Die Änderungen der LBO-Novellen 2017 (Bauproduktenrecht, Seveso III)

Änderungen

Maßnahme

Thema

§ 2

Abs. 10

geändert

Begriffsbestimmung Bauprodukte

§ 3

Abs. 1 Satz 1

ergänzt

Bauordnungsrechtliche Schutzgüter

Abs. 2

bisher Abs. 4

verschoben, da Abs. 2, 3, 5 aufgehoben

Mobilitätsprogrammsatz

§ 16 a

Abs. 1

neu eingefügt

Anforderungen für die Verwendung von Bauarten

Abs. 2

bisher § 21 Abs. 1 Satz 1, 4 verschoben und neu gefasst

Erfordernis einer Bauartgenehmigung, Verfahren

Abs. 3

bisher § 21 Abs. 1 Satz 2–4

verschoben und neu gefasst

Allg. bauaufsichtliches Prüfzeugnis für bestimmte Bauarten, Verfahren

Abs. 4

bisher § 21 Abs. 1 Satz 5 verschoben und neu gefasst

Verzicht auf Bauartgenehmigung

Abs. 5

neu eingefügt

Übereinstimmungsbestätigung

Abs. 6

bisher §§ 17 Abs. 5, 21 Abs. 1 Satz 4 verschoben und neu gefasst

Anwendung besonderer Bauarten

Abs. 7

bisher §§ 17 Abs. 6, 21 Abs. 1 Satz 4 verschoben und neu gefasst

Überwachung bestimmter Tätigkeiten

Überschrift

4. Abschnitt

geändert

Worte „und Bauarten“ gestrichen

§ 16 b

Abs. 1

bisher § 3 Abs. 2 verschoben und geringfügig geändert

Anforderungen für die Verwendung von Bauprodukten

Abs. 2

bisher § 3 Abs. 5 verschoben und geändert

Gleichwertigkeit von Bauprodukten

§ 16 c

bisher § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 verschoben und geändert

Verwendung von CE-gekennzeichneten Bauprodukten

§ 17

neu gefasst

Verwendbarkeitsnachweise

§ 18

Abs. 1

geändert

Voraussetzungen für die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung

§ 19

Abs. 1

geändert

Voraussetzungen für das allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnis

Abs. 2

geändert

Materielle Voraussetzungen, Verfahren

§ 20

geändert

Verwendbarkeitsnachweis im Einzelfall

§ 21

Abs. 1

bisher § 22 Abs. 1 verschoben und geändert

Übereinstimmungsbestätigung

Abs. 2

bisher § 22 Abs. 2 verschoben und geändert

Übereinstimmungserklärung

Abs. 3

bisher § 22 Abs. 4 verschoben und geändert

Ü-Zeichen

Abs. 4

bisher § 22 Abs. 5 verschoben

Anbringung des Ü-Zeichens

§ 21

(Forts.)

Abs. 5

bisher § 22 Abs. 6 verschoben

Gleichstellungsklausel

§ 22

Abs. 1

bisher § 23 Abs. 1 verschoben

Werkseigene Produktionskontrolle

Abs. 2

bisher § 23 Abs. 2 verschoben und geändert

Werksfremde Produktionskontrolle

Abs. 3

bisher § 22 Abs. 2 Satz 1,4 verschoben und geändert

Zertifizierung

Abs. 4

bisher § 22 Abs. 2 Satz 3 verschoben und Folgeänderung

Nichtserienprodukte

§ 23

Abs. 1

bisher § 24 Abs. 1 verschoben und geändert

Zertifizierung

Abs. 2

bisher § 24 Abs. 2 verschoben und Folgeänderung

Fremdüberwachung

§ 24

bisher § 25 verschoben und Folgeänderung

Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen

§ 25

Abs. 1

bisher § 17 Abs. 5 verschoben und Folgeänderung

Herstellung besonderer Bauprodukte

Abs. 2

bisher § 17 Abs. 6 verschoben, Folgeänderung und Klarstellungsklausel

Besondere Überwachung

§ 42

Abs. 1 Satz 3, 4

neu eingefügt

Bereithaltung von Dokumenten durch den Bauherrn

§ 44

Abs. 1 Satz 3

neu gefasst

Verantwortlichkeit des Unternehmers

Abs. 1 Satz 4

neu eingefügt

Bereithaltung der Leistungserklärung

§ 46

Abs. 1 Nr. 1

Folgeänderung

Oberste Baurechtsbehörden

§ 51

Abs. 1 Satz 2

neu eingefügt

Durchführung des Kenntnisgabeverfahrens

§ 52

Abs. 1

Folgeänderung

Durchführung des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens

§ 55

Überschrift

ergänzt

Nachbar- und Öffentlichkeitsbeteiligung

Abs. 4

neu eingefügt

Öffentlichkeitsbeteiligung

§ 63

Folgeänderung

Unrechtmäßig gekennzeichnete Bauprodukte

§ 64

Abs. 1 Satz 2 Nr. 4

Folgeänderung

Einstellung von Arbeiten

§ 66

Abs. 2 Satz 2 (alt)

aufgehoben

Verwendbarkeitsnachweis

Abs. 3 Satz 1

ergänzt

Einblicksrechte bei der Bauüberwachung

Abs. 5

neu eingefügt

Mitteilungspflicht

§ 70

Abs. 2 Satz 3

Folgeänderung

Zustimmungsverfahren

§ 73

Abs. 1 Satz 1

Folgeänderung

Verordnungsermächtigung

Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, 2

neu gefasst

Zuständigkeitsübertragung

Abs. 7 Nr. 2

Folgeänderung

Verordnungsermächtigung

Abs. 7a

bisher § 17 Abs. 4 verschoben und geändert

Verordnungsermächtigung

§ 73 a

Abs. 1

bisher § 3 Abs. 3 Satz 3, 4 verschoben und geändert

Technische Baubestimmungen (TB)

Abs. 2

neu eingefügt

Regelungen in den TB

Abs. 3

neu eingefügt

Gliederung der TB

Abs. 4

neu eingefügt

TB Liste nach § 17 Abs. 3

Abs. 5 Satz 1

bisher § 3 Abs. 3 Satz 1

verschoben und geändert

TB als VwV

Satz 2

neu eingefügt

§ 75

Abs. 1

Nr. 2

Nr. 3

Nr. 4

Nr. 5

Nr. 7

Folgeänderung

geändert

Folgeänderung

ergänzt

geändert

Ordnungswidrigkeiten, Einzeltatbestände

§ 77

Abs. 3, 4

neu eingefügt

Übergangsvorschriften

Inhaltsverzeichnis

durchgehend geändert

Folgeänderungen

Anpassung an die LBO-Änderungen 2017

Einführung

S I. Öffentliches Baurecht

1. Teil-Rechtsgebiete

Das öffentliche Baurecht ist Fachrecht. Es zerfällt nach traditionellem Verständnis in zwei Teil-Rechtsgebiete, nämlich in das Städtebaurecht einerseits und in das Bauordnungsrecht andererseits. Das Bauordnungsrecht wird ergänzt durch das europarechtlich beeinflusste Bauproduktenrecht .1

Im Übrigen wird das öffentliche Baurecht flankiert durch das sog. Baunebenrecht (Naturschutz-, Denkmal-, Gaststätten-, Glückspiel-, Straßen-, Wohnwirtschafts-, Prostitutionsschutz-, Heimrecht; Wasser-, Immissionsschutz-, Raumordnungs-, Energieeinsparungs-, Erneuerbare-Energien-Wärmerecht, Produktsicherheits-, Kommunalverfassungsrecht u. Ä. m.). Das Baunebenrecht kann auf unterschiedliche Weise auf das öffentliche Baurecht einwirken.

Beispiele

(1) Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (§ 6 BImSchG) schließt die Baugenehmigung als andere anlagenbezogene Genehmigung ein (formelle und materielle Entscheidungskonzentration; § 13 BImSchG). Die produktsicherheitsrechtliche Erlaubnis schließt die Baugenehmigung bzw. baurechtliche Zustimmung ein (§ 48 III LBO). Die wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung schließt die für das Vorhaben erforderliche Baugenehmigung ein (§ 84 III WG).

(2) Der Bau und Betrieb einer Spielhalle (§ 40 LGlüG) bedarf nicht nur einer Baugenehmigung, sondern auch einer (anlagenbezogenen) glückspielrechtlichen Erlaubnis (parallele Anlagengestattungen; § 41 I, I 2 LGlüG).

Wer eine Prostitutionsstätte (§ 2 IV ProstSchG, gültig ab 1.7.2017) als Prostitutionsgewerbe (§ 2 III Nr. 1 ProstSchG) betreiben will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde (§12 I 1 ProstSchG; § 1 AGProstSchG, gültig ab 1.11.2017); Erlaubnis- oder Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften, insbesondere nach den Vorschriften des Gaststätten-, Gewerbe-, Bau-, Wasser- oder Immisionsschutzrechtes, bleiben unberührt (§ 12 VII ProstSchG).2

(2) Sind für ein Vorhaben, das einer wasserrechtlichen Genehmigung bedarf, auch baurechtliche Entscheidungen der Baurechtsbehörde notwendig, so entscheidet die zuständige Baurechtsbehörde im Einvernehmen mit der zuständigen Wasserbehörde auch über die wasserrechtliche Genehmigung (Zuständigkeitskonzentration; § 84 II 1 WG), wobei im Falle einer wasserrechtlichen Genehmigung nunmehr nach § 78 V WHG 2017 für (Errichtungs-, Erweiterungs-) Vorhaben in festgesetzten Überschwemmungsgebieten (§ 65 WG) anstelle des Einvernehmens der zuständigen Wasserbehörde das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich ist (§ 84 II 3 WG).

2. Städtebaurecht, Bauordnungsrecht

Städtebaurecht3 ist Bundesrecht, Bauordnungsrecht ist Landesrecht (LBO). Dieses Nebeneinander von Bundes- und Landesbaurecht ist die Folge der unterschiedlichen Zuständigkeiten für die Gesetzgebung auf dem Gebiet des öffentlichen Baurechtes. Das BVerfG hat im sog. Karlsruher Baurechtsgutachten vom 16.06.19544 erkannt, dass der Bund unter den Voraussetzungen des Art. 72 II GG die Zuständigkeit hat zur Regelung des Rechtes der städtebaulichen Planung, der Baulandumlegung, der Zusammenlegung von Grundstücken, des Bodenverkehrs, der Erschließung sowie der Bodenbewertung, soweit sie auf diese Gebiete sich bezieht (Art. 74 Nr. 18 GG a. F.; „Bodenrecht“), und dass eine Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des Baupolizeirechtes im bisher gebräuchlichen Sinne nicht besteht (Art. 70 I GG).

3. Privates Baurecht

Dasöffentliche Baurecht ist vomprivaten Baurecht zu unterscheiden, das die gegenseitigen rechtlichen Beziehungen zwischen den am Bau beteiligten Bauherren, Entwurfsverfasser, Unternehmer und Bauleiter regelt.5 Auch die unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem (wegen eines Bauvorhabens störenden) Eigentümer eines Baugrundstückes und den (durch das Bauvorhaben gestörten) Eigentümern von Nachbargrundstücken (Baunachbarn) sind privatrechtlicher Natur (vgl. die §§ 1004 und 906 BGB).

Dem privaten Baurecht gehört insbesondere das (Landes-) Nachbarrechtsgesetz (NRG;6 Art. 124 EGBGB) an. Dieses Gesetz ergänzt die Regelungen in den §§ 903 ff. BGB. Es ist nicht nur für (Bau-) Nachbarn, sondern gleichermaßen auch für die Eigentümer von Baugrundstücken und für die Bauherren von nicht zu vernachlässigender Bedeutung. Denn es enthält Vorschriften, welche die Bau- und Handlungsfreiheit einschränken, was Gebäude, Aufschüttungen (Lagerplätze) und (Gelände-) Erhöhungen sowie tote (Grundstücks-) Einfriedungen und (Grenz-) Hecken anbelangt. Ähnliches gilt für die privatrechtliche Zulässigkeit von Eigengrenzüberbauten, vor allem für Überbauten durch Wärmedämmung (§ 7 c NRG).

II. Bauordnungsrecht; Gegenstand und Inhalt

1. Gegenstand, Inhalt

Das Bauordnungsrecht ist in Baden-Württemberg in der Landesbauordnung (LBO) sowie in Rechtsvorschriften aufgrund der LBO (Rechtsverordnungen, Örtliche Bauvorschriften) geregelt. Es umfasst auch Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und innerdienstliche Anordnungen, die im Hinblick auf einzelne bauordnungsrechtliche Rechtsvorschriften erlassen worden sind.

Der sachliche Anwendungsbereich des Bauordnungsrechtes erschließt sich aus § 1 LBO. Die Vorschrift ist nach dem Regel-Ausnahme-Rückausnahmeprinzip aufgebaut. § 1 I LBO enthält die Regel, § 1 II LBO die Ausnahmen mit den Rückausnahmen. Sodann definiert § 2 LBO – gleichsam vor die Klammer gezogen – nicht abschließend einzelne LBO-Kernbegriffe.

Die LBO enthält zunächst materielles Bauordnungsrecht (§§ 3 ff. LBO), das thematisch in vier Teil-Rechtsgebiete zerfällt, nämlich in

— das Bausicherheitsrecht (§ 3 I 1 LBO) einschließlich Bauproduktenrecht,

— das Baugestaltungsrecht (§§ 11 und 74 I, VI, VII LBO),

— das Bausozialrecht (§§ 9 II und 39 LBO),

— das Bauökologierecht (§ 3 I 1 LBO „Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“), das die eigentlichen, die Luft, das Wasser, den Boden schützenden Umweltgesetze (BImSchG, WHG, BBodSchG, BNatSchG) begleitet; das Bauordnungsrecht ist zwar kein Umweltrecht im eigentlichen Sinne, seine Umweltrelevanz ist indessen unverkennbar.

Die LBO enthält überdies (besonderes) Bauverwaltungsverfahrensrecht, vor allem Vorschriften über sachliche Zuständigkeiten (§ 48 LBO) und über spezielle baurechtliche Verfahren (Baugenehmigungs-, Bauvorbescheids-, baurechtliches Zustimmungs-, Kenntnisgabe-, Typenprüf-, Ausführungsgenehmigungsverfahren; §§ 49 ff. LBO) sowie über Baulasten (§§ 71 und 72 LBO). Sie erfasst auch die Zulassungsverfahren im Falle von zulassungspflichtigen Bauprodukten (§§ 16 b, 16c, 17 bis 25 LBO) und von zulassungspflichtigen Bauarten (§ 16 a LBO).

Die LBO enthält außerdem die rechtsstaatlich erforderlichen formalen (Ermessens-) Ermächtigungsgrundlagen für das im konkreten Einzelfall gebotene baurechtliche Einschreiten der zuständigen Baurechtsbehörden entsprechend der allgemeinen Aufgabezuweisungsnorm (§ 47 I 1 LBO) im Falle einer bereits eingetretenen oder erst noch bevorstehenden Störung der baurechtlichen Ordnung. Dabei ist § 47 I 2 LBO die allgemeine Befugnisnorm, die durch spezielle Befugnisnormen ergänzt wird (vgl. die §§ 63 bis 66 LBO).

Hinzu treten die formalen (Ermessens-) Ermächtigungsgrundlagen im LVwVfG für die Rücknahme und den Widerruf von (baurechtlichen) Verwaltungsakten, etwa von Baugenehmigungen, von Bauvorbescheiden, von Abbruchsanordnungen oder Nutzungsuntersagungen, sowie die vollstreckungsrechtlichen (Ermessens-) Ermächtigungsgrundlagen für die im konkreten Einzelfall gebotene Anwendung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung vollziehbarer (baurechtlicher) Verwaltungsakte (LVwVG) vor allem mittels Zwangsgeld und Ersatzvornahme, außerdem die städtebaurechtlichen Ermächtigungsgrundlagen für die antragsgebundene verfahrensintegrierte formale Zurückstellung von Baugesuchen (§ 15 I 1, III BauGB) und für die vorläufige Untersagung von Vorhaben (§ 15 I 2 BauGB) zur Sicherung einer bereits eingeleiteten konkreten Bauleitplanung, die beide in der verwaltungsrechtlichen Handlungsform des Verwaltungsaktes (§ 35 LVwVfG) ergehen.7 Und hinzu treten auch die Ermächtigungsgrundlagen für die Gemeinden in ihrer Eigenschaft als Trägerinnen der Planungshoheit (Art. 28 II GG) zum Erlass von städtebaurechtlichen Geboten (§§ 175 bis 179 BauGB), namentlich zum Erlass von Bau- und Bauantragsgeboten (§ 176 BauGB), von Modernisierungs- und Instandsetzungsgeboten (§ 177 BauGB), von Pflanzgeboten (§ 178 BauGB) und von Rückbau- und Entsiegelungsgeboten (§ 179 BauGB).

2. Ergänzendes notwendiges Recht

Die LBO und die auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsvorschriften beinhalten kein abschließendes Regelwerk. Sie werden notwendigerweise ergänzt namentlich durch

— die Verfassung des Landes Baden-Württemberg (LV 1953/2015; vgl. § 73 IV LBO und Art. 45 II LV „Landesregierung“),

— das Landesverwaltungsgesetz (LVerwG 2008/2017 „untere Verwaltungsbehörden“),

— das Landes-Verwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG 2005/2015),

— das Landes-Verwaltungszustellungsgesetz (LVwZG 2007/2015),

— das Landes-Verwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVG 1974/2015),

— das Gesetz über einheitliche Ansprechpartner für das Land Baden-Württemberg (EAG BW 2009/2015; vgl. § 43 IX 2 LBO),

— das E-Government-Gesetz (EGovG BW 2015),

— das Landes-Informationsfreiheitsgesetz (LIFG 2015),

— das Landes-Datenschutzgesetz (LDSG 2000/2015),8

— das Landes-Umweltverwaltungsgesetz (UVwG 2014/2017),9

— das Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG 2017),

— das Landesgebührengesetz (LGebG 2004/2015),

— das Kommunalabgabengesetz (KAG 2005/2017), die kommunalen Baugebühren betreffend, aufgrund von § 4 III LGebG.

Alle diese Gesetze können im Einzelfall Bedeutung erlangen bei der umfassenden Wahrnehmung der baurechtlichen Aufgaben der Baurechtsbehörden (§ 47 I 1 LBO).

III. Normenhierarchie im Bauordnungsrecht

1. Landesbauordnung für Baden-Württemberg (LBO)

An der Spitze der Normenhierarchie steht die LBO als formelles Gesetz. Der Landesgesetzgeber hatte die LBO erstmals mit Gesetz vom 06.04.1964 (GBl. S. 151) mit Wirkung zum 01.01.1965 erlassen (LBO 1964). Die LBO 1964 hatte das bis dahin in den Landesteilen „Württemberg“ und „Baden“ unterschiedlich geltende Bauordnungsrecht abgelöst. Betroffen hiervon waren die „Württembergische Bauordnung“ (WürttBauO) vom 28.07.1910 (RegBl. S. 333) mit ihren Änderungen vom 16.08.1911 (RegBl. S. 331), vom 06.02.1923 (RegBl. S. 79), vom 10.03.1924 (RegBl. S. 124), vom 15.12.1933 (RegBl. S. 443), vom 27.07.1935 (RegBl. S. 181) und vom 13.03.1937 (RegBl. S. 33) sowie die „Badische Landesbauordnung“ (BadLBO) vom 26.07.1935 (GVBl. S. 187). Vom Inkrafttreten der LBO 1964 betroffen war auch die Reichsgaragenordnung (RGaO) vom 17.02.1939 (RGBl. I S. 219), welche namentlich die – durch die LBO 1964 fortgeführte – „Pflicht zur Schaffung von Einstellplätzen oder Garagen“ (§§ 2 ff. RGaO) eingeführt hatte; die RGaO wurde übrigens bundesweit durch Art. 2 Nr. 27 des Gesetzes vom 08.12.1986 (BGBl. I S. 2191, 2236) aufgehoben.

Die LBO wurde wiederholt geändert und zeitabschnittsweise auch neu bekannt gemacht (LBO vom 20.06.1972, GBl. S. 351; LBO vom 28.11.1983, GBl. S. 770; LBO vom 08.08.1995, GBl. S. 671). Sie gilt seit dem 01.03.2010 in der Bekanntmachung der Neufassung vom 05.03.2010 (GBl. S. 357, ber. S. 416) mit folgenden nachträglichen Gesetzesänderungen:

— §§ 3, 46 und 73 LBO, geändert durch Art. 70 VO 25.01.2012 (GBl. S. 65, 73);

§ 15 LBO, geändert durch Gesetz 16.07.2013 (GBl. S. 209);

§§ 1 und 33 sowie Anhang, geändert durch Art. 2 G 03.12.2013 (GBl. S. 389/440);

LBO, mehrfach geändert durch Art. 1 G 11.11.2014 (GBl. S. 501);

§ 46 LBO, geändert durch Art. 30 AnpVO 23.02.2017 (GBl. S. 99, 103);

LBO, mehrfach geändert durch Gesetz vom 21.11.2017 (GBl. S. 606);

§§ 51, 52, 55 und 70 LBO sowie die Inhaltsübersicht geändert durch Art. 3 G 21.11.2017 (GBl. S. 612/613).

LBO-Stammgesetz ist indessen nach wie vor die LBO vom 08.08.1995 (GBl. S. 671), auf das alle danach erfolgten Gesetzesänderungen zurückzuführen sind.

2. Rechtsverordnungen aufgrund der LBO

a) Ermächtigungsgrundlagen

Die Ebene unterhalb des Gesetzes bilden die (Ausführungs-, Durchführungs-) Rechtsverordnungen. Der Landesgesetzgeber ermächtigt die oberste(n) Baurechtsbehörde(n) (§ 46 I Nr. 1 LBO) bzw. die Landesregierung (Art. 45 II LV), zur Verwirklichung der Anforderungen an die öffentliche Sicherheit und Ordnung (§ 3 I 1 LBO) sowie zu Einzelheiten des Bauverwaltungsverfahrens durch Rechtsverordnungen unter Beachtung des Art. 80 I GG bzw. des Art. 61 LV weitere Rechtsvorschriften zu erlassen, die der Aus- bzw. Durchführung einzelner LBO-Bestimmungen dienen (§§ 73, 16a VI, VII und 25 I, II LBO). Entsprechende Rechtsverordnungen sind dann auch erlassen worden. Sie konkretisieren notwendigerweise die zum Teil nur pauschalen gesetzlichen Ge- und Verbotsvorschriften der deshalb gleichsam vollzugslastigen LBO.

b) Allgemeine Rechtsverordnungen

— Allgemeine Ausführungsverordnung zur LBO (LBOAVO 2010/2017).

— Verfahrensverordnung zur LBO (LBOVVO 1995/2017).

— Bauprüfverordnung (BauPrüfVO 2010/2012).

— Bausachverständigenverordnung (BauSVO 1986/2017) – zu § 73 I Nr. 2 LBO).

— Verordnung über die Zuständigkeiten zur Erteilung der Ausführungsgenehmigung für Fliegende Bauten (FliegBautenZuVO 1996/2017).

— Garagenverordnung (GaVO 1997/2017).

— Verordnung über die dezentrale Beseitigung von Niederschlagswasser (NiedWasBesVO 1999/2013) – zu § 33 I LBO und § 46 II 1 Nr. 2 WG.

c) Sonderbau-Rechtsverordnungen (zu § 38 LBO)

— Feuerungsverordnung (FeuVO 1995/2017).

— Versammlungsstättenverordnung (VStättVO 2004/2017).10

— Verkaufsstättenverordnung (VkVO 1997/2017).

— Camping- und Zeltplatzverordnung (CplVO 1984/2017).

— Verordnung über elektrische Betriebsräume (EltVO 1975/2017).

d) Bauproduktenrechtliche Rechtsverordnungen

— Übereinstimmungszeichenverordnung (ÜZVO 1998) – zu § 21 LBO.

— Hersteller- und Anwenderverordnung (LBO-HAVO 2001/2012) – zu § 25 I LBO.

— Verordnung über die Überwachung von Tätigkeiten mit Bauprodukten und bei Bauarten (LBO-ÜTVO 2005) – zu § 25 II LBO.

— Verordnung über die Übertragung von Befugnissen für die Entscheidung über vorhabenbezogene Bauartgenehmigungen und für Zustimmungen im Einzelfall (ZiE) nach der LBO – zu §§ 16 a und 20 LBO.
Übertragung der Zuständigkeit auf das Regierungspräsidium Tübingen (Referat 27) – Landesstelle für Bautechnik (LfB) – zu §§ 73 VI 1 Nr. 1 und 16a II 1 Nr. 2 LBO.

— DIBt-Übertragungsverordnung (DIBt-ZustÜVO 1999/2016) – zu § 24 LBO.

— PÜZ-Anerkennungsverordnung (PÜZAVO 2010/2012) – zu § 24 LBO.

— Wasserbau-Prüfverordnung (WasBauPVO 1998) – zu § 73 VIIa LBO.

— Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Bauproduktenrechtes in der Fassung der Art. 9 VO 17.12.2013 (GBl. S. 498/506).

— BauPG-PÜZ-Anerkennungsverordnung (BauPG-PÜZ-AnerkV 1996/2012).

— Delegierte Verordnung (EU) Nr. 157/2014 der Kommission über die Bedingungen für die Zurverfügungstellung einer Leistungserklärung von Bauprodukten auf einer Website vom 20.10.2014 (ABl. L 52 v. 21.02.2014, S. 1)

3. Örtliche Bauvorschriften

Der Landesgesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, im Rahmen des Bauordnungsrechtes (LBO)durch (weisungsfreie)11 baurechtliche Satzungen (§ 4 I GemO) Örtliche Bauvorschriften (ÖBauV)

— im isolierten Rechtssetzungsverfahren (§ 74 VI LBO),

— im sog. Verfahrens- und Satzungsverbundverfahren (§ 74 VII LBO)

zu erlassen in Bezug auf die im § 74 I bis IV LBO aufgeführten Regelungsgegenstände (Baugestaltungs-, Stellplatz-, Bauökologie- und Kinderspielplatz-Satzungen). Die gegenwärtig geltende Regelung im § 74 VII LBO hatte übrigens auch schon in dem Zeitraum vom 01.01.1965, dem erstmaligen Inkrafttreten der LBO 1965, bis zum 14.07.1977 gegolten (§ 111 V 4 LBO 1965/1972). Hingegen waren die Gemeinden im Zeitraum vom 15.07.1977 bis 31.12.1995 ermächtigt, ÖBauV als Festsetzungen in den Bebauungsplan aufzunehmen (vgl. § 9 IV BauGB; § 111 VI LBO-ÄndG 21.06.1977, GBl. S. 226).

4. Verwaltungsvorschriften, Richtlinien, innerdienstliche Anordnungen

a) Allgemeines

Verfassungs-, Gesetzes- und Verordnungsrecht schließen nicht aus, dass auch Verwaltungsvorschriften (VwV), Richtlinien (RL) und innerdienstliche Anordnungen (AO) sowie Hinweise zum Vollzug der LBO für die Baurechtsbehörden erlassen werden. Ihnen fällt allgemein die Aufgabe zu, den Verwaltungsbehörden die Anwendung des Gesetzesrechtes zu erleichtern und den einheitlichen Gesetzesvollzug zu sichern. Sie können norminterpretierend oder sogar normkonkretisierend12 oder eine (bloße) Orientierungshilfe (ein grober Anhalt)13 bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe sein oder als sog. antizipiertes Sachverständigengutachten dienen. Sie gelangen allerdings als Ermessensrichtlinien über die Gesichtspunkte des Gleichbehandlungsgebotes und des Willkürverbotes (Art. 3 GG) zu gleichsam bindender Bedeutung.

b) Verwaltungsvorschriften (VwV)

VwV Technische Baubestimmungen (VwV TB 2017) – zu § 73 a LBO.
§ 73 a LBO bildet die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Technischen Baubestimmungen (TB). Die Technischen Regeln (RBt), die in der früheren (Landes-) Liste der Technischen Baubestimmungen (LTB; § 3 III LBO a. F.) enthalten gewesen, sowie diejenigen RBt, die in den DIBt-Bauregellisten (BRL; § 17 VII LBO a. F.) geführt worden sind, gehen in diesen TB auf. Die TB sind nach den Grundanforderungen für Bauwerke (Anhang I BauPV/EU) gegliedert.
Die VwV TB beruht auf der MuVwV TB, die vom DIBt nach Anhörung der beteiligten Kreise im Einvernehmen mit den obersten Baurechtsbehörden der Länder veröffentlicht worden ist. Die DIBt-MuVwV TB ist notifiziert gemäß EURL 2015/1535. Die VwV TB hat im Hinblick auf § 3 I 1 LBO (Bausicherheit) normkonkretisierende Bedeutung (§ 73 a I LBO).

VwV TB; Inhalt

A  Technische Baubestimmungen, die bei der Erfüllung der Grundanforderungen an Bauwerke zu beachten sind

A 1 Mechanische Festigkeit und Standsicherheit

A 2 Brandschutz

A 3 Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz

A 4 Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung

A 5 Schallschutz

A 6 Wärmeschutz

B  Technische Baubestimmungen für Bauteile und Sonderkonstruktionen, die zusätzlich zu den in Abschnitt A aufgeführten Technischen Baubestimmungen zu beachten sind

B 1 Allgemeines

B 2 Technische Regelungen für Sonderkonstruktionen und Bauteile gemäß § 73 a II LBO

B 3 Technische Gebäudeausrüstungen und Teile von Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen von wassergefährdenden Stoffen, die die CE-Kennzeichnung nicht nach der BauPV/EU tragen

B 4 Bauprodukte und Bauarten, die Anforderungen nach anderen Rechtsvorschriften unterliegen, für die nach § 73 VIIa LBO eine Rechtsverordnung erlassen wurde

C  Technische Baubestimmungen für Bauprodukte, die nicht die CE-Kennzeichnung tragen, und für Bauarten

C 1 Allgemeines

C 2 Voraussetzungen zur Abgabe der Übereinstimmungserklärung für Bauprodukte nach § 22 LBO

C 3 Bauprodukte, die nur eines allgemeinen bauaufsichtlichen
Prüfzeugnisses nach § 19 I 2 LBO bedürfen

C 4 Bauarten, die nur eines allgemeinen bauaufsichtlichen
Prüfzeugnisses nach § 16 a III LBO bedürfen.

D  Bauprodukte, die keines Verwendbarkeitsnachweises bedürfen

D 1 Allgemeines

D 2 Liste nach § 73 a IV LBO

D 3 Technische Dokumentation nach § 73 a II Nr. 6 LBO

E  Bezugsquellennachweis

F  Inkrafttreten;a Außerkrafttretenb

a. 01.01.2018.
b. 31.12.2022.

— VwV Stellplätze 2015 – zu den §§ 35 IV und 37 LBO.
Bei der Ermittlung der Zahl der notwendigen Kfz-Stellplätze nach § 37 I 2 LBO ist von den im Anhang 1 abgedruckten Richtzahlen auszugehen. Dabei ist wie folgt zu verfahren: Der Standort der baulichen Anlage wird hinsichtlich seiner Einbindung in den ÖPNV entsprechend Tabelle A bewertet; eine Bewertung unterbleibt bei Einrichtungen für mobilitätseingeschränkte Personen. Aus Tabelle B wird nach Nutzungsart und Größe der Anlage eine Zahl von Kfz-Stellplätzen ermittelt.
Die erforderliche Zahl notwendiger Fahrrad-Stellplätze nach § 37 II 1 LBO bestimmt sich nach den Richtzahlen in Anhang 2.
Die Richtzahlen für den Stellplatzbedarf sichern den behördlichen Vollzug der gesetzlichen Stellplatzverpflichtung durch innerdienstliche Anweisungen zur Gleichbehandlung gleichartiger stellplatzpflichtiger Anlagen auf der Grundlage von Erfahrungswerten und unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten, soweit im konkreten Einzelfall keine andere Beurteilung geboten ist.

— VwV LBO-Vordrucke 2017 – zu § 53 I LBO und § 3 II LBOVVO.

— VwV Brandschutzprüfung 2012/2015 – zu § 15 I LBO.

— VwV Brandverhütungsschau 2012/2015 – zu § 15 I LBO.

— VwV Feuerwehrflächen 2012 – zu § 15 III LBO und zu § 2 LBOAVO.

— VwV Fliegende Bauten (FliegBautenVwV 2012) – zu § 69 LBO

— VwV Hochbaustatistikgesetz 2012 – zum HBauStatG 1998/2016.

— Verzeichnisse der Prüfämter und Prüfingenieure für Bautechnik in Baden-Württemberg (Bek. v. 31.12.2017, GABl. 2018, S. 52) – zur LBOVVO 1995/2017 und BauPrüfVO 2010/2012.
Die Baurechtsbehörde kann die bautechnische Prüfung ganz oder teilweise einem Prüfamt oder einer prüfenden Person (Prüfingenieure, Prüfingenieurinnen für Bautechnik) übertragen. Die bautechnische Prüfung umfasst die Prüfung der bautechnischen Nachweise und die Überwachung der Ausführung in konstruktiver Hinsicht (§ 17 I 2 LBOVVO). Bautechnische Nachweise sind der Standsicherheitsnachweis unter Berücksichtigung der Anforderungen des Brandschutzes an tragende Bauteile und der Schallschutznachweis (§ 9 I LBOVVO).

— Verzeichnis anerkannte Sachverständige (Bek. v. 12.07.2012, GABl. S. 653) – zur BauSVO 1986/2017.

— Verzicht auf Zustimmungen im Einzelfall für die Verwendung bestimmter nicht geregelter Verglasungskonstruktionen (Bek. v. 03.12.2003, GABl. 2004, S. 244) – zu §§ 16 a und 20 LBO.

— Verzicht auf Zustimmungen im Einzelfall bei der Verwendung von Abgasanlagen ohne Sohle (Bek. v. 10.02.2011, GABl. S. 165) – zu §§ 16 a und 20 LBO.

— Verwendung von Bauprodukten für den Metallbau (Bek. v. 23.06.1997, GABl. S. 438).

— Hinweise über den baulichen Brandschutz in Krankenhäusern und baulichen Anlagen entsprechender Zweckbestimmung vom 26.04.2007 (Az.: 5-2615.5/25) – zu § 15 I LBO.

— Hinweise der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMA) Brandschutz zum Brandschutz bei der Unterbringung von Flüchtlingen vom 16.10.2015 (Az.: MVI 41-2513.0/79) – zu § 15 I LBO.

c) VwV TB-Richtlinien

Soweit es um die nachfolgenden VwV TB-Richtlinien geht, müssen sie als VwV TB grundsätzlich eingehalten und deshalb öffentlich-rechtlich beachtet werden (öffentlich-rechtliches Beachtensgebot; § 73 a I 2 LBO).

— ETB-RL „Bauteile, die gegen Absturz sichern“.

— RL für Windenergieanlagen; Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung.

— RL über den baulichen Brandschutz im Industriebau (IndBauRL).

— RL über brandschutztechnische Anforderungen an Systemböden (SysBöRL).

— RL zur Bemessung von Löschwasser-Rückhalteanlagen beim Lagern wassergefährdender Stoffe (LöRüRL).

— RL über brandschutztechnische Anforderungen an Lüftungsanlagen (LüARL).

— RL über brandschutzrechtliche Anforderungen an Leitungsanlagen (LARL).

— RL über den Brandschutz bei der Lagerung von Sekundärstoffen aus Kunststoff (KLRL).

— RL über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (HFHHolzRL).

— ETB-RL zur Begrenzung der Formaldehydemission in die Raumluft bei Verwendung von Harnstoff-Formaldehydharz-Ortschaum.

— RL für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden (PCB-RL).

— RL für die Bewertung und Sanierung schwach gebundener Asbestprodukte in Gebäuden (AsbestRL).

— RL für die Bewertung und Sanierung PCP-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden (PCP-RL).

— RL über den Bau und Betrieb Fliegender Bauten (FlBauRL).

IV. LBO-ÄndG vom 21.11.2017 (Bauproduktenrechtsreformgesetz)14

Die LBO ist geändert worden durch Art. 1 des Gesetzes vom 21.11.2017 (GBl. S. 606), der am 01.12.2017 in Kraft getreten ist (Art. 2).15 Der Landesgesetzgeber hat mit diesem Änderungsgesetz die EuGH-Rechtsprechung16 zum europarechtlichen Marktbehinderungsverbot zum Anlass genommen, das thematisch dem Bausicherheitsrecht (Baupolizeirecht) zugeordnete Bauproduktenrecht an die europarechtlichen Vorgaben im Art. 8 IV BauPV/EU17 anzupassen und neu zu strukturieren. Er ist inhaltlich der (ARGEBAU-) Musterbauordnung (MuBO)18 gefolgt. Er hat die Vorgaben im Art. 8 IV BauPV/EU zum Markbehinderungsverbot nunmehr in das Bauordnungsrecht gespiegelt (§ 16 c LBO), so dass künftig ein Bauprodukt (§ 2 X; Art. 2 Nr. 1 BauPV/EU), das die CE-Kennzeichnung trägt (Art. 8 und Art. 9 BauPV/EU), auch dann verwendet werden darf, wenn die vom Hersteller des Bauproduktes (Art. 2 Nr. 19 BauPV/EU) erklärten Leistungen (Art. 2 Nr. 5 BauPV/EU; Art. 4 ff. BauPV/EU) den bauordnungsrechtlich festgelegten bauwerksseitigen (Sicherheits-) Anforderungen für diese Verwendung bei der Errichtung, Änderung und Instandhaltung von (baulichen) Anlagen und Einrichtungen entsprechen. Umgekehrt wird damit europarechts- und urteilskonform klargestellt, dass produktunmittelbare Anforderungen an CE-gekennzeichnete Bauprodukte unzulässig sind.

Um vor diesem Hintergrund zu gewährleisten, dass das Niveau der Bauwerkssicherheit gehalten werden kann, ist es erforderlich, die (Sicherheits-) Anforderungen an Bauwerke (§ 3 I 1 LBO) zu konkretisieren (Konkretisierungsgebot). Es muss den am Bau Beteiligten (§§ 41 ff. LBO) ermöglicht werden, aus den LBO-Regelungen und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen (VO) und Verwaltungsvorschriften (VwV) auf rechtssichere Weise abzuleiten, welche Leistungen ein Produkt erbringen muss, um im konkreten Verwendungszusammenhang die (Sicherheits-) Anforderungen an Bauwerke zu erfüllen. Die notwendige Umsetzung ist im Rahmen der Verwaltungsvorschrift über Technische Baubestimmungen (VwV TB)19 erfolgt, die zu § 73 a V 1 LBO mit normkonkretisierender Wirkung (§ 73 a I 1 LBO) erlassen worden ist; die VwV TB fasst alle TB zusammen, die öffentlich-rechtlich zu beachten sind (§ 73 a I 1, I 2 LBO). Im Übrigen ist die Konkretisierung der (Sicherheits-) Anforderungen an Bauwerke auch im Bereich der nicht harmonisierten Bauprodukte hilfreich, da die LBO auch hier die Behörden nur ermächtigt, Produktanforderungen zu stellen, die unmittelbar aus den Anforderungen an Bauwerke sich ergeben.

Der Landesgesetzgeber hat außerdem eine deutliche Abgrenzung geschaffen zwischen den produktunmittelbaren Anforderungen einerseits und den (Sicherheits-) Anforderungen an die Verwendbarkeit der Bauprodukte andererseits, welche die LBO als Bauarten bezeichnet (§ 2 IX LBO); er hat die Regelungen über Bauarten dem Dritten Teil der LBO über allgemeine Anforderungen an die Bauausführung (§§ 11 ff. LBO) zugeschlagen (§ 16 a LBO). Dies ist schon deshalb geschehen, weil Bauarten nach wie vor ausschließlich in die Kompetenz der EU-Mitgliedstaaten fallen; sie werden nicht von der BauPV/EU und dem dort geregelten Markbehinderungsverbot erfasst.

Die Bauart (§ 2 XI LBO) ist vom Bausatz zu unterscheiden, der zu den Bauprodukten (§ 2 X Halbs. 1 LBO) gehört. Der Ausdruck „Bausatz“ (Art. 2 Nr. 2 BauPV/EU) bezeichnet ein Bauprodukt, das von einem einzigen Hersteller (Art. 2 Nr. 19 BauPV/EU) als Satz von mindestens zwei getrennten Komponenten, die zusammengefügt werden müssen, um ins Bauwerk (Art. 2 Nr. 3 BauPV/EU) eingefügt zu werden, in Verkehr gebracht wird (Art. 2 Nr. 16 und Nr. 17 BauPV/EU).

Das Gesetz unterscheidet, was Bauarten (§ 2 IX LBO) betrifft, nunmehr zwischen

— den allgemeinen Bauartgenehmigungen, die vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) mit Sitz in Berlin erteilt werden (§ 16 a II 1 Nr. 1 LBO),20 und

— den vorhabenbezogenen Bauartgenehmigungen,21 welche durch das Regierungspräsidium Tübingen (Landesstelle für Bautechnik; LfB) – anstelle der obersten Baurechtsbehörde (vgl. § 73 VI 1 Nr. 1 LBO – erlassen werden (§ 16 a II 1 Nr. 2 LBO); es genügt anstelle einer allgemeinen Bauartgenehmigung ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) für Bauarten einer anerkannten Prüfstelle (§ 24 Satz 1 Nr. 1 LBO), wenn die Bauart nach allgemein anerkannten Prüfverfahren (aaPV) beurteilt werden kann (§ 16 a III 1 LBO); diese Bauarten werden in den Technischen Baubestimmungen nach § 73 a LBO (VwV TB) mit der Angabe der maßgebenden technischen Regeln bekannt gemacht (§ 16 a III Satz 2 LBO).

Letztlich ist das System der Verwendbarkeits- und Übereinstimmungsnachweise (§ 16 b LBO; §§ 17 bis 25 LBO) reformiert worden. Es wird deutlich gemacht, dass es die erwähnten Nachweise für CE- gekennzeichnete Bauprodukte im Sinne der BauPV/EU nicht mehr gibt (§ 16 c LBO).

Bauproduktenrechtsreform
– Synopse –

Dritter Abschnitt

Bauprodukte (LBO neu)

Dritter Abschnitt

Bauprodukte, Bauarten (LBO alt)

§ 2 X

Bauprodukt, Begriff

§ 2 X

Bauprodukt, Begriff

§ 16 b

Allgemeine Anforderungen für die Verwendung von Bauprodukten

§ 3 II, V

§ 16 c

Anforderungen für die Verwendung von CE- gekennzeichneten Bauprodukten (Art. 8 und Art. 9 BauPV/EU)

§ 17 I 1 Nr. 2, VII

§ 17

Bauprodukte, Verwendbarkeitsnachweise

§ 17

Bauprodukte, Verwendbarkeitsnachweise

§ 25 I, II

Besondere Sachkunde- und Sorgfaltsanforderungen

§ 17 V, VI

Besondere Sachkunde- und Sorgfaltsanforderungen

§ 18

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ)

§ 18

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ)

§ 19

Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)

§ 19

Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP)

§ 20

Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall (ZiE)

§ 20

Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall (ZiE)

§ 16 a

Bauarten

Allgemeine Bauartgenehmigungen Vorhabenbezogene Bauartgenehmigungen

§ 21

Bauarten

Nicht geregelte Bauarten (abZ) Zustimmung im Einzelfall (ZiE)

§ 21

Übereinstimmungsbestätigung (ÜB)

§ 22

Übereinstimmungsnachweis

§ 22

Übereinstimmungserklärung des Herstellers (ÜH)

§ 23

Übereinstimmungserklärung des Herstellers (ÜH, ÜHP)

§ 23

Zertifizierung (ÜZ)

§ 24

Übereinstimmungszertifikat (ÜZ)

§ 24

Prüf-, Zertifizierungs-, Überwachungsstellen (PÜZ-Stellen)

§ 25

Prüf-, Zertifizierungs-, Überwachungsstellen (PÜZ-Stellen)

§ 25 I, II

LBO-HAVO

LBO-ÜTVO

§ 17 V, VI

LBO-HAVO

LBO-ÜTVO

§ 73a

Technische Baubestimmungen (TB)

VwV TB

§ 3 III

§ 17 I, II, IV, V, VI

LTB

Liste C (§ 17 III 2)

Bauregellisten A und B (§ 17 VII)

V. LBO-ÄndG vom 21.11.2017 (Seveso-III-RL-Umsetzungsgesetz)22

1. Allgemeines

Die LBO ist außerdem geändert worden durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung der RL 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.07.2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der RL 96/82/EG des Rates vom 21.11.2017 – Seveso-III-RL UmsG – (GBl. S. 612/613), der am 01.01.2018 in Kraft getreten ist (Art. 4 II).23 Ziel des Gesetzes ist unter anderem die Umsetzung der Seveso-III-RL durch Regelungen für die Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit (Art. 3 Nr. 17 und Nr. 18 Seveso-III-RL) namentlich bei schutzbedürftigen Wohnbauvorhaben und bei öffentlich zugänglichen Gebäuden in der Nähe von sog. Störfallbetrieben.

Die EU-Mitgliedstaaten haben europarechtlich dafür zu sorgen, dass zwischen den unter die Seveso-III-RL fallenden Betrieben einerseits und Wohngebieten, öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten und Erholungsgebieten andererseits ein angemessener Sicherheitsabstand (§ 3 Vc BImSchG) gewahrt bleibt, wenn diese Ansiedlungen oder Entwicklungen Ursache von schweren Unfällen (Art. 3 Nr. 13 Seveso-III-RL) sein oder das Risiko eines schweren Unfalles vergrößern oder die Folgen eines solchen Unfalles verschlimmern können (Art. 13 Seveso-III-RL).24 Bei der Beurteilung der Frage, ob derartige Risiken bestehen, kommt es nicht nur auf die von einem Betriebsbereich (§ 3 Va BImSchG) ausgehenden Gefahren an. Zu berücksichtigen sind auch vorhabenspezifische Faktoren, wie die Zunahme der Zahl der möglicherweise betroffenen Personen, Schutzmaßnahmen an der schutzwürdigen Bebauung oder die besondere Gefährdung oder Schutzbedürftigkeit der betroffenen Personen (sozio-ökonomische Faktoren).25

2. Baurechtliches Kenntnisgabeverfahren (Ausschlussklausel; § 51 I 2 LBO)

§ 51 I 2 LBO nimmt von vornherein die dort aufgeführten Bauvorhaben vom baurechtlichen Kenntnisgabeverfahren ausdrücklich aus, wenn die Vorhaben innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes (§ 3 Vc BImSchG; TA Abstand)26eines Betriebsbereiches (§ 3 Va BImSchG) liegen und wenn dem Gebot, einen angemessenen Sicherheitsabstand zu wahren, nicht bereits auf der Ebene der Bauleitplanung Rechnung getragen worden ist. Für die aufgrund von § 55 IV LBO erforderliche Öffentlichkeitsbeteilung bedarf es eines Trägerverfahrens; das baurechtliche Kenntnisgabeverfahren als bloßes Anzeigeverfahren kann diesem Erfordernis nicht Rechnung tragen.

Der angemessene Sicherheitsabstand ist nach den Bestimmungen des Immisionsschutzrechtes, insbesondere dem BImSchG und der Störfall-Verordnung (BImSchV 12) zu ermitteln. Die Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstandes ist im Einzelfall aufwändig und erfordert häufig Einzelfallgutachten. Derartige Gutachten sind bis Mai 2017 erst für rund 20 v. H. der Betriebsbereiche in Baden-Württemberg erstellt worden. Soweit noch kein Gutachten zur Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstandes vorliegt und innerhalb der gesetzlichen Entscheidungsfristen (vgl. § 54 V LBO) auch nicht zu erlangen ist, kann es genügen, dass von den Immisionsschutzbehörden lediglich sog. Konsultationsabstände als angemessene Sicherheitsabstände benannt werden, die Anhaltspunkte für eine Abstandsrelevanz liefern. Es ist angebracht, ein Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren in Zweifelsfällen durchzuführen.27

§ 51 I 2 Nr. 1 LBO dient der Umsetzung der Seveso-III-RL für Wohngebiete (vgl. Art. 13 I 2 Buchst. c, II Buchst. a Seveso-III-RL). Unter Wohngebiete im Sinne der Seveso-III-RL sind im gegebenen Zusammenhang alle Flächen zu verstehen, die zumindest überwiegend dem Wohnen dienen oder die in einer Weise genutzt werden, die unter Gesichtspunkten des Immissions- oder Störfallschutzes – ähnlich wie das Wohnen – eines besonderen Schutzes bedürfen, wozu vor allem BauNVO-Wohngebiete gehören. Daher ist die Errichtung einzelner Wohngebäude oder die Schaffung von Wohnraum durch Umbaumaßnahmen und Nutzungsänderungen dann erfasst, wenn sie eine einem Wohngebiet vergleichbare Nutzungsintensität aufweisen.

§ 51 I 2 Nr. 2 LBO dient auch der Umsetzung der Seveso-III-RL für öffentlich genutzte Gebäude (Gebäude, die öffentlich zugänglich sind und auch genutzt werden; vgl. vor allem § 39 II LBO).

3. Verfahrensinterne Öffentlichkeitsbeteiligung in baurechtlichen Zulassungsverfahren (§§ 55 IV und 70 II 1 LBO)

§ 55 IV LBO bestimmt – abweichend von § 55 I, II LBO –, für welche konkreten Bauvorhaben die (zuständigen) Baurechtsbehörden die nach Art. 15 Seveso-III-RL erforderliche Beteiligung der (betroffenen) Öffentlichkeit (vgl. dazu Art. 3 Nr. 17 und Nr. 18 Seveso-III-RL) nach Maßgabe des § 23 b II BImSchG und des § 18 BImSchV 12 im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zwingend durchzuführen haben. Für öffentliche Bekanntmachungen der Baurechtsbehörden gelten die allgemeinen Vorschriften unmittelbar, insbesondere § 1 DVO/GemO und § 1 DVO/LkrO, was die Durchführung der Bekanntmachungen, sowie § 27 a LVwVfG, was die Veröffentlichung im Internet betrifft. § 55 IV LBO gilt auch im baurechtlichen Zustimmungsverfahren (§ 70 II 1 LBO).

§ 55 IV LBO hat lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung. Die Vorschrift hat hingegen keine Bedeutung für die städtebaurechtliche Frage, ob ein Vorhaben, das innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes ausgeführt werden soll, gegen Bebauungsrecht (§§ 29 ff. BauGB) verstößt; sie ist hierfür und insbesondere für die Definition des Schutzobjektes nicht maßgeblich.