Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrovervielfältigungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2015 Jana Hornung

Buchsatz / Layout: Jana Hornung

Fotos: zum Teil öffentlich

Abb 6 auf Seite → by Mansur Johnson © 2016 All Right Reserved.

Abb 7 auf Seite → © Michaela Huber

Tabelle 1 auf Seite → © Patros Verlag der Schwabenverlag AG,

Ostfildern, 6. Auflage 2016

4. Auflage

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Nordersted, 2018

ISBN: 978-3-7460-0875-2

Kontakt und weitere Informationen:

www.kreistaenze-regensburg.de

Ich widme dieses Buch und meine Bachelorarbeit

Samuel L. Lewis

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Die Tänze des Universellen Friedens
  3. Praxisbeispiel: Bosnien-Herzegowina – Amica Educa
  4. Trauma
  5. Die Tänze des Universellen Friedens in der Sozialen Arbeit
  6. Fazit

Vorwort

Die Tänze des Universellen Friedens1 sind, seit ich denken kann, Teil meines Lebens. Schon als Kind gehörte ich zu einer der Ersten, die in Deutschland mit den Tänzen in Berührung kam, da Karin Vorholzer, die erste Sekretärin von Rahmana Dziubany, mit ihrem Mann Familienzeltlager organisierte, auf denen auch meine Familie war. Neben anderen Aktivitäten wurden dort auch die Tänze des Universellen Friedens getanzt. Im Alter von 11 Jahren war ich das erste Mal mit meinem Vater und meinen beiden Brüdern auf dem Familien-Tanzcamp, das vom NdL (Netzwerk deutschsprachiger Länder, s. 2.2 Entstehung und Verbreitung > Die Tänze im deutschsprachigen Raum) ausgerichtet wurde. Dies wurde zu einem jährlichen Ritual, wodurch ich die Tänze immer intensiver erleben konnte.

2011 ging ich nach Regensburg, um Musik- und bewegungsorientierte Soziale Arbeit zu studieren. Durch die Erfahrung und das Lernen darüber, inwiefern Musik und Bewegung als Methode in der Sozialen Arbeit eingesetzt werden können, als auch aufgrund meiner Erfahrungen und meines Wissens über die Tänze des Universellen Friedens, wurde es für mich immer deutlicher, welches Potential die Tänze in sich tragen.

Dies zeigte sich auch in unterschiedlichen Praxiseinheiten, die wir während des Studiums, durch Kooperation mit unterschiedlichen Einrichtungen, leiten durften. Im 3. Semester fand eine Praxisgruppe mit Musik- und Bewegungsstunden einmal in der Woche im Unikindergarten statt. Im 5. Semester gab es ein Seminar, bei dem wir im Johannes-Heinrich-Wichern-Haus, einer sozialtherapeutische Einrichtung, mit einer Gruppe von Menschen tanzten. Die Kooperation mit der Lebenshilfe Regensburg ermöglicht es Menschen aus der Lebenshilfe einmal wöchentlich an die OTH Regensburg zu kommen und an Musik- und Bewegungsstunden teilzunehmen. Bei all diesen Gelegenheiten war es mir möglich, die Tänze mit einzubauen, wodurch ich selbst immer wieder erleben durfte, was sie bewirken.

Im Laufe meines Studiums wurde mir bewusst, dass ich später als Sozialpädagogin die Tänze und deren Potential in meiner Arbeit nutzen möchte. Schon immer war es für mich schwer, genau zu benennen oder zu beschreiben, was beim Tanzen passiert und warum ich der Meinung bin, dass sich die Tänze des Universellen Friedens zur Anwendung in der Sozialen Arbeit eignen. Diesen Fragen nachzugehen und sich intensiv mit den Tänzen, auch theoretisch, zu beschäftigen, bot sich gut für meine Bachelorarbeit an. Ziel war es auch, fachlich unterstützt, eine theoretische Grundlage für meine spätere Arbeit zu schaffen.

Mein Dank gilt meinen Interviewpartnerinnen, die mir durch ihre Aussagen häufig vollkommen neue Gesichtspunkte aufzeigten und damit nicht nur eine sehr große Hilfe bei der vorliegenden Arbeit waren, sondern ebenso meinen Horizont erweitert haben.


1 Im Laufe der vorliegenden Arbeit wird u.a. auch einfach von den Tänzen die Reden sein. Ist das Wort kursiv geschrieben, sind damit die Tänze des Universellen Friedens gemeint.

1 Einleitung

Die Welt, und vor allem die Gesellschaft, verändert sich. Durch die zunehmende Globalisierung und die Individualisierung der Gesellschaft wird der Mensch mehr und mehr zum „Einzelkämpfer“. Wolfgang Bossinger2 formuliert es folgendermaßen:

„Soziale Bindungen und achtsame Beziehungen zwischen den Menschen gehen mehr und mehr verloren. Die Geborgenheit in sicheren sozialen Verhältnissen nimmt ab, und in der Atomisierung der Gesellschaft entstehen neue Leiden, Krankheiten des sozialen Bindegewebes.“ (Bossinger W. & Eckle R., 2008, S.8)

Dies ist der Grund, warum neue Wege gegangen werden müssen, wenn es um Heilung geht. Die klassische Medizin stößt zunehmend an ihre Grenzen.

Sie nimmt den menschlichen Körper in der Regel statisch strukturiert wahr, also als Summe seiner Einzelteile (Gliedmaßen, Knochen, Muskeln, Organe etc.). Die moderne Physik hingegen sieht Materie, also auch den menschlichen Körper dissipativ; als ein elektromagnetisches Feld, „welches sich aus der Vielzahl unterschiedlicher Schwingungsmuster zusammensetzt“. (Kapteina H. & Zhang C.-L., 2008, S.138)

In der vorliegenden Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, ob die Tänze des Universellen Friedens in der Sozialen Arbeit genutzt werden können und falls ja, durch welche Methodik und Effekte.

Dazu werden die Tänze des Universellen Friedens gemeinsam mit ihrem Urheber vorgestellt und deren Verbreitung aufgezeigt. Durch ein Praxisbeispiel wird dargestellt, wie die Tänze schon seit vielen Jahren im sozialpädagogischen Kontext eingesetzt werden. Um der Frage nach Möglichkeiten in Bezug auf Traumata nachgehen zu können, wird im weiteren Verlauf das Phänomen Trauma dargestellt, um anschließend auf den Kern der Arbeit zu kommen. Hierfür werden die Tänze in ihre Einzelbausteine (Bewegung und Musik) zerlegt und jeweils hinsichtlich ihres potentiellen Nutzen analysiert – sowohl allgemein als auch im Rahmen der Sozialen Arbeit sowie in Bezug auf Trauma. Abschließend werden die Möglichkeiten, die die Tänze des Universellen Friedens bieten, anhand dieser drei Bereiche dargestellt. Zusätzlich soll aufgezeigt werden, welche Potentiale Musik, Gesang, Tanz und Bewegung als alternative (Heilungs-)Wege in sich tragen und wodurch sie zur Geltung gebracht werden können.

Informationsgewinnung – Qualitative Interviews

Zur Informationsgewinnung über die Tänze des Universellen Frieden wurden qualitative Interviews mit offenen Fragen geführt. Bei den Befragten handelt es sich um Personen (alle weiblich) die selbst Erfahrungen mit den Tänzen gemacht haben, sowohl als Tanzende, als auch als Leitende. Zum Teil haben die Befragten die Tänze und deren Verbreitung im deutschsprachigen Raum von Beginn an mitbekommen bzw. für deren Verbreitung gesorgt.

Der Fragenkatalog ist in mehrere Abschnitte gegliedert. Ein Teil besteht aus „Fakten“, also wie die Tänze kennengelernt wurden, wie die Person die Tänze beschreiben würde, seit wann die Person diese Art von Tänzen macht usw. Im weiteren Teil werden emotionale Faktoren abgefragt, also was die Menschen beim Tanzen empfinden, was sie motiviert, ob die Tänze Einfluss auf ihr Leben haben usw. Speziell an Tanzleiterinnen wurden weitere Fragen zum Lehren und Lernen der Tänze gestellt und inwiefern die Personen Erfahrung haben im Bezug auf den Einsatz der Tänze bei der Arbeit mit traumatisierten Personen.

Die Interviews wurden alle, mit Ausnahme von einem, im persönlichen Gespräch geführt. Dabei hörten die Interviewpartnerinnen die Fragen während des Gesprächs zum ersten Mal, sie konnten ihre Antworten daher nicht in irgendeiner Weise vorbereiten. Bei dem Gespräch wurde darauf geachtet, dass es sich um einen flüssigen Austausch handelte, bei dem von beiden Seiten jeder Zeit Rückfragen möglich waren. Im Anschluss wurden ggf. noch übrige Fragen geklärt.

Die gewonnen Informationen werden vor allem in den Punkten 2., 2.2., 3. und 5.3 Verwendung finden.


2 Wolfgang Bossinger: *1960, u.a. Psychotherapeut, Musiktherapeut, Musiker, Komponist und Gesangforscher, arbeitet u.a. mit den Tänzen des Universellen Friedens.

2 Die Tänze des Universellen Friedens

Abbildung 1:
Geschütztes Logo der Tänze des Universellen Friedens, ein Kreis aus ineinander verschlungenen Herzen.

Die Tänze des Universellen Friedens sind mittlerweile zu einer weltweiten Tanzbewegung geworden, die durch die Inspiration von Samuel L. Lewis (siehe hierzu 2.1) in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in Nordamerika entstanden ist. (Dziubany, 2014, S.1f.)

Die Tänze des Universellen Friedens beinhalten eine Sammlung von Gesängen, Tänzen und Gebeten aus den unterschiedlichsten Religionen und Traditionen der ganzen Welt, sowie Gehübungen mit verschiedenen Schwerpunkten. Es werden gemeinsam einfache Melodien und Mantren gesungen und dazu mit leicht erlernbaren Bewegungen im Kreis getanzt. (NdL e.V.; Müller Schweizer, 2014, S.1; Jablonski, 1995, S.17)

Für Menschen, die nicht vertraut sind mit dieser Art des Tanzens, können die Tänze im ersten Moment befremdlich oder wie „Ringelpietz mit Anfassen“ wirken. (Auf der Maur, 2014, S.1; Onnen, 2014, S.10) Dies liegt unter anderem daran, dass beim Tanzen und Singen zu Mantren eine starke Energie erzeugt wird, die nicht wirklich greifbar scheint und daher zunächst komisch bis überfordernd sein kann. (Auf der Maur, 2014, S.1) Allerdings hat jeder Tanz seine eigene Energie, bzw. sein eigenes Energiespektrum und kann je nach Situation sehr unterschiedlich wirken. (Sieglin, 2014, S.5)

Hier zeigt sich, dass die Tänze des Universellen Friedens selbst erlebt werden müssen, um nachvollzogen werden zu können.

Samuel L. Lewis hat verschiedene Namen verwendet, wenn er über die Tänze gesprochen hat. Er verwendete zu Beginn u.a. Begriffe wie Dervish Tanz, Mantratanz, Engelstanz oder auch Mystischer Tanz. (Douglas-Klotz, 1999, S.60; Douglas-Klotz, 1995, S.9) Da diese Namen nur einen Aspekt der Tänze benennen, hat sich der Name Tänze des Universellen Friedens nach seinem Tod durchgesetzt und wurde bzw. wird heute noch von seinen Schüler_innen als Überbegriff verwendet.

Tänze des Universellen Friedens – eine Erläuterung des Namens:

Die Erläuterung im Duden des Begriffs universell, „alle Bereiche umfassend, allgemein“ (Duden > universell), ist auch in diesem Zusammenhang zu verstehen. Sei es allein in Hinsicht darauf, dass die Tänze unterschiedlichsten Traditionen und Religionen entstammen und hierbei keine ausgeschlossen wird. Man könnte auch von universell im Sinne von interkulturell, also „verschiedene Kulturen umfassend“ (Duden > interkulturell) und interreligiös sprechen. (Dziubany, 2014, S.11) Ebenso ist der Begriff universell hinsichtlich des Friedens zu sehen. Rahmana Dziubany3 , eine Tanzleiterin, sagt diesbezüglich, dass es sich bei den Tänzen um Friedensarbeit handelt „oder [um] eine Arbeit, bei der Frieden durch Kunst auf die Erde gebracht wird“. (Dziubany, 2014, S.1) Die Tänze können sowohl innerlich als auch äußerlich Frieden stiften. Dabei ist für Samuel L. Lewis der innere Frieden der entscheidende:

„Inner: That is the real Peace. Works are not peace. Thoughts are not peace. Plans are not peace. Programs are not peace. Peace is fundamental. It is easy to prove it in the sciences, and the real Masters who are here are teaching it. It is hard to appreciate, hard to experience, hard to realize. (…) The difference between this Logos-Peace and what we generally call „Peace“ is that the latter is a vacuum, a zero, a nothing, a blank, a negative to the extreme. The Logos-Peace is fullness, is all-inclusive, is brotherhood.” [sic.] (Lewis, 2013a, S.319, vom 22. März 1965)

Sowohl Alima4 also auch Gita Sophia Onnen5 , langjährige Tanzleiterinnen, beschreiben sehr gut, dass es möglich ist, durch die Tänze nach innen zu sich selbst zu kommen, wodurch ein Frieden bzw. ein Raum des Friedens entsteht, welchen man dann wiederum nach außen tragen kann. Nur wenn ein Mensch in sich selbst Frieden trägt, kann diese Person ihn auch in die Welt tragen. Gita geht noch einen Schritt weiter und sagt: „Also es ist ja so, ich kann die Welt nicht verändern, aber mich kann ich verändern, das ist die gute Botschaft“.

(Onnen, 2014, S.8) Solange jede_r Einzelne für sich herausfindet, auf welche Art und Weise er oder sie sowohl in sich selbst als auch in den Beziehungen zu anderen Menschen Frieden schaffen kann, ist es möglich, immer mehr Frieden in der Welt zu verbreiten. Es kann ein völlig anderes Miteinander entstehen, wenn man in Kontakt mit sich selbst und der eigenen Seele ist. (Alima, 2014, S.4; Onnen, 2014, S.8)

Maria Müller Schweizer6 erklärt dies sehr anschaulich:

„durch die Ausrichtung auf z.B. Frieden in verschiedenen Sprachen: Friede sei mit Dir, Mir miru Mir, As-saalam Aleikum, Shalom aleichem, Mir bio stobom usw. beruhigt sich unser Nervensystem. Friede kann auf der körperlichen Ebene nach und nach erlebt werden“. (Müller Schweizer, 2014, S.1)

Durch das Singen von Worten aus den unterschiedlichen Religionen und Traditionen, ebenso wie durch das in-Kontakt-gehen mit sehr unterschiedlichen Menschen, lehren die Tänze auch Toleranz und Respekt und schaffen damit eine Verbindung. (Alima, 2014, S.5; Auf der Maur, 2014, S.5) Gleichwohl wird der Mensch eingeladen, seinen Horizont zu erweitern und sich für Neues und Unbekanntes zu öffnen. (Auf der Maur, 2014, S.4)

Mehr Toleranz und das Zulassen von Unterschieden kann ein Weg zu mehr Frieden sein. Allerdings ist es Alima sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Friedensarbeit der Tänze nicht unbedingt eine vermittelnde Rolle zwischen den Religionen einnehmen sollte und dies auch gar nicht kann. (Alima, 2014, S.7) Es geht mehr darum, zwischen einzelnen Menschen Verbindungen zu schaffen, wirkliche Begegnung zu ermöglichen: „von Hand zu Hand, von Herz zu Herz“ (Alima, 2014, S.3) und somit den inneren und äußeren Frieden zu vermehren.

Samuel L. Lewis hat dazu selbst gesagt:

„Meine Arbeit auf den unterschiedlichen Ebenen schließt das Führen mit ein, - und ich meine Führen, - Menschen dazu anleiten, über die Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten hinauszugehen, welche Menschen trennen…“ (NdL-Publications, 1998, S.84, zit. aus Tagebüchern, hier vom 11.02.19707)

Rafia Sieglin8 , eine weitere Tanzleiterin, nennt noch einen anderen Aspekt. Für sie ist der Klang entscheidend:

„Ich habe einfach erfahren, dass durch das gemeinsame Singen heiliger Worte Menschen in einen (…) tieferen Frieden kommen. Und dass die Menschen auch viel achtsamer miteinander umgehen“. (Sieglin, 2014, S.5f.)

Adamek9 bringt es abschließend sehr gut auf den Punkt:

„Singen in Gemeinschaft kann als erfahrbare Einheit im Menschsein jenseits von Glauben, Weltanschauung und kultureller Zugehörigkeit erlebt werden und somit transreligiöse Erfahrungen des spirituellen Seins ermöglichen, die alle Menschen vom Kern her verbindet“. (Adamek, 2008, S.183f.)

Auch Samuel L. Lewis sagt diesbezüglich sehr eindrucksvoll:

„Musik ist die einzige universelle Sprache, sie war es immer und wird es immer sein. Während viele versuchen, andere zu bekehren, während manche Menschen eine künstliche Sprache zu lernen versuchen, während oft die SchülerInnen in unterschiedlichen Sprachen unterwiesen werden, hört heutzutage die ganze Welt in irgendeiner Weise die Musik anderer Rassen, anderer Völker, anderer Zivilisationen und die Menschen hören nicht nur zu, sondern wertschätzen sie oftmals. Musikinstrumente, Radios und Plattenspieler werden mehr dazu beitragen, Völker zu vereinen als eine aufgezwungene Schulung der jeweils anderen Sprache, wo Worte und Gedanken ins Hirn geschüttet werden, jedoch kein Gefühl das Herz erreicht“. [sic.] (Lewis, o.J., S.37)

Gemeinschaft

Da die Lieder aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt stammen, wird auch in unterschiedlichen Sprachen gesungen. Es braucht dennoch keinerlei Vorerfahrung, um teilnehmen zu können, da sowohl die Bewegungen als auch die Lieder vor jedem Tanz gemeinsam gelernt werden. Dabei spielt es keine Rolle , wie erfahren die Tanzenden sind. (Dziubany, 2014, S.1)

Es sind auch keine anderen Voraussetzungen notwendig, um teilnehmen zu können. Es handelt sich also um eine offene Form, bei der jede Person „eingebunden werden kann, egal welcher Nation, egal welchen Alters, egal welche Grundvoraussetzungen“. (Dziubany, 2014, S.2) So finden sich unter den Tanzenden, Menschen, die den unterschiedlichsten Religionen (Christentum, Islam, Naturtraditionen, Buddhismus etc.) zugehörig oder auch konfessionslos sind. Dies wird besonders deutlich in der Aussage von Samuel L. Lewis:

„Es gibt nichts, was wir aufgeben müssen. Wir protestieren nicht gegen akzeptierte, allgemein übliche Formen. Wir wollen alles einsetzen, was wir können, auf den Pfaden, die zur Gottverwirklichung führen“. (Lewis, 1995, S.23)

Diese Aussage macht deutlich, dass es vollkommen unwichtig ist, woher die Tanzenden kommen oder was sie mitbringen. Jeder ist willkommen und alle Traditionen und Religionen sollen integriert werden.

Unterhaltung versus Heiligtum

Saadi Neil Douglas-Klotz10 sagt über die Tänze, dass sie sowohl Volkskunst als auch spirituelle Praxis sind. Somit verkörpern sie Unterhaltung und Freude genauso wie ein heiliges Erbe. (Douglas-Klotz, 1999, S.59)

Er sieht die Tänze des Universellen Friedens, ebenso wie Rahmana Dziubany, im Unterschied zu anderen Tanzformen nicht als eine körperliche Ertüchtigung oder eine Darstellung im Sinne von Unterhaltung. Stattdessen geht es ihrer Meinung nach um Tanz als Medizin, sowohl innerlich, als auch äußerlich. (Dziubany, 2014, S.1; NdL e.V. > Flyer Tänze des Universellen Friedens) Dass es bei den Tänzen nicht vorrangig um eine Darstellung geht, wird durch das Fehlen der Zuschauer deutlich. Wer dabei ist, macht mit, egal in welcher Form – sei es nun tanzend, musizierend oder leitend. Es kann schon einmal vorkommen, dass sich jemand an den Rand oder die Mitte setzt, aber in der Regel ist der- oder diejenige dann zumindest emotional beteiligt und erlebt mit.

Samuel L. Lewis schreibt hierzu in seinen Tagebüchern:

„Einer der Gründe, warum ich diese Musik und diese Tänze lehre, ist der, mehr Freude zu erzeugen, - nicht Ehrfurcht einer anderen Person gegenüber, sondern Seligkeit im eigenen Selbst. Dies heißt, Gott in sich selbst finden – durch Erfahrung…“ (Lewis, 1998, S.57, vom 14.12.1969)

Aida Gurdić, eine Teilnehmerin eines Tanzseminars in Bosnien-Herzegowina, bringt genau dies zum Ausdruck indem sie sagt, sie habe beim Tanzen „ein starke Sehnsucht nach Gott gespürt“. (Gurdić, 2014, S.2) Allerdings gilt es, um diese Erfahrung zu ermöglichen, den kritischen Verstand zu überwinden. Wie beschrieben (s. Kapitel 2) können die Tänze für Außenstehende seltsam anmuten. Auch Gita war zu Beginn eher skeptisch, wie sie selbst sagt:

„Meine Güte, ich war die größte Skeptikerin unter Gottes Sonne, ich hab alles angezweifelt und fand das komisch und blöd“. (Onnen, 2014, S.12)

Doch sie sagt auch, die Tänze sind ein Weg der Hingabe, es geht dabei um ein Ringen. Die Erfahrung fällt einem nicht einfach so zu, man muss sein Herz öffnen, sich einlassen und immer wieder neu bemühen. Dies ist mit ein Grund dafür, warum die Tänze – selbst wenn man ein- und denselben Tanz schon viele Male getanzt hat – nicht langweilig werden. Es geht um den Moment. Die Tänze können hierbei immer wieder neu und anders erlebt werden. (Onnen, 2014, S.3 und S.12)

Allgemein kann gesagt werden, dass es immer auf die Zielgruppe und den Kontext ankommt, in welchem die Tänze des Universellen Friedens praktiziert werden. Außerdem ist es wichtig, ob mehr der unterhaltende oder der spirituelle Aspekt im Vordergrund steht. Dabei ist die Tanzauswahl von entscheidender Bedeutung (s. Kapitel 5.3).

Als Samuel L. Lewis starb, hinterließ er seinen Schüler_innen etwa 30 Tänze und die Gehmeditationen. Heute gibt es über 400 Tänze. Diese wurden durch direkte und indirekte (Schüler_innen von Schüler_innen) Schüler_innen, die sich über viele Jahre mit den Tänzen des Universellen Friedens beschäftigt haben, in die Welt gebracht. Es werden auch in Zukunft immer neue Tänze entstehen, die das Erbe von Samuel L. Lewis bereichern und wachsen lassen. (Douglas-Klotz, 1999, S.59; Douglas-Klotz, 1995, S.10)

Es gibt Tänze, die eher meditativ sind, mit sehr einfachen Bewegungen, bei denen die Bewegungen als eine Art Körpergebet oder Körpermeditation gesehen werden können. (Alima, 2014, S.1; Gurdić, 2014, S.2) Dann wiederum gibt es Tänze, bei denen es Tanzpartner gibt, die häufig im Laufe des Tanzes auch wechseln. Bei diesen Tänzen spielt der Aspekt von zwischenmenschlicher Begegnung mit hinein. Außerdem gibt es inzwischen Tänze, die sich speziell für Kinder eignen, aber ebenso gerne von Erwachsenen getanzt werden, und bei denen mehr der Spaß-Faktor im Vordergrund steht.

Tanzanleitung

Neben der Tanzauswahl ist die Anleitung sehr entscheidend. Der oder die Tanzleiter_in führt den Tanz ein, erklärt und lehrt sowohl das Lied als auch die Bewegungen. Dabei wird vor allem über das Prinzip der Nachahmung vermittelt. Dies sorgt dafür, dass über den Körper und nicht über den Verstand gelernt wird. (Sieglin, 2014, S.6; Mayer, 2004, S.216) Es hilft von Anfang an, den Kopf auszuschalten und sich ganz auf den Moment zu konzentrieren.

Je nachdem, wie die Worte gewählt werden und wie die leitende Person eingestimmt ist, wird eine Stimmung, ein Energiefeld, geschaffen. Auch während des Tanzes können weitere Anweisungen gegeben werden. So ist es möglich, dass unterschiedliche Gruppen in einer Art Wechselgesang singen, z.B. Männer – Frauen. So ist jeder Tanz wieder von neuem individuell erlebbar und kann jedes Mal sehr unterschiedlich sein.

Gänge

Ein weiterer Teil der Tänze des Universellen Friedens sind Gehübungen bzw. Gehkonzentrationen. Neben den Tänzen„Sie sind Übungen der Konzentration, Selbstmeisterschaft und Verwirklichung“