Leo Tolstoi's ausdrucksstarkes Gesicht
und
seine machtvolle Ausstrahlung im Laufe des Lebens
Graf Lew Nikolajewitsch Tolstoi
1828–1919
im Spiegel des
Kiefernbaumes
Graf Lew Nikolajewitsch Tolstoi
am 09. September 1828 in Jasnaja Poljana (Tula) geboren,
gestorben auf der Reise in Astapowo (Tambow) am 20. November 1910
Leo Tolstoi war ein Hauptvertreter des psychologischen Realismus. Er schrieb nuancenreich und farbig; die seelischen Zustände wurden brillant beschrieben und nahmen einen großen Raum ein.
Seine Bücher sind weltberühmt.
Leo Tolstoi war Pazifist und entwickelte - kriegserfahren - eine Lehre der Gewaltlosigkeit.
„In jedem Raum leuchtet ein anderes Licht. Jedes ist auf seine Art dem Ganzen dienlich. Wenn wir nur eines kennen, heisst das nicht, dass es das andere nicht gibt. Genauso wie die Räume in sich begrenzt sind, so ist auch der menschliche Geist begrenzt, denn er beurteilt aufgrund seiner Erfahrung, und wenn er sie einmal loslassen kann, ohne sie im Innern wirklich zu verlieren, dann wird die Grenze in seinem Herzen geöffnet sein.“
Ausschnitt: Das grosse Buch der Baumheilkunde Kap. 1
Was ist die Trauer?
Der Mensch, der sich diese Frage einmal ganz bewusst zu stellen vermag, wird gleich nach dem er sich gefragt hat, erkennen wie schwierig es ist, sie einfach und kurz, aber auch treffend zu beantworten.
Der Nachsinnende wird ebenfalls bemerken, dass es Zeit benötigt, um sich über die Tiefe dieser Frage bewusst zu werden. Nimmt er sich den Moment, wird er zunächst einmal in Erfahrung bringen, dass die Trauer schon nur durch das Wort Erinnerungen in ihm wachrufen kann. Wir können uns durch unser Leben und die Zeit unserer Vergangenheit erinnern, wann wir selbst oder auch ein anderer aus unserem engeren Kreis einmal in Trauer war.
Trauer hat viele, so unendlich viele Gesichter. Wir Menschen jedoch haben von Anfang an immer nur ein Gesicht gehabt. Zu-gegeben, unser Antlitz ist am Anfang ein ganz anderes, als am Ende unseres Lebens. Aber es ist nur dieses eine, nämlich unser ureigenes Gesicht, welches sich wandelt im Laufe der uns geschenkten Lebenszeit.
Das menschliche Gesicht und seine innere Welt
Ein Mensch, welcher trauert, kann diese besondere Empfindung der Trauer in seinem Gesicht ausdrücken. Er muss es jedoch nicht zwangsläufig, denn er kann die Trauer auch in seinem Inneren verbergen, so dass der Ausdruck der Seelennot nicht offensichtlich wird. Trauer, das wissen wir, ist ein Ausdruck unseres menschlichen Lebens. Er ist immer dann in uns, in unserem Gesicht oder sonst wo unter uns menschlichen Wesen vertreten, wenn das Leid über die verschiedenen unguten Umstände unsere Lebensfreude ersticken kann.
Wir alle, die auf der Erde leben, sind in einer Welt der Dualität gefangen. Wir sind Träger des Lichts und wir sind auch gleichzeitig Träger einer dunklen Kraft. Wir kämpfen für das Eine und wirken, oft im Verborgenen, oftmals ganz unbewusst, für das Andere, für das Dunkle im Leben.
Doch je mehr wir durch das Teilnehmen an den Gesetzen des Daseins erwachsen werden, desto mehr wird uns unser Kampf, den wir führen, bewusst. Wir wünschen Frieden, Eintracht, geduldiges Wachsen und Mehren und haben dennoch immer die Auseinandersetzung mit den im Gegensatz wirkenden Kräften zu spüren. Je mehr wir als Sucher nach dem Glück das Ziel haben zur Wahrheit vorzudringen, desto mehr stellt sich unserem Drang zum Kern der Dinge zu gelangen, etwas sehr Hartes, scheinbar ganz Undurchdringliches, ja sogar äusserst Mächtiges entgegen. Es kommt uns dann so vor als wäre das Leben eine einzige Prüfung.
Suchen nach der Wahrheit
Der Wahrheit auf die Spur zu kommen ist etwa so, als würde die Wurzel eines Baumes den Weg durch die Felsen finden. Immer wieder und wieder ist da nichts anderes zu entdecken, als harter, kalter Stein, der sich dem Wachstum und der Grünkraft des Lebens nicht einfach so hingeben kann. Dennoch gibt es Bäume in der Welt, im Schosse von Mutter Natur, welche die Fähigkeit haben, sich durch harten Fels und undurchdringlichen Stein hindurch zu quälen, damit sie sich eine eigene, ganz individuelle Standfestigkeit erringen. Auf diese Weise, so erscheint es uns, bezwingen jene grossartigen Bäume seit undenklichen Zeiten auf Erden den Stein.
Aber in Wahrheit kämpfen die Wurzeln einer Kiefer nicht. Auch die Qual, um zu wachsen auf steinigem Grund, kennen sie nicht. Sie haben wahrscheinlich nur Eines in sich. Es ist die Geduld, um im Wechsel der Jahreszeiten auf die Gelegenheit zu warten.
„Alles nimmt ein gutes Ende für den, der warten kann.“
Lew Nikolajewitsch Tolstoi, der grosse russische Dichter und Religionsphilosoph, sprach diesen wahrheitsträchtigen Satz einmal gelassen aus.
Das geflügelte Wort enthüllte sich, durch seine Erfahrung geboren, in unserer Welt der Sprache und weil es wahr ist, trifft es uns nicht wirklich hart und ist auch nicht mahnend. Stattdessen wirkt es sanft auf uns und könnte für uns sogar zu einer Medizin werden.
Es wird zu einem wirksamen Mittel besonders dann, wenn wir in Trauer gezwungen sind.
„Kein anderes Geschöpf ist mit dem Geschick der Menschheit so vielfältig, so eng verknüpft wie der Baum“
Alexander Demandt