Katharina Ledermacher und das mörderische Weihnachtsfest
Published by BEKKERpublishing, 2019.
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Katharina Ledermacher und das mörderische Weihnachtsfest
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Further Reading: 10 Morde, 10 Killer - 10 Krimis auf 1400 Seiten: Ermordet und ermittelt
Also By Bernd Teuber
Also By Richard Hey
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von Bernd Teuber
nach Motiven von Richard Hey
Der Umfang dieses Buchs entspricht 92 Taschenbuchseiten.
„Sie wich zur Seite, packte den Dolch und warf ihn nach Gröne. Dann ließ sie sich zu Boden fallen. Der Ingenieur stieß einen erstickten Schrei aus, der von zwei aufeinanderfolgenden Schüssen übertönt wurde. Das Mündungsfeuer tauchte den Kellerraum sekundenlang in ein unwirkliches Licht. Die Schrotkörner sausten über Katharina hinweg. Gröne sackte langsam zusammen.
In dem Raum herrschte nun tiefste Stille.“
Der Unternehmer Otto Stollberg hat den Verdacht, dass einer seiner Mitarbeiter Firmengeheimnisse an die Konkurrenz verrät. Deshalb wendet er sich an Privatdetektivin Katharina Ledermacher. Während ihrer Nachforschungen stößt sie auf den Spion Eduard Zerban. Über ihn hoffte sie, eine Spur zu dem Verräter zu finden. Doch dann wird Zerban ermordet. Und er bleibt nicht das einzige Opfer.
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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / Cover: Nach Motiven von Unsplash mit Steve Mayer, 2019
© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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In der Vorweihnachtszeit zogen überall auf der Welt Friede und Güte in die Herzen der Menschen ein. Kinderaugen strahlten in froher Erwartung bei dem Gedanken an die kommenden Festtagsfreuden. Und gleichzeitig vollzog sich vor aller Augen eine erstaunliche Wandlung: Von einem Tag zum anderen entwickelten sich die Erwachsenen zu außergewöhnlichen Jongleuren, die geschickt eine Unmenge von Paketen und Päckchen, übereinander und nebeneinander aufgestapelt, in ihren Armen durch die belebten Straßen balancierten.
Privatdetektivin Katharina Ledermacher stand am Ende eines Flurs, im obersten Stock eines riesigen Apartment-Hauses, das in der Nähe der Spree lag, und beobachtete einen der großzügigen Vertreter des Weihnachtsmanns auf Erden. Der hohe Turm von Paketen, den er vor sich hertrug, versperrte ihm die Sicht und hinderte ihn daran, die Detektivin zu bemerken. In diesem Fall konnte sie wenigstens unbesorgt auf ihrem Posten bleiben. Sonst musste sie sich jedes Mal, wenn eine fremde Person auftauchte, schleunigst in Bewegung setzen und vorgeben, ganz unbefangen auf den Lift zuzugehen. In dem Stockwerk, in dem sie sich befand, lagen nur fünf Wohnungen, aber es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen.
Zwei oder drei Mal war sie sogar gezwungen gewesen, tatsächlich den Aufzug zu benutzen, da man ihr höflich die Tür aufgehalten hatte. Wohl oder übel war sie also einige Etagen tiefer gefahren und dann so schnell wie möglich auf ihren Platz zurückgekehrt. Beharrlich bezog sie wieder Posten vor der Tür mit dem Schild „Eduard Zerban“. Sie hatte nur den einen Wunsch, dass die Person, die sie in den Lift hatte steigen sehen, nicht wieder auftauchen möge. Dann wäre ihr nämlich lediglich die Möglichkeit geblieben, eine zerstreute Frau zu spielen, die sich nicht mehr daran erinnerte, in welchem Stockwerk die Bekannte wohnte, die sie besuchen wollte. Den Namen der Bekannten hätte sie natürlich auch aus der Luft greifen müssen.
Katharina lächelte, als sie daran dachte, wie sich ein Kollege von ihr, ebenfalls ein Privatdetektiv, in einem ähnlichen Fall aus der Affäre hatte ziehen wollen. Als er bei der Überwachung einer Wohnung überrascht wurde, kam er auf die dumme Idee, vorzutäuschen, sich eingehend für den Klingelknopf zu interessieren.
„Der funktioniert wohl nicht?“, fragte er den Hausmeister.
Dieser hatte entgegenkommenderweise gleich die Probe gemacht und anhaltend auf den Knopf gedrückt. Einen Augenblick später fand sich der tüchtige Detektiv Auge in Auge mit der Person, die er unauffällig hätte beschatten sollen.
Gegenwärtig riskierte Katharina nicht viel, denn um sie herum schien alles drunter und drüber zu gehen. Leute hasteten an ihr vorbei, um noch dies oder jenes für das Weihnachtsessen zu besorgen. Mit lauter Stimme leierten sie die Liste ihrer Einkäufe herunter, um ja alles im Kopf zu behalten und nicht wieder die Hälfte zu vergessen. Andere stürzten in höchster Eile in ihre Wohnungen, um die Geschenke für ihre Kinder zu verstecken. Von Zeit zu Zeit öffnete sich eine Tür, und bei dem verheißungsvollen Duft der gebratenen Gans, der Katharina dann jedes Mal in die Nase stieg, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Zu allem Überfluss hatte sie ihren Mantel im Wagen gelassen, weil sie glaubte, dass das Gebäude wie üblich überheizt sei, und da sie in der Lage sein wollte, sich so frei und ungehindert wie möglich zu bewegen. Jetzt fror sie erbärmlich in dem eiskalten Korridor. Katharina zuckte plötzlich zusammen, als sie die Tür des Aufzugs im unteren Stockwerk zugehen hörte, und vernahm, wie der Luft mit einem summenden Geräusch nach oben schwebte. Das bedeutete, dass jeden Moment ein unwillkommener Gast hier erscheinen würde.
Katharina setzte sich in Bewegung, den Kopf gesenkt, die Hände auf dem Rücken, schritt sie mit unnahbarem Gesicht schnell auf die Treppe zu. Der Passagier des Lifts, der im gleichen Augenblick ausstieg, schien nicht sonderlich erstaunt darüber, dass sie offensichtlich vorhatte, siebzehn Stockwerke zu Fuß zu bewältigen, während der Aufzug bereits startbereit auf der gleichen Etage hielt.
Sobald sie aus dem Blickfeld des Störenfrieds verschwunden war, unterbrach sie ihren Lauf und fuhr fort, auf der Stelle zu treten, umso das Geräusch allmählich verhallender Schritte vorzutäuschen. Dann stieg sie einige Stufen empor und warf einen Blick auf den Gang. Gerade rechtzeitig, um feststellen zu können, dass der Unbekannte unter beträchtlichen Mühen einen Schlüssel in das Schloss der Tür gleiten ließ, die sie unter Beobachtung hatte.
Sofort trat sie wieder zurück und lauschte aufmerksam. Als sie das Öffnen der Tür hörte, riskierte sie einen weiteren Blick. Während der Mann, ohne sich umzusehen, die Tür hinter sich zuschlug, überquerte sie den Korridor. Wenig später gelang es ihr, einen ihrer Dietriche in das Schloss zu stecken. Es funktionierte nicht mehr, obwohl es scheinbar richtig eingeschnappt war. Nun musste sie im geeigneten Augenblick nur noch die Tür nach innen stoßen, um in das Apartment einzudringen. Katharina hatte den Besucher sofort erkannt, während er sie überhaupt nicht beachtete. Die Detektivin beschloss, ihren Eintritt in die Wohnung noch etwas hinauszuschieben und presste ihr Ohr gegen die Türfüllung, in der Hoffnung, möglicherweise eine interessante Unterhaltung zu belauschen. Aber sie hörte nur das Geräusch eines Fensters, das mit lautem Knall geschlossen wurde, und danach eilige Schritte.
Nachdenklich runzelte sie die Stirn und kam zu dem Schluss, dass es besser sei, unverzüglich zu handeln. Katharina stieß die Tür auf und wagte sich entschlossen in den Flur der Wohnung, der nur durch einen schwachen Lichtstrahl erhellt wurde, der durch einen Türspalt am anderen Ende des Ganges drang. Vorsichtig ging sie weiter, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und der heimliche Besucher heftig mit ihr zusammenstieß. Er taumelte rückwärts und fiel zu Boden.
„Gewöhnlich entschuldigt man sich, wenn man andere Leute anrempelt, Herr Colditz“, bemerkte sie gelassen.
Der Mann musste sich auf dem Boden abstützen, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Verdutzt musterte er die Detektivin.
„Sie?“, stieß er schließlich hervor. „Was machen Sie hier?“
„Ich glaube, das müsste ich eher Sie fragen“, gab Katharina entrüstet zurück und stützte die Hände in die Hüften.
Dietrich Colditz war das, was man allgemein als schön bezeichnete. Er hatte blonde Haare und große schwarze Augen, die etwas ungemein Verführerisches ausstrahlten. Sein Kinn wirkte fest und energisch. Die schmalen Wangen unter den geschwungenen Backenknochen zeugten davon, dass sich der Mann erfolgreich an seine Diät hielt. Lediglich die kleine, etwas zu breit geratene Nase tat der Regelmäßigkeit seiner Züge Abbruch. Trotzdem wirkte er auf Frauen unwiderstehlich. Er trug einen Smoking mit weißer Weste. Eine rote Krawatte gab seinem Anzug den letzten Pfiff.
Katharina bemerkte, dass er krampfhaft nach einer passenden Antwort suchte, aber das einzige, was ihm einfiel, war ziemlich banal.
„Das geht Sie gar nichts an.“
Er stand auf, klopfte sich den Staub von der Kleidung und baute sich trotzig vor Katharina auf. Sie lächelte.
„Jetzt werde ich mal einen Blick in das Zimmer da drüben werfen“, kündigte sie an.
Sie machte einen Schritt nach vorn. Er beobachtete sie mit finsterer Entschlossenheit, während sie ihn ganz sanft zur Seite schob. Als sie sich wieder zu ihm umdrehen wollte, schlug er mit einer Vase zu, die er von dem kleinen Schrank genommen hatte. Er hatte auf ihren Hinterkopf gezielt, aber ihre abrupte Bewegung rettete sie. Die Vase sauste an ihrem rechten Ohr vorbei. Es gelang ihr, einem weiteren heimtückischen Schlag auszuweichen, dann verpasste sie ihm einen kräftigen Schlag an die Schläfe. Seine Hand öffnete sich und die Vase polterte zu Boden. Der Mann sackte zusammen. Gedankenvoll betrachtete Katharina ihr Opfer.
Dietrich Colditz befand sich im Land der Träume und würde wohl auch noch einige Zeit dort verweilen. Seufzend ging sie auf den Salon zu. Das breite Atelierfenster gab den Blick auf die Spree frei. Widerstrebend wandte sie ihre Augen von der herrlichen Aussicht und blickte auf den leblosen Oberkörper, der über dem großen Metalltisch hing. Der Mann saß auf der äußeren Kante des Stuhls. Die eigenartig abgewinkelten Arme hingen an den Seiten herunter. Jede Hand umklammerte den Griff einer Schublade. Die linke Wange des Toten ruhte auf der Schreibtischplatte. Seine Augen waren weit geöffnet. Er bot keinen sympathischen Anblick. Seine kleinen schwarzen Augen lagen eng nebeneinander. Die Nase war platt, und der riesige Mund, reichte beinahe von einem Ohr zum anderen. Die Stirn des Mannes war von Falten durchzogen, während der kahle Kopf wie poliert aussah. Nur im Nacken und über den Ohren sprießten noch spärliche Haare.
Die Todesursache war nicht zu übersehen. Der Hinterkopf wies eine blutverkrustete Wunde auf. Katharina bückte sich, um die Mordwaffe näher zu untersuchen. Es handelte sich um die etwa zwölf Zentimeter große Statue einer jungen Frau. Der Bronzesockel war blutverschmiert. Langsam richtete sich Katharina wieder auf.
„Fröhliche Weihnachten“, murmelte sie.
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Jedes Mal, wenn Katharina einer Leiche gegenüberstand, stürzten sämtliche Probleme, die sich bei einem gewaltsamen Tod erheben konnten, gleichzeitig auf sie ein. Die Lage erforderte es dringend, dass sie sofort die Polizei verständigte. Mit schnellen Schritten entfernte sie sich vom Schreibtisch. Nachdem sie ein Taschentuch um ihre Hand gewickelt hatte, drückte sie die Klinke der Tür herunter, die in den Nebenraum führte. Es handelte sich um das Schlafzimmer. Hier herrschte eine heillose Unordnung. Das Bett war nicht gemacht, und die beiden Schränke standen offen. An der Innenseite einer Tür hingen mehr als drei Dutzend Krawatten in allen möglichen Farben. Wahllos zog Katharina ein ganzes Bündel heraus und kehrte rasch zu Dietrich Colditz zurück, der noch immer am Boden lag. Mit einigen geschickten Griffen fesselte sie den Mann. Schließlich vollendete sie ihr Werk damit, dass sie die auf den Rücken gebundenen Hände ihres Opfers mit den Füßen so eng verband, dass er dalag wie ein Paket. Sie drehte ihn seitwärts. Infolge dieser unbequemen Lage würde Colditz wahrscheinlich unter Krämpfen zu leiden haben, aber wenigstens konnte er nicht mehr bewegen.
Mit Befriedigung betrachtete sie ihre Arbeit, dann machte sie sich auf die Suche nach einem Telefon. In der ganzen Wohnung fand sie keinen Apparat. Schließlich musste sie ins Treppenhaus hinausgehen und ihr Glück bei den Nachbarn versuchen. Der zweite Mieter, den sie störte, war ein schüchterner und höflicher Mann, dessen hochrotes Gesicht bereits die drohende Leberkrise ankündigte, die unweigerlich am nächsten Morgen auf den üppigen Festbraten folgen musste.
„Das Telefon ist dort“, sagte er und deutete auf einen kleinen Tisch im Flur. Dann fragte er mit plötzlicher Besorgnis: „Ist es ernst?“
Katharina schüttelte den Kopf.
„Er leidet nicht mehr.“
„Das ist gut. Ich lasse Sie allein, sonst wird mein Essen ganz kalt. Wenn Sie gehen, brauchen Sie nur die Tür hinter sich zuzuziehen.“
Im ersten Moment war Katharina versucht, die Nummer der Polizei zu wählen, doch dann kam ihr eine bessere Idee.
„Hallo?“, fragte sie, als am anderen Ende abgenommen wurde. „Ist dort Kommissar Reese?“
„Sind Sie es, Frau Ledermacher?“
„Ja.“
„Was gibt es denn?“
„Sie müssen sofort kommen.“
Er lachte.
„Von wegen. Ich esse gerade und denke nicht daran, meine Mahlzeit zu unterbrechen.“
„Es geht um Mord. Sie können sich Ihren Pflichten nicht entziehen.“
Die Stimme des Kommissars wurde ernst.
„Lassen Sie diese dummen Witze! Am Heiligen Abend tötet man nicht.“
„Vermutlich hat der Mörder nicht auf den Kalender geschaut. Ich gebe Ihnen jetzt die Adresse.“
Reese notierte sich die Angaben, die Katharina machte, und gab ihr anschließend noch einen guten Rat.
„Ich werde einige Leute mobilisieren und auch den Arzt. Bewegen Sie sich nicht von der Stelle, und vor allem fassen Sie nichts an.“
„Danke für die ausführlichen Instruktionen. Ich werde jetzt überall meine Fingerabdrücke hinterlassen und dann ins Kino gehen. Was macht Ihre Frau?“
„Sie braucht den Abend nicht allein zu verbringen“, beruhigte sie Reese. „Wir haben einige Bekannte zu Besuch. Also, bis gleich.“