogenannte Ego.
Dieses Ego macht den Menschen während seiner menschlichen Entwicklungsstufe aus und entspricht in Etwa der gewöhnlichen unwissenschaftlichen Vorstellung von dem Begriff Seele. Vom Augenblick seiner Individualisation an bleibt die Existenz des Egos (abgesehen von seinem Wachstum) unverändert, bis es sein Menschsein transzendiert und in der Göttlichkeit aufgeht. Es wird in keiner Weise durch das, was wir Geburt und Tod nennen, beeinträchtigt. Bei seinem sogenannten Leben handelt es sich lediglich um einen einzigen Tag seines wahren Lebens. Der sichtbare Körper, der geboren wird und vergeht, bildet nur das Gewand, in das sich das Ego während einer bestimmten Entwicklungsphase kleidet.
Was Paulus als Geist, Seele und Körper bezeichnet, wird in der Theosophie gewöhnlich Monade, Ego und Physis genannt. Bei der Physis handelt es sich nicht um den einzigen Körper, den die Seele annimmt. Sie umgibt sich mit verschiedenen Hüllen unterschiedlicher Dichte, von denen diejenige, die wir sehen, die niedrigste Stufe darstellt. Ihrer jeweiligen Materieebene entsprechend, lassen sich die einzelnen Träger als Körper oder Träger beschreiben. Für jede Welt gibt es einen Träger, mittels dessen die Seele sie beobachtet und in ihr lebt. In ihrer eigenen Welt, der Seelenebene, wird sie als Kausalkörper bezeichnet.
Obgleich das Ego, die Seele, in der höheren Mentalwelt weilt, lebt es aufgrund unzureichender Entwicklung nicht vollkommen bewusst in ihr. Die Frequenz ist zu hoch, um einen Eindruck zu hinterlassen, vergleichbar mit den ultra-violetten Lichtstrahlen, die von unseren physischen Augen nicht wahrgenommen werden. Damit sich das Ego entwickeln kann, muss es sich in gröbere Materie kleiden, deren Schwingung so langsam ist, dass es sie zu fühlen vermag. Aus diesem Grund umgibt es sich, wenn es sich zu inkarnieren wünscht, zunächst mit einer Hülle, deren Materiedichte der seiner eigenen Ebene am nächsten kommt, das heißt, einer Hülle aus der Materie der niedrigen Mentalwelt, dem Mentalkörper. Er bildet das Werkzeug, mit dessen Hilfe das Ego seine konkreten Gedanken formt. Als Nächstes umgibt es sich mit einer dichteren Materiehülle, dem Astralkörper. In ihm sind Leidenschaften und Emotionen angesiedelt sowie (in Verbindung mit seinem niederen mentalen Körper) all jene Gedanken, die der Selbstsucht und dem persönlichen Gefühl entspringen. Erst nachdem das Ego diese Körper angenommen hat, vermag es mit dem physischen Babykörper in Berührung zu kommen und in die Welt, die wir kennen, geboren zu werden.
Der Tod
Mit der Geburt beginnt ein irdisches Dasein, ein Tag im wahren Leben der Seele, das sich aus unzähligen solcher Tage zusammensetzt, unterbrochen von Zeiten der Ruhe. Jedes Erwachen der Seele aus einer solchen Nacht bezeichnet man als Geburt, wenn die Seele sich nach und nach mit jenen Gewändern bekleidet und schließlich mit dem dichten physischen Körper umhüllt. Sinkt sie erneut in den Schlaf, entledigt sie sich in umgekehrter Reihenfolge dieser Hüllen. Der physische Körper, der zuletzt angenommen wurde, wird als erster abgestreift. Ihn zur Seite zu legen, bezeichnen wir als Tod. Für das Ego bedeutet dies das Gleiche wie für den Menschen das Ablegen seines Mantels. Anschließend weilt das Ego so lange in seinem Astralkörper, bis sich die Kräfte der Emotionen und Leidenschaften, denen es während seines Erdendaseins gefrönt hat, erschöpft haben. Dann findet der zweite Tod statt. Der Astralkörper fällt ebenfalls von ihm ab, und das Ego weilt dann in seinem Mentalkörper, in der niederen mentalen Welt. Es verharrt in diesem Zustand, bis sich die in seinem irdischen und astralen Leben erzeugten Gedankenkräfte ausgeschwungen haben und die dritte Hülle abgestreift werden kann. Danach lebt das Ego (die Seele) erneut in seiner Heimat, der höheren Mentalwelt.
Den Tod, wie er allgemein verstanden wird, gibt es nicht. Es gibt nur aufeinanderfolgende Etappen in einem fortlaufenden Leben – Phasen, die nacheinander in diesen drei Welten verbracht werden. Will man die Ursache und den Mechanismus des physischen Todes genauer bestimmen, bedarf es einer näheren Betrachtung der Körperstruktur. Der physische Körper zeigt sich komplexer als gewöhnlich angenommen wird. Es fällt uns schwer, die Begrenzungen unserer Sinne zu erkennen und zu verstehen, dass sie kaum etwas von dem wahrnehmen, was uns umgibt. Abgesehen davon, dass sie keinen Zugang zu der Fülle astraler und mentaler Materie finden, inmitten derer wir leben, ist ihnen ihre eigene Ebene kaum vertraut. Unsere Sehfähigkeit erlaubt es uns, zwischen fester und flüssiger Materie zu unterscheiden, gibt aber keinerlei Auskunft über den gasförmigen Stoff, der uns umhüllt. Die Luft, durch die wir leben, bleibt unsichtbar für uns, obwohl sie rein physischer Natur ist.
Trotz unserer engen Verbindung mit den feinstofflichen Ebenen der physischen Materie sind wir nicht in der Lage, sie wahrzunehmen. Es gibt sieben Materiestufen, die sich aufgrund ihrer jeweiligen Dichte voneinander unterscheiden. Jene, die wir gewöhnlich als fest, flüssig und gasförmig bezeichnen, bilden die niedrigsten Unterabteilungen. Darüber liegen vier weitere feinstoffliche Ebenen, die in der Theosophie als ätherische Unterabteilungen oder Unterebenen bezeichnet werden. Im menschlichen Körper sind alle sieben Materiestufen vertreten, nicht nur die feste, flüssige und gasförmige, die uns geläufig sind. Den Teil des physischen Körpers, der aus jenen vier feinstofflichen und unsichtbaren Dichtegraden besteht, nennen wir ätherisches Doppel. Ätherisch deshalb, weil er sich aus unterschiedlichen Stufen der Äthermaterie zusammensetzt, und Doppel, weil sein Erscheinungsbild und seine Größe dem grobstofflichen Körper, den wir sehen können, genau entspricht. In der Theosophie versteht man unter dem physischen Körper nicht nur den grobstofflichen Teil, sondern auch sein ätherisches Gegenstück.
Die Seele umhüllt sich mit einem Mental-, einem Astral- und einem physischen Körper. Jede Nacht zieht sich der Mensch während des Schlafens vorübergehend aus seiner physischen Hülle zurück und weilt in seinem Astralkörper. Der physische Körper mit seinem ätherischen Doppel bleibt auf dem Bett liegen, während das astrale Gegenstück dessen Form beibehält. Gleitet es hinaus, entspricht es in Gestalt und Aussehen dem auf dem Bett ruhenden Körper, nur dass es von einem Farbschimmer umgeben ist. Innerhalb dieser Astralmaterie setzt sich das Gegenstück zusammen, so dass es auf der Astralebene zunächst wie zuvor aussieht. Bei genauerer Betrachtung erkennt man den feinen Farbnebel, der es umhüllt, ohne seine Züge zu verbergen.
In seiner Astralhülle kann sich der Mensch frei in der Astralwelt bewegen und zahlreiche Erfahrungen sammeln. Bisweilen erinnert er sich am nächsten Morgen an einige von ihnen, wenn er davon spricht, ungewöhnlich lebhaft geträumt zu haben. Kehrt er morgens in seinen physischen Körper zurück und wacht auf, wie er glaubt, wird er sich seines Daseins hier unten wieder bewusst. Da er aus einem höheren und freieren in ein weitaus begrenzteres Leben hinabsteigt, fällt es ihm schwer, eine klare Erinnerung an das, was er gesehen und unternommen hat, mitzubringen. Andererseits lässt sich ein solches Erinnerungsvermögen entwickeln und die Bewusstheit im Wach- und im Schlafzustand gleichbleibend aufrechterhalten. Jemand, der diese Kunst beherrscht, verbringt ein Drittel seiner Zeit bewusst in der Astralwelt und kann andere Bewohner dieser Ebene treffen und mit ihnen kommunizieren. Zu diesen Bewohnern zählen die sogenannten Verstorbenen. Der verstorbene Mensch hat, ebenso wie der schlafende, seinen physischen Träger verlassen und weilt in seinem Astralkörper, dem niedrigen Teil jenes Geistkörpers, von dem Paulus spricht. Jemand, der die Fähigkeit fortwährender Bewusstheit entwickelt hat, vermag jede Nacht mit seinen verstorbenen Freunden ebenso frei Zwiesprache zu halten wie tagsüber mit seinen auf der Erde weilenden Freunden. Der einzige Unterschied zwischen einem schlafenden und einem verstorbenen Menschen besteht darin, dass Ersterer in seinen physischen Körper zurückkehren kann, was Letzterem verwehrt bleibt. Der Grund für diese Tatsache mag die Frage beantworten: Was bedeutet Tod?
Zieht sich der Mensch im Schlaf aus seinem physischen Körper zurück, bleibt dieser intakt. Mit anderen Worten, er verlässt den voll funktionsfähigen Körper, den grobstofflichen und den ätherischen Teil. Dieser ätherische Aspekt spielt eine lebenswichtige Rolle. Die aus der Sonne kommende Vitalität oder Lebenskraft gelangt über das ätherische Doppel in den physischen Körper, zieht entlang seiner Nervenbahnen und belebt den gesamten Organismus. Schweift der Mensch während des Schlafens in seiner Astralhülle weit entfernt von seinem physischen Körper umher, ruht dieser vollständig in sich und funktioniert in der Regel völlig selbstständig mit bewundernswerter Gleichmäßigkeit. Eine enge Verbindung zwischen dem Menschen und seinem physischen Körper bleibt jedoch bestehen, denn berührt oder schüttelt man diesen, kehrt er zurück. Das ätherische Doppel ist einerseits eng verknüpft mit der Astralhülle und andererseits mit dem grobstofflichen Körper. Der Mensch vermag im Schlaf leicht und natürlich aus seinem Körper zu gleiten, weil die Äthermaterie stärker an der dichten physischen als an der Astralmaterie haftet.
Bricht der physische Körper aufgrund eines Unfalls, durch Krankheit oder allmählichen Verschleiß auseinander, wirkt die Anziehungskraft zwischen Äther- und Astralmaterie stärker als die Verbindung zum grobstofflichen Träger. In einem solchen Fall zieht der Mensch, der seinen Körper verlässt, die Äther- und die Astralmaterie heraus. Ein physischer Körper, dem der ätherische Teil völlig entzogen wurde, ist tot. Anästhetika treiben die Äthermaterie teilweise aus dem grobstofflichen Körper. Wurde zu viel verabreicht, wird sie vollends hinausgetrieben, und der Mensch stirbt während der Operation. Tod bedeutet demnach die vollständige und endgültige Trennung des ätherischen Doppels vom physischen Körper, mit anderen Worten, das Auseinanderbrechen der grobstofflichen Form durch ein Zurückziehen ihres ätherischen Anteils. Solange eine Verbindung aufrechterhalten bleibt, sprechen wir von einem Zustand der Katalepsie, Trance oder Betäubung. Reißt diese Verbindung schließlich ab, tritt der Tod ein.
Die graue Welt
Zieht der Mensch sich beim Tod aus seinem grobstofflichen Körper zurück, nimmt er dessen ätherischen Anteil mit. Es handelt sich dabei nicht um einen vollständigen Körper. Da die Äthermaterie noch an ihm haftet, befindet er sich weder auf der einen noch auf der anderen Ebene. Er verharrt in einem Zustand der Bewusstlosigkeit, da er seine physischen Sinnesorgane verloren hat und sich, eingehüllt in diesen Äthernebel, seiner Astralsinne nicht bedienen kann. In den meisten Fällen schüttelt er die Äthermaterie rasch ab – manchmal in wenigen Augenblicken, manchmal in einigen Stunden oder Tagen. Die Umstände, die dazu führen, wie rasch er sich befreit, sind unterschiedlicher Natur, auf die wir an dieser Stelle nicht näher eingehen wollen.
Im Gegensatz zum Schüler auf dem Pfad, trifft der Durchschnittsmensch mit seiner üblichen Denkweise keine eindeutige Unterscheidung zwischen Körper und Seele. Der tote Mensch hat seine physische Hülle verlassen und kann sie nicht mehr in Besitz nehmen. Andererseits ist sie ihm sehr vertraut. Er hat sich an ihre Schwingung gewöhnt. Unter normalen, klaren Umständen hat er mit dem physischen Körper abgeschlossen. Rein weltlich ausgerichtete Menschen, denen es an jeglicher Vorstellung von einem Leben jenseits des physischen Daseins mangelt, werden verrückt vor Angst, wenn sie sich von ihm losgerissen sehen. Sie unternehmen manchmal den verzweifelten Versuch, in irgendeiner Weise mit dem physischen Leben in Berührung zu bleiben, meistens erfolglos. Sollte es dennoch bis zu einem gewissen Ausmaß gelingen, kann dies nur über den eigenen physischen Körper geschehen. Eine solche Verbindung über die zerfallende Hülle ermöglicht es bisweilen, die Grundlage für eine unnatürliche und unvollkommene teilweise Materialisation zu schaffen, die nicht annähernd dazu ausreicht, wieder mit der physischen Welt in Kontakt zu treten, aber dennoch stark genug ist, um den Menschen vorübergehend von einem gesunden Astralleben abzuhalten. Er gestaltet sich eine Zeit lang – glücklicherweise nur eine Zeit lang – eine verschwommene, graue Welt des Unbehagens und der Rastlosigkeit, in der er irdische Ereignisse wie in einem Glas undeutlich wahrnimmt, eine Nebelwelt, durch die er verloren und hilflos umherirrt.
Solche Menschen können nicht mehr vollständig in ihren grobstofflichen Körper zurückkehren, ansonsten würden sie zum Vampir. Aber sie erwischen die Äthermaterie ihres abgestreiften Körpers und schleppen sie mit sich herum, die Ursache ihres Leidens. Solange sie sich nicht aus dieser Verstrickung lösen, das Grau durchstoßen und in das Licht eintauchen, finden sie keine Ruhe. Der Äthernebel, der sie umfängt, nimmt ihnen den Blick für die Astralwelt. Sie schweben zwischen zwei Welten und können weder in der einen noch in der anderen sein. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum ein Mensch auf diese Weise leiden sollte. Er muss nur loslassen und in eine natürliche Bewusstlosigkeit gleiten, um augenblicklich in der höheren und schöneren Astralwelt aufzuwachen. Aber es gibt Menschen, die aus Angst, ihr Bewusstsein völlig und für immer zu verlieren und in einen Zustand der Vernichtung zu driften, sich verzweifelt an dem, was ihnen blieb, festklammern. Mit der Zeit bleibt ihnen jedoch nichts anderes übrig als loszulassen, da sich das ätherische Doppel allmählich aufzulösen beginnt. Dann gleiten sie recht zufrieden in ein erfüllteres und umfassenderes Leben.
Sollte ein Unglücklicher in jener Grauzone verharren, mag er bisweilen von einem Erdenbewohner wahrgenommen werden. Hin und wieder ist die Rede von einer Geistergestalt, die man über einem frisch angelegten Grab dahingleiten sah. In einem solchen Fall hat sich entweder der Verstorbene mit ein wenig physischer Materie umgeben oder derjenige, der ihn sah, erlebte einen Augenblick der Hellsichtigkeit. Für den Durchschnittsmenschen liegt die Äthermaterie knapp jenseits der Grenze des Sichtbaren, so dass eine geringfügige Erregung des physischen Körpers, die dessen Schwingung vorübergehend leicht erhöht, dazu führen kann, ein solches Objekt wahrzunehmen. Dies bedeutet aber nicht in jedem Fall, dass der Verstorbene sich in der Grauzone aufhält. Wenn er sich augenblicklich, wie es sein sollte, von seiner Ätherhülle zurückzieht, verbleibt diese als eine Art Ätherkörper und schwebt gewöhnlich über der Stelle, an welcher der grobstoffliche Teil begraben wurde. Ein solcher Ätherkörper kann sich nicht weit von seinem physischen Gegenstück entfernen. Er hält sich nicht lange, da er rasch in seine Bestandteile zerfällt. In den meisten Fällen kennen und sehen die Verstorbenen die graue Welt nicht, sondern finden sich nach der üblichen Periode der Bewusstlosigkeit von den Aktivitäten der Astralwelt umgeben und freunden sich mit dem neuen Umfeld an. Der Übergangsprozess von einer Welt in die andere gestaltet sich keineswegs schmerzhaft. Wir sollten uns davon freimachen, den Tod mit Leiden in Zusammenhang zu bringen. Aufgrund von Krankheit oder Unfall mag es vor dem Tod Schmerz geben, aber der eigentliche Sterbevorgang verläuft nicht nur schmerzlos, sondern ist gewöhnlich erfüllt von großer Freude und tiefem Frieden. Das physische Elemental lässt den Körper nur widerwillig los, so dass dieser manchmal nach Luft ringt. Der sterbende Mensch selbst ist sich dieses Kampfes nicht bewusst. Er fühlt nur die wunderbare Leichtigkeit und Befreiung von der schweren Last des Fleisches. Im Augenblick des Todes ziehen die Ereignisse des sich neigenden Lebens blitzartig durch das Bewusstsein des Egos. In diesem momentanen Rückblick sieht es das Leben als Ganzes, erkennt seinen Wert und inwieweit es die Möglichkeiten genutzt oder nicht genutzt und sein Schicksal erfüllt hat. Zum ersten Mal vermag es Erfolg und Misserfolg, Siege und Niederlagen, seine weisen und unklugen Handlungen und Aussagen klar zu unterscheiden.
Diejenigen, die sich um das Lager des Sterbenden versammeln, sollten, völlig selbstlos und ihre eigene Trauer vergessend, nur an den scheidenden Freund denken und daran, wie sie ihm auf seinem aufwärts strebenden Weg helfen können. Offen gezeigter Schmerz wird ihn belasten und seinen Geist auf die Ebene zurückrufen, die er im Begriff steht zu verlassen. Sie sollten ihn mit Gedanken des Friedens und Wohlergehens, der stillen, glücklichen Erwartung der Herrlichkeit des neuen Lebens, in das er eintritt, umgeben. Trauernde Verwandte und Freunde, wie zugetan sie ihm auch sein mögen, sind für den Sterbenden oft ein beklagenswertes Hindernis, da sie in ihrer Unwissenheit nur an sich selbst und ihre Gefühle denken. Wären sie besser informiert, würden sie verstehen, dass sich hier eine wunderbare Gelegenheit bietet, ihre Liebe zu zeigen, indem sie ihre Emotionen zügeln und ihre Kräfte darauf konzentrieren, den Reisenden auf seinem Weg zu unterstützen.
Fotografieren und Wiegen des ätherischen Doppels
Dr. Baraduc aus Paris, dem ich persönlich einige Male begegnet bin, hat jahrelang Experimente durchgeführt, um die Auswirkungen menschlicher Emotionen sowie Gedankenformen zu fotografieren. Ich habe eine große Anzahl dieser Fotos gesehen und kann bezeugen, dass sie die beschriebenen Objekte korrekt wiedergeben. Nachdem er mehrfach bewiesen hatte, dass sich Emanationen, die das physische Auge nicht wahrnimmt, fotografieren lassen, beschloss Baraduc, in Abständen einen Körper kurz nach seinem Tod zu fotografieren, um nach Spuren einer eventuellen Emanation zu fahnden.
Er gelangte zu erstaunlichen Resultaten. Unmittelbar nach dem Tod waren drei leuchtende Kugeln direkt über dem Körper zu sehen, die durch Lichtschnüre mit ihm verbunden zu sein schienen. Eine Stunde später waren diese Kugeln zu einer einzigen Kugel verschmolzen. Die Bänder rissen ab, und der Lichtkörper schwebte davon. Diese Fotografien habe ich persönlich nicht gesehen. Ich kenne Baraduc gut genug, um ihm zu vertrauen, obwohl ich seiner Interpretation dieses Phänomens in einigen Fällen nicht zustimmen kann.
Der Versuch, die entweichende Seele zu wiegen, wurde von Dr. Mac-Dougall unternommen. Er stellte das Bett mit dem Sterbenden auf eine höchst sensible Waage, um festzustellen, ob im Augenblick des Todes ein nennenswerter Gewichtsverlust bemerkbar wurde. Mögliche Fehlerquellen schaltete er gewissenhaft aus. Er fand heraus, dass im Augenblick des Todes ein unmissverständlicher Gewichtsverlust eintrat, der von Fall zu Fall zwischen fünfundzwanzig und fünfundvierzig Gramm lag. In seinem Bericht bemerkte er, dass keine der sogenannten normalen Faktoren im Zusammenhang mit dem Tod dafür verantwortlich zu machen seien.
Die wahre Bedeutung der Verdammnis
Nachdem wir den Tod aus theosophischer Sicht betrachtet haben, wollen wir uns den Aussagen der katholischen Kirche zuwenden. Worauf basiert ihre Lehre von der ewigen Verdammnis? Erstens: Beide Wörter sind falsch übersetzt. Die im Neuen Testament überlieferten Aussagen Christi lassen eine Interpretation, wie sie ihnen die meisten Menschen heute zuschreiben, nicht zu. Zweitens: Wird die wirkliche Bedeutung des falsch übersetzten Ausdrucks begriffen, erkennt man seinen eigentlichen Wahrheitsgehalt. Es gibt eine Periode in der menschlichen Entwicklung, wenn auch nicht über Jahrmillionen, in der ein Mensch, der sich beharrlich gegen ein Voranschreiten gestemmt hat, ausscheidet. Er versinkt nicht in eine immerwährende Hölle (der gespenstischen Erfindung eines kranken Hirns irgendeines diabolischen Monsters menschlicher Grausamkeit), sondern verfällt in eine Art Schwebezustand, in dem er auf einen anderen Evolutionsablauf wartet, der ihm in den frühen Stadien eine Möglichkeit bietet, sich innerhalb der Grenzen seiner schwachen Kräfte weiterzuentwickeln.
Er gleicht einem Schüler, der mit seinen Klassenkameraden nicht Schritt halten kann. Da er es nicht schaffen wird, das noch anstehende Klassenpensum zu bewältigen, muss er bis zum Beginn des nächsten Schuljahres warten, wenn eine neue Gruppe von Schülern mit den Lektionen beginnt, in denen er versagt hat. Gemeinsam mit ihnen denselben Stoff nochmals durchzugehen, ermöglicht es ihm, dort erfolgreich zu sein, wo er zuvor an den Schwierigkeiten scheiterte. Anstelle der abscheulichen Lüge von ewiger Verdammnis tritt die barmherzige Wahrheit eines sich über Äonen hinziehenden Aufschubs. Eine entwickelte Seele, die während ihres irdischen Daseins vollständige Kontrolle über ihre niedrige Natur gewonnen hat und Leidenschaft und Verlangen beherrschte, schreitet mit solcher Geschwindigkeit durch das Astralleben, dass sie in die Glorie und Glückseligkeit der himmlischen Welt blickt, sobald sie ihr Bewusstsein wiedererlangt hat.
Dem Durchschnittsmenschen ist es bis zu seinem Tode keineswegs gelungen, sein Verlangen und seine Leidenschaften zu zügeln. Er erwacht auf der Astralebene in einem recht aktiven Wunsch-Körper, den er sich während seines irdischen Daseins geschaffen hat und in dem er leben muss, bis dessen Desintegrationsprozess abgeschlossen ist. Er zerfällt in dem Maße, in dem das Verlangen, sein Begierde-Leben, erstirbt. Dieser oft schmerzhafte Prozess wird durchaus zutreffend als Fegefeuer bezeichnet.
Das Fegefeuer
Die oft zitierte Darstellung eines Alkoholikers, natürlich ein Extremfall, zeigt deutlich die Wirkungsweise des Fegefeuers. Wenn die Trunksucht einen Menschen erfasst, macht sie jedes Gefühl von Anstand zunichte, so dass er Frau und Kinder verhungern lässt und sogar ihre Kleider veräußert, um sein grässliches Verlangen stillen zu können. Stirbt ein solcher Mensch, bedeutet dies keineswegs eine Änderung seiner Veranlagung. Die schreckliche Gier ist ebenso stark wie zuvor, im Gegenteil, sie zeigt sich sogar noch stärker, weil die Schwingung der Begierde die schwerfällige physische Materie nicht in Bewegung versetzen muss. Da der irdische Körper, über den allein er sein Verlangen zu stillen vermag, nicht mehr existiert, bleibt die Begierde bestehen. Hier haben wir die Elemente eines sehr realen Fegefeuers. Das Symbol des läuternden Feuers ist durchaus angemessen.
Zum Glück handelt es sich um das Fegefeuer, nicht um die Hölle, jene sinnlose, nutzlose ewige Qual, die bloße Genugtuung grausamer Boshaftigkeit eines verantwortungslosen Despoten, an die uns die orthodoxe Theologie glauben macht, sondern um den notwendigen, den einzig effektiven und daher äußerst gnädigen Läuterungsprozess üblen Verlangens. So schrecklich das Leiden auch sein mag, die Begierde findet allmählich ihr Ende und ist schließlich ausgemerzt. Erst dann kann der Mensch in das höhere Leben der himmlischen Welt voranschreiten. Er ist von seiner Gier befreit. Es besteht keine Notwendigkeit mehr, die Last in seiner nächsten Inkarnation erneut auf sich zu nehmen, es sei denn, er will es.
Obwohl das Verlangen selbst ausgestorben ist, bleibt die Charakterschwäche, ihm zu erliegen. In einem nächsten Leben wird dieser Mensch mit einem Astralkörper geboren werden, der die notwendige Substanz enthält, demselben Verlangen Ausdruck zu verleihen, mit anderen Worten, die Möglichkeit, sein vergangenes Leben in dieser Hinsicht zu wiederholen. Diese Materie wird ihm mitgegeben, da er sie in seiner letzten Inkarnation begehrte und sich ihrer bediente, was aber nicht bedeutet, dass er gezwungen ist, sie in der gleichen Weise einzusetzen. Sollte er aufgrund früherer Handlungen das Glück besitzen, in die Obhut Sorge tragender und fähiger Eltern zu gelangen, die ihn lehren, derartige Begierden als Übel zu erkennen, Kontrolle über sie zu gewinnen und sie zu unterdrücken, falls sie auftauchen, dann wird diese Substanz nicht wieder belebt werden und auf Dauer verkümmern, vergleichbar mit einem untrainierten Muskel.
Die Substanz des Astralkörpers verbraucht sich langsam, aber beständig und wird ebenso wie die des physischen Körpers ersetzt. Ist der verkümmerte Teil verschwunden, tritt feinere Materie an seine Stelle, die auf die starke, grobe Schwingung der Begierde nicht zu reagieren vermag, weshalb der Mensch diese Widerwärtigkeit nur ablehnen kann. Er ist ihr entwachsen und hat sie letztendlich besiegt. In der langen Reihe seiner zukünftigen Leben wird er diesen Fehler niemals mehr begehen, da er im Hinblick auf dieses Laster die entgegengesetzte Eigenschaft in sein Ego eingebaut hat, die absolute Selbstkontrolle.
Nach einem lebenslangen erfolgreichen Kampf gegen diese Begierde hat er gesiegt. Er wird nicht mehr kämpfen müssen, denn er erkennt den wahren Charakter des Lasters, das nicht die geringste Anziehungskraft mehr auf ihn ausübt. Bei seinem einst grausamen Leiden auf der Astralebene handelt es sich in Wirklichkeit um einen verborgenen Segen, da es ihn befähigt hat, diesen ungeheuren moralischen Sieg zu erringen, einen entscheidenden Schritt auf seinem Entwicklungsweg zu nehmen. Soweit erkennbar, kann dies nur durch Leid geschehen.
Die Lehre vom Fegefeuer basiert demnach auf einer realen Wahrheit. Als während der Reformation vieles aus dem Kirchensystem gefegt wurde, verwarf man auch vieles Schöne, Wahre und Nützliche.
Gebete für die Verstorbenen
Der größte Verlust jener Zeit war der Brauch, für die Verstorbenen zu beten. Die Torheit jener Völker, die diese Möglichkeit, ihren Mitbrüdern zu helfen, achtlos verwarfen, hatten ihre Verstorbenen zu büßen. Sie mussten sich ohne Unterstützung durch die Astralwelt kämpfen, da sich ihre Freunde eingeredet hatten, dass der Versuch, ihnen beizustehen, gottlos sei. Gegen Dummheit sind selbst die Götter machtlos.
Mit dem Gebet für die Verstorbenen bringt man sein aufrichtiges und liebevolles Gedenken an jene zum Ausdruck, die vor uns hinübergingen. Der Theosoph weiß, dass solche Wünsche und Gedanken im irdischen Leben reale, objektive Dinge sind – Speicherbatterien geistiger Kraft, die sich nur dann entladen, wenn sie die Personen, auf die sie gerichtet sind, erreichen. Warum sollten sie sich in Bezug auf jemanden, der nicht mehr über einen physischen Körper verfügt, anders verhalten? Das Gebet oder der starke, liebevolle Wunsch für einen bestimmten Verstorbenen wird ihn immer erreichen, ihm helfen und niemals scheitern, solange das erhabene Gesetz von Ursache und Wirkung im Universum gilt. Selbst das aufrichtige allgemeine Gebet oder die guten Wünsche für alle Verstorbenen, wenn auch vager und weniger kraftvoll, üben insgesamt eine beachtliche Wirkung aus. Europa ist sich wohl kaum bewusst, was es jenen religiösen Orden verdankt, die sich Tag und Nacht dem immerwährenden Gebet für die Verstorbenen widmen.
In den meisten Fällen weiß man nur wenig über den Zustand und die Bedürfnisse des Dahingeschiedenen und mag befürchten, eine fehlgelenkte Kraft in Bewegung zu setzen. Fragt man sich nach einer angemessenen Fürbitte, geht man niemals fehl, sich des Antiphons der katholischen Kirche zu bedienen: „Herr gib ihm die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihm.“ Sind keine besonderen Bedürfnisse erkennbar, auf die man seine Gedankenkraft richten kann, gibt es keine bessere Fürbitte als diese segensreichen Worte, die jahrhundertelang eine tiefempfundene Zuneigung zum Ausdruck brachten und manches Leiden erleichterte.
Beobachtet man die Wirkung dieser Fürbitte auf einen kürzlich Verstorbenen, wird man erkennen, dass wer immer diese Antiphon formuliert haben mag, genau Bescheid wusste oder von oben geführt wurde, etwas zu schreiben, das er kaum verstand. Die beiden Satzteile bringen die für den Verstorbenen wichtigsten Notwendigkeiten zum Ausdruck. Erstens: Von der irdischen Denkweise und Sorge auszuruhen, um ungestört in die himmlische Welt voranschreiten zu können. Zweitens: Das ewige Licht göttlicher Liebe, das durch den höheren, geistigen Teil seiner Natur auf ihn leuchtet, zu sich emporzuziehen, um seinen Aufstieg zu beschleunigen. Die Erde hat wohl kaum mehr Unterstützung zu bieten als diese aufrichtige und immerwährende Fürbitte.
Die Religion hat viel zur Unterstützung der Verstorbenen beigetragen und wäre eine große Hilfe, den gängigen falschen Eindruck in Bezug auf den Tod zu korrigieren, würde sie in der Tiefe begriffen. Andererseits trägt sie auch die Verantwortung für ganz bestimmte Missverständnisse.
Eine verblüffende Theorie
Eine seltsame Form des Irrglaubens, dass über die Umstände nach dem Tod nichts mit Gewissheit gesagt werden kann, ist die Ansicht (die absurderweise selbst von frommen, aufrichtigen Leuten vertreten wird), dass der Mensch nichts über die andere Welt wissen sollte, da deren Geheimnisse ein heiliges Mysterium sind, das Gott dem Menschen bewusst vorenthält, und darin herumzuschnüffeln an Gottlosigkeit grenze. Ein törichteres Argument ist gewiss noch nicht vorgebracht worden. Wenn wir die Fähigkeit besitzen, in diese Welt hineinblicken zu dürfen, kann man dann annehmen, dass wir uns ihr verschließen sollen? Wenn wir überall auf Beweise für ihre Existenz und ein fortgesetztes Leben unserer Freunde dort stoßen, sollen wir darüber hinwegsehen und den Kopf in den Sand stecken? Alle uns bekannten großen Heiligen haben von dieser unsichtbaren Welt gesprochen und über ihre Visionen und Erfahrungen berichtet. Sollte man sie gotteslästerlicher Neugier beschuldigen, weil sie jene Welt erforschten, oder der Untreue und des Verrats, weil sie die Wahrheiten dieses höheren Lebens beschrieben? Andererseits wäre es völlig sinnlos, einer solch lächerlichen Vorstellung mit einem Gegenargument zu begegnen.
Wenn wir feststellen, dass viele unter uns diese innere Welt wahrzunehmen vermögen – und dies sogar einen gewissen Entwicklungsschritt kennzeichnet – wissen wir, dass es sich bei dieser Fähigkeit um das Erbe aller Menschen handelt. Eines Tages wird sie die gesamte Menschheit erschauen. Zu schauen, gehört einfach zum Evolutionspfad des Menschen und ist Bestandteil im erhabenen Plan des Universums – eine Entwicklung, die begrüßt und genutzt, nicht als anormal und gottlos betrachtet werden sollte. Diese Tatsache wird umso gewisser, wenn wir die Auswirkungen sehen, die mit dieser Fähigkeit einhergehen. Die Wahrheit zu erkennen bedeutet, weder den eigenen Tod zu fürchten noch sich um den Zustand der verstorbenen Freunde zu sorgen. Mehr noch, im Gegensatz zu dem Unwissenden vermag der Wissende den Verstorbenen von unendlich größerem Nutzen zu sein. Das umfassendere Wissen und die größere Hoffnung, die uns die höhere Schau schenkt, bringt stets Gutes, niemals irgendetwas Böses hervor. An dem, was uns der ewigen Wahrheit, die hinter all diesen Manifestationsformen liegt, näher bringt, kann nichts falsch sein.
Der Schrecken des Todes
Unmittelbar mit diesem Irrtum verknüpft, dass die jenseitige Welt unbekannt bleibt, und in erheblichem Maße aus ihr entstehend, ist die Angst vor dem Tod, die bei vielen Menschen eine wesentliche Rolle spielt. Im Allgemeinen spricht man nicht darüber, aber jeder, dem sich viele Menschen anvertrauen, wie etwa einem Priester, muss erkennen, dass es Leute gibt, für die diese Angst zur schrecklichen Realität geworden ist, die sie ständig verfolgt, ein allgegenwärtiges Schreckgespenst, das sie nur selten zur Ruhe kommen lässt.
Jemand, der sich vor seinem eigenen Tod fürchtet, fürchtet natürlich auch den seiner Freunde. Verlassen sie ihn, schmerzt ihn nicht nur die Trennung, sondern es erfüllen ihn Kummer und Sorge angesichts ihres möglichen Schicksals. Das Wissen um die wahren Hintergründe des Todes vernichtet augenblicklich Schrecken und Furcht. Jemand, der um die geistige Realität weiß, betrachtet den Tod lediglich als ein Ereignis im Ablauf des Lebens und erkennt, dass die Existenz im Jenseits nicht furchterregender ist als die im Diesseits. Die Angst wird weniger durch die definitive Erwartung von etwas Entsetzlichem geschürt als vielmehr durch ein Gefühl der Ungewissheit, des Grauens vor einer abgrundtiefen Leere. Wird diese Leere durch konkrete Kenntnisse über die Astralwelt ersetzt, gewinnt der Mensch sein Vertrauen wieder und ist bereit, seinem Schicksal gelassen ins Antlitz zu blicken. Die Erkenntnis, dass die höheren Welten nach denselben Gesetzen regiert werden wie das, was wir kennen, bringt sie uns näher, und wir fühlen uns heimischer. Mit anderen Worten, es ist die Gewissheit, dass wir auf allen Ebenen in den Händen derselben göttlichen Kraft ruhen und es für uns und unsere Lieben eine gleichbleibende Sicherheit gibt.
Der Tod, das Tor zum Leben