IMPRESSUM
ISBN 978-3-641-27320-0
V001
Copyright © 2021 by Südwest Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Text: © 2021 Martin Kintrup, Münster
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Hinweis: Das vorliegende Buch ist sorgfältig erarbeitet worden. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.
Projektleitung: Nina Sahm
Lektorat: Dr. Ulrike Kretschmer
Korrektorat: Susanne Schneider
Fotografie: Vanessa Jansen, Münster
Layout und Illustrationen: Studio Wouke Boog, Dordrecht
Umschlaggestaltung: Vera Schlachter, www.veruschkamia.de, München
Satz: Dr. Alex Klubertanz
Herstellung: Elke Cramer
www.suedwest-verlag.de
Der Alltag macht es uns nicht immer leicht: Wir stehen unter Zeitdruck, haben kaum eine ruhige Minute. Dann kommt der Heißhunger, und es muss dringend irgendetwas zu essen her. Sich dabei nachhaltig zu ernähren, ist nicht leicht. Stress ist der größte Feind auf dem Weg zur grünen Küche. Denn wer sich auf diese Weise ernähren möchte, braucht ein wenig Zeit, ein wenig Muße, ein wenig Achtsamkeit – etwa für die Planung und Durchführung des Einkaufs oder für entspanntes Kochen und Genießen.
Es ist aber kein Naturgesetz, dass Arbeitslast und Druck immer mehr werden und wir nur noch durch unser Leben hetzen. Wir haben es immer noch selbst in der Hand, das zu ändern. Dazu müssen wir lernen, auch mal Nein zu sagen. Ganz ausblenden lassen sich die Belastungen des Alltags sicher nicht. Wer aber ein bisschen runterfährt, ist auch im Berufsleben in der Lage, sich im Food-for-Future-Style – also auf nachhaltige Weise – zu versorgen und so am Wandel zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft mitzuwirken.
Dafür möchte ich euch in diesem Buch das nötige Rüstzeug geben. Neben reichlich Infos rund um das Thema Nachhaltigkeit in der Ernährung und allerlei praktischen Tipps zum Einkaufen und Organisieren stehen dabei natürlich die Rezepte im Mittelpunkt. Hierbei habe ich mich entschieden, das Thema Achtsamkeit in den Fokus zu rücken. Das fängt natürlich schon beim Einkauf an: regional, saisonal, bio und unverpackt bleiben hier die Zauberworte! Wir sollten uns bewusst sein, wo und unter welchen Bedingungen unsere Lebensmittel produziert werden, welche Inhaltsstoffe sie besitzen, wann sie Saison haben, statt blindlings zuzugreifen. Das ist keine Wissenschaft und mit den Tipps in diesem Buch ganz schnell erledigt.
Das fünfte und entscheidende Zauberwort ist eigentlich eine Formel: die Reduktion tierischer Produkte. Wir als Gesellschaft essen zu viel Fleisch, Milchprodukte und Eier. Die Zukunft liegt in einer Ernährung mit hohem pflanzlichem Anteil, in der tierische Produkte nicht mehr täglich, sondern nur noch hin und wieder auf dem Speiseplan stehen und als wertvolles Lebensmittel genossen werden. Entsprechend habe ich die Rezepte für dieses Buch entwickelt: neben vielen veganen Rezepten auch Rezepte mit Milchprodukten, Eiern und Fleisch aus nachhaltiger Erzeugung, bei denen diese in geringen Mengen ganz bewusst als Highlight zum Einsatz kommen.
Zur Achtsamkeit gehört auch die bewusste, aber zeitsparende Zubereitung. Dafür habe ich die reine Zubereitungszeit auf maximal 30 Minuten begrenzt; nicht mitgerechnet die Zeit, in der etwa ein Teig gehen muss oder gebacken wird oder in der Hülsenfrüchte eingeweicht werden. Trotzdem entstehen dabei spannende Gerichte, die nicht den Anschein schneller Küche vermitteln, sondern auch dem Alltag ein wenig »Glamour« verleihen. Sie laden zum bewussten, geselligen Genießen ein und tragen auf diese Weise gleichzeitig zur Entschleunigung bei. Die nachhaltige Küche wird so nicht zur Last, sondern macht richtig Lust auf mehr!
Wenig Zeit zum Kochen heißt sicher auch kaum Muße zum Lesen. Hab ich recht? Auf den nächsten Seiten gebe ich daher einen bewusst knappen Überblick zum Thema Nachhaltigkeit in der schnellen Alltagsküche, der euch trotzdem alle relevanten Infos an die Hand gibt.
Auf den folgenden beiden Seiten stelle ich euch meine Top 6 der wichtigsten Schritte in Richtung Nachhaltigkeit vor. Natürlich kann man noch viel mehr unternehmen, mit diesen Schritten aber habt ihr bereits 80 Prozent des Weges geschafft. Und das soll fürs Erste reichen!
Gerichte mit wenigen Zutaten sind ein großer Trend in der schnellen Küche, meiner Erfahrung nach jedoch meist etwas freudlos. Für Aha-Effekte auf dem Teller habe ich mir daher ein cleveres Baukastenprinzip überlegt, das dafür sorgt, dass ihr nur wenige Zutaten frisch kaufen müsst und diese mit Zutaten aus dem Vorratsschrank ergänzen könnt. Eine genaue Übersicht über den von mir vorausgesetzten Vorrat findet ihr ab Seite 12.
Wer schnell ans Ziel kommen will, muss manchmal zu Tricks greifen. Ein entscheidender Punkt ist, dort zu verarbeiteten Produkten zu greifen, wo es sonst langwierig und kompliziert würde. Ein Problem von Fertigprodukten ist jedoch, dass diese meist stark verarbeitet sind und lange Zutatenlisten mit unerwünschten Inhaltsstoffen haben. Das trifft aber glücklicherweise nicht auf alle zu. Ab Seite 17 gebe ich euch einen kleinen Überblick über die »guten« Fertigprodukte, die nur wenig verarbeitet sind und euch das Küchenleben auf nachhaltige Art erleichtern können.
Auch hinter den Rezeptkapiteln ist noch nicht Schluss: Denn dort wartet ab Seite 150 ein überbordender Saisonkalender mit allem, was die heimische Landwirtschaft zu bieten hat, auf euch. So wird saisonales Einkaufen ganz easy.
Ihr seid schon voll motiviert loszulegen? Dann seht euch die Hinweise zu euren Ernährungsgewohnheiten an, die ihr in Betracht ziehen solltet. Aber immer entspannt bleiben: Nachhaltigkeit ist ein Prozess, von heute auf morgen ist sie nicht zu schaffen! Und das erwartet auch keiner.
Das nachhaltige Kochen hat viele Dimensionen, deren Darstellung sehr umfangreich werden kann. Für die Jeden-Tag-Küche versuche ich, diese Dimensionen auf kurze, einprägsame Formeln zu verkürzen. Denn das Thema ist zwar sehr komplex, mit gewissen Grundregeln ist man aber garantiert auf dem richtigen Weg, ohne gleich zum Experten mutieren zu müssen. Und falls ihr genauer Bescheid wissen wollt: Werft doch in einer ruhigen Minute mal einen Blick in Food for Future Teil 1!
Tierische Lebensmittel haben eine miserable Ökobilanz im Vergleich zu unverarbeiteten pflanzlichen Lebensmitteln. Das liegt an der immensen Flächen- und Ressourcennutzung zur Futtermittelerzeugung. Bei Kühen kommt noch der Faktor Methan dazu, ein starkes Treibhausgas, das beim Wiederkäuen in die Atmosphäre abgegeben wird. Der Schlüsselfaktor auf dem Weg zur Nachhaltigkeit: eine pflanzlich dominierte Ernährung! Keine Angst: Fleisch, Milchprodukte und Eier bleiben weiter auf dem Speiseplan, aber in geringeren Mengen und aus nachhaltigen Quellen. Der durchschnittliche Verbrauch von 60 Kilo Fleisch pro Kopf und Jahr ist jedoch schlicht und ergreifend zu viel. Dazu ein einfaches Rechenbeispiel: Bei zwei Fleischmahlzeiten pro Woche mit nicht so großen Portionen landet man am Ende des Jahres bei 10 bis 15 Kilo Fleisch und hat gegenüber dem durchschnittlichen Konsum 45 bis 50 Kilo eingespart. Ein gutes Zwischenziel. Wer gleich den ganzen Schritt macht und sich vegan ernährt, kann seine CO2-Emissionen durch Lebensmittel im Vergleich zum durchschnittlichen Fleischesser nahezu halbieren.
Im Haushalt werden rund 40 Prozent der Energie in der Küche verbraucht: das meiste für Kühl- und Gefriergeräte, danach folgen Kochen, Spülen und Licht. Das summiert sich pro Kopf hierzulande auf rund 700 Kilowattstunden im Jahr. Während dafür im gesamten Strommix 350 Kilogramm CO2 pro Person ausgestoßen werden, sind es bei Windrädern rund 14 Kilogramm. Eindeutiger geht’s kaum! Einfach ummelden und fertig! Netter Nebeneffekt: Bei der Umstellung wird auch im übrigen Haushalt massiv CO2 eingespart. Effiziente Geräte mit geringem Stromverbrauch (z. B. Kühlgeräte, Herde und Backöfen sowie Kühlschränke mit A+- bis A+++-Auszeichnung) und Energiesparleuchten helfen nach anfänglicher Investition langfristig dabei, die etwas höheren Preise für Ökostrom zu kompensieren.
Eine lange Lagerung und ein Transport über weite Strecken sind C02-Fresser. Das könnt ihr vermeiden, indem ihr saisonale Produkte aus lokaler Produktion kauft. So landen Gemüse, Obst und Co. vollreif und knackig frisch auf dem Teller. Auch die lokale Landwirtschaft erhält so Arbeitsplätze im direkten Umfeld. Am besten Lebensmittel mit Biosiegel kaufen: Diese sind fast immer frei von Pestizid- und Insektizidrückständen. Eine Folge ist mehr Artenvielfalt auf dem und rund um den Acker. Auch Düngung und Bodenpflege erfolgen hier auf nachhaltige Art und Weise – ein großes Plus für die Ökobilanz von Bioprodukten. Zudem kann die Kulturlandschaft profitieren, z. B. durch die Pflege ökologisch wertvoller Strukturen wie Streuobstwiesen, Hecken oder extensiver Weideflächen.
Mit dem Einkauf kann man vieles verändern. Erster Schritt: auf Erzeugnisse großer Lebensmittelkonzerne verzichten, stattdessen kleine regionale Erzeuger unterstützen. Dafür müsst ihr eure Komfortzone, den Supermarkt, verlassen und euch andere Einkaufsquellen erschließen: den Wochenmarkt, den Hofladen, den Biomarkt oder den Unverpackt-Laden. Ihr könnt auch bei lokalen Anbietern Gemüsekisten bestellen oder Mitglied in einer solidarischen Landwirtschaft werden, bei der ihr von einem Bauernhof wöchentliche Ernteanteile erhaltet. So werden regionale Kreisläufe und Wertschöpfungsketten gefördert. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Versucht, Verpackungen weitestgehend zu vermeiden! Vieles lässt sich in mitgebrachte Transportboxen oder Taschen verpacken. Ansonsten sind Papier oder Glas gute Alternativen zum alltäglichen Plastikwahnsinn. Dieser verursacht riesige Müllberge, die meist verbrannt statt recycelt werden. Auch bedenkenswert: öfter mal mit dem Fahrrad oder zu Fuß einkaufen gehen oder auf fest geplanten Fahrten, z. B. dem Arbeitsweg, einen kleinen Abstecher machen, um unnötige Autokilometer zu vermeiden.
Fast ein Drittel der produzierten Lebensmittel landet im Müll. Das summiert sich hierzulande auf rund zehn Millionen Tonnen vermeidbare Abfälle. Und für zwei Drittel davon sind wir in den Privathaushalten verantwortlich – weil Lebensmittel wegen falscher oder zu langer Lagerung verdorben sind oder weil schlicht das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Die bei der Produktion dieser Lebensmittel eingesetzten Ressourcen wie Wasser, Dünger und Ackerfläche wurden also quasi verschwendet. Hier anzusetzen lohnt sich. Die wirksamsten Maßnahmen: häufiger, dafür kleinere Mengen einkaufen, Angebrochenes gut verschließen, frische Produkte kühl lagern und schnell verbrauchen, Reste clever weiterverwerten.
Die Rechnung ist ganz einfach: Überzeugt ihr mindestens einen Freund, Verwandten, Facebook-Kontakt oder Instagram-Follower davon, auf nachhaltige Ernährung umzusteigen, sorgt ihr aktiv dafür, dass große Mengen CO2 eingespart werden. Sind es sogar zwei oder drei, habt ihr schon viel mehr erreicht, als ihr selbst überhaupt einsparen könnt.
Für die schnelle Alltagsküche habe ich mir ein cleveres Baukastenprinzip überlegt. Dafür setze ich voraus, dass ihr zu Hause einen Vorrat an Zutaten habt, die immer vorhanden sind. Zusätzlich zu diesen Basics kommen in jedem Rezept maximal acht Schlüsselzutaten – häufig weniger – zum Einsatz, die ihr wahrscheinlich dazukaufen müsst, vielleicht aber auch noch vorrätig habt. Das stellt sicher, dass ihr keine übervollen Taschen nach Hause tragen müsst, so auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß einkaufen könnt und die Hürden für die Rezepte in diesem Buch – auch wenn sie vielleicht einmal etwas ausgefallener erscheinen mögen – nicht zu hoch werden. Zum Vorrat gehören, natürlich in Bioqualität und nachhaltig verpackt, die folgenden Dinge:
ESSIG
Basics sind Weiß- oder Rotweinessig und milder Apfelessig, gerne ergänzt durch aromatische Fruchtessige und gelegentlich mal Aceto balsamico.
ZITRONENSAFT
Der ist zwar nicht heimisch, aber in Flaschen ganzjährig aus der Biolandwirtschaft in Südeuropa erhältlich. Die frische Säure rundet allerlei Gerichte perfekt ab.
ÖL
Zweierlei gehört in den Vorrat: hochwertige Öle für Salate und kalte Gerichte, etwa Rapsöl oder Nussöl wie z. B. Walnussöl, dazu gut erhitzbares Öl fürs Braten, Backen und Frittieren, etwa Sonnenblumenöl.
MARGARINE/BUTTER
Margarine ist für Teige eine gute Alternative. Achtet aber unbedingt darauf, dass kein Palmöl enthalten ist. Butter hat eine ziemlich schlechte Ökobilanz. Ich schätze jedoch ihr Aroma und verwende sie in geringen Mengen, um Gerichte geschmacklich abzurunden. Wo immer möglich, ersetze ich die beiden durch Öl.
ZUCKER
Auch wenn Rohrohrzucker aus Übersee in Biokreisen sehr beliebt ist, empfehle ich wegen der kurzen Transportwege einheimischen Biozucker aus Rüben – ohne Verpackung aus dem Unverpackt-Laden oder in Papierverpackung.
HONIG
Er ist die aromatische Süßungsalternative zu Zucker. Am besten kauft ihr ihn von regionalen Imkern, das trägt zum Erhalt der Artenvielfalt vor Ort bei. Gute Ergänzung: Fairtrade-Honig aus Entwicklungs- und Schwellenländern. So erhalten in diesen Ländern Kleinbauern wichtige Unterstützung.
SALZ/PFEFFER
Sie sind die absoluten Geschmacksbasics. Steinsalz ist aus einheimischer Förderung erhältlich, Meersalz meist vom Mittelmeer oder Atlantik. Salzspezialitäten wie Himalajasalz sind teuer, haben weite Transportwege und bieten keinen Mehrwert. Schwarzer Pfeffer wächst in tropischen Ländern. Hier besonders auf fairen Handel und Bioanbau achten.
STANDARDGEWÜRZE
Seit meiner Kindheit gehört Paprikapulver, meist edelsüß, gelegentlich auch rosenscharf, immer dazu. Currypulver würzt nicht nur indische Gerichte mild. Cayennepfeffer oder Chiliflocken aus der Mühle sorgen für ordentlich Feuer.
GEMÜSEBRÜHE
Sie ist eine gute Basiswürze für Suppen und Saucen. Auch hier gilt: auf natürliche Zutaten achten und Produkte mit Palmöl vermeiden.
ZWIEBELN/KNOBLAUCH
Sie bieten die würzige, leicht scharfe Basis für allerlei Gerichte. Zwiebeln sind rund ums Jahr aus heimischem Anbau erhältlich. Knoblauch braucht Wärme und stammt meist aus Südeuropa. Frische Knollen aus europäischer Landwirtschaft sind von Juni bis August/September im Handel, getrocknete bis in den Winter. Sind nur noch Knollen aus fernen Ländern wie China verfügbar, lieber auf eingelegten Knoblauch im Glas zurückgreifen. Zwiebeln und Knoblauch sind länger haltbar, wenn sie getrennt voneinander gelagert werden.
GETROCKNETE KRÄUTER