Die Autorin
Gerti Wewerka ist leitende Physiotherapeutin der Universitätsklinik für Geriatrie an der Christian Doppler Klinik in Salzburg.
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3. Auflage 2018
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-032970-6
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-032971-3
epub: ISBN 978-3-17-032972-0
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Das Problem »Kreuzschmerz« ist in allen Berufen, bei denen Menschen in ihrer Mobilität unterstützt werden, ein aktuelles Thema. Häufiges Heben – in nicht frei zu wählenden Positionen – trägt dazu leider bei.
In dieser 3. Auflage wurde das Kapitel Hilfsmittel um aktuelle Varianten ergänzt, da auf diesem Sektor regelmäßig Neuerungen entwickelt werden. Sie bieten kein Allheilmittel für jede Situation, liefern aber Denkanstöße, um in schwierigen Situationen bessere Lösungen zu finden.
Neu ist der Übungsteil für das Gleichgewicht. Er bietet dem Helfenden eine Anleitung um seine koordinativen Fähigkeiten im Stand und bei Haltungsänderungen zu verbessern, und damit die Grundlage für ein stabileres Heben.
Ich möchte all jenen danken, die bei der Erstellung meines Buches mitgeholfen haben, den Kollegen und Kolleginnen, den Patienten und Patientinnen und vor allem meinem Mann Gerald, der die Fotos gemacht hat und immer bereit war Korrektur zu lesen und hilfreiche Tipps zu geben.
Salzburg, im Herbst 2017 |
Gerti Wewerka |
Die Wirbelsäule stabilisiert einerseits die aufrechte Haltung, andererseits ermöglicht sie alle notwendigen Bewegungen.
Von hinten und vorne gesehen verläuft die Wirbelsäule lotrecht, von der Seite gesehen in vier Krümmungen. Im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule ist sie nach vorne gekrümmt, Brustwirbelsäule sowie Kreuz- und Steißbein sind nach hinten gekrümmt.
Der knöcherne Anteil besteht aus 7 Halswirbeln, 12 Brustwirbeln, 5 Lendenwirbeln, dem Kreuzbein und dem Steißbein.
Gehalten wird die Wirbelsäule durch Bänder und Muskeln.
Zwischen den einzelnen Wirbeln liegen die Bandscheiben, die der Wirbelsäule gemeinsam mit ihrer geschwungenen Form eine gute Stoßdämpfereigenschaft verleihen.
Abb. 1: Wirbelsäule
Abb. 2: Bandscheibe
Abb. 3: Bandscheibenvorfall
Eine Bandscheibe besteht aus einem elastischen Innenkern, dem Gallertkern, der von einem Faserring umgeben ist.
Bei Belastung verformt sich die Bandscheibe und gibt Flüssigkeit und Schlackenstoffe ab, bei Entlastung, z. B. beim Liegen oder beim Schlafen kann sie Flüssigkeit und Nährstoffe aufnehmen.
Die Bandscheiben werden also nicht wie so viele andere Gewebe von Blutgefäßen versorgt, sondern sind in ihrer Ernährung abhängig von Druck und Entlastung – von Bewegung.
Der Druck, mit dem die Bandscheiben belastet werden, ist abhängig von der Körperhaltung und beträgt:
• im Liegen auf dem Rücken 25 kg
• im Stehen 100 kg
• beim korrekten Sitzen 140 kg
• beim Vorbeugen im Stehen bereits 250 kg
• wenn gleichzeitig ein 50 kg schwerer Gegenstand angehoben wird, bis zu 800 kg!
Dauernde Fehlhaltungen (z. B. beim längeren Sitzen in einem tiefen Sofa vor dem Fernseher) belasten die Bandscheiben in einigen Bereichen mit zu viel Druck. Sie können in diesen Bereichen keine Flüssigkeit aufnehmen und werden mit der Zeit mürbe. Auf dem Boden dieser laufenden Fehlbelastungen kommt es schließlich zu Abnützungserscheinungen an den Bandscheiben, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen wird reduziert.
Heben, speziell in falscher Haltung, belastet die Bandscheibe in einigen Bereichen übermäßig, was schließlich dazu führen kann, dass der Faserring reißt und Bandscheibenmaterial austritt.
Am häufigsten kommt es zu Bandscheibenvorfällen zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel und zwischen dem 5. Lendenwirbel und dem Kreuzbein. Durch Druck auf Nervenbündel des Rückenmarks kommt es zu Rückenschmerzen, die auch in ein Bein ausstrahlen können.
Andere Schmerzursachen sind überhöhte Muskelspannungen. Solche verspannte Rückenmuskeln ertastet man häufig als harten, schmerzhaften Strang beiderseits der Wirbelsäule.
Ziehen oder Rutschen statt Heben!
Sehr oft heben wir, obwohl bessere Bewegungsabläufe möglich wären ( Kap. 4.3 und
Kap. 4.4).
Hebehilfe verwenden!
Ist keinerlei Aktivität vom Patienten zu erwarten, sollte man eine Hebehilfe verwenden ( Kap. 6.1 Hilfsmittel).
Der Patient kann oft teilweise mithelfen.
Die meisten Patienten können mithelfen, aber es gilt einige Regeln zu beachten:
• Tempo
Für viele Patienten ist das Tempo, mit dem mit ihnen gearbeitet wird, zu schnell. Ältere Patienten haben z. B. häufig zusätzlich zu ihren Bewegungsproblemen auch eine Einschränkung der Wahrnehmung: Sie sehen schlechter, hören schlechter, oft ist auch die Sensibilität (die Wahrnehmung von Berührung und das Erkennen der Gelenkstellung) betroffen. So wird es verständlich, dass ihre Reaktionen verlangsamt einsetzen. Eine Temporeduktion des Helfers ermöglicht es manchem Patienten mitzuhelfen. Das wird für die Pflegenden zur Erleichterung, hilft dem Patienten, seine Kraft und Bewegungsfähigkeit zu trainieren und zeigt ihm auch, dass er weiterhin leistungsfähig ist.
• Lernen
Patienten lernen Bewegungsabläufe nur, wenn sie häufig und immer auf dieselbe Weise wiederholt werden. Wenn die Helfer sich absprechen und alle dieselben Grifftechniken anwenden, wird der Umgang mit dem Patienten leichter. Wenn der Helfer jedoch zu oft sagt: »Lassen Sie nur, ich mach‹ das schon!‹‹, dann verlernt der Patient mitzuarbeiten.
• Alleine oder zu zweit
Es ist nicht immer von Vorteil, zu zweit zu helfen. Es ist häufig der Fall, dass Patienten weniger mithelfen, wenn zwei Helfer anwesend sind. Oft liegt es daran, dass zwei Helfer einen wahrnehmungsgestörten Patienten überfordern. Er weiß nicht, wie er auf unterschiedliche Anweisungen reagieren soll. Diesen Punkt sollte man beachten, um bei diesen Patienten entweder alleine zu helfen oder – wenn es notwendig ist, zu zweit zu arbeiten – darauf zu achten, dass ein Helfer eindeutig die Führung übernimmt.
• Unterstützung nur dann geben, wenn es nötig ist
Patienten können manche Bewegungsabläufe nur unvollständig ausführen. Viele Patienten brauchen z. B. in Rückenlage Hilfe beim Anbeugen der Beine, können dann aber sehr gut selbst ihr Becken anheben und im Bett Richtung Kopfende rutschen.
In dieser Haltung werden die Bandscheiben gleichmäßig belastet, das Verletzungsrisiko ist deutlich geringer.
Im Arbeitsalltag bedeutet das, dass man lernen muss, Gewichte mit einer Bewegung der Knie- und Hüftgelenke zu heben. Der Oberkörper kann sich wenn nötig nach vorne neigen, sollte aber in Streckung stabilisiert werden ( Abb. 4).
Das Kapitel Rückenschule ( Kap. 3) zeigt Übungen, die helfen sollen, die Aufrichtung und Stabilisierung der Wirbelsäule zu verbessern. Die Übungen für das Gleichgewicht helfen Ihnen, den Körper über der Unterstützungsfläche zu stabilisieren.
Abb. 4: Das Gewicht wird mit möglichst aufgerichtetem, stabilisiertem Oberkörper angehoben. Das Anheben der Last geschieht durch eine Bewegung der Knie- und Hüftgelenke.
Für den Rücken sind Drehbelastungen ungünstig, daher zum Gewicht drehen, dann erst anheben. Der Rücken bleibt zum Becken hin stabil eingestellt, die Bewegung geschieht aus den Gelenken der unteren Extremität. Dazu ist meist eine Schritt- oder Grätschstellung der Beine nötig ( Abb. 5).
Abb. 5: Richtig: Der Helfer steht an der Bettseite, an der er eine Arbeit verrichten will. Der Helfer dreht Oberkörper und Becken zum Gewicht, damit er seinen Rücken beim Heben nicht verdrehen muss und sich leichter aufrichten kann.
Das Gewicht, das die Wirbelsäule übernehmen muss, errechnet sich aus einer Formel der Physik:
Last x Lastarm = Kraft x Kraftarm
Das heißt, dass dasselbe Gewicht, wenn es näher an den Körper herangebracht wird, weniger Belastung darstellt, weil der Lastarm kürzer wird.
Abb. 6